Zedler:Pfaltz (die untere), die Nieder-Pfaltz, Pfaltz am Rhein


Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Pfaltz-Birckenfeld

Band: 27 (1741), Spalte: 1245–1247. (Scan)

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Pfaltz (die untere), die Nieder-Pfaltz, Pfaltz am Rhein, Lat. Palatinatus inferior, Palatinatus Rheni, Fr. Palatinat du Rhin, eine Provintz in Deutschland am Rhein, und wird entweder von dem blossen Churfürstenthum verstanden, oder es wird weitläufig genommen, und da begreift es alle Provintzen, welche um den Rhein-Strohm, wo der Neckar hinein kömmt, bis an die Lothringischen Gräntzen gelegen sind, als 1) das Churfürstenthum Pfaltz, 2) die Zweybrückischen Lande, 3) die Birckenfeldischen Lande, und 4) die Veldenzischen Lande. Das Churfürstenthum Pfaltz oder die Chur-Pfaltz an und vor sich selbst bestehet aus 15 Ober-Aemtern, nemlich Heidelberg, Moßbach, Bretten, Boxberg, Uzberg, Neustadt, Germersheim, Lautern, Altzey, Oppenheim, Creutzenach, Strömberg, Bacherach, Simmern und Kirchberg, deren jedes ein oder mehr Unter-Aemter unter sich hat. Der Zweybrückischen Linie gehören die 5 Aemter, Zweybrücken, Lichtenberg, Meissenheim, Landsberg und Neuchastel, und der Birckenfeldischen stehet das Fürstenthum Birckenfeld zu. Der Veldentzischen gehörten ehemals die Grafschaft Veldentz, und das Amt Lautereck, welche aber nunmehro nach Absterben des Veldentzischen Zweiges der Chur-Pfaltz wieder einverleibet worden. Diese gesamte Lande nun haben auf der einen Seite gegen Elsaß die Krone Franckreich zu einem Nachbar, von der sie beständig die Gefahr gehabt, verschlungen zu werden, wo man nicht mit Zuthuung anderer sich seiner erwehret. Weswegen man schon lange an einer Verbindung der 6 gegen den Rhein zu liegenden Kreyse gearbeitet, so aber bis hieher noch nicht zu Stande gebracht werden können. Gegen Schwaben gräntzen sie mit Baden und Würtenberg, gegen Francken mit Maintz und Hessen und auf der andern Seite mit Lothringen und Trier. Wegen seiner ungemeinen Fruchtbarkeit wird das Land Deutsch-Italien genennet, wie man denn daselbst eine Menge vortreflicher Weine hat, darunter die Bacheracher und Neustädter am gantzen Rhein den Preiß behalten, und wovon ehedessen das Land den Namen des Röm. Reichs Weinkellers geführet. Das Obst ist viel schmackhafter, als anderwärts, und die Castanien wachsen auch in den Wäldern in solcher Menge, daß man sie nur die Pfältzischen Eicheln zu heissen pfleget. So giebt auch der Rhein, der Neckar, die Altzens, Lauter, Nahe, Qveich, Speyerbach, und andere kleinere Flüsse, eine grosse Menge guter Fische. Das Saltz aber müssen sie von den Schwaben und Bayern bekommen. Wie denn auch keine ergiebige Bergwerke in der Pfaltz vorhanden, ausser, daß ehedessen der Rhein viel Flüß-Gold gegeben, wovon die Rheinischen Gold-Gülden vielleicht den Namen haben mögen. Die Einwohner sind sehr delicat, zu den Studien aber wohl aufgelegt, und hat man den Pfältzischen Hof eine geraume Zeit den gelehrten Hof genennet. Die vornehmsten Städte sind Heydelberg, Creutzenach, Oppenheim, Kaysersheim und Ingelheim. So haben auch Manheim nebst dem Schlosse Friedrichsberg und Franckenthal vor gute Vestungen paßirt, welche aber durch die Frantzosen in Steinhaufen verwandelt worden, wiewohl die erste wiederum sehr schön erbauet, und mit einem prächtigen und grossen Schloß versehen worden. Die Einkünfte des Churfürsten kommen grossen theils auf die Wein-Gefälle und Rhein-Zölle an, die aber wegen Abgang der Passage so einträglich als vormals nicht mehr seyn sollen. Keine Land-Stände hat man nicht, wie etwan im Neuburgischen, welche dem Regenten einen Einspruch in die Regierung thun könnten. Die Religion ist gar vielmal in diesen Landen verändert worden, wodurch die Gemüther gegen einander in Eyfer und Erbitterung gerathen: Denn nachdem etwan ein Lutherischer, Reformirter oder Catholischer Herr daß Regiment geführet; so haben auch dessen Religions-Verwandte über die andern geherrschet, und zu allerhand Mißhelligkeiten Anlaß gegeben. Churfürst Ludewig V hat die Lutherische Religion mehr gedultet, als öffentlich eingeführet, ob er wohl 1521 auf der Reichs-Versammlung zu Worms seine Neigung gegen Luthern gar merklich sehen ließ, indem er vor denselben wegen Festhaltung des ihm versprochenen sichern Geleits sprach, auch 1532 den Religions-Frieden zu Nürnberg stiften half. Sein Bruder, Friedrich II, machte zwar mit der Religions-Aenderung der Kirchen und Academie zu Heidelberg den Anfang, muste über aus Furcht vor Kayser Carln V die Ausführung seinem Nachfolger Otto Heinrichen hinterlassen, welcher die Catholische Religion völlig abschaffte. Es währte aber nicht lange, so wandte sich Churfürst Friedrich III zu der Schweitzerischen Lehre, und ließ den Reformirten Catechismum, der hernach andern Reformirten Kirchen gleichsam zum Symbolo worden, nach angestellten Gesprächen einführen. Ob nun wohl sein Sohn Ludewig denselben wieder abschaffte, und die formulam concordiae unterschrieb, so griff doch nach seinem Tode der Verwalter der Chur, Johann Casimir, bey der Minderjährigkeit Friedrichs IV, wieder zur Reformirten Parthey, und führte selbige in Kirchen und Schulen ein. Doch wurden die Lutherischen bey ihrer öffentlichen Ubung gelassen, wobey es auch unter Friedrichen V blieb, als der wegen der Böhmischen Unruhe auf etwas anders zu dencken hatte. Als aber nach dieses Herren Unglück die Spanier in der Pfaltz den Meister zu spielen begonnen, drungen sie den eroberten Plätzen die Catholische Religion wieder auf, und der Sohn Carl Ludewig war nach seiner Wiedererlangung der Lande mehr beschäftiget, alle 3 Religionen zu vereinigen, als daß er eine davon hätte zu erheben getrachtet, ob er sich wohl vor seine Person zu der Reformirten Kirche bekennete. Allein nachdem das Churfürstenthum an die Catholische Linie der Pfaltz-Grafen zu Neuburg, gediehen, haben die Catholichen die Oberhand erhalten, und sind allerhand Veränderungen zu ihrem Vortheil in der Religion vorgenommen worden. Ob nun wohl 1685 zu Schwäbischen Halle, ehe die Neuburgische Linie noch zur Chur gelanget, mit derselben ein Vergleich errichtet worden, darinnen die Neuburger die Evangelischen Religionen in ihrem Stande zu lassen, versprochen haben, auch über dieses der erste Churfürst Neuburgischer Linie Phil. Wilhelm, gleich bey dem Antritt der Regierung alle Versicherungen durch öffentlichen Anschlag thun lassen; so hat doch Churfürst Johann Wilhelm an solches alles sich nicht binden wollen, sondern den Catholicken durch die gantze Pfaltz gleiche, und gemeinschaftliche Kirchen und GOttes-Acker einzuräumen geboten. Hierwider hat zwar das Evangelische Corpus durch besondere Gesandtschaften dem Churfürsten Vorstellungen thun lassen, und Preussen hat so gar Repressalien in seinen Landen wider die Catholicken vorzunehmen gedrohet. Es hat sich aber der Churfürst immer mit seinem Reformations-Rechte entschuldiget, bis er sich endlich 1705 in einem Vergleich mit Preussen etwas näher gegeben. Gleichwohl sind so wol unter ihm, als vornemlich unter seinem Nachfolger, Carl Philippen, bey der Reichs-Versammlung zu Regenspurg gegen die Pfältzischen Beamten viele Beschwerden eingelauffen, um deren völlige Abthuung sich sowol die Protestantischen Stände im Reich, als auswärtige Staaten noch im Jahr 1731 vergebens bemühet haben. Giovanni Germ. Princ. l. 5. c. 5. Europäischer Herold. Zeiler. topogr. Pal. Freher. Chron. Heidelberg. Lunigs Reichs-Archiv.