Zedler:Novogorod, (Welicki)

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NOVOGRADIENSIS COMITATUS

Band: 24 (1740), Spalte: 1541–1542. (Scan)

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Novogorod, (Welicki) Lat. Novogardia magna, von den Deutschen Neugard, oder Neugarten und Groß-Neugarten genannt, eine grosse Stadt in West-Rußland, ist der vornehmste Ort in einem Fürstenthum gleiches Namens, und ein Ertz-Bischöfflicher Sitz. Sie liegt auf einer grossen Ebene an dem Flusse Wolkow oder Volga, welcher aus dem See Ilmen, so der schönste in gantz Europa ist, ohngefehr eine Meile über der Stadt heraus kömmt, durch den See Ladoga hindurch gehet, und bey Noteburg und dem Finnländischen Meer-Busen in die Ost-See fällt. Dieser Fluß, welcher sich daselbst mit dem Strom Occa vereiniget, ist die vornehmste Ursache des Reichthums und der gröste dieser Stadt, indem er fast von seiner Quelle an, bis in die Ost-See schiffbar ist. Eben dieses hat den Ort zur vornehmsten Handels-Stadt in der gantzen nordlichen Gegend gemacht, wie er denn insgemein das grosse Magazin genennet wird, weil ale Waaren aus dem Orient und Occident, sonderlich die Moscowitische Juchten ihre Niederlage daselbst haben, daher er auch von den Liefländern, Dänen, Schweden, Deutschen und Holländern grossen Zuspruch hat. Vorzeiten hatte diese Stadt grosse Vorrechte unter einem eignen Fürsten, welchem der Czaar von Moscau nichts zu befehlen hatte, und war reich und mächtig, daß man im Sprichwort zu sagen pflegte: Wer kan sich GOtt und der grossen Stadt Novogrod widersetzen? Man verglich sie auch in Ansehung ihrer Grösse mit Rom. Anietzo aber ist sie nicht mehr so groß als sie gewesen; wiewol die Anzahl ihrer Thürme von weiten eine grosse Parade machet; gestalt ausser den Kirchen 70 Clöster und 16000 Häuser darinnen sind, von welchen letztern aber im Jahr 1727 mehr als die Helfte abgebrannt sind. Die Gebäude sind nach der Rußischen Art alle von Holtz. Vitoldus, Groß-Hertzog von Litthauen, war der erste, welcher 1427 diese Stadt einen Tribut von 200000 Cronen zu zahlen nöthigte. Im Jahr 1477 bemeisterte sich derselben der Rußische Groß-Fürst, Johann Basilowitz, und setzte einen Gouverneur dahin. Eine Zeitlang hernach kam er in Person, plünderte die Stadt, und führte 300 mit Gold, Silber, Edelgesteinen, auch andern kostbaren Gütern beladene Wagen mit sich zurück nach Moscau, wohin er zugleich alle Einwohner von Novogrod brachte, und hingegen die Stadt wieder mit Russen besetzte. Im Jahr 1569 ließ der Groß-Fürst, Johann Basilowitz aus einem blossen ungegründeten Argwohn, als wenn die Einwohner dieses Orts wider ihn zu rebelliren gedächten, 2770 Personen von ihnen theils todt schlagen, theils in den Fluß schmeissen, wobey auch eine grosse Menge Menschen durch eine Parthey von seiner in die Stadt gelassenen Reuterey zertreten wurde. Nachdem er die reiche Kirche St. Sophie geplündert, und alle Schätze aus den andern Kirchen genommen hatte, plünderte er auch den Ertz-Bischöfflichen Pallast, ließ darauf den Ertz-Bischoff auf ein weiß Pferd setzen, ihm eine Fiedel [1542] um seinen Halß binden, mit einer Flöte in der Hand, und brachte ihn in solcher Positur mit nach Moscau, allwo er von diesem schimpfflichen Tractament erlöset wurde. Die Aebte und Mönche wurden alle entweder in Stücken zerhauen oder ersäufft. Im Jahr 1611 wurde diese Stadt von den Schweden durch den General Pontus de la Gardie mit 5000 Mann stürmender Hand erobert, worüber die Russen dergestalt erstauneten, daß sie in ihre Litaney diese Zeile setzeten: vor Pontus de la Gardie behüt uns lieber HErre GOtt; iedoch im Jahr 1634 ward er den Russen wiederum abgetreten. Im Jahr 1664 war sie sehr volckreich, und ein guter Handels-Ort mit einer höltzernen Mauer umgeben, mit guter Ammunition und allen nothwendigen Stücken versehen. Allhier wurde vor Alters ein Götzen-Bild angebetet, welches einen Menschen vorstellte, so einen Donnerkeil in der Hand hatte, und auf ihre Sprache Perun oder Donner genennet wurde, in dessen Tempel die Priester bey Lebens-Straffe verpflichtet waren, ein stetiges Feuer von Eichen-Holtz zu halten. Nahe bey der Stadt lieget das Closter St. Anton, welches dem Heiligen dieses Namens zu Ehren erbauet worden, als welcher von Rom bis dahin auf einem Mühlsteine soll geschwommen seyn. Jenseit des Flusses lieget das Schloß, welches sehr veste ist, und auf dem der Rußische Gouverneur und Ertz-Bischoff residiren. Novogorod liegt 150 Deutsche Meilen nord-wärts von Moscau, 46 ost-wärts von Pleskow, und 40 süd-ostwärts von Narva. Olearii Pers. Reise-Beschreib. p. 12. Verändertes Rußland.