Zedler:PERPETUUM MOBILE
PERPETUUM MOBILE, Motus Perpetuus, die immerwährende Bewegung, heisset in der Mechanick eine Maschine, welche vermöge ihrer Structur die Bewegung fortsetzet, wenn sie nur einmal darein gebracht worden ist, so, daß sie ewig dauren würde, wenn die Materie, woraus sie bestehet, nur nicht eingienge, und nichts von ihrer Structur Schaden nähme. Es wird diesemnach zu dergleichen erfordert; daß nichts von aussen zu dieser Bewegung etwas beytrage, sondern die Maschine die Ursachen der Bewegung in sich selbst habe; Und daß diese Bewegung nicht nur einige Zeit währe, sondern so lange, als die Maschine daure, folglich muß auch dasjenige, welches die bewegende Kraft abgeben soll, nicht leichte seinem Wesen nach veränderlich sein. Viele haben schon von alten Zeiten her mit sehr grosser Mühe, und öfters unerträglichen Kosten, jedoch jedesmal vergebens, dergleichen Bewegung gesuchet. Caspar Schottus hat in seiner Technica curiosa[1] Lib. X. P. I. p. 732. ff. verschiedene, auch seltsame Einfälle beschrieben, worauf einige Erfinder gekommen sind; Noch mehr aber findet man zusammen getragen von Francisco Tertio de Lanis in seinem Magisterio naturae et artis[2] Tom. I. Lib. VIII. c. 2. und 3. L. C. Sturm in Mathesi[3] P. II. p. 366. hält davor: Es habe sich schon lange niemand mehr an diese Untersuchung machen wollen, es müste denn hier und dar ein guter Stümper sich daran gemacht haben. Ja Bonajutus Lorini vom Festungs-Bau[4] Lib. V. c. 19 spottet dererjenigen, welche die ewige Bewegung suchen. Es ist kein Wunder, spricht er, daß der, so sich auf die ewige Bewegung befleißiget, ein ewiger Narre wird. Und in der That sind grosse und geübte Mathematici nicht zu verdencken, daß sie die edle Zeit mit dieser Untersuchung nicht verderben wollen. Denn es ist diese Erfindung mit unter diejenigen zurechnen, die nicht bloß und allein auf den Verstand, sondern grösten theils auf das Glücke mit ankommen, massen allein die Hinderniß, welche in Bewegung der Maschine bloß daher entstehet, weil die Theile sich an einander reiben, so beschaffen sind, daß man sie zur Zeit noch nicht ausrechnen kan. Andere Dinge, wovon man gleichfalls noch keine vollkommene Theorie hat, zugeschweigen, worauf doch in Zusammensetzung der Maschinen hauptsächlich mit zu sehen. Und dahero müssen diejenigen, welche die immerwährende [538] Bewegung suchen, sich Mühe und Kosten nicht verdriessen lassen, solche auf Verfertigung derer Maschinen zu wenden, von denen sich einige Wahrscheinlichkeit im Verstande zeiget. Denen hingegen, welche durch den blossen Gebrauch des Verstandes die Wissenschaften erweitern können, würde man mit Unrecht zumuthen, daß sie durch Fleiß und Kosten, dem Glücke etwas abzutrotzen sich auf das ungewisse wagen solten; Zumalen, da ausser diesen hierzu noch kömmt, daß es längst das Ansehen gewonnen, als wenn die immerwährende Bewegung unmöglich sey. Simon Stevinus[5] hat in Element. Lib. f. Prop. 19. p. 448. eine sinnreiche Demonstration von dem Waagerechten Stande zweyer Gewichte auf schiefliegenden Flächen gegeben, worinnen er voraus setztet, daß die immerwährende Bewegung unmöglich sey. Er weiset nemlich, daß wenn die Sache anders wäre, als der von den Mathematicis sonst auf andere Art erwiesene Lehr-Satz mit sich bringet, eine immerwährende Bewegung möglich wäre. Und also bedienet er sich der Verknüpfung eines Satzes mit der immerwährenden Bewegung auf eben die Art, wie die Geometrä die Verknüpffung eines Satzes mit etwas möglichen oder ungereimten zu gebrauchen pflegen. Nemlich ihm ist die immerwährende Bewegung in der Mechanick so viel, als ein Theil, so dem Gantzen gleichet, in der Geometrie ist. Der Herr von Leibnitz hat nach diesem gefunden, daß alles sich aus diesem Grunde erweisen läst, was von der Bewegung entweder auf andere Art demonstriret, oder auch in der Erfahrung gegründet erfunden wird. Zu geschweigen, was man sonst wegen des Niedersteigens des gemeinen Schwer-Punctes in einer Maschine vorgebracht, wodurch sie endlich in ihren Ruhe-Stand gesetzet wird. Wer aber dem allen ungeachtet ja in diesem Stücke noch sein Glück versuchen will, der muß zuförderst geschickt seyn, mit einer recht gründlichen Mechanischen Einsicht die Berechnung seiner vorhabenden immerwährend-beweglichen Maschine vorzunehmen, und zu examinieren, in was vor Umständen sich der Abstand und die Ruhe befinden, ingleichen muß er darauf bedacht seyn, so viel als möglich, die Friction zu vermeiden. Und ob wohl schon einige sich hierinnen sorgfältig erwiesen, und dannenhero, um etwa den Schwung zur Erhaltung der Bewegung zu befördern, die Welle des sich selbst bewegenden Rades sehr leicht, und die Zapfen in denen Lagen sehr schwach gemachet, auch sonst einige Vortheile gefunden, die sich ihnen zu ihrer Absicht gütig gezeiget; So sind dennoch diese scheinbare gute Modelle von der Erfahrung als Spielwercke aufgeführet worden. Im Ernst hingegen mit dergleichen etwas anzufangen, muß man es unterlassen. Nichts destoweniger versprachen Ihro Czaar. Majestät im jahr 1713 dem Herrn Schlüter, einem berühmten Ingenieur, 30000 Rubeln zu geben, wenn er, oder auch ein anderer, das perpetuum mobile erfinden würde: worüber aber jener eher durch den Tod stabilis wurde, ehe er das immobile zu Stande brachte; Dessen Bemühungen aber sein Sohn hierauf fortsetzete, der aber auch nichts ausgerichtet. Insonderheit machte mit einer solchen Invention [539] der Herr Orffyrey, ein geübter Mathematicus und Mechanicus in Sachsen, seit dem Jahr 1712 ein grosses Aufsehen, da er nach zehnjährigem Fleisse endlich in gedachten Jahre zu Gera im Voigtlande ein vollkommenes Perpetuum mobile erfunden, und in Stand gebracht zu haben vorgab, wovon das erste Modell 2 und eine halbe Leipziger Ellen im Diameter, und 4 Zoll in der Dicke hatte, auch einige Pfund zu heben vermochte; welches er denn öffentlich vor der dasigen Hoch-Gräflichen Herrschaft und andern Stands-Personen, wie auch einigen renommirten Mathematicis und Mechanicis vorzeigte, so auch von einem Orte zum andern gebracht oder geschoben, und allenthalben in Bewegung gebracht werden konnte. Nachdem ihm aber schon damahls allerhand Widerspruch gemacht wurde, sonderlich auch, daß diese Maschine nicht würde ins Grosse gebauet werden können, und aber der Maitre hierauf seinen Wohnplatz von Gera nach Draschwitz, einem Weissenfelsischen Dorffe [6], transponirte, so war er vornemlich auf die Vergrösserung dieser seiner Invention bedacht, und verfertigte daher im Jahr 1713 zu Anfang des Herbst eine solche neue Maschine bey nahe fünf Ellen hoch und sechs Zoll dicke, welche sich binnen einer Minute über funfzig mal herum drehete, und eine Last von etliche 40 Pfund einige Klaftern hoch heben konnte; Daher er denn solches vor Gräflichen und Stands-Personen, Ambassadeurs, hohen Ministern, Mathematicis und Mechanicis öffentlich vorzeigte. Als er sich auch hierauf von Draschwitz nach Merseburg machte, so fand er einen bequemen Ort in dem so genannten grünen Hofe, gleich vorm Sixt-Thore, woselbst er eine neue Maschine, 6 Leipziger Ellen hoch, und einen Schuh dicke aufführete, welches vor dem Augen vornehmer und gelehrter Examinatorum, weder von Wind, Wasser, Trieb-Federn, Zimbeln, Mercurio, noch mit einigem erborgten motu temporario, dessen sich z. E. Uhrmachen, Müller, Schmiede, Fuhrleute u. ff. bedienen, in Bewegung gebracht wurde, und zwar mit zwey Fingern, ohne die geringste Force, worauf er seinen egalen starckreissenden motum, nicht etwan eine halbe Stunde, sondern so lange, bis etwas daran entzwey gehet, oder sonst destruiret, oder auch der Motus mit Gewalt aufbehalten wird, continuiret, und ausser obigen Hindernissen in infinitum lauffen würde. Weil er nun hierbey allerhand Widerrede, Unglimpff, falsche Deutung und Vernichtungen dieses seines Inventi erfahren muste, so stellete er hiermit endlich im Jahr 1715 den 31 October vor Commissarien und Zeugen eine öffentliche Probe an, worzu auf sein Ansuchen von Ihro Hochfürstl. Durchl. dem Hertzog von Merseburg, der Herr Julius Bernhard von Rohr, nebst einem Secretario, zu Commissariis ernennet wurden, zu denen sich viel Fürstl. Beamten, zugleich viel vornehme und gelehrte Zuschauer geselleten; Als Herr Bohse, Sächsischer Geheimder Rath, Herr Leidenfrost, Sächsischer Hofrath, Herr Profess. Hoffmann, Herr Hofrath Wolf aus Halle, Herr Buchda Zeitzischer [540] Hofrath, Hr. D. Joh. Burckhardt Mencke, aus Leipzig, Herr Land-Rath Hübner, von Merseburg, M. Semmler, Ober-Diaconus an der Ulrichs-Kirche, aus Halle, Herr Benit und Herr Wollbaum, Mathematici und andere, von welchen allen das Werck im Augenschein genommen und dem Inventor deßhalb ein schriftliches Attestat unter dero sämtlichen Namen, gedachten 31 October 1715 ertheilet wurde, worinnen sie bekennen, daß die Maschine, so 6. Ellen, in Diam. und einen Schuh dicke, zu verschiedenen mahlen, und so oft es die Herren Commissarien und Zuschauer verlangt, rechts und lincks herum gelauffen, so, daß auf erhaltene gantz geringe Hülfe, mit zwey Fingern, ohne die geringste Force, so bald nur ein eintziges von denen im Kunst-Rade verborgenen Gewichtern zu fallen angefangen, die Maschine nach und nach in eine starcke egale Bewegung kommen, auch einen Kasten mit 6 Mauer-Ziegeln, zusammen 270 Pfund schwer, durch einen, 8 Ellen hoch von dem perpendiculairischen, zum Fenster hinaus bis ans Dach, und von dar etliche Klafter hinunter in den Hof gehenden Zug, so oft mans verlangte bis ans Dach hinaufgezogen, und mit grosser Force in diesem Motu aufgehalten werden müssen, zu geschweigen, daß der Herr Inventor die Maschine ausgehoben, alles besichtiget, und an keinem Orte der geringste Fucus bemercket worden. Dieses Attestat nebst noch zwey andern wurde mit Erklärung des grossen Nutzens, den diese Maschine an allerhand Gewercken prästiren könnte, in einer öffentlichen Schrifft, unterm Tittel: Gründlicher Bericht von dem durch Herrn Orffyreum glücklich inventirten Perpetuo ac per se mobili, nebst dessen accurater Abbildung, Leipzig 1715 in 4. ans Licht gestellet. Unter denen vornehmsten Widersachern des Orffyreischen perpetui Mobilis, war ohnstreitig der Herr Andreas Gärtner, Churfürstlicher Sächsischer Modell-Meister in Dresden. Dieser hatte sich bereits zu Anfang des 1715ten Jahres mit dem Herrn Johann Friederich Dinglingern, Königl. und Chur-Sächsischen Hoff-Amelier, wegen des perpetui Mobilis in eine Wette eingelassen. Nemlich es erbote sich Herr Dinglinger gegen den Herrn Gärtner, aus Holtz, Metall und dergleichen, solcher gestalt ein perpetuum Mobile zu verfertigen, welches weder durch Lufft, Wasser, Feuer, Hitze, Wind, noch durch anderwärtige Krafft, sondern allein durch inwendiges, und eigenes Vermögen getrieben werden solte. Gleichwie nun gemeldter Modell-Meister, Gärtner, diß vor unmöglich gehalten, und 200 Reichs-Thaler darauf verwettet; Dinglinger aber diese Kunst-Stücke noch vor Pfingsten zum Stande zu bringen gemeynet, so haben beyde Künstler, und zwar ins besondere bey dem Königl. Hof-Baumeister Fritsch zweyhundert Reichs-Thaler dargelegt, und sich schriftlich verbunden, daß, so bald die Pfingst-Ferien verflossen, auch Dinglinger sein Versprechen exacte erfüllet, ihm obige Summe von Vierhundert Reichs-Thaler, widrigenfalls aber solche Gärtnern gegeben werden solle. Wovon der formale Contract in der Europäischen Fama 167 Th. befindlich [541] ist. Mit gleichem, ja, noch grösserm Eifer widersetzte sich hierauf Gärtner der Orffyreischen Invention, gegen deren Nichtigkeit er ebenfalls eine und die andere Wette aufsetzte, so wie die Gründe, warum er die Wahrhafftigkeit des bisher ausgeruffenen Perpetui Mobilis noch zur Zeit in Zweiffel ziehe, in der Vorrede, so Herr Christian Steinbrück über den kurtzen Bericht von denen durch Herr Gärtnern gantz neu erfundenen hölzernen parabolischen Brenn-Spiegeln (Leipzig 1716 in 4.) vorgesetzt, allegiret werden. Wie er denn auch selbst unter andern einen gedruckten Bogen im Jahr 1717 publicirte, worinnen er Orffyreo ebenfalls 1000 Thaler anboth, wenn er sein Rad 4 Wochen lang könne lauffen lassen, so, daß es zugleich nach Proportion des Merseburgischen Rades beständig 70 Pfund hebe, und jede Minute 50 Umwendungen mache, er möge nun hinein thun, was nur auf der Welt zu ersinnen, wenn es nur die wahre Ursache der Bewegung (principium motus) inwendig hätte. Er stellete ihm auch frey, dieses Anerbieten als eine Wette, oder als eine Belohnung vor seine Mühe anzunehmen, oder auch das Geld den Armen zu geben, massen hierbey bloß das Absehen sey, die Welt von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Erfindung zu überzeugen, welche Orffyreus so hoch und vielfältig betheuret, und darüber er die, welche solches nicht so blindlings glauben können, zu Calumnianten, ja gar zu Gotteslästerern machen wolle. Den andern Wiedersacher bekam er an dem Herrn Christian Wagner, einem Mathematico in Leipzig, welcher im Jahr 1716 eine Schrifft publiciret, unterm Titel: Das nunmehr völlig entdeckte PERPETUUM AC PER SE MOBILE. Worinnen er zeigte, daß das vom Herrn Orffyreo angestellte Experiment, weder den motum perpetuum, noch eine beständige Uberwucht erweise, und zugleich desselben Schrifft völlig widerlegte. Er hat dabey eine Maschine auscalculirt, und in Kupffer vorgestellet, die lincks und rechts in eben der Geschwindigkeit als die Merseburgische läufft, 70 Pfund eben so hoch als dieselbige hebt, und alles leistet, was jene thut. Dergleichen Maschine er zu Leipzig auf der Nicolaus-Strasse in der güldenen Hand vor jedermänniglich zeigte. Ferner widersetzte sich ihm Herr J. G. Borlach, ein Mechanicus in Dresden, welcher im Jahr 1716 zu Leipzig einen gründlichen Gegen-Bericht von dem Perpetuo oder per se Mobili ans Licht stellte, und erwieß, daß dergleichen in rerum natura keines gebe, oder geben könne. Anderer zu geschwiegen, die ihm heimlich und öffentlich scharffen Widerspruch thaten. Ja er bekam so gar einen Aemulum und Competenten zu dieser neuen Erfindung, an dem Herrn Jacob Andreas Mahn, Fürstlichen Sächsischen Küchen-Meistern in Meinungen, sonst der Profeßion nach einem Klein-Uhrmacher, dieser betheuerte hoch und sehr, daß er das perpetuum mobile, woran er schon über 20 Jahr gearbeitet, und alle Elemente durchgegangen, endlich bey dem schweresten, da er solches am wenigsten gemeynet, schon vor etlichen Jahren auf eben die Weise, wie vermuthlich des Herrn Orffyrei seines beschaffen, gefunden habe. [542] Weil er nun durch seine Amts-Verrichtungen bey Hofe bisher verhindert worden, eine eigene Maschine hierüber aufzubauen, doch aber seine Mühe und Unkosten nicht gerne möchte, umsonst angewandt haben, so ersuchte er, laut der Gelehrten Zeitungen im Jahr 1717, No. 7. p. 56. alle, die etwan mit dem Herrn Orffyreo in Tractaten treten möchten, solche nicht eher, als nach Verlauf eines Viertel-Jahres, zu schlüssen, da er denn sein Perpetuum mobile, auf eben die Art, wie jener, darstellen wolle; daß sich also niemand die Rechnung zu machen habe, als ob er die von jenem erhandelte Invention allein besitzen werde; welches doch einer der wichtigsten Umstände bey solchem Handel seyn würde. Doch die Sache blieb bay allen Theilen in suspenso, und es begonnte sich der Rumor von dem perpetuo mobili forthin grossen Theils zu legen. Mittler Zeit hatte sich der Herr Orffyreus von Merseburg nach Cassel gewendet, woselbst er die Function eines Commercien-Raths erhielte, und zu Weissenstein, bey Cassel, eine neue verbesserte Maschine von seinem Perpetuo Mobili anlegte, auch alsbald hierauf eine Schrifft publicirte, unterm Titel: „Neue Nachricht von der curieusen und wohlbestellten Lauf-Probe des Oeffyreischen auf dem Schlosse Weissenstein bey Cassel von neuem erbauten Perpetui mobilis, welche es seit dem 2 November 1717, bis jetziges 1718 Jahr, acht Wochen lang, in einem von Ihro Hochfürstl. Durchl. dem Herrn Landgrafen von Hessen-Cassel dem Herrn Orffyreo darzu eingeräumten, auch, so bald das perpetuum mobile zu lauffen angefangen, verschlossenen und versiegelten, sodann mit Wachen von aussen besetzten Gemach, mit grossem Vergnügen des Herrn Land-Grafens Hochfürstlichen Durchl. und aller Kunstliebenden vortrefflich gemacht, also, daß nunmehro denjenigen, welche aus Zweiffel der Gerechtigkeit des Perpetui Mobilis eine Wette von tausend Thalern zu verschiedenen mahlen ziemlich hönisch ausgeboten, eine Wette von zehen tausend Reichs-Thaler gegen zehen tausend Reichs-Thaler angeboten wird. Leipzig 1718, 4.“ Die Nachricht selbst bestehet in einem Briefe aus Cassel vom 18 Januarii 1718, worinnen der Unterscheid der jetzigen Maschine von der Merseburgischen erkläret wird. Beyde kommen darinn überein, daß der Diameter des Rades zwölff Schuh ist. Die neue aber differirt 1) daß sie einen halben Schuh dicker, als die Merseburger, und also im Profil anderthalb Schuhe hält. 2) Ist die Welle sechs Schuhe lang, und acht Zoll im Durchschnitt. 3) Stehen die aus gantzem eichenen Holtze gemachte Stangen an der Wand, und werden mit Heb-Latten gehoben. 4) Ist zu jeder Seite ein Perpendicul befindlich, welche einen egalen und langsamen Lauf verursachen. 5) Wird, wie gleich zu Merseburg, ein schwerer Kasten voll Steine ausserhalb des Schlosses, durch einen Zug zum Fenster hinein, von der Maschine sehr hoch hinauf gewunden und gezogen. 6) Ist aller Zweiffel eines äusserlichen Zugs nunmehro augenscheinlich benommen. Dieses neue Perpetuum mobile um desto unwidersprechlicher [543] zu machen, so that der Herr Orffyreus bey dem Herrn Land-Grafen Carl um ein Attestat Ansuchung, so ihm auch unter beygedrucktem Siegel den 27 May 1718 ausgefertiget wurde, des Innhalts, daß gedachtes Perpetuum mobile weder von einer äusserlichen Gewalt und Hülffe, noch viel weniger aber von etwan einigem innerlichen aufzühenden Uhr- Feder- oder Räder-Werck beschuldigten Falls dependire, vielmehr vermöge fast unzähliger gelehrter Vorschrifften, wie nemlich ein auszufindendes Perpetuum mobile beschaffen seyn solle, ein pure artificiale, quoad durantem materiam perpetuum, und ein solches selbstlauffendes Rad sey, welches von seiner innerlichen, eigenen, künstlichen Beweguns-Krafft, so lange lauffen könne, als an dessen Structur nichts ruiniret wird. Zu wessen mehrerm Beweiß Ihro Durchl. die Probe zu zweyen mahlen selbst in hoher Person hievon genommen, und daher den 12 November 1717 die Maschine verschlüssen, versiegeln, und einen halben Monat lang beständig hätte lauffen lassen; worauf sie sich in eigner Person nebst einigen Ministern den 27 November dahin begeben, die Siegel unversehrt, und die Maschine noch in ihrem alten Motu befunden, die sie mit eigenen Händen aufgehalten, aber auch ohne starcken Stoß, sonder Concurrentz des Erfinders, wiederum in Gang gebracht, und hierauf zu desto mehrerer Präcaution die Fenster und alles übrige sorgfältigst verwahren, auch die im Eingange des Zimmers befindliche Thüren in Dero und der Minister Gegenwart verschlüssen und versiegeln lassen. In welchem Stande sie bis auf den 4 Januarii 1718, und fast 6 Wochen lang, geblieben, da sich Ihro Durchl. vom neuen dahin begeben, Schloß, Siegel und alle Verwahrnisse wohl recognosciret, und alles unversehrt angetroffen, da inzwischen das perpetuum mobile seinen ununterbrochenen motum von neuen angezeiget hätte. Den Nutzen betreffende, so habe sich solcher auch unterschiedlich, theils durch den aufgezogenen Kasten mit Steinen, theils mit den Wasserstampen aus gantzem Holtze, insonderheit aber bey der letzt angelegten ziemlich grossen Wasser-Schnecke, wider Verhoffen verwunderlich gezeiget. Und zweiffelten Ihro Durchl. nicht, daß, wenn künfftighin angeregtes perpetuum mobile nach der Vernegotiirung an Orten und Enden, wo mehr Raum, als in Zimmern vorhanden, auch sodann mit Zuziehung mehrerer Gehülffen, und mit weniger Besorgniß grösser und stärcker erbauet würde, solches sodann auch eine weit grössere Force leisten, und zu vielen Uhr- Mühl- Wasser- Berg und andern Wercken sehr ersprießlich seyn würde. Dieses alles desto mehr zu bekräfftigen, hätten Ihro Durchl. auf Ansuchen des Inventors dieses Attestat unter Dero eigenhändigen Unterschrifft und angefügten grösseren Insiegel mit reiffem Bedacht, selbigem ausgefertiget, jedermänniglich ersuchende, Dero Unterthanen aber ernstlich befehlende, ihn, Orffyreum, wegen dieses noch nie bekannt gewesenen Inventi, mit keiner dergleichen Imputation belegen zu lassen, sondern selbigem alle Protection und Beförderung zu ertheilen: Welches Ihro [544] Durchl. zu verschulden, und in Gnade zu erkennen geneigt seyn. Breßlauer Natur- und Medicin-Geschichte[7] IV. Vers. p. 1122. u. ff. Bey dem Ruff und Streit über das Orffyreische perpetuum mobile bekam der obgelobte Herr Gärtner von Königl. Majestät in Pohlen einen Befehl, einige sich selbst bewegende und umdrehende Maschinen zu verfertigen, deren Lauff und Bewegung man zwar von aussen, aber nicht die Ursache, wie es damit zugienge, wahrnehmen könnte. Hierauf nahm der Herr Gärtner die Sache alsbald vor, und verfertigte 1) eine Maschine, woran eine Kugel zu sehen, welche herum läufft, und dadurch ein Rad, so etwas heben kan, herum treibt, hierauf wieder, wie zuvor in einen beweglichen Waagbalcken fällt, und sich damit in die Höhe schwenckt, solcher gestalt auch wieder fortlaufft; Und ist hierbey zu verwundern, daß man das, was an dieser Maschine beweglich ist, alles davon abheben, die Kugel, den Waagbalcken genau besehen, und doch nicht wissen oder begreiffen kan, wo die Bewegung herkomme, so bald aber diese Stücke [8] wieder aufgeleget werden, so gehet es von neuen wieder, wie vorhin. Die 2) Maschine hat 17 Kugeln, welche herum lauffen, und durch eine Schnecke sichtbarlich in die Höhe steigen, alsdenn aber auf ein überschlächtig mit der Schnecke herum gehendes Rad fallen, welches Rad wiederum allerley in die Höhe hebt; von diesem Rade lauffen die Kugeln wieder in die Schnecke und so fortan. Zu bemercken ist, daß man an dieser Maschine, eben wie an der vorigen, alles, was daran beweglich ist, als alle 17 Kugeln, samt der Schnecke und dem Rade abnehmen kan, so bald mans aber wieder darauf leget, so gehets wieder, wie zuvor. Ob dieserley Kugel-Maschinen einige Verwandniß haben mit der, so in dem Sejour de Paris, oder Einleitung von der Reiß- und Auffenthalt in Paris, c. 19. p 146 folgendermassen beschrieben wird. „Auf dem Foire zu Paris hatte einer das perpetuum mobile: es bestund in einer Kugel, welche in einer gewissen Maschine von Stahl-Drat gemachet, umherlieff, und wenn sie auf den Boden kam, so war eine Feder, welche sie wieder in die Höhe warff, und das gieng so continuirlich:“ solches können wir wohl so genau nicht sagen, weil uns von den beyderseitigen Maschinen nichts zu Gesichte kommen. Inzwischen muste diese seine beyde Maschinen der Herr Gärtner aufs Schloß liefern, woselbst sie über ein gantzes Jahr lang in einem gewissen Zimmer verschlossen gehalten worden. Doch es verfertigte hierauf der Herr Gärtner 3) noch eine Maschine, welche sonderlich im Monat Junio 1718 zur Perfection kam, und darinnen bestand: Sie ist in Form eines Mühlen- oder ordinairen umlauffender Schleiffsteins (der so hart, daß man Feuer darauf schlagen kan) gemacht. Dieser Schleiffstein stehet auf einem freyen Gestelle, daß man ihn ausheben, und wo man will, nach Gefallen fortsetzen kan. Er laufft nicht allein, krafft der inwendig angebrachten Kunst, lincks, und rechts, laut und stille, geschwinde und langsam, so wie man es haben will, in seinem Gestelle herum, sondern man kan ihn auch von einem Ort zum andern tragen und versetzen, da er denn im [545] immerwährenden Wegtragen in seinem Lauffe, ob er gleich vor oder hinterwärts hänget, doch fortlauft, es wäre denn, daß er mit einer grösseren Gewalt aufgehalten würde, wie solches alles, da er von des Herrn Inventors Wohnung nach dem Schloß getragen wurde, der Augenschein zu vieler Menschen Verwunderung auswieß. Selbst auch, da man ihn nach diesem aus seinem Lager, oder den Fuß, worauf er mit seiner Achse gelegen, ausgehoben, hat er sich obgedachter massen noch in denen Händen so starck herum gedrehet, daß jedermann sich über die darinnen verborgene und fast übernatürliche Bewegungs-Krafft hat verwundern müssen. Was aber ferner bey dieser Maschine zu bemercken, ist dieses, daß der Herr Inventor noch andere Maschinen und Räder, welche weit davon in andern Zimmern gestanden, dabey angebracht, welche hernach, ob sie gleich auf freyem Platze etliche hundert Schritte davon gewesen, dennoch durch den Schleiffstein dergestalt beweget, und umgetrieben worden, daß sie auch unterschiedliche davon applicirte Hammer- Poch und Dresch-Wercke haben heben, und dabey Wasser und Steine, von aussen auf hohe Bau-Gerüste, wie auch andere schwere Dinge mehr nach Proportion des Steins Grösse (eben wie sonst mit einem andern Rade, welches durch äusserliche Gewalt umgetrieben wird, geschiehet) in die Höhe haben zühen können. Dieses alles haben Ihro Königl. Majestät in Gegenwart vieler Dero hohen Minister, erfahrner Architectorum und Mechanicorum in hohen Augenschein genommen, u. auch diese Maschine aufs Schloß bringen lassen: Die aber nebst den ersten beyden der König bey Sr. Majestät Abreise nach Pohlen, dem Herrn Inventor wieder zustellen und in Verwahrung geben ließ, eines theils, damit kein Schade daran geschehen möchte, u. dann auch, damit sie jederzeit zum Modell dienen könnten, wenn etwan dergleichen Inventionen von andern hervor gebracht würden, daß man zwischen diesen und des Herrn Inventors seinen den Unterscheid alsbald bemercken könne. Da auch Ihro Majestät den Herrn Gärtner fragten: Ob diese Maschinen auch ins Grosse gebracht werden könnten? So antwortete er: Daß er allerdings solche vielfältig mahl vergrössern, stärcker und besser machen, auch in eine andere Figur, und Gestalt, als diese gegenwärtige wären, bringen könnte. Breßlauer Natur- und Medicin-Geschichte IV Vers. p. 1260 u. ff. Doch diesem allen ungeachtet, so bleibet gleichwohl der Herr Gärtner dabey, daß kein perpetuum mobile von Menschen Händen bisher wäre gemacht worden: Welcher Meynung er sich so gewiß hält, daß er unterschiedene considerable Wetten angeschlagen; wie man hiervon sowohl als auch von andern vorgebenenen Perpetuis Mobilibus in obangezogenen Breßlauer Natur- und Medicin-Geschichten, VII, Vers. p. 118, VIII Vers. p. 749 u. f. XXIII Vers. p. 582 u. ff. XXVI Vers. p. 453, XXIII Vers. p. 11 u ff. XXXVIII Vers. p. 496 und 594 ff. mehrere Nachricht lesen kan. |
Anmerkungen (Wikisource)
Bearbeiten- ↑ Schottus, Gasparus: Technica curiosa, sive mirabilia artis. Norimbergae: Endter, Hertz, 1664
- ↑ Lanis, Franciscus Tertius de: Magisterium Naturae, Et Artis. Brixiæ, Parmæ: Riccardus, Oleus, 1684
- ↑ Sturm, Leonhard Christoph: Kurtzer Begriff Der gesamten Mathesis. Franckfurt an der Oder: Schrey und Hartmann 1710
- ↑ Lorini, Bonaiutus: Sechs unterschiedliche Bücher. Von Vestung Bawen… Auß Italianischer/ in die Hochteutsche Sprach ubergesetzet… Angirt und corrigirt durch D. W…. Franckfurt am Mayn: Fietzer, 1638
- ↑ →Simon Stevin; ADB:Stevin, Simon
- ↑ Im Original: Droffe
- ↑ Sammlung von Natur- und Medicin- wie auch hierzu gehörigen Kunst- und Literatur-Geschichten sich von 1717-26 in Schlesien und anderen Orten begeben ... . Erfurt: Jungnicol 1718-1726
- ↑ Im Original: Sücke