Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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M.M.M.M.M.M.

Band: 19 (1739), Spalte: 1–4. (Scan)

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M. Dieser Buchstabe ist einer von denjenigen, welche von den Griechischen Grammaticken-Schreibern einfache (sinplices) und unveränderliche (immutabiles) semivocales, und von den Lateinischen Grammaticken-Schreibern liqvidae genennet werden. Quintilian X. 12. heisset ihne den blöckenden oder Rinds-Buchstaben (litteram mugientem.) Leute von zärtlichen Ohren beschweren sich, daß er so verdrießlich klinge, wie er denn deßwegen zu unangenehmen Dingen gebrauchet wird. Insonderheit machet er ein Gemurmel, wenn er zum R gesezet wird, weil sich sodann gleichsam Kind und Hund zusammen hören lassen, zum Exempel wenn Virgel schreibet:

magno com murmore montis
Circum claustra fremunt ----

Daher verschlucken auch die Lateinischen Poeten diesen Buchstaben zu Ende eines Wortes vor einem Vocali, weil nehmlich dessen Ausspruch alsdenn gar zu unangenehm scheinet, z. E. ferend´ est, vor ferendum est. In der Zusammensetzung wird bey den Lateinern M vor d, c, t und q, in n verwandelt: gleichwie auch in der praepositione inseparabili Am. wenn sie vor ein f kommet, z.E. Anfractus, das ist, Am-fractus. Was die Bedeutungen dieses Buchstaben betrifft, so sind dieselben mancherley: 1) Weil er aus drey gleichen Strichen bestehet, so soll er die geheime Bedeutung der göttlichen Majestät und der Heiligen Dreyfaltigkeit haben. 2) War er bey den Allten ein Sinnbild und Zeichen der Störrigkeit (morositatis) oder eines murrischen, phantastischen und seltsamen Naturells. In welcher Absicht die Alten zu sagen pflegten: Obvenit tibi M. Der Anlaß hierzu war das Griechische Wort: μωϱός, welches einen Thoren und selzsamen Menschen andeutet, und sich von dem Buchstaben M anfänget. Als sich einst der Sicilianische Tyrann Dionysius, ehe er noch die höchste Gewalt erlangete, in einer Gesellschafft mit dem damahls üblichen Buchstaben-Spiel belustigte, in welchen jeder einen Buchstaben durch das Loos ausziehen muste, bey dessen Erscheinung die Anwesenden, nachdem einem ein oder der andere Buchstabe gefallen war, selbigem alle davon anfangende Wörter zulegen durffte, und Dionysius, wie eben dieses M für ihn heraus kam, alsobald hören muste, Μοϱολογεις Διόνυσε, das ist, du redest oder bist thöricht, mein Dionys! wuste er es gleich zu seinem Vortheil auszulegen mit dem Worte: Μοναϱχησομεν´, das ist, wir werden regieren oder die Königliche Gewalt erlangen. Nachdem dieses nun von ungefehr eingetroffen, hat sich der Verstand des obgemeldeten Sprüchwortes bey einigen geändert, daß sie das ελαχες το` M oder Obvenit tibi M., von denen zu gebrauchen angefangen haben, welche heimlich und listiglich nach grossen Dingen strebeten. 3) In den Römischen alten Schrifften ist M, wenn es als ein eigenthümlicher Nahme (nomen proprium) und ohne einzige Bezeichnung gesezet wird, eben so viel als die Nahmen: Marcus, oder Murius, oder Martius. Sonst bedeutet 4) des M allein noch ferner die Wörter: Mulier, Magnus, Magistratus, Manes, Memoria, Miles, Militaris, Mensis, Moneta, Monumentum, Meus, Missio, Municipium, Merces, Mors, Mortuus, Modo, Munus und noch einige ganze Wörter. 5) Pflegten die Meßinier ein M auf ihre Schilde stechen zu lassen, als ein Merckmahl und Zeichen ihrer Nation. 6) Ist das M einer von den Römischen Zahl-Buchstaben und bedeutet Tausend, nicht so wohl weil M der Anfangs-Buchstabe von Mille (Tausend) ist, als vielmehr von dem noch älteren und nachher verstümmelten Zeichen der tausenden Zahl, welches war [I], woraus die Schreiber erstlich CIↃ oder , und endlich ein M gezogen haben. 7) Zeiget M auf den Schreibe-Stuben Manuale oder Memoriale, das tägliche Hand- und Gedächtniß-Buch an. 8) Wer heut zu Tage vor seinen Nahmen ein M sezet, will damit zu verstehen geben, daß er ein Meister in der Weltweißheit sey. 9) Auf den medicinischen Recepten heisset M, wenn es zu Ende derselben stehet, so viel als Misce, das ist, Mische, oder: Vermische alles untereinander, was verschrieben worden ist. 10) Auch ist M auf selbigen eben so viel als Manipulus, eine Handvoll, davon an seinem Orte. So viel von dem Buchstaben M, wenn er allein stehet. Wir kommen nunmehr zu dessen Bedeutungen, wenn er von andern Buchstaben oder Zeichen begleitet wird: 1) M gleichsam mit einem Aprstrophen bezeichnet, auf diese Art M´; deutet in den alten Römischen Schrifften den Römischen Vornahmen Manius an, z. E. Curius Dentatus ist also beschrieben worden: CVRIVS M´ F, M´ N. DENTATVS, das ist Manii Filius. Manii Nepos Dentatus. Auf Müntzen hingegen, ist an stat des Häckgen oder Apostrophens ein länglicher Strich zu sehen, folgender Gestalt: M/., welches gleiche Bedeutung hat, z. E. M/. ACILIVS IIIVIR, das ist, Manius Acilius Triumvir. Aus Mangel genugsamer Achtsamkeit der Copisten ist der Nahme Manius gar vielfältig, und mehrmahl zu nicht geringer Verwirrung in der Historie und Vermischung der Personen, in Marcus verändert worden, weil wir oben schon gedacht, M ohne alle weitere Bezeichnung Marcus anzeiget. 2) M. B. ist, gleichfals in dem alten Römischen Schrifften, so viel als Mulier bona. 3) M. C. oder Mac, siehe den Artickel Mac. 4) M. D. O. bedeutet eben daselbst Mihi dare oportet. 5) mpp in Briefen gleich nach dem Namen des Briefstellers, heisset manu propria, das ist, mit eigener Hand, oder m. m. das ist, manu mea, welches eben so viel sagen will. 6) M. D. ist auf medicinischen Recepten so viel als Medicinae Doctor, Doctor in der Arzeneykunst. 7) M. D. ad Ch. will auf selbigen so viel sagen: Es soll in einander vermischet und in Papier weggegeben werden. 8) M. D. S. das ist eben daselbst: Man vermische es und schreibe die Dosin und den Gebrauch auf einen angehengten Zeddel; oder: Man vermische und versiegele es. 9) M. A. wenn es hinter dem Nahmen einer Person stehet, deutet an, daß diese Person Magister Artium, das ist, Meister der Weltweißheit und der freyen Künste, sey. Valerius probus de notis Romanorum inter pretandis; Lilius Gregorius Gyraldus Dialogisin. III. in des Janus Gruterus Lampade sive face artium liberalium p. 381 u. f. des III Bandes; Cellarius in Orthograph. Latina p. 58. u. ff. Bungus de myster. numerorum; Pierius in Hieroglyphicis, XLII. 50. u. 51; Fabers Thesaurus Erudit. Scholasticae; Sertorius Orsato de notis Romanorum; Samuel Pitiscus in Lexico Antiqv. Roman.