Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Pestperlenmilch

Band: 27 (1741), Spalte: 857–874. (Scan)

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Pestpatiente. Daferne es sich begiebet, daß einer oder der andere mit der Pestseuche heimgesuchet wird; so soll er vor allen Dingen auf das Heil sehen, sich mit ernstlicher Reue über seine Sünde und rechtschaffene Busse zu GOtt bekehren und zur Versicherung seines Glaubens den Seelsorger zu sich bitten, seine Sünde beichten und die heiligen Sacramente empfangen, hernach auch den leiblichen Artzt zu sich holen lassen, der ihm mit ordentlichen Medicamenten, welche zu Wiedererlangung seiner Gesundheit dienlich seyn, an die Hand gehet, auch gutem Rathe gerne folgen und die verordnete Medicin ordentlich gebrauchen, auch, so viel möglich, ohne Verzug, mit einem Chirurgus, wenn der Medicus denselben nöthig erachtet, reden, sich mit Leuten, die seiner pflegen, versehen und sein Geld oder Gut nicht höher, als seine Gesundheit oder Leib und Leben achten. Er muß seine Kranckheit nicht zwey oder drey Tage verhölen, wodurch er sich selbst verwahrlosen und andere Leute zugleich mit ins Verderben bringen kan. Es giebt viel Leute, die solches thun und zu Entschuldigung, den Abgang der Nahrung und Lebenserhaltung vorwenden. Manche Pestpatienten meynen auch, ihr Ausgehen habe nichts zu bedeuten, und mischen sich dannenhero ungescheuet in die Kirche und unter andere gesunde Leute. Etliche stellen sich frisch, wollen es heimlich halten, lachen, sind frölich, gehen in Gesellschaft und meynen, wer es nicht wisse, daß sie so harte darniedergelegen, oder, daß sie wol gar noch nicht an ihrem Schaden geheilet, dem schade es auch nichts. Andere sind wol gar so muthwillig und gehen unter die Leute, selbigen nur ihren Schaden anzuhängen, damit sie ihn, vermöge der Fortpflantzung auf eine andere Person, desto eher los werden mögen. D. Johann Ewig schreibt im Buche vom Amte der Obrigkeit p. 9. also: „So einer, nemlich ein Pestpatiente, vor der bestimmten Zeit ohne Erlaubniß aus dem Hause gehen wird und unter den Haufen anderer Leute mischen, der soll von neuen wieder im Hause verschlossen bleiben, als ihm zuvor die Zeit des Innebleibens anbefohlen worden, und soll über das nach der Willkühr mit Gelde bestrafet werden. Wenn derjeige, so zuvor an der Pest gelegen, und kaum wieder frisch worden, auszugehen sich unterwinden wird, der soll der höchsten Undanckbarkeit beschuldiget und aller Gutthaten, die ihm hätten erzeiget werden sollen, beraubet, und über das mit längerer [858] Einschlüssung im Zwang gehalten werden. Aber wenn er dieser Zeit die Pest noch am Halse hat, und diese That aus frevelhaftem Muthwillen und Büberey begehen wird, daß er unter die Leute gehet, der soll aller seiner Güter, wenn er keine Kinder hat, als ein Strassenräuber verlustiget und dem Hencker überantwortet werden.“ Es giebt auch solche halsstarrige Leute, die, ob sie schon sehen, in was für Noth und Gefahr sie stecken, dennoch die von GOtt verliehene Artzneymittel nicht gebrauchen wollen, und sagen: Die Pest sey eine sonderbare Strafe GOttes, wider welche kein Mittel sey; so auch sterbe der Mensch doch nicht vor seiner bestimmten Zeit; und die tägliche Erfahrung bezeuge es, daß die wenigsten von der Pest wiederum genesen, sondern daß die meisten, der gebrauchten Mittel unerachtet, dennoch stürben. Ob schon in der heiligen Schrift stehet, daß der Mensch seine bestimmte Zeit habe und die Zahl seiner Monden bey GOTT stehe, welcher ein Ziel gesetzt, das der Mensch nicht übergehen kan: so muß man doch einen Unterscheid machen zwischen dem Ziele, das GOtt gesetzet hat, und zwischen dem, so sich oftmals ungefehr ereignet. In gemeldtem Spruche ist nur von dem natürlichen Lebensziele geredet, welches der Mensch erreichet; es geschehe auch, wenn es wolle; so weiß doch GOtt schon zuvor, daß er auf selbige Zeit hat sterben sollen, da er gestorben ist, nicht als wenn GOtt eben alle mal dasselbe Ziel und kein anderes hätte haben wollen. Aus diesem, was allhier gesaget wird, siehet man ja, was es mit des Menschen Ziele für eine Beschaffenheit habe, nemlich, daß er es ihm wohl durch Mittel verkürtzen oder verlängern könne, und also viel an den Mitteln, die er brauchet, und an dessen Geschicklichkeit, der solches zu brauchen verordnet, gelegen sey. Viele gebrauchen auch darum keine Artzney, weil sie dafür halten, es sey nur ein blosses Glücke, wenn einer von der Pest wieder aufkomme. Solches ist wohl wahr, zumal wenn er einem ungeschickten Artzte unter die Hände kömmt. So viel aber das Glück der Aertzte betrift, bestehet dasselbe in zweyen Stücken, nemlich in dem Segen des Allmächtigen, und denn in fleißigem Studiren. Wer sich nun um beydes ernstlich bemühet, und beyder fähig wird, der kan wohl ein glücklicher Artzt genennet werden. Ein Krancker also, der sonst die Mittel füglich haben kan, würde sth selbst schaden und für einen, der GOttes Mittel freventlich verachtet, angesehen werden, wenn er meynen wolte, es werde ihn GOtt doch wohl gesund werden lassen, ob er schon keine Artzney gebrauchte. Hier hat man zu erinnern, wenn es sich begiebt, daß zwey Pestkrancke in einem Hause seyn, daß man solche nicht zusammen in ein Bette lege. Es muß dieses auch in Pesthäusern in Acht genommen werden. Denn es ist bekannt, daß solche Kranckheit die Entfernten anstecket, um wie viel eher kan es nicht geschehen, wenn ihrer zwey in einem Bette liegen. Geschähe es und einer von beyden, die beysammen liegen, stürbe: so könnte er leichte von einem solchen Schrecken eingenommen werden, daß er auch sein Leben einbüssen müste, welches er doch wohl sonst noch davon hätte bringen können. Hat sich ein Pestkrancker dem Medicus und Chirurqus anvertrauet: so wird erfordert, daß er auch in Speisen und Trancke eine gute Lebensordnung [859] halte. Er muß zuförderst alle böse Luft vermeiden, sich wohl inne halten, auch nicht allerley Speisen essen, welche ihm nur gelüsten, sondern nur die, so ihm von seinem Medicus zu genüssen erlaubt werden. Die Lust zum Essen ist zwar bey den Krancken sehr geringe; dem ohngeachtet aber soll er doch solche brauchen, welche das Hertz stärcken und leichte zu verdauen seyn. Zartes, wohl ausgebackenes, weisses Brodt, junge Hüner, so säuerlich mit unreifen Weinbeeren, oder mit Eßig, Citronen, Linonien, Pomerantzen, Johannisbeer- oder Saurampfersaft zugerichtet sind; desgleichen alles gelinde und frische Fleisch von Lämmern, Kälbern, Kützen, Schöpfen, jungen Hirschen und Rehen, wegen seiner Eigenschaft mit dienlichen Kräutern, Wurtzeln und Früchten ausgesotten, oder noch besser gebraten, sind Speisen, die ihm zuträglich sind. Zum Gebratenen kan man aufsetzen Weichselmus in Eßige zerrieben, Brunnkresse, Capern, mit Eßige, Pomerantzen, Citronen, und Granatäpfelkern mit Zucker, rothe Rüben mit Eßige und Coriander bereitet; kleine Graupen, Gersten, weich gesotten, nachmals durchgeschlagen, und den durchgeschlagenen Gerstenschleim mit Hüner-Capaun- oder anderer Fleischbrühe, und ein wenig Essige oder Limoniensafte vermischet und säuerligt gemacht; Hünerbrühe mit Eyerdotter; Kraftbrühe mit Zimmetrinde; frische Eyer, zuvor in Brunnenwasser geleget; Gallerten; gestossene Suppen von wilden, Feld- und zahmen Hünern, Capaunen etc; säuerlichte Habermuse, Brodtbreye von Weine, Wasser, Brodt und Zucker gemachet; Schüsselmuse und andere allerhand leichte Speisen mehr. Schädliche und verbotene Speisen sind: Dürres oder geräuchertes Fleisch, Schweinenfleisch, Kuttelflecke, Gelünge, Gekröse, Kalbsköpfe, allerhand Schwämme, Gänse, Enten, rohes Obst, allerley Arten Mandeln etc. Und obgleich etliche die welschen und Haselnüsse als etwas sonderliches wider dieses Gift rühmen: so liegen sie doch sehr lange im Magen, und sind wegen schwerer Verdauung nicht wenig beschwerlich. Ausser den kleinen Hechten, Forellen, Gründeln, sind alle Fische undienlich. Kraut, harte Eyer, alles Gebackens, Wasservögel, Wachteln, rohe Milch, sind undienlich. Uberhaupt alle grobe, rohe, zähe, geräucherte, harte, gesaltzene und zu starck gewürtzte Sachen sind schädlich. Der Tranck kan in Bierländern wohl ein gutes, gelindes, abgelegenes, lauteres Bier seyn, welches nicht allzuviel Hefen hat; Doch sind die gesottenen Gerstenwasser am dienlichsten. Der Wein ist, so lange die grosse Hitze und Kopfschmertzen anhalten, gantz schädlich; wenn aber die Gefahr weg, und die Hitze ziemlich nachgelassen, der Patiente phlegmatisch oder melancholischer Natur, kan bisweiien ein Trunck gelinder Wein, mit Rosen- Gersten- Brodt- oder schlecht abgesottenem Wasser vermischet, auch Citron- Pomerantzen- Granaten- oder Qvittenwein, wenn keine Leibsverstopfung vorhanden ist, dazu gegossen werden. Von stärckenden und andern Träncken wird an seinem Orte gedacht werden. Der Patiente muß möglichst im Bette stille und ruhig liegen, sich mäßig im Schlafen und Wachen halten, ja in den ersten zween Tagen ist das Wachen dienlicher als der Schlaf. Er soll sich auch den Leib [860] nicht allzuviel anfüllen, die Ausleerung also in Acht nehmen, daß man, zuförderst bey den Vollblütigen, und deren Cörper zuvor ungesund und verderbt gewesen, zu rechter Zeit Ader lasse, purgire, schwitze, den Leib bey täglicher Oefnung erhalte, auch die gewöhnlichen Ausführungen, als den göldenen Aderfluß, alte Schäden, Fontanelle und weibliche Reinigung wohl beobachte und selbige in ihrem gebührenden Gange erhalte. Alle starcke Gemüthsbewegungen, als Sorge, Bekümmerniß, Traurigekeit, Zanck, Zorn etc. muß ein Pestkrancker fliehen, nicht nur zu Wiedererlangung seiner Gesundheit, sondern auch weil er nicht weiß, wie lange er leben werde. Von dem Weintrincken ist kurtz vorher etwas gesagt worden; weil man aber angemercket hat, daß die an solcher Seuche liegende Krancken, sonderlich wenn sie den Wein gewohnt gewesen, oftmals ein grösser Verlangen darnach haben als sonst, und weil auch öfters kleine Kinder, die ihn bey gesunden Tagen nicht verlanget haben, sich in solchem Zustande nach Weine sehnen; Als hält man billig dafür, er sey einem an der Pest krancken Menschen nicht schädlich, ob er ihm gleich auch nicht gar zu nützlich sey. Aber vieler vortreflicher Gelehrten Meynung nach ist der Wein so wol wegen der bekannten Eigenschaften, als auch wegen seiner verborgenen Kraft wider die Pest gut. Besiehe Marc. Praes. Lib. II. Denn weil die Pest alle Leibeskräfte schwächet: so erhält sie der Wein und erstattet sie wieder. Und Hippocrates und Galen Aph. Libr. II. aph. 2. sagen: Es sey leichter sich mit dem Trancke zu erquicken, als mit der Speise. Und Galen giebt selbst dem Weine das Lob, daß er geschwinder und mehr als andere Dinge nähre, deswegen man auch den Wein in Ohnmachten brauche. Denn er stärcket und mehret die natürliche Wärme und machet wegen der sonderlichen Verwandtschaft, so er mit dem menschlichen Leibe hat, reine, gute Geister. Damit aber das stetige Weintrincken keine unnatürliche Hitze errege, noch das stetige Wassertrincken Rohigkeiten verursache, soll einem solchen Patienten einen Tag um den andern Wein und Wasser zu trincken erlaubt werden. Celsus Libr. VI. schreibt, daß der Wein einem Pestkrancken wohl zuzulassen sey, weil er allem Gifte widerstehe. Nun kan niemand leugnen, daß die Pest ein Gift sey, ja so vieler andern Gifte Natur an sich nehme. Dannenhero wird auch wider den giftigen Schmertz warmer Wein gebrauchet, wie denn auch Galen. Epid. 6. Hippocr. cent 5. wider Gift und Bisse giftiger Thiere gewärmten Wein rühmet, da er saget: Es kommen zuweilen giftige Schmertzen von Giften und giftigen Thiren, so entweder schädlicher Weise oder von pestilentialischer Luft im Leibe entsprungen, wider welche diese Mittel, Milch, Knoblauch, warmer Wein, Eßig und Saltz gesaget seyn. Also kömmt der Wein auch fast zu allen Artzneymitteln wider das Gift, insonderheit aber zu dem Theriac und Mithridat. Es bezeugen auch noch viele andere, daß der Wein, insonderheit wider die Pest, nützlich sey. Plinius spricht Libr. XXIII. naturalis histor. c. 2. also vom Weine: In pestilentia quoque a peregrinationibus vim magnam auxiliandi habens dicitur. Im Gegentheil aber sind auch nicht wenige, die dem Pestkrancken den [861] Wein durchaus nicht zulassen wollen. Thomas Jordan schreibt de peste Phaenom. tract. I. c. 19. ausdrücklich, daß in der Pest zu selbiger Zeit, da er seinen Tractat geschrieben, diejenigen alle umgekommen, welche Wein getruncken, seine Worte sind nach der Ubersetzung diese: „Es ist nie eine Schwachheit gesehen worden, darinnen die Patienten mehr nach Weine verlanget, als in dieser, also, daß sie sich auch wissentlich, verständlich und gerne dem Tode ergeben, wenn sie nur Wein haben mögen.“ Und Tabernemontan in seinem Pestregimente p. 32. sagt: „Der Wein soll als ein schädliches Gifft vermieden werden. Denn er führet das Gifft schnell zum Hertzen, daß die Krancken unversehens dahin sterben.“ Man unterscheidet so wohl unter der Schwachheit und unter dem Weine selbst. Die Schwachheit belangend, ist die Pest entweder mit einem Fieber begleitet, oder ohne dasselbe. Ist sie ohne Fieber; so mag der Wein wohl eben so viel nicht schaden, wenn er nur nicht so starck und in so grosser Menge gebrauchet wird. Ist sie aber mit einem Fieber, wie zum meistentheile geschiehet: so hat man in Acht zu nehmen, ob es ein Wechsel- oder anhaltendes Fieber sey? ingleichen ob es wenig oder sehr hitzig sey? desgleichen ob die Feuchtigkeiten, davon das Fieber entsprungen, rohe oder gekochte? und ob die Kräffte geringe oder noch ziemlich gut seyn? und ob die Schwachheit noch im Zu- oder im Abnehmen sey? Man hat auch auf die Wahl im Weine zu sehen. Je stärcker der Wein ist, je mehr nähret er, je mehr steiget er aber auch in das Haupt, vermehret die fiebrische Hitze, oder vergrössert den Durst. Insgemein ist ein dünner wässerigter Wein in den Fiebern der beste. Viele halten dafür, dem Patienten den Neckarwein zuzulassen, weil er dünner, als andere. Aber es heist nach dem alten Sprüchworte, Neckarwein, halb Wein; Franckenwein, Kranckenwein; Rheinwein, reine Wein; Jedoch findet man unterweilen Rheinische Weine, die plus Rheni, quam vini, d. i. mehr Wasser aus dem Rheinstrome, als Wein, in sich haben. Viele Pestkrancke verlangen auch Bier, und es kan denen wohl erlaubet werden, welche es von Natur gewohnt und dabey erzogen seyn. Solches muß aber wohl gebrauet und mittelmäßigen Alters seyn. Es muß auch nicht in zu grosser Menge, noch zu kalt getruncken werden; und so wird es keinen Schaden thun, sonderlich wenn in solchem Biere Cardobenedicten, Knoblauch, Alant, Schafgarbe, Wachholder, Lorbeer, und andere wider die Pest berühmte Mittel gesotten seyn, oder wenn aufs wenigste ein Stück gelb geröstet Brod, oder gebranntes Hirschhorn, oder beydes zusammen drein geworfen ist. Jedoch wäre allerdings besser, man hielte sich in solcher Kranckheit an ein bessers Geträncke, bevorab in den ersten Tagen. Dahero schreibt Tabernemontan im andern Buche seines Pestregiments: „Der Wein sol als ein schädlich Gifft vermieden werden, weil er das Gifft schnell zum Hertzen führet, daß die Krancken unversehens dahin sterben. Derowegen soll sich männiglich dafür hüten, desgleichen auch für dem Biere; doch mögen die Krancken, die das Bier gewohnt sind, nach dem fünften [862] oder sechsten Tage, wohl einen Trunck dünnes wohl gesottenes Bier gebrauchen.“ Im ersten Theil, da er von den Bewahrungsmitteln redet, schreibt er: „Alle Biere, die trübe und nicht wohl gekocht seyn, sind ungesund, und machen ein böses faules Geblüte.“ Nun haben wir noch zu überlegen, ob man dem Patienten Wasser zu trincken geben kan? D. Varwig, Königlicher Dänischer Leibartzt, schreibt in seinem Berichte wider die Pestilentz also: „Diesen, welchen die Pest mit Schrecken anstosset, ist nützlich und gerathen, daß sie so bald, wenn sie erschrocken seyn, einen grossen Trunck kaltes reines Wasser zu sich nehmen, oder guten frischen Wein, oder aber ausgedrückten Pomerantzensafft, oder destillirt Wasser von Saurampfer, Cardobenedicten, Kressenwasser etc. auf daß das Hertz erfrischet, die grosse Hitze gedämpfet, und zu den äussern Gliedern wiederum möge getrieben werden: wie auch den schwangern Frauen, wenn sie erschrecken, dasselbige gerathen ist, auf daß sie keine Mißgeburt überkommen.“ Also hat Hippocrates in den Pestkranckheiten kaltes Wasser gegeben, septimo Epid. Aegroto. Galen hält dafür, das schlechte lautere Wasser und die Aderlasse wären in hitzigen Fiebern die zwey grösten Mittel. Fracastor rathet das kalte Wasser ebenmäßig, jedoch mit Saurwasser oder Citronensaffte; denen aber, so in blühender Jugend, und starck genug sind, und dasselbe vertragen können. Hingegen verwerffen solch Wassertrincken andere gantz, und schreibt Unzer de lue pestife. ra Libr. III. c. II. also: „Etliche rühmen einen starcken Trunck Wasser sehr, denen wir doch keinen gäntzlichen Beyfall geben können. Denn ob schon der Durst und die fiebrische Hitze durch dessen Kälte wohl gelöschet werden: so schwächet es doch den Magen nicht wenig, und machet, daß das Gifft innerlich desto mehr anklebt, und dämpfet es den natürlichen Balsam, der doch ohne das Noth leidet, zerstreuet die reinen Lebensgeister, verursachet Rohigkeiten, und allerley Verstopffungen, oder beschweret den Leib und die Natur in andere Weise, daß sie dem Giffte nicht widerstehen kan.“ Es dienet aber das kalte Wassertrincken nicht ersprießlicher, als da der Patiente dessen sonst wohl gewohnet ist, der auch nicht gar alt, noch am Magen, Lunge und Leber Mangel hat; auch da das Wasser an sich selbst rein, wohlschmäckend, und zuvor gesotten, geschäumt, gantz im Anfange, wenn nur nicht viel Rohigkeiten im Leibe sind, oder in der Schwachheit selbst, wenn die Dauung geschehen, und der Durst, die Lust zum Essen, und das Aufwallen der Säffte groß ist. Denn also werden die Eingeweide desto weniger von der Kälte verletzt, und geschieht die Oeffnung durch das Erbrechen, durch den Schweiß, Urin und Stuhlgang desto leicht- und reichlicher. Nur ist zu mercken, daß, wenn solche Ausleerung geschehen, der Krancke sich im Bette wohl zugedeckt, den Schweiß folgen lasse, und da zu befürchten, es werde das Wasser ein oder andern Gliedern schaden, man demselben mit andern gebührenden Mitteln, so wohl innerlich als äusserlich, beyspringen kan. Was das Sauerwasser, [863] sonderlich das Schwalbacher, anlangt: so gedencket dererselben Tabernemontan, daß solche in Pestzeiten ein heilsamer Tranck seyn. Denn sie behüten für Fäulniß, und wo Fäulung vorhanden, so verzehren sie selbige, und sind sonderlich die Saurbrunnen zu langen Schwalbach die vornehmsten, unter welchen der Weinbrunnen die Oberhand behält; wie auch der zu Braubach, Andernach, und fast alle Sauerbrunnen in der Wetterau, und solten alle Menschen zu solchen Sauerbrunnen in Sterbzeiten sich gewöhnen. Also hält man dafür, daß man an statt der einfachen Brunnenwasser mit viel grösserm Nutzen ein Saurwasser brauchen könnte; Es müste aber frisch, ohnlängst geschöpfet, auch wohl verwahret seyn. Ob nun wohl nach dem, was sie bey sich führen, oder nach ihrer Mineralien, einfachen Krafft solche betrachtet, da man nicht eben eine solche Tugend in selbigen wider die Pestilentz oder andere gifftige Schwachheiten befindet, welche von einem dazu gleichsam verordneten besondern Mittel herkomme; jedoch gleichwohl offt viel in einer Vermischung ist, so sich in einem Einfachen nicht befindet, und daher gleichsam eine fünfte Natur, wie Scaliger redet, entstehet: also bezeuget die tägliche Erfahrung, daß viele Saurwasser zu unterschiedlichen Kranckheiten gut und nützlich funden worden, welches von dem Schwalbacher Saurwasser desto leichter geglaubet werden kan, weil es unterschiedliche Mineralien, als Vitriol, Agtstein, Schwefel, Salpeter etc. in sich hält, die sonst wider die Pest mit grossem Nutzen gebraucht werden können. Nun müssen noch einige nothwendige Fragen erörtert werden, von solchen Umständen, welche bey angesteckten Personen zu beobachten, und zwar 1) was des Patienten Ruhe betrifft. Ein Pestkrancker würde durch vieles Bewegen den Leib noch mehr erhitzen, und die Kräffte, die billig starck seyn und dem Giffte widerstehen sollen, schwächen, und also dem Giffte freyen Zugang zum Hertzen und andern Gliedern machen. Derowegen wird einem solchen Krancken die Ruhe treulich gerathen. 2) Einige Aertzte wollen solche Patienten beym Anfange der Kranckheit vom Schlafe abhalten. Sie sind wohl der Zeit wegen nicht selbst unter einander einig: der Schluß fällt aber dennoch da hinaus, daß man den Krancken bey dem Anfange vom Schlafe abhalten solle. Es wird aber für ungereimt gehalten, alle Pestpatienten an einerley Zeit des Enthaltens des Schlafes zu binden, sondern für rathsamer, etwas besser auf die Umstände zu sehen, ob der Krancke des vielen Schlafens ungewohnt, oder nicht, ob er sehr krafftloß, oder ob er noch bey ziemlichen Kräfften, ob er etwan einige Zeit zuvor schon mehr, als ihm ersprießlich ist, gewachet und nicht schlafen können, ob er grosse Hauptschmertzen gehabt, oder nicht, ob er schon ein oder mehr Mittel wider dieses Gifft gebrauchet, oder nicht, ob er alt oder jung sey? Nach solchen Umständen kan ein jeglicher Medicus seinen Patienten zwölf, zwantzig oder vier und zwantzig Stunden, ja auch gantze Tage vom Schlafe abhalten, und nur etwas weniges schlafen, aber allezeit zu rechter Zeit wieder aufwecken lassen. Unter dem Schlafe muß [864] der Patiente den Mund nicht unter dem Deckebette haben, damit ihm die gifftigen Schwäre keinen Schaden zufügen können. Die Ursache aber, warum man den Patienten anfangs nicht schlafen läßt, ob er gleich schläfrig ist, ist diese: Im Schlafen begiebt sich die natürliche Wärme a circumferentia ad centrum, das ist, von aussen des Leibes einwärts zu. Folglich wird das pestilentzialische Gifft dem Hertzen näher gezogen, und in die Adern getrieben. Und dahero könnte es den Krancken leichtlich erwürgen. Durch das Wachen aber ist die natürliche Wärme mehr gegen aussen zu. Da sich nun das Gifft und seine bösen Dämpfe auch daselbst befinden, und wegen ihrer weiten Entfernung vom Hertzen, schaden sie nicht so bald und leichtlich. Dieses Wachen aber muß auch nicht zu lange an einander währen, weil dadurch der Leib erhitzt und die Geister sehr aufgelöset werden. Die Pestpatienten sollen sich sonderlich für Zorn hüten. Denn von demselben werden sie erhitzet, und ist nicht anders, als wenn man Schwefel ins Pulver schüttete, und ins Feuer stiesse, angesehen sich dadurch das Gifft in alle Glieder ausbreiten und den Menschen desto eher ums Leben bringen kan. Er soll ferner ein gutes Vertrauen gegen seinen Medicus haben, allermassen er die Cur unglaublich dadurch befördert. Denn man siehet, daß die Krancken durch gefaßten Wahn und gutes Vertrauen gegen den Medicus, bevorab der glücklich ist, wiederum zu ihrer Gesundheit gelangen. Roder von Castro in Medico politic. Libr III, c. 12. schreibt: „Des Patienten geschöpftes Vertrauen thut viel zu seiner Heilung. Denn viele sind nur wegen selbigem wieder gesund worden; Zwar etliche auch wohl darum, weil sie aus solchem guten Vertrauen sich in allem nach dem Willen und nach der Verordnung des Medicus recht gehalten.“ Aus solchem Vertrauen sind, wie Plinius schreibt, auch viele ihres Wunsches gewähret worden. Der Medicus selber hingegen soll fürsichtig mit dem Patienten verfahren. Denn einige geben dem Patienten anfangs gar gelinde Mittel, weil sie doch nicht wissen können, wie sich die Kranckheit anlassen, und was für Zufälle sie mit sich führen werde, weil auch Galen Libr. II. de loc. aff. schreibt, man soll nicht alsobald starcke, sondern gelinde Mittel gebrauchen. Andere aber trauen den gelinden Mitteln so viel nicht, daß sie einen so grossen Stein heben solten, sondern wollen, man soll alsobald mit recht kräfftigen und starcken Mitteln dem Giffte entgegen arbeiten, weil man mit einer solchen Kranckheit zu thun habe, die geschwinde und durchdringend ist, da sie von allen andern unter die gefährlichsten, acutissimos, gezählet wird, welche öffters dem Menschen seinen Rest giebt, ehe man von gelinden Mitteln an die stärcksten kommen kan. Oeffters leiden auch die Kräffte alsobald Noth, denen aber nicht so wohl mit Artzneyen von Erden, welche langsam von der Natur digerieret werden, als mit geistlichen, da der blosse Cörper von der Forme, in welcher die Krafft der Artzneyen bestehet, abgesondert ist, geholffen werden könne, daher sind solche geistliche Artzneyen desto mehr vonnöthen. Und weil auch das Gifft selbst [865] nichts anders als eine Dunst, oder Geist ist; so wird hart gegen hart erfordert. Weil sich auch das Gift nicht allein in die Eingeweide, Adern und Glieder öfters tief verbirget, sondern auch in denselben, bevorab aber in deren zähe überflüssige Feuchtigkeiten hart anschläget. Und endlich, weil das Gift, so man durch den Schweiß auszutreiben vermeynet, selten durch selbigen fortgehet, man brauche denn starcke schweißtreibende Sachen. Uber dieses nehmen oft die wenigsten Patienten gerne Artzneyen ein. Was würde denn also geschehen, wenn sie mit gelinden Mitteln anfangen und immer mit stärckern fortfahren solten. Dem ersten Einwurfe kan man hier leichte nachgeben, daß nemlich die purgirenden Sachen, wo nicht allezeit, doch mehrentheils gelinde seyn, und solches auch mit den besondern gifttreibenden Mitteln beobachtet werden soll; aber es hat bey der Pest eine andere Gelegenheit und Meynung. Was aber des Galens Meynung betrifft: so redet er nur von denjenigen Kranckheiten, welche Verzug leiden, und nicht so leichtlich Gefahr bringen. Warum aber auch die Artzneyen im Anfange der Kranckheit offtmals nicht anschlagen wollen, solches hat dreyerley Ursachen: 1) Weil das Gifft etwan so starck, daß es vielmehr die Artzneyen bezwinge, als daß es von ihnen bezwungen werde. So ist auch 2) der Fehler am Medicus, indem selbiger entweder nicht weiß oder verstehet, daß die Krankheit die Pest sey, oder aber anfangs so gelinde, oder doch solche Mittel, die, wie man sagt, entre deux, unter zweyen sind, gebrauchet, dadurch die Seuche überhand gewinnet, und den Meister spielet. 3) Auch weil die Patienten bisweilen ungehorsam sind, dem Medicus und andern, so es treulich meynen und die Grausamkeit und die Schwachheit besser bedencken, nicht in allem der Gebühr nachfolgen, sondern den Handel gering halten und wohl nicht meynen, daß es mit ihnen Noth haben werde, oder nicht glauben, daß es die Pest sey, sondern dafür nur von dem Medicus und Wundartzt gehalten werde, und sie also um Gewinsts willen überreden wolten. Offtmals wird auch einer mit der Pest befallen, der vorhero keine Bewahrungsmittel gebraucht, oder doch keinen Nutzen dabey empfunden. Nun ist bekannt, daß arme Leute gerne Mittel braucheten, wenn sich ihr Vermögen so weit erstreckete. Es haben aber solche nicht nöthig für Kosten zu sorgen, sondern dürffen sich nur die Mühe nehmen, selbige holen zu lassen, als da sind Angelica, Bibinell, weisse Diptam, Baldrian, Wachholderbeer etc. Viele versäumen sie aber muthwilliger Weise, gehen dahin, achten ihrer selbst nicht. Wenn nun solche unversehens von der Pest überfallen werden, und zuvor weder purgitet noch Ader gelassen, so hat man wahrzunehmen, ob viel Rohigkeiten vorhanden, die einer Purganz bedürfftig, desgleichen wie es mit dem Geblüte, so wohl in Ansehung der Menge als Eigenschafft bewandt, ob eine Aderlasse vonnöthen. Man purgire nun, oder lasse zuvor Ader; so muß man bey Zeiten eine schweißtreibende Artzney geben und nicht lange damit warten, auf gehaltenen Schweiß sollen alsbald kräfftige Hertzstärckungen erfolgen. [866] Was weiter zu thun, ist unter dem Artickel Pest, an seinem Orte erinnert worden. Im Fall aber allerhand Bewahrungsmittel gebraucht worden, und gleichwohl nicht so viel gewürcket hätten, daß die Pest aussen geblieben wäre: ist anders nichts, als stärckere giffttreibende Mittel, nebst Hertzstärckungen an die Hand zu nehmen, und damit frisch anzuhalten. Es ist aber die Frage, ob man dem Patienten Galenische oder Chymische Medicamente geben darf? Beyde sind nicht zu verwerffen; weil es aber viel Leute giebt, welche vor den Chymischen Artzneyen furchtsam gemacht werden: so kan man sich nur der Galenischen bedienen. Man lässet einen jeden bey seiner Meynung, man saget auch nicht, daß alle Chymische Artzneyen unverwerflich sind: doch aber muß man bekennen, daß offt so wenig mit starcken Chymischen Sachen, als mit gelinden Galenischen Mitteln ausgerichtet wird. Wenn sie aber beyderseits gnugsam in Kranckheiten bewährt erfunden worden: so hält man es mehr mit den Chymischen als Gälenischen, vornemlich, weil solche viel eher als andere durchdringen können, und weil der wenigste Theil der Chymischen, der meiste aber der Galenischen, so wohl wegen der starcken Dose, als der Eigenschafften selbst, den Patienten schwer einzunehmen werden. Jedennoch können die Chymischen Artzneyen schwerlich die völlige Pestcur verrichten, wenn nicht von einen gelehrten und verständigen Medicus auch andere Sachen gebraucht werden. Einige lassen nicht alle, sondern nur nachgesetzte Chymische Artznehen zu, wo man aber, wenn der starcken Chymischen Artzneyen gedacht wird, eben nicht die starcken Artzneyen, so von Quecksilber, Spießglase, gemacht werden, und andere stürmerische Medicamente, welche die Natur über den Hauffen werffen, verstehen soll. Also sind folgende Chymische Artzneyen in der Pest nicht zugelassen: Tartarus vitriolatus, Sal essentiale, oder Cremor Tartari, samt dessen Crystallo, Magisterio, Spiritu, terra foliata, &c. Desgleichen allerley Extracte, Essenzen, Saltze , Tincturen, Geister, Pulver, und was dergleichen mehr, so von dem Scammonio, Colocynthite, Mercurio, Antimonio, u. s. w. von den Aertzten heut zu Tage bereitet, oder doch zum wenigsten verschrieben werden. Andere Chymische Medicamente aber, als Extracte, Oele, Essenzen aus der Angelick, Zittwer, Wachholder, Rosmarin, Melisse, Scordien, Kampher, Myrrhen, Agtsteine, u. s. w. präparirt, samt den Schwefelblumen, saurem Schwefelgeiste, Elixir Proprietatis des Paracelsus, kräfftig destillirten Wassern, und dergleichen sind wohl zuzulassen, wenn nur die Verordnung von einem rechtschaffenen Medicus geschiehet. Was die Zeit anbetrifft, wenn man den Krancken zu Hülffe kommen soll, meynen viele, daß man unverzüglich dem Ubel steuren müsse. Viele Patienten aber meynen, es sey noch Zeit gnug, wenn nur die vier und zwantzig Stunden noch nicht vorüber. Wäre die Pest immer von einerley Gattung, so könnte man leicht erforschen, wie viel Zeit erfordert werde, bis man sagen könnte, es sey zu späte, Artzney zu gebrauchen. Wegen [867] ihrer Mannigfaltigkeit aber ist es nicht möglich. Manchen überfällt die Seuche mit solcher Hefftigkeit, daß er nicht zwölffe, geschweige denn vier und zwantzig Stunden erlebt. Manchen kömmt sie so gelinde an, daß die am dritten oder vierten Tage erst gegebene Artzneyen noch fruchten. Man rathet aber aus folgenden Ursachen innerhalb vier und zwantzig Stunden zur Hülffe zu greiffen: weil die Leute ohnedem allzu sicher seyn; weil eines Menschen Natur schwächer als des andern ist, und derowegen jenem das Gifft, welches am meisten nach dem Hertzen dringet, wohl in gar wenig Stunden hinrichten kan; weil auch das Gifft manchmal so geschwinde verfähret, daß es nicht allererst die Säffte angreifft, sondern alsbald nach dem Hertzen eilet, und den Patienten ohne Verursachung einer Fäulung oder Fiebers stracks übern Hauffen wirfft. Man braucht auch deswegen alsobald Medicamente, weil das Gifft im ersten Anlauffe nicht so sehr zugenommen, also, daß ihm anfangs mehr Widerstand geschehen und angethan werden kan, als wenn man gewartet hätte. So sind endlich im Anfange die Kräffte auch noch dauerhafft, und können das Schwitzen samt andern Mitteln besser vertragen. Also heisset es bey dieser Seuche Principiis obsta, widerstehe ihr bey dem Anfange. Pansa schreibt Cons. antipest. c. 14. „Du magst dein halbes Kopfstücke, den Urin schauen zu lassen, wohl sparen. Aber da höret man offt den Patienten sagen: ich will heute noch zusehen; Wilst du aber nicht treuem Rathe folgen, und verstehest die Sache besser: so hilff dir nachmals selbst.“ Dannenhero soll man schon in der vierten Stunde, oder so bald der Mensch etwas fühlet, Rath und Hülffe suchen. Viele Leute haben auch die Gewohnheit, wenn ihnen, oder den Ihrigen etwas anstösset, daß sie augenblicklich, auch wohl zu Pestzeiten, über des Colers Hausbuch oder den Gabelkoffer lauffen, oder ein Kräuterbuch aufschlagen, und was sie am besten düncket, daraus brauchen, in Meynung, es sey gar genug, solche Schwachheit damit zu heilen. Aber sie finden sich betrogen. Denn wenn man an solchen Büchern genung hätte: so thäten die Eltern an ihren Kindern thöricht, für selbige so viel Kosten aufs studiren zu wenden. Es finden sich auch in solchen Büchern so viele Lateinische, Griechische, Arabische, und andere Wörter, welche nicht der zehende verstehet, und sich also leichte selbst betrügen kan. Die rechte Dose, Maaß und Gewichte erfordert auch eine gute Wissenschafft. Wie ist denn also ein Krancker auf solche Art versorget? So dienen auch nicht alle Artzneyen allen Menschen, sondern sie müssen nach des Krancken Natur, Temperament, Alter, Geschlechte, Gelegenheit und andern Umständen mehr, gerichtet werden. Weiter, so ist die Pest auch nicht von einerley Art; derohalben auch unmöglich, auf einerley Manier zu curiren. Sie muß anders angegriffen werden, wenn sie erst anfänget, anders, wenn sie schon eine Zeit lang gewähret, anders wenn sie alleine ist, anders wenn noch andere Zufälle mit anwandeln. Es kan auch nicht jeder Mensch allerley Artzneyen wider die Pest vertragen. Denn einer scheuet Pulver, [868] ein anderer Träncke, ein anderer Pillen, ein anderer Lattwergen. Dieser kan keine süssen, jener keine bittern Dinge einnehmen. Derohalben müssen solche nach des Patienten Beschaffenheit von dem Medicus geordnet werden. Vielweniger ist solchen Leuten bekannt, wenn und wie starck der Patiente zu curiren sey, durch was für Medicamente es geschehen müsse, wie sie müssen purgiret werden, oder wie und wo die Aderlasse anzustellen sey? Also sind die Artzney- und Kräuterbücher, nebst den darinnen befindlichen Artzneyen, einem, der selbige und des Krancken Leibesbeschaffenheit nicht verstehet, so viel nütze, als einem Kinde ein spitziges Messer. Nun möchte wohl einer fragen, wie es doch die armen Bauern machen sollen, die weder Doctor noch Barbierer in der Nähe haben, oder die Artzneyen nicht bezahlen können? Darauf folget diese Antwort: Wenn man nicht kan wie man will: so muß man wollen wie man kan, und unterdessen so viel zu wege bringen, ais möglich ist. Christliche fromme Aertzte und Barbierer werden auch bey den Armen gern etwas übriges thun. Zu dem sind auch viele wohlfeile Sachen zu einem und andern Pestzustande zu bekommen. Und Gott hat sich noch nie an theure und kostbare Sachen binden lassen, und seinen Segen so bald zu einem geringen Hausmittel, als zu einem kostbaren Medicament gegeben. Uber dieses liegt es auch nicht allein an den leiblichen Mitteln, sondern vielmehr an den geistlichen. Denn das vornehmste Mittel ist das Gebet. Und wenn Gott will: so kan auch nur ein Pflaster von Feigen helffen. Es fragt sich auch: Ob einer auch mit überflüßigen Artzneyen zu viel thun könne? Eben deswegen muß man einen Unterscheid unter den Naturen und den Artzneymitteln halten. Denn wie Pansa Consil. antipestif. 3. in der 18 Frage schreibet: „Was starcke Naturen und erwachsene Leute sind, denen mag man wohl eine Artzney offt zweyfach geben. Denn gleichwie mancher gar starcke Purgantzen haben muß, und dieselben wohl vertragen kan, eben also kan ein solcher die schweißtreibenden Mittel in grösserer Menge vertragen, als andere, die schwächerer Natur sind. Denn so man schwachen Naturen und der Jugend so viel auf einmal eingeben solte, möchte man dieselben allzu sehr übertreiben, die innerste Wärme ersticken und also gantz und gar darnieder werffen. Und gebrauchet man deswegen erstlich ein Mittel, das gut ist, und erwartet hierauf die Würckung.“ Ein verständiger Medicus weiß, ohne erinnert zu werden, selbst Ziel und Masse zu halten. Wie ein Unterscheid der Naturen zwischen Manns- und Weibspersonen ist; so ist wiederum zwischen Weibern und Jungfern mit der Cur ein Unterscheid zu machen. Was die Jungfern betrifft, dieweil bey denen, die erwachsen sind, gemeiniglich im Anfange der Kranckheit ihre Monatzeit hervorbricht, welche eine sonderliche Vermuthung giebt, daß die Natur alsbald im Anfange des Giffts gewonnen geben will, und das Geblüte nicht mehr an sich halten kan: so müssen sie von Stund an, wenn sie etwas im Haupte oder Gliedern verspüren, oder , welches ihnen [869] am meisten begegnet, wenn sie in eine unversehene Furcht gerathen seyn, ein oder anderes gelindes Schweißtränckgen, Schweißlattwerge, oder Pulver warm gebrauchen, und so lange darauf schwitzen, bis ein ziemlicher Schweiß erfolget, worauf man also fort wiederum anhalten kan. Woferne sie aber ihrer Reinigung wegen Mangel befinden; so können sie auf den Knien, hinten auf dem Gefässe des dicken Fleisches Schröpffköpffe setzen, und ziemlich dichte hauen lassen, und darbey gelinde Laxative, als präparirten Weinstein, laxirende Quetschenlattwerge, ausgezogene Rosinen etc. gebrauchen. Im Fall auch nur die geringste Verstopffung des Stuhlganges vorhanden ist, müssen sie sich angelegen seyn lassen, solche zu öffnen, dennoch aber mit starck treibenden Mitteln, die die Monatsreinigung befördern sollen, der Zeit noch anhalten, weil solcher Gast gar gut zu laden, aber wieder böse loß zu werden ist, auch viele Jungfern, wenn ihnen sonst nichts fehlet, gantz kranck und matt daran darnieder liegen. Sonderlich muß man hier mehr auf das Gifft, als auf die monatliche Reinigung sehen. Denn jenes muß vor allen Dingen gedämpffet werden. Die, so reines Leibes sind, und kurtz vorher ihren Monatfluß gehabt haben, können das Schröpffen allein auf den Knien gebrauchen, weil bey ihnen gemeiniglich die gifftigen Beulen sich um die Scham und am dicken Fleische hervor zu thun pflegen. Dieses alles ist mit halbwachsenden Jungfern, so über zwölff Jahr sind, in Acht zu nehmen, und nach Ermessung der gegenwärtigen Kräffte zu verrichten. Man hat auch über dieses dahin zu sehen, daß man den Jungfern nicht leichtlich Theriack, Mithridat, goldene Eylattwerge und dergleichen hitzige Sachen gebrauche; sondern an deren statt vielmehr das Diascordium Fracastorii, welches dem Giffte ohne grosse Bewegung der Säffte, widerstehet, und der Fäulung wehret, und andere dergleichen Mittel verordne. Bes. Daniel Sennerts de Febr. Libr. IV. c. 8. Weiber, so Kinder säugen und von der Pest überfallen werden, wissen nicht, ob sie solche fort trincken lassen oder abgewöhnen sollen. Es ist gewiß eine schwere Sache, wenn man sie entscheiden soll. Denn rathet man ihnen, daß sie das Kind nicht ferner säugen sollen: so verursachet es, bevorab, wenn es noch sehr jung ist, eine grosse Gemüthsbewegung, daß es nicht mehr von ihr trincken soll. Die verhaltene Milch machet in den Brüsten auch nicht wenig Ungelegenheit. Denn die Hitze wird dadurch in dem Leibe vermehret, durch den Schmertz aber das Hertz und die vornehmsten Glieder sehr krafftloß. Rathet man ihnen aber, das Kind fort säugen zu lassen: so trincket dasselbe nichts anders, als eine böse, hitzige, gifftige Milch. Es muß daher nothwendig kranck werden; und weil seine zarte Natur dem Pestgiffte nicht zu widerstehen vermag, wird es folglich auch dem Tode zu theil, es wäre denn besagtes Gifft über die massen geringe, oder Gott der Herr wolte das Kind sonderlich erhalten. Ja, sagt mancher, das Kind ist seiner Mutter Artzt, und es ist ja besser, man lasse das Kind sterben, als die Mutter. Ja, wenn eines sterben soll: so ist es freylich um vieler Ursachen willen besser, es sterbe das Kind, als die Mutter. Wie wäre [870] es aber, wenn man sie beyde erhalten könnte? Es ist nicht unmöglich, wenn nur die Kranckheit nicht ohne das schon die Oberhand hat, daß weder Artzney, noch anders etwas helffen kan. In solchem Falle dienet also, daß das Kind, so bald als möglich, von der krancken Mutter genommen und indeß einer andern Säugerin anvertrauet werde, oder, da es bereits, drey, vier, fünff, oder mehr Monate alt, und nicht matt ist, mit gesottenem Wasser, von Wasser und Milch, oder von Waser, Hirschhorn und guten Canarizucker etc. trincken lasse. Der Mutter aber wären einige junge Hündgen zu verordnen, daß sie selbige anlegen, und also der Schmertzen und andern Ungelegenheiten entgehen möge, oder, daß sie sich von einer andern Frau aussaugen liesse, oder, wenn auch solche nicht aufzubringen, daß man allerley nützliche Milchvertreibende Mittel verordne. Kindern, so von verschiedenem Alter sind und von der Pest angegriffen werden, muß man nicht insgemein einerley Artzney verordnen, weil sie nicht allein an Jahren unterschieden, sondern auch von verschiedenem Temperamente seyn, etliche auch noch saugen, andere aber nicht mehr angeleget werden. Den Säuglingen wird entweder durch der Amme Einnehmen, oder auch durch ihren selbst innerlichen oder äusserlichen Artzneygebrauch geholffen. Die Mutter oder Amme können sehr öffters ihrer Kinder Artzt seyn, wenn sie nur wollen, und diejenigen Artzneyen gebrauchen und einnehmen können, deren Würckung man gerne an Kindern sehen wolte, und welche man gerne den Kindern selbst eingäbe, wenn sie solchen beygebracht werden könnten, welches aber alles vermittelst der Milch geschehen kan. Wenn nun ein säugendes Kind mit der Pest angesteckt wäre, könnte man ihm von dem Magist. Corn. Cervi. Perlarum. Lapid. Bez. or. Unicorn. Vero. Bezoardico minerali, Specier. liberantis, Specier. de Hyacinth. Pulv. marchion. &c. etwas in einem dazu verfertigten Wasser, oder in einer warmen Brühe, oder in Milch, doch derer nicht viel, wenn ein Fieber oder Hauptwehe vorhanden, oder in Krafftwasser eingeben. Es nehme nun diese Mittel, oder nehme sie nicht, so ist doch nützlich, daß die, so das Kind säuget, von göldenem Eye, Diascordi Fracastorii, Mithridat etc. gebrauche, jedoch nicht selbst darauf schwitze, sondern nur das Kind öffters anlege, und wenn es warm zugedeckt, nach Gelegenheit seiner Krafft und Stärcke schwitzen lasse. Aeusserlich können allerhand Uberschläge, in Forme der Hertz- Stirn- und Pulssäckgen, auch nach Nothdurfft allerley kräfftige Hertz- Stirn- Puls- und Schlaffsälbgen gebraucht werden. Die Kinder, so keine Säuglinge mehr sind, können etwas stärckere Medicamente gebrauchen. Sind sie eckel; so giebt man ihnen solche, die keinen, oder doch wenig Geruch und Geschmack haben, und bringt ihnen also allerhand Pestmittel in- und äusserlich bey. Anbey aber muß man nicht ihrer allgemeinsten Beschwerniß, nemlich der Würmer, vergessen, sondern denselben stetigen Abbruch thun. Denen, so unter acht oder zehen Jahren, muß der Schweiß mehr eingezogen werden, man muß sie auch mit dem Schröpffen verschonen. Die aber, so sehr vollblütiger und starcker Natur sind, kan man dazu nöthigen. D. Jacob Willich lobt zum Schwitzen [871] sehr, das Einhorn mit Agtsteine oder Sauerwasser oder Muttermilch zu geben, und will, daß man gedachtes Wasser offtmals zu trincken gebe, wie nicht weniger auf die Windeln acht haben solle, daß sie öffters reine geleget werden. Die schwangern Frauen sind in Pestzeiten übel dran, sintemal es am meisten über sie und ihre Leibesfrucht gehet. Dahero spricht auch Hippocrates Lib. V. aph. 30. Wenn ein schwanger Weib mit einer geschwinden Kranckheit überfallen wird; so ist selbige Kranckheit tödtlich, und zwar darum, weil keine Diät anzustellen, noch Aderlassen, Schröpfen, und andere Artzneyen sich also gebrauchen lassen, daß solche nicht etwan der Mutter oder dem Kinde zuwider seyn. Man kan sie aber gleichwohl nicht gantz ohne Hülffe lassen, sondern man muß ihnen mit solchen Mitteln, die sowohl das Gifft von dem Hertzen treiben, als auch die Mutter und das Kind stärcken, beyspringen. Die Mutter muß an einem Orte liegen, da sie allezeit eine wohlgemäßigte Lufft an sich zühet, sie muß sich fleißig für langwährendem Hunger und Durste hüten, und für allzu grosser und hefftiger Leibsbewegung in Acht nehmen. Wenn sich nun eine Schwangere ordentlich, wie sie soll, verhält, dem ungeachtet aber sich ein oder der andere unverhoffte Zufall, wodurch frühzeitiger Abgang der Frucht, oder anderer gefährlicher Schade zu besorgen seyn möchte, ereignen würde: so kan man sie von einem gerösteten Brodte in Hinbeer- Rauten- Scordien- Hollunder- oder Roseneßige geweichet, nüchtern essen lassen. Welsche Nüsse in dergleichen Eßig geweichet; oder in der Asche, wie Castanien gebraten, sind auch nicht zu verachten; ingleichen im Sommer die Blätter von grünen Scabiosen, Sauerampffer und Rauten in Eßige genommen. Im Winter aber sind Feigen, Tormentill, Pomerantzenschalen, welsche Nüsse und Rauten, klein zerstossen, mit Honig und Saltze vermischet, zur Lattwerge gemacht und einer Haselnuß groß davon genommen, noch nützlicher. Wem auch über diese erzählte Stücke, Wacholderbeere, Kümmel, Coriander, Alantwurtz, Angelickwurtz etc. in Eßig gebeitzt, dazu zu thun beliebt, der wird nicht übel thun. So dienen auch einer schwangern Frau nachbeschriebene:

D. Meuers Morsellen:
Rec. Tormentillwurtz,
Zittwerwurtz,
Angelickwurtz,
Cretischen Dictam, von jedem Ʒß.
Gesiegelte Schlesische Erde,
Zimmet,
Armenischen Bol, von jedem ℈i.
Sauerampffersaamen,
Citronenkerne,
rothen Santel, von jedem ℈ß.
Bereitete Perlen, gr. viij.
Sapphir,
Bein vom Hirschhertze, von jeden gr. iiß.
Weissen Ingber,
Rothe und weisse Corallen, von jeden gr. iij.

Pulverisiret alles, mischet es, und mit Zucker, der in Melissen- oder Rosenwasser aufgelöset, machet [872] Morsellen daraus. Oder bereitet folgende Morsellen:

Rec. Bereitete rothe Corallen, ℈j.
Perlen,
gesiegelte Erde,
gebrannt und bereitet Elffenbein,
Hirschhorn von jedem Ʒß.
Ausgepreßt Muscatenöl,
Destillirt Citronschalenöl, von jedem gr. ij.
Zucker, der in Rosen- und Bethonienblümgenwasser aufgelöset, so viel als genug ist.

Machet aus allen nach der Kunst Morsellen, davon der Frau offt einige zu geben. Oder auch nachbeschriebene stärckende Lattwerge:

Rec. Confection von Ochsenzungen, Ʒij.
Rothe, alte Rosen conserva, Ʒß.
Candirte Citronenschalen, Ʒvj.
Muscatnuß, No. 1.
Spec. elect. de Gem.
diamarg. ana Ʒj.
Bereitete Perlen, ℈ij.
rothe Corallen, Ʒß.
Smaragd,
Hyacinth,
Sapphir, von jedem ℈j.
Syrup. Conserv. Citr. q. s.

Machet daraus eine Lattwerge. Es werden auch folgende Celtgen nicht undienlich seyn: als

Rec. Päoniensamen,
Cordial Apecies, ana Ʒß.
Bereiteten Hyacincth. Ʒj.
Specier. liberant.
Citronöl, ana ℈j.
Angelicköl, ℈ß.

Weissen Zucker in Rosenwasser aufgelöset, mischet es zu einer Conserve in Celtgen. Man kan auch einer schwangern Frau ein bis zwey Stück Rotulas liberantes verordnen. Die es aber noch köstlicher und besser haben wollen, können folgende Celtgen gebrauchen:

Rec. Bereitete Perlen, Ʒß.
Sauerampffsaamen,
Pädonienwurtel
saamen,
Cordial Species.
Spec. diamagar. hyac. ana Ʒj.
Bereitete rothe Corallen, ℈iv.
Alte Rosen conserva, Ʒj.
Zucker in Sauerampfferwasser aufgelöset, so viel als nöthig ist.

Machet Celtgen nach der Kunst daraus. Von D. Schillern wird folgende Lattwerge so wohl für schwangere, als andere Weiber dienlich erachtet:

Rec. Bereitetes Hyacinthenpulver, ℥ß.
Armenische Erde,
Gesiegelte Erde,
Diptam,
Eberwurtz,
Rhapontick,
Been rothe,
weisse,
Tormentill,
Spicanardi, von jedem Ʒiij.
Sauerampffertäffelgen, ℈j. [873]
Encian,
Kermesbeere,
Zittwersaamen,
Citronkerne,
Wachholderbeere,
Geraspelt Elfenbein
Gebrannt Hirschhorn, von jedem Ʒiß.
Safran Ʒij.
Rothe Gartennäglein, ℥ß.
Bereitete Perlen, Ʒi.
Saphir,
Smaragd, von jedem ℈ij.
Mosch, ℈ß.
Melissensaltz, Ʒi.
Vitriolgeist, ℈ij.

Mit sauren Citronsyrupe, so viel als gnug ist, machet eine Lattwerge, täglich einer Castanien groß zu nehmen.

Oder auch folgendes Pulver:
Rec. Rotular. liberant. ℈j.
bereitete Perlen:
rothe Corallen, von jedem Ʒiß.
Kinderpulver Ʒiij.
Zimmet,
Citronenschalen, von jedem Ʒiß.
Zucker, ℥j.

Mischet alles zu einem Pulver; solches kan in einer Suppe, weichem Eye, oder Granat- Citron- oder Limoniensafte eingenommen werden. Sonsten dienet schwangern Weibern Rosen- Saurampfer- Borragenzucker, eingemachte Johannisbeere, oder Berbisbeere, eingemachter Zittwer, eingemachte Indianische Nuß und dergleichen. Diese stärcken nicht allein die Mutter, sondern auch die Frucht im Leibe. Aeusserlich lasse man sie alle Morgen den Leib mit folgendem Sälbgen salben:

Rec. Mastixöl, Ʒvj.
Qvittenöl,
Heidelbeeröl
Myrtenöl, von jedem ℥ß.
Spec. Diamarg. calid. Ʒv.
Weyrauch,
Mastix,
Nägelein,
Muscatnuß, von jedem ℈j.
Armenischen Bolus,
Schlesische gesiegelte Erde, von jedem gr. xv.
Ein wenig Wachs.

Machet aus allem ein weiches Sälbgen. Schmieret sie damit wohl vorn vom Nabel an bis zu Ende des Leibes, ingleichen auf dem Rücken, unter dem Gürtel, und allenthalben. Denn vermittelst solchen Schmierens werden die Mutterbänder gestärckt und feste gemachet, darinne die Frucht bis zu ihrem natürlichen Fortgang getragen wird. Es ist bey uns Deutschen ein grosser Irrthum, daß wir vermeynen, wann ein an der Pest liegender Patiente, nicht eine badheisse Stube habe, und das Gift mit aller Gewalt ausschwitzete: so könne er nicht genesen; da doch dem Patienten, der an einer solchen hitzigen Kranckheit lieget, ohne dem heiß genug ist. Die Kranckheit wird durch solche allzu heiß gemachte Zimmer vermehret und der Schlaf vermindert, davon, wie leichte zu erachten, der Patiente sehr matt werden muß. Weil [874] aber in einem kalten Zimmer die Schweißlöcher an dem Angesichte und andern Gliedern, die der Patiente nicht bedeckt hat, verstopft bleiben, wodurch das pestilentzialische Gift immer mehr verstärcket wird; so ist rathsam auch allhier die Mittelstrasse zu ergreifen und das Zimmer nur lauligt zu wärmen, auch zu Zeiten einen neblichten Rauch darinnen zu machen. Weil auch kein einig besonderes Giftmittel wider die Pest, sie sey welcher Natur sie wolle, gefunden wird: so ist zwar dieß die Frage nicht, sondern ob ein oder die andere Artzney, welche sonst für andern wider die Pest berühmt ist, ohne Unterscheid allen Pestkrancken, sie seyn jung oder alt, Manns- oder Weibspersonen, starcker oder schwacher Natur etc. nützlich und gut zu gebrauchen sey. Der Bezoar, Einhorn, gesiegelte Erde, und dergleichen kühlende Giftmittel können gar wohl, ohne allen Unterscheid und zu aller Zeit gebraucht werden. Die Theriacke, Methridate, göldene Eyer, und welche mehr dieser Gattung sind, nicht gar zu wohl, als jene, weil sie sehr hitziges Geblüte treiben. Doch ist zu mercken, daß obwohl jede solcher Artzneyen wider die Kranckheit sehr ersprießlich ist, wider ein und andern Zufall aber nicht so füglich kan gebraucht werden. Z. E. wenn die Hitze und der Durst groß, so werden die hitzigen Giftmittel nicht so nützlich seyn, als die kühlenden. Wenn eine Leibsverstopfung da ist, so wird hingegen die gesiegelte Erde, armenischer Bolus und dergleichen nicht überflüßig gebraucht werden dürfen, etc. Daß man also eine Wahl nach Erforderung der Schwachheit und der Zufälle habe, wie nicht weniger, um dieser und um anderer Ursachen und Umstände wegen, die diese der Artzney mindere und mehre, andere Artzneyen mehr dazu, oder wenn es ein zusammengesetztes Mittel ist, davon thue, verbessere, und an Stärcke, Geschmack und Geruche verändere.