Zedler:Mustheil, Muß-Theil oder Hof-Speise

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Band: 22 (1739), Spalte: 1563–1565. (Scan)

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Mustheil, Muß-Theil oder Hof-Speise, Lat. Comestibilia oder Cibaria Domestica, ist ein Stücke der Fräulichen Gerechtigkeit einer Adelichen Wittwe, so in der Helffte aller gehofften bey Absterben des Mannes in seinem Hofe oder Behausung gewesenen und nach dem dreyßigsten Tage [1564] übrigen Speise bestehet. Und hat den Namen Muß-Theil davon, weil solche Stücke des Mannes Erben mit der Frauen theilen müssen. Es hat aber solches Mustheil die Frau aus einem jeglichen Hofe ihres Mannes, Land-Recht Lid. I. Art. 22. und 24. und von allem, auch dem auf viele Jahre vorhandenen Vorrathe, Const. El. 36. P. 3. ingleichen was sie davon zu Besäung der Felder anwendet, wieder zu fordern, Const. 32. P. 3. Hingegen gehöret dasjenige, was erst nach dem dreyßigsten einkommt, nicht darzu, Const. 34. P. 3. Auch ist Gersten, Hopffen und Heidekorn, Const. 35. P. 3. desgleichen Wicken, so keine Speisen vor Menschen, darzu nicht zu rechnen. Die Stücke aber, so darzu gehören sind:

Bier, Bohnen, Butter.
Erbsen, Essende Waare.
Fische, gesaltzen und ungesaltzen, als Karpffen, Hechte, Heringe, u. s. w. Was davon vor die Haushaltung in Kasten, Reussen und Hältern gestanden, nicht aber die in Teichen.
Flachs, dafern er nach des Mannes Tode annoch auf dem Felde stehet; denn wenn er gehauen oder geschnitten, ob er gleich noch nicht geröstet oder gehechelt, so gehöret er zur Gerade. Welches auch von dem Hanff und Leine zu verstehen.
Fleisch, geräuchert, gesaltzen und ungesaltzen.
Gemang von allerhand Getrayde.
Geträncke.
Getrayde, gedroschen oder nicht, wenn es nur bey des Mannes Leb-Zeiten in die Scheune oder auf den Boden gebracht ist.
Graupen, Grütze.
Hanff, Hirse, Honig.
Käse, Kofent, Korn, Korn-Pächte.
Lein, Linsen.
Maltz, Mast-Schweine, Meet, Mohn, Most.
Quarck.
Rocken, Rübe-Saamen.
Saltz, Schincken, Schmaltz, Schmeer, Speck, Speck-Seiten.
Speisen alle gehofte oder Hof-Speise.
Unschlit.
Wein, so bey Lebzeiten des Ehemanns in den Keller gebracht worden.
Weitzen, Würste.
Zinsen von Getrayde.

Und überhaupt aller gemüßlicher Haus- und Vorrath im Hause, zum Essen und Trincken dienlich, und eben darzu geschaffet, so wie es in allen Häusern und Höfen des Verstorbenen nach seinem Tode vor dem dreyßigsten gefunden wird. Hingegen sind, wie zum Theil oben gemeldet, Saamen-Getrayde, Fische in Teichen, Gersten, Hafer, Heide-Korn, Hopffen, Wicken, und alles Getrayde im Felde, ingleichen Heu, Grummet, Stroh, Spreu oder Uberkehr, davon ausgeschlossen, und gehören nicht zum Mustheil, sondern zum Erbe. Doch darff sich die Adeliche Wittwe dieser Hof-Speise nicht vor sich allein anmassen; sondern sie muß selbige von denen Erben fordern und erwarten, auch solches Mus-Theil binnen Jahr und Tag fordern, angesehen sonst bey dessen Unterlassung dergleichen Forderung nach Sachsen-Rechte verjähret [1565] wird. So kan auch die Frau von einem beschuldeten Manne dasselbe weder auf den Fall, da er in Abgang der Nahrung geräth, oder sonst herunter kommt, noch auch nach seinem Tode fordern. Erl. Proceß-Ordn. tit. 43. §. 4. Es wäre ihr denn davor eine gewisse Post verschrieben und verpfändet. Dec. 72. Besiehe hierbey Coler de Aliment. Lib. I. c. 11. Cling in Comment. ad Inst. de Haered. quae ab intest. defer. c. de Success. Saxon. n. 7. Joachim von Beust in Tr. de Matrim. P. II. c. ult. Conr. Lag. in Math. Jur. Civ. & Saxon. Lib. III. c. 4. Moller Lib. III. Semestr. c. 24 Wesenbec in Paratitl. I. de alim. vel cibar. leg. in fin. Rotschütz de Dotalitio art. 16. u. f. ingleichen in Tract. von Mitgift, Gerade, Mustheil u. s. w. art. 18. Pfeil Consil. 130. n. 4. ingleichen Rudinger Cent. III. Obs. 74. Wehner in Observ. Pract. Lit. M. p. 370 u. f. Besold in Thes. Pract. h. v. und Contin. eod. n. 74. Speidel in Notabil. h. v. n. 140. und in Bibl. Jurid. Vol. II. h. v. p. 401. und andere.