Zedler:Persische Universitäten, Academien oder Gymnasia


Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Band: 27 (1741), Spalte: 662–664. (Scan)

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Persische Universitäten, Academien oder Gymnasia. Gymnasia, Academien oder hohe Schulen, so bey denen Persiern Medressa genannt werden, sind in Persien von denen urältesten Zeiten her beständig, wie es scheinet, veranstaltet gewesen, und noch heut zu Tage haben die Persier keinen Mangel daran. Es ist eine Universität zu Ispahan, eine zu Ardebil, zu Tauris, Com, u. a. m. Uberhaupt die Persier haben noch viel gute Gestifte, Collegia oder Communitäten, und dergleichen Anstalten. In Ispahan sind deren über funftzig, die der König theils selbst gestiftet, theils von grossen Herren errichtet, die aber an den König kommen, wenn die Personen, als Staats Verbrecher, verurtheilet worden, und unter deren Gütern ihm mit heimgefallen sind. Denn so lange ein oder ander Collegium nicht auf solche Art an den König kommt, bleiben die Stifter oder ihre Nachkommen, Vorsteher und Häupter solcher gelehrten Communitäten, welches eine grosse Ehre zu seyn [663] geachtet wird. Alle solche Collegia sind auf eine gewisse Anzahl Personen eingerichtet. Die grösten haben 50 bis 60 Wohnungen, jede von zwey Kammern. In den reichsten haben die Studenten des Tages acht, zehn, zwölf Gr. zu genüssen, davor sie leben und zehren wie sie wollen; denn Convictoria und Freytische giebts da nicht. Es sind aber diese an sich guten und nützlichen Anstalten grösten theils durch übele Verwaltung und Aufsicht dem Mißbrauch heimgefallen, sonderlich in den königlichen oder andern alten Collegien, deren Stifter längst verstorben; da die Nachkommen die Einkünfte unter ihre Freunde verwendet, sie mögen seyn wer, oder was sie wollen. Also kommen viele in solche Gestifte, die ihr Lebtage ans Studiren nicht denken; viele die sich nicht hervor zu thun Lust und Trieb haben, werden darinn alt, und beschlüssen ihr Leben in stetem Müßiggange, nehmen wol Weiber und zeugen Kinder drinnen, zumal, wenn sie anders woher einigen Beystand haben. Wie es denn wol Collegia giebt, da sie nichts als die freye Herberge, oder doch kaum 1 Groschen darneben zu genüssen haben. Die besten Anstalten für die Persischen Studenten sind die, da ansehnliche und erfahrne Männer solche hohe Schulen anlegen, selbst frey lehren, und den Studenten wol freyen Unterhalt darzu geben. Und desen giebts allenthalben in Persien: Denn wenn ein Mann sich mit Gütern der Welt gesegnet siehet, und sich geneigt findet, aus den Welthändeln zu scheiden, entweder weil ihm das Glück bey Hofe, im Kriege, Handlung oder Landleben seine Tücke bewiesen, oder er trauet doch nicht länger, oder will auch sonst der Beschwerlichkeit der Aemter mit guter Art und Ehren los seyn, und er hat in der Jugend was rechts gelernet, solches auch nachher in Bedienungen geübet, findet sich also geschickt und geneigt andern wieder mitzutheilen, was ihm bisher nütze gewesen, welches aber nun bald mit ihm selbst der Welt entzogen werden würde, so legt er wol in seinem Hause ein solch Auditorium an, lieset oder hält selber Collegia, und giebt wol seinen Zuhörern etlichen etwas oder alles frey. Und wenn er guten Beyfall findet, so lauffen ihm die Studenten aus denen Collegiis zu, und verlassen ihre eigene Professores. Ein solcher begüterter Lehrer ist mit Recht ein öffentlicher, allgemeiner, oder Professor publicus, und lebet im sichersten und grössesten Ehren- und Wohlstande, weil der Neid sich so wohl schämen als fürchten muß, einem so gemein nützlichen Manne nach seinen Gütern zu greiffen. Seine Ehre aber kan ihm überall gar niemand antasten, weil sie an kein gewisses öffentliches Amt oder Stand gebunden ist. Ein jedes Collegium hat seinen eigenen und eintzigen Professor, der nebst denen Studenten zugleich, wie auch das besonders dazu gestiftete Gebäude aus der Fimdation seinen Unterhalt hat. Es müssen aber solche Lehrer, wenn sie der Function, zu der sie sich haben bestellen lassen, recht gewachsen seyn wollen, rechte Pragmatici seyn: denn sie sollen von Rechts wegen ihre Zuhörer in allen Facultäten und Disciplinen unterweisen, und [664] in alle Wissenschaften einleiten, die ihnen heut oder morgen möchten zu statten kommen. Denn solche junge Leute gehen hernach an Hof, in Krieg, in die Stadt, aufs Land, und wo sie hin wollen, so müssen sie anfangen zu arbeiten, sich hervor zu thun, und ihr Glück zu machen mit allem, was man ihnen fürgiebt, oder wie, wo und wobey man sie brauchen will. Denn wie hoch oder niedrig sie auch von Abkunft sind, ein jeder muß durch seine eigene Geschicklichkeit sich hervor thun, es kan auch einer wie der andere steigen, so hoch es möglich; aber er kan sich nicht absolut fürsetzen, da, oder hiedurch will ich mich aufschwingen. Sie müssen also alle, so wol Lehrer als Lernende, rechte Weltweise seyn, alles wissen und lernen, was etwa bey Aemtern und Bedienungen kan fürkommen; denn es kan einer als ein Shater oder Läufer anfangen, und als ein Cantzler sterben; es kan einer als ein Sternseher in des Königs Dienste treten, und als ein General draus scheiden. Kurtz, ein rechter Philosoph, ein Weltkluger, ein Mensch, der in alle Sättel gerecht ist, muß aus einem Persischen Studenten gemacht werden, wenn er gelehrt heissen will und soll. Doch die Rechtsbeflissenen haben noch eine eigene Schule, in welcher die Unterbeamten noch unterrichtet werden. In solcher ist der Alkoud der oberste Rechts-Gelehrte und würcklicher Ober-Richter, das Haupt und oberste Professor, der Mittwochs und Sonnabends öffentlich lieset. Die Persischen Professoren werden Mederis genannt, die der ehemals in Persien berühmten Magorum Stelle vertreten, sie lehren die Theologie u. Jurisprudentz aus dem Alcoran, die Medicin aus dem Avicenna und die Philosophie aus dem Aristoteles, den sie in Arabischer Sprache haben und Dunja Piala, das ist, Becher der Welt nennet. Denn gleichwie, sagen sie, man sich des Bechers zu seinem Nutzen und zu seinem Schaden bedienen kan, also könne man auch die Philosophie brauchen und mißbrauchen.