Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Kräutler

Band: 15 (1737), Spalte: 1657–1662. (Scan)

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Kräuter-Wein wird von allerhand, oder auch nur von eintzelnen Kräutern und Wurtzeln angestellet. Von der letztern Sorte sind die bekanntesten: Der Wermuth-Wein, der Alant-Wein, der Cardobenedicten-Wein, der Roßmarien-Wein, der Salbey-Wein, der Loffelkraut-Wein und der in Nürnberg so genannte A. R. S oder Lateinische Kunst-Wein, welcher aus Alant- Roßmarien- und Salbey zusammen gesetzet ist. Der Wermuth-Wein, als der gemeinste und gebräuchlichste, wird folgender Gestalt bereitet: Der Wermuth muß vor der Sonnen Aufgang, und ehe dieselbe in das Zeichen des Krebses gehet, denn um diese Zeit ist der Wermuth am kräftigsten, gebrochen, an der Lufft, nicht an der Sonne gedörret, und also biß in den Herbst rein und vor Staub verwahret werden. In ein Eimerigtes Faß wirfft man eine gute Hand voll, darüber güsset man schön geseiheten Most; zu dem Wermuth wirfft man eine Multe voll [1658]Weinbeere in das Faß. Wenn der Spund vermacht, so läst mans verjähren. Oder, wenn man einen Eimer Wermuth-Wein anrichten will, so thut man eine gute Hand voll der stärksten Wermuth, ein vierthel Pfund Alant-Wurtzel, eine Hand vol rothe Rosen, eben so viel Hirsch-Zungen, zusammen in ein Säcklein, und hängt es in den Wein, wirfft auch Hagenbüchene, oder Haselstauden-Späne, welche eine Nacht gewässert, und an der Lufft wohl wieder abgetrocknet werden, dazu gibt aber dabey acht, daß die Späne nicht vor den Spund zu liegen kommen. Endlich lässet man den Wein vergähren, so wird er recht und gut zum trincken. Hierbey ist zu erinnern, daß man bey dergleichen Weinen, welche vom Moste bereitet werden, wo man lange mit demselben auskommen will, alle Zeit, so viel man des Tages heraus nimt, des Abends wieder von andern Weinen nachfülle. Aber bey alten Weinen gehet es nicht an, denn wenn diese ein Mahl angezapffet werden, muß man mit fortmachen. Der Kräuter-Wein wird ferner auf folgende Art gemachet: Man siedet Wermuth oder andere Kräuter, davon man einen Wein bereiten will, wie auch Gewürtze nach Belieben, in dem Moste das dritte Theil ein, schäumt es im Sieden fieißig ab, lässet es also über Nacht stehen, und des Morgens durch einen reinen Sack oder enges Sieb lauffen, thut den Wein in Fäßlein, und giesset zwey oder dreymahl so viel Most dazu. Andere machen die Wermuth- und andere Kräuter-Weine, auf nachstehende Weise: Sie thun frischen oder dörren Wermuth in ein Säcklein, giessen den Wein warm oder kalt dadurch, so lange biß er den Geschmack an sich nimt, darnach thun sie Zucker hinein, so viel von Nöthen ist, oder sie hängen das gedörrte Kraut in einem langen schmahlen Säcklein in den Most, biß er den Geschmack an sich zeucht. Wenn man unter alle dergleichen im Herbst angestellte Kräuter-Weine eine Multe voll gantzer oder abgebeerter guter Weintrauben vermenget, daß Fäßlein verspündet, (doch daß ein mit einem höltzernen Zäpflein nicht allzu fest zugestecktes Dampf-Löchlein darinnen sey) und lässet den Most in sich selbsten gähren, so wird er lieblicher und besser; Man mag ihm auch mit allerhand guten Gewürtz einen edlern Geschmack zu wege bringen. Oder, wer guten Wein nimmt, und ein wenig Wermuth-Essenz, oder Wermuthsafft dazu giesset, der kann den Wermuth-Wein sich Kannen-weise hurtig und gut machen. Den Wermuth-Safft machet man also: Wermuth, Cardobenedicten, Tausendgülden-Kraut, dürr, jedes eine gute Hand voll, zwey Loth frische Alant-Wurtzeln, eine gantze Pomerantze, alles klein zerschnitten, und in ein weites Glaß, oder glasirten Krug gethan, und eine Kanne Branntewein daran gegossen, wohl vermacht, und vier Wochen im Keller stehen lassen, darnach durch ein sauberes Tuch gesiegen und aufbehalten, bleibt übers Jahr gut. Wenn man aber den Wermuth-Safft gar lieblich zum Wein vermischet haben will, muß man die dürren Wermuth-Knöpflein in ein Glaß thun, daß [1659]es halb voll davon wird, hernach mit Spanischen Wein anfüllen, und also in Keller stehen lassen. Mit dem Alant-Weine gehet man also um: Die grüne Alant-Wurtzel bricht man ab, schneidet sie, wenn sie vorher wohl abgewaschen worden, in Scheiben. Diese werden an einen gedoppelten Zwirn-Faden gefaßt, in die Lufft gehängt, und vor dem Schimmel verwahret. Im Herbste nimmt man hernach zu einem Eimer Wein ein Pfand von diesem gedürrten Alant, wäschet ihn wieder sauber, damit aller Staub und Unrath von ihm komme, wirfft ihn in eiuen Kessel, uad güsset zu jedem Pfund Alant vier Maaß reinen Kelter-Most. Der Kessel selbst wird zugedeckt: Wenn er wohl siedet, schäumt man fleißig ab. Findet man, daß sich die Wurtzel mit dem Finger zerdrücken läßt, so wird sie aus dem gesottenen Moste heraus genommen, in einem Mörsel zerstossen, durch ein Tuch getrieben, und wieder in den vorigen gekochten Most geworffen; mit demselben nach Mahls gesotten, bis die Helffte oder wenigstens ein Drittheil von dem Moste eingekocht ist. Ferner güsset man es in vergläserte Töpfe, setzet es in den Keller, lässet es kühl werden, güsset es in ein Faß mit Most, und lässet es gähren. Woferne aber der Most nach verflossener Woche keine Lust zu gähren bezeugte, machet man ein Kohl-Feuer dahin, so wird er bald anfangen, hat er nun vergähret, soll man ihn versuchen, ob er nicht etwa vom Alant noch zu bitter sey. Wäre dieses, so muß man mehr Most abkochen, und wohl verschäumen, auch denselben kühlen lassen, und den Alant-Wein mit anfüllen. Ueber dieses werden Zimmet und Negelein von iedem ein Loth zerquetschet, doch jedes absonderlich in ein weisses Tüchlein gethan, und auf ein iedes ein Nössel oder Seidlein Most oder Wein gegossen. Dieses lässet man kochen und wieder abkühlen; endlich güsset man den Alant-Wein, und hänget die zwey Säcklein mit dem Gewürtze, wie auch noch ein Loth Galgant dazu in das Faß, spündet es zu, und lässet es also etliche Tage liegen, ehe man es anzapffet. Wer es kürtzer und nicht so viel Mühe haben will, der schneide nur die Wurtzel, und hänge sie in den Most, damit er vergähre, und klar werde; das heisset auch Alant-Wein, aber der vorher beschriebene ist doch besser. Der Cardobenedicten-Wein, erfordert keinen andern Proceß, als der Wermuth-Wein, ausgenommen, daß, wenn er gut seyn soll, Tausendgülden-Kraut, Wermuth, und weisser Andorn, jedes eine Hand voll dazu genommen wird. Stein und Sod zu vertreiben, ist dieses ein trefflich guter Wein. Roßmarin-Wein zu machen, darff man nur Roßmarin nehmen, so viel als man will, denselben in ein Fäßlein thun, und solches, wenn es mit Moste zugefüllet, in den Keller legen; noch besser wird er werden, wenn man nebst dem Roßmarin, noch ein Paar Hand voll von dessen Blühte oder Bluhmen, desgleichen so viel Salbey-Blühte und Borragen-Bluhmen hinein wirfft. Der Salbey-Wein, wird kurtz und gut also gemacht, daß man nur die Salbey reibet, und in einem Säcklein in den Wein hänget. [1660]Wer ihn weitläufftiger mit Gewürtz und Spänen haben will, kan sich der bey dem Alant- und Wermuth-Wein beschriebenen Art bedienen. Der Löffel-Kraut-Wein, wird auf zweyerley Art zubereitet; erstlich, daß er nicht vergähre, muß man ein wohl abgebundenes Fäßlein, mit ausgelesenen saubern Blättern dieses Krauts bis an die Helffte, und denn vollends mit erst von der Presse lauffenden ersten Most anfüllen, und wohl verspünden. Dieser Wein wird in kurtzer Zeit, wenn man recht damit umgehet, klar, roth und sehr süß, auch am Geschmacke fast einem Spanischen Weine gleich werden, und doch des Krautes Geschmack, ohne daß derselbe dem Munde zuwider falle, von sich geben. Will man ihn aber haben, daß er vergähre, muß man in ein Fäßlein, darinnen Most zu vergähren anfängt, weniger Löffel-Kraut-Blätter legen. Dieser wird zwar nicht so wohlgeschmack, als der erste, aber wider die Scharbockische Kranckheiten sehr kräfftig seyn. Ein sehr guter von allerley Kräutern zusammen gesetzter Wein ist folgender: Man nimmt Wermuth-Blätter, Majoran, Melissen, iedes eine Hand voll, Cardobendicten, Roßmarien, Salbey, Lavendel, Alant-Wurtzel, klein zerschnitten, iedes eine Hand voll, wohl-zeitiger zerstossener Wacholder-Beere fünf gute Hand voll, frische Lorbeer ein Viertheil Pfund, frische Wein-Stauden-Blätter drey Hand voll, Veil-Wurtzen klein geschnitten vier Loth, diese Stücke alle lässet man in einem zwey Eymer-Fäßlein verschlagen, güsset alsdenn einen Krug voll gesottenen Most darauf, darinnen vier Hand voll geschnittene Steinbrech-Wurtzeln gesotten, und verschlägt das Faß einen Tag lang, des andern Tages füllet man das Fäßlein zu mit frischen Most, und läßt es vergähren; wenn er sich nun geläutert hat, so thut man folgende Stücke in ein langes enges Säcklein, als Zitwer, Calmus, Bimbinell, Angelica, Ingwer, Muscaten-Blüht und Zimmet-Rinden, iedes zwey Loth, Galgant drey Loth, ungeriebenen Saffran den vierten Theil eines Quentleins, Campher ein halb Quentlein, schneidet oder stosset alles, hängts in Wein, verspündet das Fäßlein etliche Tage, doch daß es durch das Dampf-Zäpflein Lufft habe; hernach kann man früh Morgens nüchtern und Abends einen Trunck davon thun. Dieser Wein dienet wider böse Lufft, stärcket das Hirn, Hertz, Magen, Lunge, Leber und Miltz, treibet des Sand aus denen Nieren und Blasen, reiniget das Geblüte in denen Adern, auch zwischen Haut und Fleische. Auf erst erwehnte Art, wird auch ein lauter purgirender Kräuter-Wein aus Cardobenedicten, Wachholder-Beern, Blumen von kleinen Tausendgülden-Kraute, Entzian-Wurzel, Alant-Wurtzel, Pomerantzen-Schahlen, Benedicten-Wurtzel, Rosen, Schlehen, weissen Audorn, Melissen, Basilien, Majoran, Quendel, Thymian, Saturey, Isop, Salbey, Roßmarin, Würtz-Nägelein, Zimmet, und denen Gipfeln des Wermuths bereitet. Noch ein guter Kräuter-Wein vor viele Krauckheiten, wie solcher von einem berühmten Chur-Fürstlichen Leib-Medico verordnet worden, ist dieser: Nimm Cordebenedicten, Hirsch-Zungen, Salbey, iedes [1661]eine Hand voll, Miltzfaren oder Miltz-Kraut, Isop, Roßmarin, Bimbinelle, weisse Andorn, Knoblauch, Eisen-Kraut oder Eisenhart, Lungen-Kraut, Leber-Kraut, Melissen, iedes zwey Hand voll, Betontien, Dasten oder Wohlgemuth, iedes eine Hand voll, geschabt Sassafraß-Holtz, zwey Loth, Penonien-Wurtzel drey Loth, Mechoacanna, oder weisse Rhabarbar zwey Loth, gemeinen Wermuth nach Belieben, darnach man nehmlich den Traock bitter haben will. Diese Species thue in ein neu zugerichtetes zwey-Eimeriges Fäßlein, mit guten Firnen- oder Ablaß-Wein angefüllet; da es aber Herbst-Zeit ist, fülle es mit gutem neuen Wein, und lasse ihn darüber gähren. Dieses Weins thue alle Morgen nüchtern einen Trunck, desgleichen zum Morgen-Essen zwey oder drey Trüncke. Es ist dieser Wein gut vor die Lungen- Wasser-und Gelb-Sucht, vor den Stein auch zuförderst, vor die böse neblichte und vergifftete Lufft, machet einen guten Athem und wohlbäuaden Magen, desgleichen Lust zu Essen, ist auch der Leber und dem Miltze sehr dienlich. Von diesem Kräuter-Weine kann man ein halbes Jahr trincken, bis die Species wiederum nöthig sind zu erneuern. Wenn man die Kräuter im Herbst zwischen den zweyen ersten Frauen-Tägen sammlet, sind sie um so viel kräfftiger, stärcker und besser. Den guten Zittwer-Wein, welcher unter denen Kräuter-Weinen von vielen vor den trefflichsten gehalten wird zu machen, nimmt man den ersten Reinfall oder andern edlen süssen Trauben, gleich von der Presse, so viel man will, setzt ihn in eine Wanne frisches Wasser, daß sich das Läger oder die Hefen am Boden setze, hernach thut man solchen in einen groffen verzinnten Kessel, lässet ihn bey einem hellen Feuer ohne Rauch bis auf zwey Drittheil oder gar bis auf die Helffte einsieden, bis man vermeynet, es sey süß genug, doch daß es nicht gar zu braun werde; hernach läßt man ihn über Nacht in Keller stehen, und Morgens füllt man ihn in ein sauber Fäßlein. (Hat man des Mostes nicht gnug, so siedet man mehr, nur daß einer so süß sey als der andere) wenn nun das Fäßlein gefüllet ist, und etwas überbleibet, das mag man in einem kleinern Fäßlein oder andern Geschirr, zum Nachfüllen behalten: Denn, wenn man bald daraus trincket, muß man immerzu nachfüllen, sonst ist er nach Weynachten am besten zu trincken; ie tieffer er im Winter hinein lieget, ie besser wird er. Will man ihn anzäpfen, und doch nur zu weilen davon trincken, hat aber keinen gesottenes Most zum Nachfüllen, so mag man ihn nur wohl und veste verspünden, weil er also bis auf den letzten Tropfen gut bleibet. So lange er aber noch gäschtet, und bis auf Weynachten, muß man ihn nicht feste zuspünden, sondern nur den Spund oder einen breiten Stein darauf legen. Wie man allerhand Kräuter-Weine geschwind machen könne, davon giebt Harsdörffer Delic. Mathemat. & Physic. Tom. III. Quaest. 28 folgende Anweisung: Man nimmt drey Maaß oder Kannen guten gerechten Wein, davon destiliret man ein Maaß, solches güsset man über ein Kraut, davon man den Wein haben will, und lässet es vierzehen [1662] Tage stehen, darnach destilirt man ihn noch ein Mahl, so werden etliche wenige Tropfen übergehen, die man unter einen andern Wein mischen kann; und dieser Kräuter-Wein soll lieblicher werden als der gemeine. Oder man soll Roßmarin, Wermuth, Salbey und dergleichen nehmen, ein wenig Brannte-Wein darüber güssen und es über Nacht stehen lassen, hernach den Safft heraus drücken, und den Wein damit anmachen.