Zedler:Sale, oder Salee, ingleichen Sal

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Sale, ein kleiner Fluß

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Sale, Schwedische Stadt

Band: 33 (1742), Spalte: 863–867. (Scan)

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Sale, oder Salee, ingleichen Sal, welche Ptolomäus Sala, andere Sella nennen, die allerälteste und ehmahlige Hauptstadt in der Provintz Fetz, 20 Meilen südwerts von Marmora, 70 von Arsile, 100 von Tanger und 100 von Fetz westwärts. Als die Gothen diesen Theil von Africa inne hatten, war Sale die Haupt-Stadt des gantzen Königreichs, so bald aber als die Stadt Fetz erbauet worden, verlohr sie diese Ehre. Sie lieget am Nord-Ufer der See, darein sich der Fluß Burregreg, oder Sala, welche auch Kumer heisset, nach dem Abend zu ergiesset; und hat am Südlichen Ufer, recht gegen ihr über, die Stadt Rabat oder Rabald, welche nur allein der Fluß von ihr scheidet, und ebenmäßig Salee, doch zum Unterscheid des vorigen, das neue genennet wird. Gleichwie auch die Einwohner beyder Städte den Namen nach unterschieden werden. Denn die von dem alten Salee werden Schlusi oder Slousi, und die vom neuen Salee oder Rabat, Rabatten genennet, welche meist Andaluser seyn, die man ehemahls aus Spanien verjaget. Diese beyde Städte sind rund herum mit viereckigten Wachthürmen, auf viereckigten hohen und dicken Mauren, von Leimen gemacht, umgeben. Das alte Salee liegt viereckigt, und hat vier Thore; davon dasselbe, das an der Nord-Seiten lieget, da man nach Marmohre gehet, Sidimusa Duquelle, nach einem Heiligen genennet wird. Dieser Heilige lieget eine halbe Stunde von diesem Thore, in einem viereckigten Häuslein, mit einem runden Dache, begraben. Auf eben derselben Stätte hat man, bey einem Aussenwercke, noch ein kleineres Thor liegen. Auf der Ost-Seite liegen wieder 2 Thore, durch das eine gehet man hinaus nach den Begräbnissen der Juden, und so fort auch Miskanes: das andere aber ist zugemauert, und siehet aus wie ein viereckter Wachthurm. Auf allen Ecken dieser Stadt, ausgenommen da das zugemauerte Thor stehet, liegen kleine Schlösser, nehmlich das eine auf der Ecke nach dem Flusse zu, welches von harten Steinen gebauet, und mit 7 oder 8 Stücken Geschützes versehen; und uoch ein anders auf derselben Seite, auf dem Nord-Ecke, auch von harten Steinen: Das dritte aber auf dem Nordstelie an der Land-Seite; und das vierte hingegen ist ein zugemauertes Thor. Längst dem Flusse zwischen dem zugemauerten Thore, und dem Schlosse auf der Wasser-Seite, lieget auch ein Wasser-Schloß; und gegen über im neuen Salee, noch eines, welches rund ist. Der Marckt-Platz im alten Salee ist sehr groß. Woselbsten die Araber vom Lande täglich Butter, Weitzen, Gerste, Oehl, Kühe, Schafe, und andere Lebens-Mittel zu Kauffe bringen, offt kommen sie mit 3 bis 400 geladene Camehlen zugleich auf einmahl an. Unter diesem Platze ist das allgemeine Gefängniß der Leibeigenen, welches Machmore, oder Matamourus [864] genennet wird, und oben im Markt Pflaster-Löcher mit eisern Gittern hat. Ausser diesen allgemeinen haben die vornehmen Leute noch absonderliche Gefängnisse vor ihre eigne Leibeigen. Aus den alten Gebäuden und verfallenen Mauren kan man sattsam abnehmen, daß diese alte Stadt ehemahls grösser gewesen, als sie itzunder ist; da sie an Menge der Einwohner und Gebäuden als auch an Herrlichkeit und Grösse mit dem neuen Salee gantz nicht zu vergleichen. Das neue Salee, welches gemeiniglich Dabat genennet wird, lieget auch fast viereckigt, in einem Thale zwischen zwey Höhen; doch ist die Höhe auf der Land-Seite viel erhabener, als an der See-Seite. An der Land-Seite hat es eine zwiefache Mauer, als eine alte und neue, mit einem grossen Raume zwischen beyden, der fast so groß ist, als die halbe Stadt; da die Einwohner Gersten, Weitzen, Bohnen und andere Früchte säen. Die neue Mauer ist sehr dicke, und wohl 30 Fuß hoch, auch ist sie an der Land-Seite rund herum mit viereckigten Wachthürmen versehen; massen die Stadt an der See-Seite keine Mauren hat, sondern ist mit hohen Kippen bewahret. An der Land-Seite hat sie vier Thore, und nach der Morgen-Seite eines, da das Städtlein Selle lieget; daher man es auch das Sellische Thor nennet: das zweyte nach dem Mittage zu, das Marockische genennet; das dritte nach der Stadt Tensene zu, dahero es auch das Tensenische heisset. Nahe bey dem Flusse stehet auf einem Hügel der viereckigte Thurn Asan, nebst einer Kirchen, welche 400 Fuß lang und 300 breit; und hat sehr starcke Mauren, die wohl ein Klaffter dick von Leimen gemacht, und mit Säulen von harten Steinen von innen gezieret. Der Thurm hat in seinem Umkreise gern 200 Fuß Dicke, ist auch von harten Steinen, und läufft von innen mit breiten Bogen an statt der Treppen starck in die Höhe, dergestalt, daß man mit Wagen und Pferden wohl hinauf fahren könnte. Die Süd-Ecke ist von unten bis oben von einander geborsten, welches von einem starcken Donnerschlage verursachet. Der Eingang ist an der Kirchen-Seite. Hinter dem Thurme befindet sich in der Kirchen eine Grube, ohngefehr 30 Fuß tief und zehen breit von harten Steinen gemacht, vielleicht die Mohren zu waschen. In diesem neuen Salee stehet auch ein starckes Schloß, welches Alkassave genennet wird, und von ferne so groß, als eine gemeine Stadt scheinet, es liegt in die Länge und ist mit starcken dicken Mauren, mit einem zwar tieffen, jedoch Wasserlosen Graben umringet. Von innen hat es über 200 Häuser, darinnen ehemahls die Saleer wohneten, welche aber itzt mehrentheils verfallen. Das Schloß hat einen Thurm, auf dessen Spitze Mahomets Wappen, der halbe Mond, stehet, Vormahls pflegte dieses Schloß auch eine Frauenburg der Könige von Marock zu seyn, in welcher 200 Bey-Weiber wohneten, welche von Verschnittenen bewahret wurden, itzt aber hält der Statthalter sich darinnen auf. Ausserhalb dieser neuen Stadt liegen unterschiedliche kleine runde Vestungen von Leimen gemacht, welche die Bürger von beyden Städten wider das Schloß, als sie es 1660 belagert, aufgeworffen. Der Bammeister [865] derselben war Xachmusa, ein Artzney-Bereiter. In beyden Städten findet man unterschiedliche Kirchen, mit Kirchhöfen rund herum. So sind auch ausserhalb unterschiedliche kleine Capellen. Die Häuser, sonderlich im alten Salee, sind auf die alte Weise gebauet, jedoch sind etliche derselben mit Marmorsteinern Säulen und Boll-Wercken reichlich ausgezieret. Die meisten aber befinden sich sehr schlecht und sind von Leimen gemacht, auch sind sie nur einfach hoch, und haben nach der Gassen zu keine Fenster, noch einige Oeffnung, als die Thüre. In der Mitten haben sie einen offenen Platz, da die Kammern rund herum liegen, und von dannen ihr Licht schöpffen. Etliche sind auch mit Lust-Gängen gezieret. Die Dächer sind oben platt, darauf sie sich Morgens und Abends erlstigen. Der Hafen, den der Fluß Buragrah machet, ist sehr weit, aber nicht tieff, und hat bey der Ebbe-Zeit kaum anderthalb Fuß Wassers, da er sonst, wenn es Fluth ist, 11 oder 12 Fuß tieff ist. Vor dem Hafen liegt eine Sand-Banck, welche der Bähr genennet wird. Wenn es hoch Wasser, können beladene Schiffe aus der See hinein lauffen; wenn es aber gefallen, müssen sie im Munde bleiben, und die Waaren mit kleinen Schiffen ausladen. Doch pflegen die Schiffe gemeiniglich, wenn das Wasser niedrig ist, vor dem grossen Thore des Sidimusa Duquelle, bey dem Grabe desselben Heiligen, weil es allda tieffer ist als vor dem Flusse, entladen zu werden: und dann lässet man die Waren mit Eseln und Cameelen vollends in die Stadt bringen. Weil der Hafen allhie so seichte ist, müssen die See-Räuber zu Salee kleinere Schiffe gebrauchen, als die zu Algier, Tripolis und Tunis. Die Einkünffte der Stadt bestehen in Schatzungen und Zöllen der aus- und eingehenden Kauff-Waaren, welche von hundert zehen bezahlen müssen. Dieses haben die Einwohner von den Englischen erlernet, massen zuvor alle Waaren Zollfrey gewesen. Zu dem müssen auch alle Bauren, welche unter dieser Statt Gebiet gehören, den Zehenden von allen Früchten zur Schatzung einbringen. Wie dann die See-Räuberey auch keinen kleinen Gewinst einbringet. Beyde Städte werden jetzund durch einen Stadthalter im Namen des Königs von Fetz beherrschet; welchem aus den Bürgern etliche so genannte Alkaiden sind zugefüget. In der Wahl eines neuen Statthalters gehet zuweilen eine grosse Unordnung vor; indem die Gemeine vielmahls einen von schlechter Ankunfft, ja wohl ohne Bewilligung des Königes, vor ihren Statthalter pfleget aufzuwerffen. Und dieses hat sich nur vor wenig Jahren begeben, daß sie einen Eseltreiber mit Gewalt zum Statthalter machten; aber seiner allzustrengen Herrschafft wegen blieb er nicht lange in solcher Bestallung, sondern muste bald wieder hinter seinen Eseln hergehen. Auch entstehen sehr plötzliche und gefährliche Veränderungen mit dem Statthalter. Dann es jezuweilen sich begeben, daß diese Stadt innerhalb eines Monden drey Statthalter gehabt, welche man allezeit, entweder wegen ihrer bösen Beherrschung, oder aus Hasse abgesetzet. Das Gebiet der Stadt, oder beyder Städte, gehet nicht weiter, als über sich selbst, und etliche so genannte Advaren, das ist, Gezelt-Dörffer oder Gezelt-Hauffen [866] der Araber oder Larbussen. Die Spanier eroberten diesen Ort 1287, verlohren ihn aber wieder in 10 Tagen hernach. Ihre Einwohner stammen meistentheils von den aus Spanien vertriebenen Saracenen ab. Denn als Philipp III, König in Spanien, im Jahr 1610 alle Saracenen aus dem Reiche verbannen ließ, weil sie etwas zum Nachtheil des Königreichs vorhatten, und deren bey 1000000 zu Schiffe meistentheils nach Africa in der Barbarey zogen; so stellten sich auch viele von denselben zu Salee ein, da man ihnen eben die Freyheit ließ als die eingebohrnen Mohren hatten, vielleicht darum, weil sie Mahometaner waren, oder aber weil der König von Fetz und Marocco ihm einbildete, daß seine Unterthanen viele Künste und Handwercke von ihnen lernen würden. Eine Zeitlang lebten sie friedlich und in Unterthänigkeit, wie die andern Eingesessenen. Aber nachgehends liessen sie sich anders an, und kaufften vor das Geld, welches sie mit aus Spanien gebracht, etliche Schiffe und Kriegswaffen. Mit diesen Schiffen begaben sie sich in die See zu rauben, erstlich unter dem Schein, als wenn sie nur allein die Spanischen Schiffe antasten wolten, wiewohl es hernach alle Christen betraff. Sie fuhren, als wenn sie Spanier wären, wie sie denn auch in Spanien gebohren, und die Sprache konnten, mit Spanischen Flaggen; endlich aber als sie bekannt wurden, zogen sie das vermummete Angesicht herunter, und erklärten sich öffentlich vor See-Räuber und Feinde der Christen. Von den Schiffen, so sie geraubet, bezahlten sie dem Könige von Marocco eine gewisse Schatzung und gaben ihm von jeden 100 den zehenden oder siebenden Theil, so wohl von den Kauff-Waaren als Gefangenen. Daher sind dem Könige alle Leibeigene, die er hat, von diesen Saracenen oder Andalusiern zugekonmen; weil sonsten niemand in dem Königreich Fetz und Marocco Raub-Schiffe ausrüstet, als die von Salee. Sie waren in diesem Handwerck dermassen beruffen, daß die Engelländer offtermahls Gesandten nach Marocco geschickt, und mit diesen Barbaren einen Stillstand auf einige Zeit geschlossen haben, um ihre Schiffahrt im Mittelländischen Meer in bessere Sicherheit zu setzen. Mittlerweile trachteten dieselben, durch die alte Spanische Staatsucht angereitzet, das Joch des Königs von ihrem Halse zu werffen, zu dem Ende nahmen sie das Schloß zu Salee ein, und endlich die Stadt selbsten, entwaffneten alle Mohren, jagten die Eingebohrnen aus dem Lande, vertrieben des Königs Beamte, entboten zu ihrem Beystande eine Menge von denen mit ihnen aus Spanien vertriebenen Saracenen, des Vorhabens, sich mit gewaffneter Hand zu vertheidigen. Sobald der König diesen Aufstand zu Salee hörete, schickte er ein Kriegsheer dahin, die Stadt zu belagern. Die Belagerten aber hielten sich mit Hülffe eines Sanctons, der Lajassen hieß, und ein geschworner Feind des Königs war, so tapffer, daß der König gezwungen war die Belagerung aufzuheben, und sich folgendergestalt mit den Aufrührern zu vergleichen, nehmlich, daß sie ihn vor ihre hohe Obrigkeit erkennen, auch zur Schatzung jährlich einige Leibeigene geben, daneben ihnen der König gewisse Befehlshaber, die im Gerichte sitzen solten, [867] verordnen wolte. Was aber die Stadt und Schloß anlangte, solten beyde in ihrer Bewahrung bleiben. Hiermit blieb es eine Zeitlang in ziemlichen Frieden; wiewohl endlich der König das Schloß wieder in seine Hände bekam und mit Völckern besatzte. Aber im Jahr 1660 begunten die Andaluser mit der Besatzung auf dem Schlosse wieder in einen Streit zu gerathen; welcher zuletzt so weit kam, daß die Andaluser in beyden Städten das Schloß belagerten und in der neuen Stadt Rabat oder Salee unterschiedl. Belagerungswercke von Leimen aufwarffen, daraus sie das Schloß mit Hackenröhren, gleichwie auch in der alten Stadt aus ihrer Schantzen mit groben Geschütze, täglich tapffer beschossen. Doch blieben die vom Schloß ihnen nichts schuldig, sondern gaben mit Geschütz und Hackenröhren dermassen Feuer, so wohl auf die Belagerungswercke, als beyde Städte, daß viel Andaluser darüber ins Graß beissen musten. Nachdem der Krieg eine Zeitlang gewähret hatte, kam Sit Tagar, des Abdulkada Gailans, Herrns zu Arsile, Tituan und Alkaßir, Bruder mit ohngefehr 300 Pferden von Arsile nach Salee, einen Frieden zwischen dem Schlosse und den Städten zu treffen, welcher auch im Jahr 1664, mit folgenden Bedingungen gemacht ward: nehmlich daß von allen Zöllen oder Zehenden, welche die einkommende Güter gaben, ein drittes Theil das Schloß, ein Drittheil das alte Salee, und eim Drittheil das neue solle zu geniessen haben. Gleich darauf erklärten die auf dem Schlosse den Gailan vor ihren König und löseten ihm zu Ehren drey mahl das Geschütze. Hierauf ;09 des andern Tages der vorerwehnte Sit Tagar, der den Frieden getroffen, mit seinen Völckern wieder nach Arsile, und Gailan kam selbsten mit 3 oder 400 Reutern von Arsile, und lagerte sich unter der Stadt Salee an dem Fluß. Den 3ten Tag darauf ward er von dem Stadthalter auf das Schloß genöthiget, welcher ihm dasselbe des andern Tages wider aller Menschen Vermuthen übergab. Hierauf zog Gailan wieder nach Arsile, nachdem er den Statthalter in seinem Statthalter-Amt aufs neue bestätiget und ihm einen neuen an die Seite gesetzet hatte. Als aber Gailan im Jahr 1666 wider den Muly Pesis, König von Tafilet, des Königs von Fetz Bruder, zu Felde zog und von selbigen überwunden, auch vieler seiner Länder beraubet wurde: so fiel auch das Schloß und die beyden Städte Salee dem Könige von Tafilet zu. Und also kam das Schloß und die Städte Salee wieder unter das Gebiet des Königs von Fetz, worunter sie noch heutiges Tages stehen. Schauplatz Barbarischer Sclaverey, p. 75 u. ff. Villalain Davity descript. de l'Afrique. Marmol. Dapper.