Zedler:Müntzer, oder Münzer (Thomas)


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Müntzer (Valentin)

Band: 22 (1739), Spalte: 536–539. (Scan)

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Müntzer, oder Münzer (Thomas) einer der vornehmsten Anabaptisten in dem 16 Jahrhundert, gebürtig aus der Grafschafft Stollberg.

Nachdem er zu Braunschweig gelehret, befand er sich gleich anfangs unter denen, welche zu Zwickau 1522 Unruhe anrichteten, und mit der Lehre Luthers nicht zufrieden waren. Das Haupt dieser Leute war Nicolaus Storch, dem sich Martin Cellarius, Marcus Stübner, und dieser Thomas Müntzer beyfügten. Dieser zwar that solches auch zu Altstädt in Thüringen, woselbst er Pastor war, und nicht allein seine Irrthümer ausbreitete, sondern auch die Unterthanen hin und wieder zum Ungehorsam wider ihre Obrigkeit anstifftete, wann sie sonderlich nicht haben wolten, daß sie des Müntzers Predigten besuchen solten; über dieses auch nahe dabey zu Mollerbach die Bilder aus der Kirche nahm, und die Kirche verbrandte.

[537] Endlich wolte der Churfürst von Sachsen, Friedrich, und der Hertzog Johann dieses Unwesen nicht länger in ihrem Lande erleiden; dannenhero er den 1 Aug. 1524 nach Weimar citirt wurde, um von seinem Beginnen Rechenschafft zu geben, da er zwar unterschiedenes, so ihm vorgehalten wurde, leugnete, doch aber endlich gestehen muste, daß er einem und dem andern den Rath gegeben, sich wider ihre Herren zu verbinden, wenn selbige ihnen nicht verstatten wolten, ihn zu hören, oder seine Lehre anzunehmen. Zur selbigen Zeit beklagten sich auch die Abgesandten des Hertzogs Georgens von Sachsen über ihn, daß er aufrührische Briefe nach Sangerhausen solte geschrieben haben, worauf denn beschlossen wurde, dem Amtmann und Rath zu befehlen, diesen Mann fortzuschaffen. Er aber hatte sich schon vorhero aus dem Staube gemacht.

Da er nun das Land räumen müssen, kam er unter andern nach Nürnberg, in Hoffnung, sich daselbst feste zu setzen, muste aber auch diesen Ort bald wieder verlassen, indem ihn die Obrigkeit daselbst nicht dulten wolte, und also kam er wieder nach Thüringen, woselbst er hin und wieder mit seinem predigen die Leute eingenommen hatte, und fand insonderheit zu Mühlhausen unter dem Pöbel einen Anhang, daß er auch wider des Raths Willen zum Prediger daselbst verordnet wurde. Da ließ er sich nun recht heraus, und erfüllte die gantze Stadt mit lauter Unruhe; dann auf sein Anstifften wurden die Mönche ausgetrieben, der alte Rath abgesetzt, und ein neuer verordnet, welcher gantz von Müntzern dependirte; die Clöster wurden geplündert, und sonst viel Unfug daselbst verübet. Er fieng auch an, hieselbst die Gemeinschafft der Güter einzuführen, dahero die Armen mit Gewalt den Reichen hinweg nahmen, was sie wolten.

Nun kam dazu, daß in diesem Jahr 1525 auch die Bauren die Waffen in Schwaben ergriffen. Hierdurch bekam nun Müntzer erstlich einen rechten Muth, dahero er das Volck, so sich von dem Lande einfand, zu sich zog, und sich zu einem Kriege rüstete. Nicht weniger wurde er von einem, Namens Pfeiffer, der vorhero ein Münch aus dem Prämonstratenser-Orden gewesen, und gleichfalls durch begehrte göttliche Offenbahrungen und Träume die Leute zu betrügen suchte, in seinem gottlosen Wesen gestärcket. Derselbe fiel mit seinen Anhängern in das Eißfeldische, raubte und plünderte was ihm vorkam, und brachte unterschiedene Gefangene zurück.

Dieses ermunterte Müntzern, daß er an die Bergleute im Mansfeldischen, davon einige seine Zuhörer in Altstädt gewesen, schrieb, und sie ermahnte, daß sie zu ihm stossen solten. Er selbst begab sich mit 300 seiner Anhänger nach Franckenhausen in das Schwartzburgische, woselbst die aufrührischen Bauren, die aus dem Mansfeldischen verjagt waren, sich zusammen gezogen, und ihr Lager aufgeschlagen hatten. Diese waren schon darinn begriffen, sich mit dem Grafen von Mansfeld, der sie geschlagen hatte, wieder auszusöhnen und zum Gehorsam zu begeben. Als aber Müntzer bey ihnen ankam, wurden sie von ihm bald auf andre Gedancken gebracht, so daß sie in ihrem Ungehorsam fortfuhren, und den Grafen Albrechten selbst in einem Schreiben, so sie an ihn abgelassen, [538] auf das schimpfflichste tractirten.

Unterdessen kam Philipp Landgraf von Hessen, der Churfürst Joh. und Hertzog Georg von Sachsen, ingleichen Hertzog Heinrich von Braunschweig mit ihren Völckern an, um endlich dem Muthwillen dieser Leute mit Gewalt ein Ende zu machen. Die Aufrührer hatten zwar um ihr Lager eine Wagenburg geschlagen, waren aber mit Gewehr sehr schlecht versehen, und in Kriegs-Sachen nicht geübt. Dahero als sie sahen, daß es dem Fürsten ein rechter Ernst, geriethen sie in grosse Furcht, und gaben zu verstehen, daß sie gelindere Saiten aufziehen wolten. Den Fürsten jammerte auch dieses Volck; demnach liessen sie ihnen wissen, wenn sie nur Müntzern und die andern Rädelsführer lebendig heraus geben wolten, solte ihnen Gnade wiederfahren. Da trat Müntzer auf, und hielt an seine Leute eine lange Rede, darinnen er sie zur Beständigkeit ermahnte, ihnen eine wunderbare Hülffe von GOtt versprach, auch dabey die Fürsten hefftig durchzog, um ihre Gemüther wider dieselbigen zu erbittern.

Weil nun zur selbigen Zeit ein Regen-Bogen an dem Himmel gesehen wurde, welches Zeichen sie auch in ihren Fahnen hatten, wuste Müntzer sich meisterlich dieser Sache zu bedienen, und den Leuten weiß zu machen, daß solches ein Zeichen unfehlbarer göttlicher Hülffe wäre, weswegen sie auch alle, Komm heiliger Geist, HErre GOtt! zu singen angefangen. Weil nun die von den Fürsten gethane Vorschläge nicht angenommen wurden, und Müntzer noch dazu wider alles Recht und Billigkeit einen Edel-Knaben, Namens Matern von Gehoffen, welchen die Fürsten an die Bauren gesandt, hatte tödten lassen, wurden jene dadurch sehr erbittert. Hierauf geschahe den 15 Maj. gedachten Jahres der Angriff, und wurde das Geschütze auf die Bauren gelöset, die auf die von Müntzern versprochene Hülffe vergeblich warteten. Die Soldaten drungen in die Wagenburg, und als die Bauren die Flucht gaben, wurden ihrer viele von den Reutern eingeholet, so, daß ihrer bey 5000 oder wie andere wollen, 7000 auf der Wahlstatt blieben.

Müntzer war nach Franckenhausen geflohen, woselbst er, nachdem man diese Stadt eingenommen, in dem Hause nahe bey der Pforte in einem Bette liegend, von einem Soldaten, der ungefehr eine Tasche mit Briefen bey seinem Bette fand, entdecket, alsobald gefangen genommen, und zu Hertzog Georgen von Sachsen, und Philippen dem Landgrafen von Hessen geführet wurde. Man fragte ihn, warum er so viel arme Leute verführet hätte, worauf er antwortete, er hätte nichts unrechtes gethan, man müste der Obrigkeit mit Gewalt begegnen, welche die Lehre des Evangelii nicht leiden wolten. Der Landgraf zeigte hierauf aus der Schrifft, daß man der Obrigkeit gehorchen, und sie in Ehren halten solte, ingleichen daß aller Aufruhr unrecht und von GOtt verboten, es auch den Christen nicht geziemete, sich selbst zu rächen; worauf Müntzer stille schwieg, und auf die Tortur gebracht wurde. Als er nun wegen der Schmertzen überlaut schrye, sagte der Hertzog von Sachsen zu ihm: Du wirst nun zwar gemartert, aber gedencke, wie viel arme Menschen um deinetwillen heute um das Leben gekommen sind; worauf Müntzer überlaut zu lachen anfieng, und [539] sagte, wolten sie es doch so haben. Nachgehends wurde er nach Heldrungen gebracht, und daselbst aufs neue gemartert, daß er den rechten Endzweck seines Beginnens entdecken, und diejenigen, so an dieser Empörung mit Schuld gewesen, anzeigen solte.

Endlich führte man ihn in das Lager bey Mühlhausen, woselbst er enthauptet, und sein Haupt auf einem Pfahl gestecket wurde. Als man ihm zum Tode führte, war er so verzagt und erschrocken, daß er auch das Apostolische Glaubens-Bekänntniß nicht allein beten konte, dahero ihm Hertzog Heinrich von Braunschweig solches vorbetete; doch bekannte er öffentlich sein Verbrechen mit Thränen, ermahnte aber dabey die Fürsten, sie möchten doch mit ihren Unterthanen gelinder verfahren, so dürften sie nicht in solche Gefahr kommen, auch solten sie in der heil. Schrifft die Bücher der Könige lesen. Einige geben für, daß er vor seinem Ende sich zur Catholischen Religion bekannt, welches sie daraus schlüssen, weil er das Abendmal unter einerley Gestalt empfangen; wiewol andere anmercken, daß zu der Zeit die Austheilung des heil. Abendmals unter beyderley Gestalten an wenig Orten sey eingeführet gewesen.

Unter seinen Schrifften, die mit zu Alstedt herausgekommen, befinden sich:

1) Ordnung des deutschen Amts, Eilenburg 1523 in 4.
2) Protestation und Entbietung, Alstedt 1524 in 4.
3) Schutz-Rede wider das geistlose sanfft-lebende Fleisch, zu Wittenberg gedruckt 1524 in 4.
4) Deutsche Evangelische Messe, Alstedt 1524.

Sleidanus de statu religionis lib. 5. Schmid in annalibus urbis Zwickaviae P. 2. Georg Fabricius orig. Saxon. Seckendorff hist. Luther. I. 2. §. 4. & alibi. Juncker in vita Martini Lutheri numismatica. Arnold Ketzer-Hist. P. I. lib. 16. cap. 2. Pantheon Anabaptistico-Enthusiasticum lib. 1. c. 4. & lib. 2. cap. 2. Löscher in dessen Leben.