Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Pestpflaster

Band: 27 (1741), Spalte: 875. (Scan)

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Pestpfarrherr, Pastor pestilentiarius. Wenn in ansehnlichen und volckreichen Städten die Pest einreissen will: so werden gemeiniglich Pastores pestilentiarii oder Pestpfarrherrn von der Obrigkeit aufgenommen. Solche werden in zwey Classen abgetheilet. Einige davon sind nur zu denen Angesteckten, so in der Stadt in Häusern liegen; die andern aber zu denen, so in die Spitäler, Lazarethe und Pesthäuser gebracht worden sind, bestellet. Von den letztern ist die Frage: ob es genug sey, wenn ein solcher Pfarrherr nur in das Lazareth komme, wenn er geruffen wird, oder ob er mehrmahl und zwar täglich die Krancken besuchen solle? Das erstere scheinet zwar genug zu seyn, um also selbst der Gefahr desto besser zu entgehen, und nicht so leichte in Lebensgefahr zu gerathen: allein es ist doch nicht genug. Er soll sich täglich des Tages zum wenigsten einmahl daselbst finden lassen, weil auch fast täglich neue Krancke in solche Lazarethe gebracht werden. Die Seuche macht mit den meisten Krancken bald den Garaus, und mancher würde also ohne Trost dahin sterben müssen. Oefters nimmt sich auch ein Krancker im Lazarethe nicht das Hertz, den Pfarrherrn zu sich ruffen zu lassen. Er will demselben nicht gerne Mühe machen, oder will sich die, so ihn ruffen sollen, nicht zuwider machen. Bisweilen bedencket er seine Lebensgefahr nicht so weit; oder ist wohl gar in seiner Kranckheit so beängstiget, und liegt in solche Furcht, daß er auf solche geistliche Seelenartzney nicht sinnen kan. Noch mehr. Es finden sich in solchen Häusern unterschiedene Religionsverwandte, bey welchen Fleiß anzuwenden ist, sie auf den rechten Weg zu bringen. Viele unter solchen Krancken sind böse, ruchlose Personen, welche nicht nach GOtt und seinem Worte, viel weniger nach einem Priester fragen, und solcher ihre Seelen müssen möglichst gerettet werden. An deren Wohl ist mehr gelegen, als an der Erhaltung des Cörpers selbst, warum sie doch an solchen Ort gebracht worden sind. Die Bedienten des Lazarethmeisters haben auch nicht allemahl Zeit und Gelegenheit nach der Krancken Begehren, die Priester zu ruffen, oder thun es nach ihrem Gefallen, oder vergessen es auch wohl gar. Hieraus sieht man, wie nöthig es sey, daß ein solcher Pfarrherr öfters diese Oerter besuche, zu geschweigen, daß die, so zum Kranckenwarten bestellet sind, ungemein aufgemuntert werden, wenn sie sehen, daß der vornehmste Wärter, der Pfarrherr, der Medicus und Barbierer ihnen mit guten Exempeln vorgehen und ihr Amt fleißig, sorgfältig und treulich versehen.