Zedler:Sententz (Peinliche)


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Sententz, (auf Peinliche Beklagtens Verdammung gerichtete)

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Sententz (Pönal-)

Band: 37 (1743), Spalte: 175–187. (Scan)

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Sententz (Peinliche) Criminal-Sententz, Sententz in Criminal- oder Peinlichen Sachen, Sententz zu Capital-Straffen, oder in Capital-Verbrechen, Sententia capitalis, Sententia criminalis, Sententia in causis criminalibus sive capitalibus, ist ein Urtheil oder Rechts-Spruch, darinnen wider Beklagten etwas Peinliches erkannt, oder demselben eine Leibes- oder Lebens-Straffe zuerkannt, oder solcher dagegen und nach Befinden auch nur zum Theil frey und loß gesprochen worden.

Und zwar begreiffet die letztere, oder die Absolutions-Sententz, entweder nur die Befreyung von der Instantz in sich, da nehmlich Beklagter, wegen erscheinenden Mangels tauglicher und gnugsamer Indicien, von der wider ihn angestellten Nachforschung befreyet wird: welchen Falls jedoch, wenn wider denselben neue Anzeigen sich eräugnen, von neuem inquiriret werden kan. Oder es begreifft der ergangene Rechts-Spruch auch die Absolution von der Klage oder der Haupt-Sache selbst, da nehmlich der Beklagte, nach seiner bewiesenen Unschuld von der angegebenen Uebelthat vollständig loß und ledig gesprochen wird. Auf beyde Fälle aber ist die absolvirte Person die gewöhnliche Urphed, nach Kayser Carls V Peinl. Hals-Gerichts-Ordnung, Art. 176 zu leisten und abzulegen verbunden.

[176] Hier fragt sichs nun auch, ob derjenige, so nicht überwiesen worden, ob er auch schon die Indicien durch die Tortur elidirt, durch die Definitiv oder End-Urthel zu absolviren? darwider zwar die gemeine Meynung der Rechtsgelehrten abzielet: angesehen es ihnen gar unbillig zu seyn scheinet, daß sich ein Mensch wegen zweiffelhafftiger Unschuld mit der Ausflucht der abgeurtheilten Sache solte schützen können. per I. 51. ad L. Aquil. Aber dargegen lassen sich auch wohl vernehmen, ausser dem Gomez und Alciato, Menochius I. 1. praef. 93. Ant. Matth. I. 48. tit. 16. c. 4. n. 16. und andere.

Wie denn auch in denen Rechten selbst gleichfalls heilsamlich verordnet, wenn einer einen einmahl Absolvirten wieder anklagen wolle, so müsse von diesen Stücken eines bewiesen werden, wentweder, daß er die von einem andern hiebevor geführte Klagen nicht gewust, oder durch die Prävarication des erstern Anklägers der Beklagte absolvirt worden sey. I. 9. & 11. C. d. a[.][1]. cus. I. 7. §. 2. ff. cod.

Indessen aber verbleibt es heutiges Tags bey der vorigen Meynung, es sey denn, daß der Beklagte seine Unschuld probirt hätte, weil bey diesen Zeiten der Ankläger sich gar wenig erzeigen, und daher in Mangel derselben viel Laster ungestrafft verbleiben.

Ferner wird gefragt, ob denn der absolvirte Theil auch in die Gerichts Unkosten zu verfällen? Nun ist zwar wahr, daß nicht der Ueberwinder in Rechtlichen Streitigkeiten sondern der Ueberwundene in die Expensen zu condemniren, es wäre denn, daß der Gegentheil eine scheinbahre Ursache zur Rechtfertigung gehabt. § haec. a omnia J. d. poen. tem. litig. I. 79. pr. ff. d. jud. I. 4. C. d. fruct. & lir. exp. art. [.]01.[2] ord. Cr.

Jedoch weil von einer Obrigkeit beständig vermuthet wird, daß sie die Nachforschung nicht gefährlich oder freventlicher Weise vorgenommen habe, zuweilen auch die Inquisiten selbsten mit ihrem ungebührlichen und unziemlichen Verfahren Ursache zur Inquisition an die Hand gegeben haben, offtermahlen auch selbige allein von der Instantz und nicht von der gantzen Sache loß gesprochen werden, und zwar, weil sie vielleicht die gnugsam verhandene und redliche Anzeigungen durch die Peinliche Frage purgirt und von sich abgelehnet haben; so wird unterweilen der Beklagte, ob er zwar von der Instantz des Gerichts absolvirt worden, dennoch, wegen bemerckter Unthaten, wormit er sich auch in Verdacht mehrern Verbrechens von selbsten gestürtzt, gestalten Sachen nach zu Erstattung der Unkosten angehalteen.

Da aber jemand vom Leben zum Tode verurtheilt wird; so ist derselbe allerdings auch zum Abtrag der aufgelauffenen Unkosten zu condemniren. Wiewohl solches Modestinus, Pistorius, Carpzov, und andere, vor unbillig halten; so ersiehet jedoch Ant. Matth. tit. 17. c. 4. n. 2. hierinnen keine Unbilligkeit oder Absurdität, anerwogen, und dieweilen vorzeiten die Güter der zum Tode Verurtheilten öffentlich verkauffet und darvon der vierte Theil denen Anklägern gleichsam statt eines Recompenses zugestellet worden.

Solte es heut zu Tage so ungereimt lauten oder geschlossen heissen nachdem der Kayser Justinian besagte Verkauffungen der Güter mehrentheils aufgehoben wissen wollen, daß entweder der Ankläger oder der Richter, welcher [177] rechtmäßiger Weise nachforschen sollen, und auf den Proceß mit Zeugen-Verhör und anderem viel Geldes verwenden müssen, sich derer zum Tode verurtheilten Güter anmasset. Zumahl ja, heutiges Tags die Obrigkeiten gar selten so reichliche Geld-Bussen und Einkünffte von ihrer Gerichtsbarkeit, wie etwan vor Zeiten, zu haben pflegen, auch ohne das die Maleficanten zum öfftern weder Kinder noch Eltern hinterlassen – oder deren Verlassenschafft hierzu vermöglich oder begütert genug vorhanden ist.

Wann aber der beklagte der Missethat überwiesen, ob er schon nicht daüber bekennen wolte; so soll derselbige nichts destoweniger ohne einige peinliche Frage verurtheilet werden, Art. 69. Ord. Crim.

Da hingegen selbiger, wenn er nicht gnugsam überführt worden, blos mit Willkührlicher oder Geld-Straffe in geringern Verbrechen zubelegen oder der Folter zu untergeben, oder ihm der Purgations-Eyd, welcher nicht aus halben Beweißthum, sondern nur aus Verdacht oder Argwohn einer solchen Person, die sonsten immerhin von gutem Leimuth gewesen, aufzuerlegen ist; es wäre denn, daß selbige mit verdächtigen Händeln oder Aergernissen hierzu Anlaß und Gelegenheit gegeben hätte. Carpzov in Pract. Crim. qu. 116. n. 51. u. f.

Es ist aber bey denen zuzuerkennenden Straffen sonderbare Geschicklichkeit, Fleiß und Erfahrenheit vonnöthen. Denn ob schon fast allen Uebelthaten ihre absonderliche Straffe gesetzt ist; so verändern oder verkehren sich doch deren Umstände über die massen, also, daß Kayser Carl der V. die Richter zum öfftern an die Rechts-Verständige verweiset. Worbey aber höchlich zu zu beklagen, daß absonderlich die GOtteslästerungen gar selten unter die Inquisition fallen, ob sonstgleich bey diesem grösten und grausamen Laster, wie auch bey Mord Todtschlag, und Diebstahl, eher die erfordernde Schärffe der Straffen, als derselben ohnverantwortliche Gelindigkeit vorzuziehen.

Dieses indessen zum Voraus gesetzt; so wird nicht unbillig seyn, nunmehr auch mit etwas mehrerm zu zeigen, wie sich denn eigentlich ein Richter bey Abfassung einer peinlichen Verdammungs-Sententz oder eines Todes-Urtheils zu verhalten habe. Wenn demnach nunmehro im Gerichte, die in der Defensional-Schrifft und in denen Acten fundirte Exceptiones, nebst denen mildernden und beschwerenden Umständen überwogen, was selbige vor Würckung nach sich ziehen; so hat dasselbe gleich weiter zu sehen, ob die That selbsten sowohl als die Umstände, wie Rechtens, bewiesen, und die Beweißthümer dergestalt Legal sind, daß man mit dem End-Urtheile verfahren, und den Delinquenten verdammen möge: sintemahlen klaren Rechtens, daß niemand zum Todte verfällt werden kan oder mag, er sey dann entweder durch zwey unverleumdete Zeugen überwiesen, oder selbst der Sache geständig.

Wie nun die Bekänntniß beschaffen seyn müsse, daß ein Todes-Urtheil ausgefällt werden möge? Wie nicht weniger, wer in Criminal-Sachen für einen rechten unverwerfflichen Zeugen, zu halten? wie das Zeugniß klar, schlüßlich, und specificirlich abgeben werden müsse? und daß zwey unverleumdete Zeugen genug seyn, auch einen nicht bekennenden Delinquenten in die ordentliche Straffe zu verfällen, ist bereits gehörigen Ort[s ge][3]nugsam erklärt [178] worden. Gegenwärtig aber ist nur anzuzeigen, daß auch aus noch so unzweifentlichen Anzeigungen, oder denen erheblichsten rechtlichen Muthmassungen, niemand zum Tode verurtheilet werden möge. Boss. tit. de Confict. n. 37. vers. Nisi tamen Mascard de Prob. Concl. 1221. n. 47.

Doch ist unter denen Criminalisten die weitere Frage: ob aus unzweifentlichen, höchst-erheblichen Inzichten und Muthmassungen, eine Leibes- oder nur eine Bürgerliche Straffe dictirt werden solle? Theils sagen das erste, theils das andere, die mildere aber sagen: dafern auf die strittige That eine Todes-Straffe gesetzt, könnte der mit schweren Inzichten behafftete auf die Galeren, oder zum Ruthen aushauen condemniret werden; da aber die Straffe bey erwiesener That nur eine Leibes-Straffe nach sich zöge, könnte sodann eine zeitliche Verweisung oder Geld-Straffe dictirt werden. Guaz Def. 32. c. 14. n. 15. Clar. q. 20. vers. Scias tamen.

Wiewohl theils Rechts-Lehrer einen Unterschied unter denen Anzeigungen oder Inzichten, und denen puren, wiewohl unzweifentlichen höchsterheblichen Muthmassungen zu machen pflegen, lehrende, daß wegen dergleichen Wahrnehmungen, allwo nichts als die pure Bekänntniß des Thäters abgehet, ein Delinquent nicht allein mit einer Leibes-Straffe, sondern auch mit ewiger Galeren-Straffe möge gezüchtiget werden. Mod Rom. q. 86. n. 114. Sonderlich in denen heimlichen Lastern, Comploten und Tractaten, oder Zusammen-Schwörungen Gramm. deciss. 42. Keineswegs aber, da nur blosse Vermuthungen vorhanden wären. Dann auf solchen Fall hätten nur die Bürgerliche Straffen statt; sonderlich, da eine nachgesetzte Obrigkeit das Urtheil auszusprechen hätte. Guaz. d. I. n. 15. vers. Tandem Advocatus.

Und Oldekop, in Quaest. 8. Decad. 2. Lehret, daß auch eine halbständige Beweisung mit einem Zeugen, wann auch eine starcke menschliche Präsumtion darzu schläget, nicht genugsam sey, jemand mit der Verweisungs-Straffe zu belegen, als welche ohne Verletzung der Ehre nicht exequirt werden möge, deren Verlust aber dem Leben gleich geachtet wird, ausser der Delinquent wolte den ihm zuerkannten: Reinigungs-Eyd nicht schwören, wie man denn überhaupt schon in geringen Lastern allezeit etwas mitleidig seyn soll. Welche Lehre aber nur in geringen Lastern, so keine Leibes-Straffe verwürcken, statt hat.

Zudem aber müssen auch die Anzeigungen vollständig bewiesen werden. Farinac. q. 86. n. 99. und zwar durch zwey Mit-Zeugen von einem Ort, einer Zeit, einer Sache, und können zwey halbständige Beweisungen verschiedener Indicien nicht so viel würcken, daß eine nachgesetzte Obrigkeit eine Leibes-Straffe erkennen möge. Menoch c. 492. de Arbitr. I. 1. praes. 41. de praesumt. Die unzweifentliche Anzeigungen und Muthmassungen aber müssen dergestalt beschaffen seyn, daß dessenwegen eine menschliche Vernunfft also eingenommen werde, daß kein Verständiger anders glauben kan, als daß die mit solchen Anzeigungen und Muthmassungen beschwerte Person der wahre Thäter seyn müsse. Farin. Consil. 70. n. 2.

Dem entgegen aber Lehren etliche als, Menoch de praes. I. 1. q. 40. n. 10. Mod. Rom. q. 86. n. 93. Daß, wann zwey unzweiffentliche ne[...][4]ste [179] Indicien in einer Sache zusammen fliessen, solche schon genug wären, jemanden zum Tode zu verurtheilen. Welche Lehre aber gar zu hart und nicht zu practiciren. Scaccia I. 1. q. 97. n. 1. vers. Sed. praedictum. Boss. tit. de convict. n. 34. Wie dann vermöge Carls V. P. H. G. Ordnung niemand aus puren Anzeigen und Muthmassungen, etc. am Leben zu straffen, sondern nothwendig entweder Rechtlich überwiesen seyn, oder die That bekennet haben muß.

Wenn denn nun aber nicht allein der Nachforschungs-Proceß vollendet, der Delinquent gnugsam constituirt, alle nothwendige Umstände der Sachen nach Möglichkeit erörtert, und in denen Acten gehörig eingetragen, die Defensional-Schrifften eingereicht, sondern auch, wie an theils Orten, und sonderlich nach denen Tyrol. Land-Rechten Lib. VIII. tit. 11. gebräuchlich, von dem das Verbrechen nicht in Abrede setzenden Delinquenten mit leiblichem Eyde, seine Aussagen wahr, und nicht anders zu seyn, in Gegenwart 5. oder 7. Zeugen, darunter zwey Gerichts-Geschworne seyn müssen, die Bestätigung eingeholt worden; so liegt alsdenn dem Gerichte ob, in Sachen ein Ende zu machen, eine Tag-Satzung zu Ausfällung des Malefitz- oder Inzichts-Urtheils anzusetzen, und hierzu 12 Beysassen als Gerichts-Geschworne fürfordern zu lassen.

Bey solcher Zusammenkunfft muß der Richter, nach abgelegter kurtzen Relation, wegen Ursache und Herkunfft der angestellten Tag-Satzung, denen Beysassen und Geschwornen alle Acten, Constituta, eiugerichte Defensional-Schrifften durch den Gericht-Schreiber ablesen lassen. Hernach ist von denen zur eydlichen Bestätigung und Bekänntniß gebrauchten Zeugen, auf Richterliche Anfrage die Antwort zu geben, daß die Bestätigung dergestalt, wie sie in denen Acten abgelesen worden, in Wahrheit geschehen sey. Nicht weniger soll auch die Consult-Schrifft, daferne eine abgeholet worden, abgelesen werden. Denn was wegen nothwendiger Einholung des Consults in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Carls V und sonsten von denen Rechts-Verständigen gelehret wird, ist allein in jenen Gerichten üblich, allwo man die Criminal-Processe höherer Obrigkeit zur Revision nicht einzuschicken pfleget. Und obgleich sonst auch diese Verschickung zur Revision eben nicht ein wesentliches Stücke des Processes ist; so ist es dennoch, zumahl in schweren, wichtigen, und zweiffelhafftigen Sachen, einem auch sonst gelehrten Richter löblicher und verantwortlicher, andere um ihren Rath und Gutdücken fragen, als ihm selbsten allein zu trauen, um dadurch auch desto eher der andern Leuten übelgefallenden Präsumtion sonderbarer Geschicklichkeit zu entfliehen][5].

Dann die eigene Complacentz ist der erste Grad zur Thorheit. Wie dann daher auch die Ober-Oesterreichische Regierung gemeiniglich bey erscheinender Unförmlichkeit des Processes die Formalien zu rescribiren im Gebrauch hat: „Dafern ihr diesen Sachen vorzustehen euch nicht getrauet, werdet ihr befehliget, hinführo bey einem Rechtsgelehrten euch Raths zu erholen, etc.“ Dahin auch weiter der 71 Tit. des 8. B. Tyrol. Land-Ordnung zielet, nehmlich, daß man in schweren fürfallenden Malefitz- und Inzicht-Sachen bey andern Städt und [180] Gerichten sich Raths zu erholen möge. Diese Rechtlichen Belehrungen sollen nun von dem Richter, so fern selbiger gelehrt, denen Beysitzern genugsam verdolmetscht werden, damit selbige die Umstände der Schrifft wohl verstehen. Denn theils Rechtsgelehrte pflegen ihre Consulta mehrestens in Latein zu verfassen, da selbige doch, ausser denen Allegaten, zu besserer Verständniß, so viel als möglich, Deutsch abgegeben werden sollen, sonderlich wo eine der Rechten unerfahrne Obrigkeit sitzet.

Da nun also alles abgelesen worden; so ist ein Richter nach der Tyrol. Land-Ordnung bemüßiget, von denen Beysassen und Geschwornen, und zwar von jedem besonders, das Votum öffentlich abzufordern; so der Gerichts-Schreiber zum Protocoll nehmen muß. Wenn nun alle 12 Vota eingeholt worden, soll ein Richter, welcher nach besagter Tyrol. Land-Ordnung nicht urtheilen, sondern nur die Urtheile zusammen tragen muß, weiter vortragen, wie aus denen eingeholten Votis erscheine, daß die mehrere Stimmen dahin gehen, daß der Delinquent, etc. Da aber die Vota in zwey Theile gleich fielen, und ein Theil davon strenger, der andere Theil aber milder wäre; so muß der Richter den mildern Theil beyfallen, und also durch seine Person den Ausschlag geben; dabey es alsdenn auch sein Bewenden hat. Bedunckte aber dem Richter, daß kein Theil einige denen Rechten gemässe Vota abgegeben hätte; so ist er nicht schuldig, ein– oder anderm Theile beyzufallen, sondern er kan den gantzen Verlauff der hochlöblichen Regierung gehorsamlich überschreiben, und weitern gnädigen Bescheid darüber erwvrten. Tyrol. Land-Ordnung 8 B. Art. 72. Theils Orten, wann die Vota gar nicht zusammen gehen, ist Herkommens und gebräuchig, die Beysitzer das andere und dritte mahl anzufragen, und zu sehen, wie dieselben aus neuen Ursachen und Bewegungs-Gründen, so ein und anderer von ihnen vorbringt, zu einem vernünfftigen Schlusse und denen mehresten Stimmen gebracht werden mögen. Denn ein Gescheider verändert seine Meynung, so offt er einen bessern Grund zu der Veränderung ergreifft. Wenn die Majora richtig, soll der Gerichtschreiber das Malefitz- oder Inzicht-Urtheil verfassen, und gebührlich ablesen. Hierauf muß der Richter weiter die Beysitzer auf den Eyd, einen nach dem andern, anfragen: Ob das Urtheil recht aufgesetzt, und ob er vermeyne, daß die Uebelthat von Rechtswegen also zu bestraffen sey? Worauf der Beysitzer beyläuffig antworten kan: Ja, es sey das Urtheil recht verfaßt, und zur Abstraffung der Uebelthat nach aller fürgebrachten Handlung den Rechten gemäß. Andere Fomalien sind in der P. H. G. O. Art. 92. u. 93. zufinden, so aber dem Wesen einander gleich sind.

Wie dann jedes Urtheil erster Hand geschrieben und aufgesetzt, hernach allererst agelesen werden muß. L. 2. u. 3. C. de Sent. ex Brevi recit. Vantins de null. ex Defect. Process. n. 69. und zwar von dem Richter selbsten. Gloss. in c fin. 1. de re Jud. in 6. Wiewohl dem heutigen Gerichts-Brauche nach, nur der Gerichtschreiber solches abzulesen pfleget. Clar. q. 93. n. 1. Wenn nun also auch die Umfrage geschehen; so ist in denen Gerichten, die ihre Processe zur Revision bey einer hochlö[blich][6]en Regierung einschicken müssen, [181] von nöthen, daß der Proceß sauber geschrieben, mit seinen Numern belegt, demselben das Urtheil eingetragen, jedoch die Formalien: Actum & publicatum, aus Unachtsamkeit nicht beygerückt werden, sondern allein Actum ut supra. Denn vor einlauffen der Gerichtlichen Revision ist der Publications-Termin auszulassen.

Und endlich legt man den einrollirten Proceß mit allen Schrifften und Numern dem eingeschickten unterthänigen Bericht bey: Wie unter andern Frölich von Frölichsburg in Comm. ad Ord. Crim. P. I. Lib. IV. tit. 15. p. 296. u. f. hiervon ein Exempel beyfügt:

Actum.

Den Tag etc. Monat etc. Jahr etc. Auf der Stadt-Raths-Behausung.

Coram.

N. N. der Nahme des Richters.

In Beysaß:

Die Nahmen der 12 Beysassen, als 6 aus dem Stadt-Rath, und hernach der 6 aus dem Gericht, jedoch mit Unterschied des 1 Tit. 8 Buchs, Tyrol. Land-Ordnung.

Protocollist.

N. der Nahme des Gerichtschreibers.

Herr Richter proponirt denen 12 versammleten Rechts-Sprechern, was gestalten der gegen dem innliegenden N. N. ex officio formirte Malefitz-Proceß, in Puncto homicidii nunmehro in allen erforderlichen Puncten zu Ende gebracht worden sey, stehe also die Sache nunmehro in dem, daß dem Delinquenten seinem Verbrechen nach ein rechtmäßiges Urtheil ausgesprochen werde; zu welchem Ende aber denen Beysassen belieben wird, den gantzen Proceß und dessen Innhalt, des Delinquenten eingewendete Defensions-Schrifft und Consult ablesend, zu vernehmen: worauf der Proceß durch mich Land-Gerichtschreibern abgelesen worden.

Vor Ausfällung des Urtheils aber hat Herr Richter diese bey der Bestätigung zugegen geweste Gezeugen und Geschworne angefragt: Ob nicht wahr sey, daß der Delinquent seine Bekänntniß mit leiblichen Eyd den Dato etc. in ihrer Gegenwart bestätigt habe, wie es in Processu einkommen? Worüber die bey der Bestätigung gegenwärtig geweßte Gezeugen solches also und nicht anderst zu seyn öffentlich bekennet haben; nach welch erstatteter Gezeugniß von denen versammleten Rechts-Geding, auf ordentliche Umfrag, hauptsächlich in Obacht gezogen worden:

1. Daß der Delinquent den N. umgebracht, und wegen eigentlicher Entleibung ex relatione medica constare.

2. Daß der Todschlag vorsetzlicher Weise geschehen.

3. Daß er solchen gethan zu haben selbsten bekennet, die vorgegebene Trunckenheit nicht erwiesen, sondern vielmehr, die in Processu informativo abgehorte Gezeugen, nur von einem Rausch Meldung thun, so zu Verminderung der Ordinari-Straffe nicht genug.

4. Daß die geschehene Vergleichung mit des Entleibten Freundschafft der öffentlichen Straffe nichts benehme.

5. Diese seine gütige Bekänntniß mit Eyd bestätiget. [182]

6. Daß auf einen vorsetzlichen Todschlag die Straffe des Schwerdts vorgesehen.

7. Und der Delinquent zu Verminderung dieser Straffe keine erhebliche Ursach fürzubringen habe, als hierauf einhellig, oder per Majora dahin geschlossen worden:

Malefitz-Urtheil.

Daß N. N. wegen der an N. verübten vorsetzlichen Entleibung mit dem Schwerdt vom Leben zum Tod hingerichtet werden solle.

Actum ut supra.

Aus welchem Formular zu ersehen, daß, nach den Umständen der That, erstlich die zu Ausfällung des Urtheils bewegende, hernach die vorgeschützte mildernde Ursachen in Betrachtung gezogen, und vermeldet werden, warum man zur ordentlichen Straffe zu schreiten, oder, aus was Ursachen das Gerichte zu Milderung derselben veranlaßt worden sey? Es ist zwar nicht ohne, daß vermöge gemeiner Rechten kein Richter verbunden, die Bewegungs-Ursachen ausdrücklich der Sententz einzuverleiben. L. Properandum §. illi procul dubio. Cod. de Judic. Ja, man hielte einen Richter gleichsam vor unverständig, der die Ursachen dem Bescheide öffentlich eintrüge, damit, wann die Ursache nicht hinlänglich die Sententz nicht unkräfftig, und zu allerhand Calumnien Thür und Thor eröffnet werde. Wie denn die hohen Tribunalien nunmehro nicht im Gebrauch haben, denen Sententzen eine besondere Ursache einzuverleiben, sondern nur überhaupt die Formalien: Auf reiffe Ueberlegung, und aus erheblichen Ursachen, zu gebrauchen. Ja, wann auch allenfalls ein Richter etliche Special-Ursachen der Sententz einverleibte; so ist doch rathsam, daß er die Clausul beysetze: Aus welchen und andern erheblichen Ursachen mehr. Und dieses zwar in Bürgerlichen Sachen; in peinl. aber sind theils Rechts-Lehrer der Meynung daß die Ursache des Urtheils einzurücken sey, als wegen bekannten oder überwiesenen Todschlags, oder weil selbiger aus den Acten für unschuldig erkannt worden. Clar. q 93. n. 2. In Tyrol. Land-Rechten aber muß eine nachgesetzte Obrigkeit, auch in Civil-Sachen, die Ursachen der Urtheil in die Acten und den Proceß eigentlich setzen; um wie viel mehr also nicht in peinlichen, als weit delicatern und wichtigern? Tyrol. Land-Ordnung 2. B. Tit. 57.

Nebst dem soll bey Ausfällung eines peinlichen Urtheils nicht allein auf die Acten, sondern auch dahin gesehen werden, obwohl der Inquisit in Wahrheit delinquirt habe, und dannenhero alle Umstände wohl beobachtet werden. Dergleichen Exempel erzehlet Guaz. Def. 35. c. 1. n. 6. Daß er einsmahls einen Bauern von Spoletto, der eines Todschlags theilhafftig zu seyn selbsten gütig bekennet, darum nur auf die Galere condemniren lassen, weil aus des Bauren furchtsamer Natur und andern Umständen, er in seinem Gewissen nicht recht versichert gewesen, ob der Bauer in Wahrheit der Entleibung theilhafftig wäre? wie denn nachgehends die Wahrheit sich erzeigt, daß der Bauer unschuldig gewesen. Soll man also die Ursachen des Urtheils recht untersuchen, ob sie eine unwiedertreibliche Wahrheit nach sich ziehen, oder nicht.

Nicht weniger ist zu beobachten, daß die Urtheile dergestalt abgefasset werden, daß die [183] Straffe nicht höher oder schärffer angegeben werde, als die Rechte und Statuten mit sich bringen. Als zum Exempel, da einer wegen eines aus blosser Unbedachtsamkeit und ohne Gefährde verübten Todschlags zum Schwerdt verurtheilet würde; oder da einer mit Confiscation seiner Güter gestrafft würde, da doch das Verbrechen die Straffe der Confiscation nicht nach sich ziehet. Dann dergleichen Urtheile seynd nichtig und sollen nicht exequirt werden. Clar. q. 95. n 4. Da aber das Urtheil eine gelindere Straffe in sich hielte, als es von Rechts wegen gebühret, auch keine erhebliche Ursache vorhanden wäre, die Straffe dergestalt zu mildern; so wäre ebenfalls das Urtheil nichtig und null. Scaccia I. 2. c. 1. u. 2. n 96.

Desgleichen muß das Urtheil eine gewisse Straffe in sich halten, und ist nicht genug, daß man sich auf das Consult, oder die Acten, oder das Statut, ohne nahmhafft gemachte Straffe, beziehe. Wiewohl in dergleichen Urtheile denen Rechten nach der Nichtigkeit nicht unterworffen wäre. Guaz. d Def 35. p. tot. Vantius de Nullit. ex Defect. Process. n. 103.

Es sey nun aber dem Delinquenten gleich eine willkührliche, oder dagegen eine ordentliche Straffe zu dictiren, so soll und muß selbige dennoch, dem bey denen mehresten Gerichten eingeführten Gebrauche nach, ausdrücklich gesetzt werden.

Viel weniger soll man ein Alternativ gebrauchen. Zum Exempel: Daß der Delinquent entweder gehenckt, oder auf die Galere geschickt werden solle, oder daß der Delinquent entweder 3 oder 4 Jahre des Landes verwiesen werden solle. Denn dergleichen Alternativen machen keine gewisse Straffe, welches denn nothwendig eine Nichtigkeit des ergangenen Urteils nach sich ziehet. L in Sent. ff de re Judic. L. 3 C. de Sent. quae si Cert. Denn die Nichtigkeit einer Sententz ist so kräfftig, daß das Urtheil für kein Urtheil gehalten wird. L. 4. § condemnatum ff de re Judic Dannenhero, wenn die Straffe dem Verbrechen nicht gemäß gefällt wird, so muß an theils Orten, wie z. E. in denen Oesterreichischen Landen, auf ausdrücklichen Befehl der dasigen Regierung, von denen nachgesetzten Obrigkeiten ein gantz neues Urtheil verfaßt werden: massen ein nichtiges Urtheil nicht zu Kräfften erwächst. Felin in C. quoniam contra n. 25 u. f. de prob.

Als wie, wenn das Urtheil eine Ungerechtigkeit und Boßheit nach sich ziehet. Zum Exempel, da jemand zum Tode wäre verurtheilet worden, da er doch der That weder überwiesen, noch auch selbst bekänntlich wäre; oder, da jemand wegen eines Todschlags wäre verfällt worden, da doch die erschlagen seyn sollende Person lebendig hervor kommt; ingleichen, da die vermeyntlich gestohlene Sache wiederum gefunden wird. Vantius de null ex defect. Process. num. 126. u. f. Guaz. d I. c. 23. ad fin.

Wie denn überhaupt in allen peinlichen Sachen ein Verfäll-Urtheil niehmahls dergestallt zu Kräfften erwächst, daß selbiges auf bessere Beweisung, oder nach erscheinender Wahrheit, nicht wiederum aufgehoben werden möge, wann es gleich auf Inzicht-Sachen oder auf eine Geld-Straffe angesehen wäre. Aretin in c. de his. Crimin. n 2 & 3. de accus.

Und endlich sollen die Rechtsprecher vor Ausfällung ihres Urtheils, zuförderst auf die hauptsächliche Umstände Acht haben, als ob das Corpus Delicti vorhanden? [184] ob der Delinquent in Güte bekennet? ob er die eydliche Bestätigung abgelegt? oder da er torquirt worden, ob die Tortur aus genugsamen Ursachen, oder nicht übermäßig vorgenommen worden? ob die Bekänntniß Rechtlich radificirt worden? so dann, ob die Bekänntniß richtig, wahrscheinlich, und keinem Tadel unterwürffig? oder, ob er durch Zeugen überwiesen? ob deren Aussage klar, rund, gleichförmig von einem Ort, Zeit, That? etc. was für Zeugen es seynd? ob es nicht pure Muthmassungen, sonderlich, da es ein heimliches Laster, und keine andere Rechtliche Probe der begangenen Uebelthat vorhanden? was für gemeine und Special-Umstände, so wohl zu Beschwer- als Milderung der Straffe im Processe ersichtlich: was sonsten in Ansehung des unrechtmäßigen Processes etwa aus Suggestion-Fragen, versprochener Nachlassung der Strafe oder andern unzuläßigen Mitteln erpreßt worden? In Summa, es müssen jede, auch die geringsten Umstände, reifflich bey Ausfällung eines Urtheils auf die Waagschale gelegt werden, damit ein rechtes, Gott und Menschen beliebiges und aller Affection und Leidenschafft freyes Urtheil ausgefället werde. Denn ein eintziger Umstand kan den gantzen Handel verändern.

Und endlich wird nicht undienlich seyn, zum Beschlusse auch noch die Formalien derer peinlichen Sententzen, wie solche in Kayser Carls V. P. H. G. O. Art. 190. u. ff. vorgeschrieben worden, beyzufügen. Die Worte daselbst lauten also:

Eine Ordnung und Bericht, wie der Gerichtschreiber die endlichen Urtheilen der Todstraff halben, formen soll.

Item, so nach Laut dieser unser und des heiligen Reichs Ordnung ein Uebelthat wahrhafftiglich erfunden oder überwunden, und deshalben so weit kommen ist, daß die endlich Urtheil derhalben zum Tod, wie die vorgemelter massen, nach Laut dieser unserer Ordnung geschehen sollen, beschlossen ist. So soll alsdann der Gerichtschreiber die Urtheil beschreiben, und ungefährlich nachfolgender Meynung im Ausschreiben formiren, damit er die also auf dem endlichen Rechttag, wie in dem vier und neuntzigsten Artickel, anfahend: Item, auf obgemelt etc. von Oeffnung solcher endlicher Urtheilen geschrieben steht, aus Befehl des Richters öffentlich verlesen.

Item, wo in dem nächst nachgesetzten Artickel ein B. stehet, da soll der Gerichtschreiber in Formirung und Beschreibung der Urtheil, den Nahmen des Uebelthäters benennen, aber bey dem C. soll er die Uebelthat kürtzlich melden.

Einführung einer jeden Urtheil zum Tod oder ewiger Gefängniß.

Auf Klag, Antwort, und alles gerichtlich Fürbringen, auch nothdürfftige wahrhafftige Erfahrung und Erfindung, so deshalben alles nach laut Kayser Carls des Fünfften und des heiligen Reichs Ordnung geschehen, ist durch die Urtheiler und Schöpffen dis Gerichts endlich zu Recht erkannt, daß B. so gegenwärtig vor diesem Gericht steht, der Uebelthat halben, so er mit C. geübt hat etc.

Mercket die nachfolgenden Beschluß einer jeden Urtheil.

[185]

Zum Feuer.

Mit dem Feuer vom Leben zum Tod gestrafft werden soll.

Zum Schwerdt.

Mit dem Schwerdt vom Leben zum Tod gestrafft werden soll.

Zu der Viertheilung.

Durch seinen gantzen Leib zu vier Stücken zerschnitten und zerhauen, und also zum Tod gestrafft werden soll; und sollen solche vier Theile auf gemeine vier Wegstrassen öffentlich gehangen und gesteckt werden.

Zum Rade.

Mit dem Rade durch Zerstossung seiner Glieder vom Leben zum Tod gericht, und fürther öffentlich darauf gelegt werden soll.

Zum Galgen.

An den Galgen mit dem Strang oder Ketten vom Leben zum Tod gerichtet werden soll.

Zum Erträncken.

Mit dem Wasser vom Leben zum Tod gestrafft werden soll.

Vom lebendigen Vergraben.

Lebendig vergraben und gepfählt werden soll.

Vom Schleiffen.

Item, wo durch die vorgemeldten endlichen Urtheil einer zum Tod erkannt, beschlossen würde, daß der Uebelthäter an die Richtstatt geschleiffet werden soll; so sollen die nachfolgenden Wörtlein an der ander Urtheil, wie obstehet, auch hangen, also lautend: Und soll darzu auf die Richtstatt durch die unvernünfftigen Thier geschleifft werden.

Von Reisen mit glüenden Zangen.

Item, würde aber beschlossen, daß die verurtheilte Person vor der Tödtung mit glüenden Zangen gerissen werden solt; so sollen die nachfolgenden Wörter weiter in der Urtheil stehen, also lautend: Und soll darzu vor der endlichen Tödtung öffentlich auf einem Wagen bis zu der Richtstatt umgeführt, und der Leib mit glüenden Zangen gerissen werden, nehmlich mit N. Griffen.

Formirung der Urtheil eines sorglichen Manns in Gefängniß zu verwahren.

Auf wahrhafftige Erfahrung und Befindung gnugsamer Anzeigung zu bösem Glauben, künfftiger übelthätiger Beschädigung halber, ist zu recht erkannt, daß B. so gegenwärtig vor Gericht stehet, in Gefängniß enthalten werden soll, bis er gnugsam und gebührliche Caution und Bestand thut, damit Land und Leut vor ihm versichert werden.

Von Leibstraff, die nicht zum Tod oder gefänglicher Verwahrung, wie obstehet, verurtheilet werden soll.

Item, so eine Person durch unzweifeliche endliche Ueberwindung (wie auch nach laut dieser unserer Ordnung geschehen) an ihrem Leib oder Gliedern peinlich gestrafft werden soll, daß sie dennoch bey dem Leben bleiben möge, solch Urtheil der Richter doch nicht anderst, dann mit wissentlichem Rath oder Befelch seiner Obrigkeit und der Rechtverständigen, zum wenigsten mit vier aus den Urtheilern oder Schöpffen, die er für die tüglichsten darzu [186] erfordert, die ihm auch derhalben gehorsam seyn sollen, beschliessen, und von seines Richterlichen Ammts wegen an dem Gericht eröffnen, und durch den Gerichtschreiber öffentlich verlesen lassen. Es soll auch der Richter, in obgemeldten Fällen daran seyn, daß der Nachrichter sein Urtheil vollzühe. Dieselben Urtheil sollen, wie hernach folgt, im Aufschreiben durch den Schreiber formirt werden. In Formirung der nächst nachgemeldten Urtheil, soll der Gerichtschreiber, wo im selben Artickul ein B. stehet, des Beklagten Nahmen benennen, aber da das C. gesetzt ist, soll er die Sache der Uebelthat auf das kürtzeste melden.

Einführung der Urthel vorgemeldter peinlicher Leibstraff halber, die nicht zum Tod gesprochen worden.

Nach fleißiger wahrhaffter Erfindung, so nach laut Kayser Carls des Fünfften und des Heil. Reichs Ordnung beschehen, ist zu recht erkannt, daß B. so gegenwärtig vor dem Richter stehet, der missethätigen unehrlichen Handlung halber mit C. geübet.

Mercket die nachfolgenden Beschluß einer jeden Urtheil.
Abschneidung der Zungen.

Oeffentlich an Pranger oder Hals-Eisen gestellt, die Zungen abgeschnitten, und darzu bis auf kundliche Erlaubung der Oberhand aus dem Lande verwiesen werden soll.

Abhauung der Finger.

Oeffentlich an Pranger gestellt, und darnach die zween rechte Finger, damit er mißhandelt und gesündiget hat, abgehauen, auch fürther des Lands, bis auf kundliche Erlaubung der Obrigkeit, verwiesen werden soll.

Ohren abschneiden.

Oeffentlich an Pranger gestellt, beyde Ohren abgeschnitten, und des Landes, bis auf kundliche Erlaubung der Obrigkeit, verwiesen werden soll.

Mit Ruthen aushauen.

Oeffentlich an Pranger gestellt, und fürther mit Ruthen ausgehauen, auch des Landes, bis auf kundliche Erlaubung der Oberhand, verwiesen werden soll. Mercket, so ein Uebelthäter zusammt einer aufgelegten rechtlichen Leibstraff, jemandes sein Guth wieder zu kehren, oder aber etwas von seinen eignen Güthern zu geben verwürckt, wie deshalben hievor in etlichen Straffen, nehmlich von fälschlichem Abschwören, am hundert und siebenden Artickel anfahend: Item, welcher vor Richter oder Gerichten auch der Unkeuschheit halben, so ein Ehemann mit einer ledigen Dirn übet, am hundert und zwantzigsten Artickel, anfahend: Item, so eine Ehemann einem andern etc. und dann die bösen Besteltniß zweyfacher Ehe betreffend, am hundert und ein und zwantzigsten Artickel, anfahend: Item, so eine Ehemann ein ander Weib, etc. gesetzt ist; dergleichen in etlichen Diebstählen, wie oben angezeigt, etc. oder sonst in unbenannten Fällen, dergleichen zu thun, rechtlich erfunden würde; so soll solche Wiederkehrung oder Dargebung des Guts mit lautern Worten an die Urtheil, wie das geschehen solt, gehangen, geschrieben und geöffnet werden.

Von Form der Urtheil zu Erledigung einer beklagten Person.

Item, wo aber nach laut dieser und des Reichs-Ordnung eine Person, so um peinlichen Straff [187] willen, angenommen und beklagt wäre, mit Urtheil und Recht ledig zu erkennen beschlossen würde, dieselbig Urtheil soll ungefährlich nachfolgender Massen beschrieben, und nach Befehl des Richters, auf dem endlichen Recht Tage als vor in dem neun u. neuntzigsten Artickel also anfahend: Item, würde aber der Beklagte, etc. gemeldet wird, öffentlich gelesen werden. Item, in nächst nachgesetztem Artickel zu Einführung einer Urtheil, soll der Gerichtschreiber in Beschreibung solcher Urtheil, an des A. statt, den Nahmen des Klägers, für das B. den Nahmen des Beklagten, und da das C. stehet, des Beklagten Uebelthat melden.

Auf die Klage so C. halben von wegen A. wieder B. so zu gegen vor diesem Gericht stehet, geschehen ist, auch des Beklagten Antwort und alles nothdürffig einbringen gründige fleißige Erfahrung und Erfindung, so alles nach laut Kayser Carls des Fünfften und des Reichs Ordnung deshalben geschehen, ist derselbig gemeldte Beklagte mit endlicher Urtheil und Recht von aller Peinlicher Straff ledig erkannt, es wäre denn Sach, daß der Ankläger seiner Klag rechtmäßige Ursach gehabt, dardurch der Richter bewegt werden möchte, die Kosten und Schäden aus redlichen, gegründten, rechtlichen Ursachen zu compensiren und zu vergleichen. Und was fürther die Partheyen Schaden oder Abtrags halber gegen einander zu klagen vermeynen, das sollen sie nach Ausweisung obgemeldter Ordnung, mit endlichem Bürgerlichem Rechten vor demselbigen Gericht, oder so von Amtswegen geklagt wird, vor derselben, so von Amtswegen klagten, nächsten ordentlichen Obrigkeit austragen.

Item, ein jeder Gerichts-Handel und Urtheil, wie vorhero vor Beschreibung der aller gemeldet wird, soll fürther nach Endung des Rechten gäntzlich in dem Gericht behalten, und von Gerichts wegen in einer sondern Behältniß verwahret werden, darmit (wo es künfftiglich noth thun würde) solcher Gerichts-Handel daselbst zu finden wär. Item, welcher Gerichtsschreiber aus dieser vorigen Anzeigung nicht gnugsamen Verstand vernehmen möchte, wie er daraus einen jeden gantzen Gerichtshandel oder Urthel formen solt, der soll erstlich vorgemelt, seine Obrigkeit um Erklärung ansuchen; und wo aber vorgemeldte Obrigkeit des auch nicht gnugsamen Verstand hätte, so sollen sie bey andern Verständigen Rath suchen.

Ubrigens sollen auch dergleichen peinliche Sententzen oder Urtheile, wenn auch gleich Beklagter abwesend, und seine Nothdurfft bey dem wider ihn angestellten Processe durch einen Gevollmächtigten besorgen läßt, dennoch niemahls anders, als wider des Principals oder Verbrechers selbsteigene Person, keineswegs aber wider dessen Sachwalter, gerichtet werden. Wurmser in Obs. Pract. Tit. XXII. Obs. 1.

Anmerkungen

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  1. WS: Buchstabe zerstört
  2. WS: erste Ziffer zerstört
  3. WS: wegen eines Flecks nicht erkennbar
  4. WS: wegen eines Flecks nicht erkennbar
  5. WS: Original: entflieheu
  6. WS: wegen eines Flecks nicht erkennbar