Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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RIETBERGICUS COMITATUS

Band: 31 (1742), Spalte: 1576–1578. (Scan)

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Rietberg, Ritberg, Ridberg, oder Retberg, Lat. Comitatus Rietbergicus, die Grafschafft, liegt in Westphalen zwischen der Grafschafft Lippe, und dem Stifft Paderborn an der Emß, ist ohngefehr 4 Meilen lang, und anderthalb breit, dessen Haupt-Ort und Schloß gleiches Namens, unter die festen Plätze in Westphalen zu rechnen.

Sie ist ehedem von dem Reiche nicht zu Lehen gegangen, sondern hat als eine Allodial-Herrschafft den Grafen von Rietberg gehöret, von denen Friedrich sich 935 auf dem Thurnier zu Magdeburg befunden. Conrad I war Bischoff zu Oßnabrüg von 1267 biß 1295. Otto war von 1274 biß 1304 Bischoff zu Paderborn, [1577] und Otto III Bischoff zu Münster, von 1300 biß 1306. Conrad starb 1353 als Domherr an der Metropolitan-Kirche zu Mayntz. Im Jahr 1456 hat sie Graf Conrad gegen eine Summe Geldes an Landgraf Ludewig zu Hessen überlassen, auch von demselben wiederum zu einem Erb-Mannlehn empfangen. Conrad III wurde 1485 Bischoff zu Oßnabrüg, und saß biß 1508. Conrad II war Bischoff zu Münster von 1496 biß 1508.

Im Jahr 1562 starb Graf Johann ohne männliche Erben, worauf Landgraf Philipp zu Hessen die Grafschaft als ein erledigtes Lehen einzog, und dem Kayser und Reich zu einem Mannlehn auftrug. Nun hatte gedachter Graf 2 Töchter gelassen, davon Irmengardis erstlich an Graf Erichen zu Hoya, und nachmahls an Graf Simon zur Lippe, Walpurgis aber an Graf Enno zu Ostfrießland vermählet worden, und welche beyde 1565 bey dem Landgrafen von Hessen die Affter-Belehnung auf männliche Leibes-Erben, und in Ermangelung derselben auch auf Töchter erhielten.

Irmengardis starb 1583 ohne Leibes-Erben, und da kam die Grafschafft Rietberg völlig an die Gräfin von Ost-Frießland, die 1586 gleichfalls starb, und 2 Töchter hinterließ: die älteste davon Sabine Catharine ward an ihres Vaters Bruder, Graf Johann von Ost-Frießland, die andere aber Agnes, an Graf Gundaccern von Lichtenstein vermählet. Beyde geriethen mit dem Lehn-Herrn, Landgraf Moritzen zu Hessen, in Streit, und zwar die ältere deswegen, weil man vorgab, sie wäre wegen ihrer incestuosen Heyrath des Lehns verlustig worden; die jüngere aber wegen der Formul des Heßischen Lehnbriefs über die Grafschafft Rietberg. Mit der jüngeren Schwester Agnes ward die Sache in der Güte also beygeleget, daß ihren Nachkommen die gesammte Hand zugestanden seyn solte, welches zwar Heßischer Seits nicht vollkommen eingeräumt werden will. Aber wegen der ältern Schwester ward der Streit bis 1645 fortgesetzt, da endlich ihre Söhne, Ferdinand Franciscus und Johann, gegen eine Erlegung einer Summe Geldes aufs neue mit der Grafschafft belehnet worden, und dieses zwar für sich und ihre beyderseits eheliche Leibes-Erben, auch in Ermangelung der Söhne, vor ihre Töchter und ferner alle derer Descendenten männlichen und weiblichen Geschlechts, jedoch dergestalt, daß bey Lehnsfällen die Söhne den Töchtern vorgehen sollen.

Der ältere Bruder starb 1660 ohne Leibes-Erben, der jüngere aber, der das Jahr darauf mit Tode abgieng, verließ 3 Söhne und 2 Töchter. Keiner von den Söhnen verließ männliche Erben, sondern der jüngste Ferdinand Maximilian nur eine Tochter. Als nun 1690 der letzte Graf Franciscus Adolph Wilhelm, welcher Canonicus zu Paderborn, Oßnabrück und Cöln, auch Decanus zu Straßburg gewesen, mit Tode abgieng, so gaben sich zu der Grafschafft Rietberg ihrer 3 an, nemlich Marie Ernestine Francisce, eine Tochter des gedachten Ferdinand Maximilians, welche die [1578] Catholische Religion annahm, und an Maximilian Ulrichen, Grafen von Kaunitz,vermählet ward, ferner des Grafen Ferdinand Maximilians 2 Schwestern, Marie Leopoldine, eine Gemahlin Oswalds, Grafen von Bergen, wie auch Bernhardine Sophie, Aebtißin zu Hessen, die nachmals 1726 gestorben, und endlich die Fürsten von Lichtenstein, Gundaccarischer Linie, die von der oberwehnten Agnes abstammten.

Der Graf von Kaunitz brachte es dahin, daß er von dem Landgrafen von Hessen belehnt ward, worüber zwar der Gegentheil bey dem Reichs-Hof-Rath Klage erhob, aber doch endlich, nachdem bey demselben die Grafschafft Rietberg dem Grafen von Kaunitz erst in possessorio, so dann auch in petitorio, und zuletzt in revisorio zugesprochen worden, genöthigt ward, sich mit dem Hause Kaunitz zu vergleichen, wiewol auch dieser Vergleich 1731 von dem Fürsten von Ost-Frießland von neuem angefochten ward.

Von dem Geschlecht der Grafen von Rietberg, aus dem Ost-Frießländischen Stamm, siehe Frießland, im IX Bande, pag. 2127. Stangefol in annal. circ. Westphal. t. 3. pag. 352. Henniges t. 4. geneal. pag. 406. Spener in notitia insignium. Imhof N. P. I. 5. c. 8. und 13. und I. 9. c. 9. Europ. Herolo. P. I. p. 679. Souverainen von Europa, p. 1209. Fabers Staats-Cantzel. t. 10. 12.