Zedler:Morez, (N. Doxat v.)

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Band: 21 (1739), Spalte: 1626–1628. (Scan)

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Morez, (N. Doxat v.) Kayserl. General-Feld-Wachtmeister. Er war ein gebohrner Schweitzer aus dem Canton Bern gebürtig, allwo er auch ein Gut gehabt. Er ist 38 Jahr als Ingenieur in Kays. Diensten gestanden, und hat allezeit viel Ehre und Ruhm erworben. Bey der im Jahr 1716 von den Kayserlichen vorgenommenen Belagerung hat er durch seine Geschicklichkeit viel zu der geschwinden Eroberung dieser Festung beygetragen, auch sich dabey vieler Gefahr ausgesetzt. Sein gantzer Leib ist voller Narben gewesen. Das rechte Knie war ihm entzwey geschossen, die lincke Schulter gequetschet, und die lincke Hüffte gantz und gar weggeschossen. Einigen Nachrichten nach, soll er sonderlich an dem Grafen von Mercy, der im Jahr 1734 in Italien geblieben, einen grossen Gönner gehabt haben, auch durch dessen Vorspruch in Qualität eines Ingenieur-Lieutenants [1627] in Kayserl. Dienste gekommen, und in solchen von einer Bedienung zur andern befördert worden seyn, bis er endlich 1733 General-Feldwachtmeister worden. Der Kayser brauchte ihn nachgehends zu verschiedenen Verrichtungen. Er ließ nicht nur durch ihn die Befestigungs-Wercke zu Wien, Belgrad u. a. Orten besichtigen und ausbessern, sondern schickte ihn auch im J. 1734 in die Schweitz, um einige Geld-Summen vor ihn da selbst zu negotiiren, worinnen er auch glücklich war. Im Jahr 1737 wohnte er unter dem Grafen von Seckendorf dem eröfneten Feld-Zuge in Hungarn wider die Türcken bey, stunde auch bey der Armee in solchem Ansehen, daß ihm im Sept. ermeldten Jahrs an des kranck gewordenen Generals von Leutrum das Commando in der neueroberten Türckischen Festung Nissa anvertrauet; er auch zu gleicher Zeit zum General-Feldmarschall-Lieutenant erkläret, aber wegen seines bald darauf erfolgten Arrests in solcher Qualität bey der Armee niemahls erkannt worden. Die Ursache seines Arrests war diese: Es langten die Türcken den 16 Oct. erwehnten 1737 Jahrs mit einer starcken Armee vor der Festung Nissa an, und forderten solche auf. Weil er sich nun zu schwach hielte Widerstand zu thun, auch auf keinen Entsatz hoffen durfte, übergab er sogleich die Festung ohn Schwerdt-Streich mit Acrord. Allein er ward dieserhalben nicht nur sogleich bey seiner Ankunfft zu Belgrad nebst allen andern unter seinem Comando zu Nissa gestandenen Officiers in Verhaft genommen, sondern auch über sie sämtlich unter den Vorsitz des Generals, Jacob Heinr. von Suckow Kriegs-Recht gehalten; da denn das Urtheil dem General Doxat den Kopf, dem Obristen v. Humbrecht, Commend: des Max-Heßischen Regimente, den ehrlichen Nahmen, und verschiedenen andern hohen Kriegs-Bedienten die fernern Dienste abgesprochen. Es hieß in dem eröfneten Urtel, so viel mehrgedachten General anbetraf, also: Weil er den 16 Oct. 1737 ohne erwarteten Angriff, und gethane Gegenwehr, auch ohne Noth und blos auf feindliche Bedrohungen, die seinem Commando anvertraut gewesene Gräntz-Festung Nissa an den Erbfeind Christl. Nahmens übergeben, folglich dadurch gegen seine Ehre, Pflicht und Gewissen gehandelt, ingleichen I. Kays. u. Cathol. Majestät, nebst der gantzen Christenheit einen merckl. Schaden und Nachtheil, den Kayserl. Waffen einen ungleichen Nachruhm zugezogen: als soll erwehnter Gen. Doxat de Morez durch das Schwerdt vom Leben zum Tode hingerichtet, von seinem hinterlassenem Vermögen aber 2 Drittheile der aufgelauffenen Kriegsrechts-Unkosten bezahlet, der Uberrest aber für das, was in Nissa an Mund- und Kriegs-Provision zurück gelassen worden und verlohren gegangen, der Kays. Schatz-Kammer gut gethan werden. Den 17 Mertz 1738 brachte man ihn in die grosse Alex. Casern, wo das versammlete Kriegs-Recht in dem grossen Saal seiner wartete, da ihm denn das von I. Kayserl. Maj. bestätigte Urtheil publiciret worden. Und als der Stab gebrochen, u. ihm vor die Füsse geworffen worden, ward er aus dem Saale durch 20 Grenadier mit aufgesteckten Bajonetten wieder in sein Quartier begleitet. Der Bischof zu Belgrad und andere [1628] Geistliche besuchten ihn fleißig. Den letzten Abend vor seiner Hinrichtung aß und tranck er, wie gewöhnlich, schlief auch die gantze Nacht hindurch. Als man ihn des Morgens aufweckte, war er gutes Muths. Er verlangte, daß man ihm seinen Thee machen solte, weil es bald Zeit zur Execution seyn würde. Wie darauf der Stadt-Lieutenant zu ihm kam, und ihm meldete, daß alles bereit sey, sprach er zu ihm: er wolle nur noch ein wenig beten; worauf er bey einem Sessel niederkniete und seine Andacht verrichtete. Als er wieder aufgestanden, umarmte er den Lietenant von der Wache, der die Nacht, bis er eingeschlafen, bey ihm geblieben, bedankte sich für seine Bemühung, nahm seine göldene Hemden-Knöpfgen, und überreichte sie ihm mit den Worten: "Er könte ihm, da er über nichts mehr Herr sey, sonst nichts geben, er mögte selbige zu seinem Andencken tragen". Nachdem er hierauf von seinen Hause Abschied genommen, stieg er den 20 Mertz mit seinem Cammer-Diener in eine offene Chaise. Es war früh um 7 Uhr, als ihn die Wache auf den in der Raitzen-Stadt, ohnweit der obgedachten Caserne zur Execution bestimmten Platz brachte, wo 480 Mann zu Fuß und 200 Cüraßierer in Parade stunden, die sogleich mit ihm den Creyß schlossen. Er setzte sich auf den vor ihm dazu verschaften mit schwartzen Tuch überzogenen, und auf einen ausgebreitetem gleichfalls schwartzem Tuche stehenden Sessel, allwo ihm nochmahls das Urtheil vorgelesen wurde. Sein Cammer-Diener nahm ihm hierauf die Peruque und den Mantel ab, und zog ihm sein Kleid aus, öffnete ihm die Hals-Binde, sezte ihm eine Schlaf-Mütze auf, verband ihm die Augen. Er fieng darauf an zu beten: O grosser GOtt! du hast mir allezeit beygestanden, stehe mir auch in diesem Augenblick bey, und vergib mir meine Sünde durch das Verdienst und Leyden JEsu. Der Scharffrichter versetzte ihm sodann einen unglückl. Streich, der zu tief in die Schultern gieng, worüber er vom Stuhle fiel, ohne jedoch im geringsten zu schreyen, worauf ihm erst auf der Erden mit dem 4ten Streiche der Kopf abgeschlagen wurde. Seine Bedienten legten ihn hierauf in den Sarg, und truugen ihn etl. Schritte zu dem Grabe auf dem grossen Platze bey gedachten Casernen, allwo er in den gleichfalls von ihm selbst angeschafften schwartzen Sarg gelegt, und samt dem schwartzen Tuch und Sessel eingescharret wurde. Die meisten Nachrichten haben versichert, daß er bis an seinen Todt behauptet habe: "GOtt sey sein Zeuge, daß er die Festung Nissa nicht aus Zaghafftigkeit, sondern aus guter Meynung übergeben habe, um den Kayser dadurch 6 Bataillons zu ersparen". Er soll auch, als er nach dem Richtplatze geführet worden, seufzend gesprochen haben: O! Forteresse, je t' ai batie, & maintenant tum' otes la vie. d.i. O! du Festung, ich habe dich gebauet, und du nimmst mir ietzo das Leben. Man hat übrigens sein Vermögen auf 30000 Fl. geschätzet. Ranfts Geneal. Archiv. XLIII Theil, p. 148 u. ff.