Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Hagetman

Band: 12 (1735), Spalte: 194–195. (Scan)

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Hagensteltz, siehe Hagestoltz.

Hagestolt, siehe Hagestoltz.

Hagestoltz, Hagesteltz, Hagestolt, Haverstoltz, Hagsteltz, Hegenstoltz, Hagensteltz, heisset ein alter Junggeselle von 50. Jahren. Wenn derselbe stirbt, so fällt seine Verlassenschaft dem Fisco publico anheim, und das wird das Hagestoltzen-Recht genennet.

Dieses Recht ist nicht durch gantz Teutschland eingeführet, sondern nur in der Untern-Pfaltz, und da herum an Obern-Rhein-Strome. Es ist aber nicht von Lehn-Gütern zu verstehen, denn darunter würden die Mitbelehnten leiden; auch nicht von Erb-Gütern, die den mehrsten Anverwandten gehören; sondern von den wohlerworbenen Gute, wie man zu reden pfleget, welches ein solcher Hagestoltz gleichsam zur Straffe, daß er nicht geheyrathet, nach seinen Todte der Landes-Obrigkeit überlassen muß. Fragt man endlich auch nach den Ursprunge dieses Namens, so sind die Gelehrten zwar nicht einerley Meynung: Zum wenigsten dürffte dieses das beste seyn. Haga heißt auf alt Teutsch Hof, der mit einem Zaune umgeben ist: Stoltze aber heißt soviel, als ein Sitz oder eine Wohnung. Wann nun bey denen alten Teutschen ein Vater starb, so erbte der älteste Sohn die Haga oder den Hof seines Vaters, die andern Kinder aber wurden mit etwas wenigen abgefunden. Weil aber doch die Familien gerne beysammen blieben, so baueten sich die Brüder an die Haga ihres Vaters kleine Wohnungen oder Stoltzen, und wurden deßwegen Hagestoltzen genennet. Weil dieselben nun meistens in Ehelosen Stande lebten, denn sie wenig oder nichts geerbet hatten, und also eine Frau nicht ernehren konnten, so wurden darnach alle alte Jungemänner Hagestoltze genennet. Pagenstechii Tr. d. Jur. vig. §. 76. p. 223. Stryck Vs. Modi (?) quib. non comp. bon. poss. §. 3.

Sonst will man es auch von Hagen oder Behagen und stoltz herleiten, daß es einen innerlich stoltzen Mann, der sich was einbildet, daß er ungezwungen, bloß weil es ihm behaget, sich nicht verheyrathet. Schottel. Tr. de singularibus quibusdam et antiquis in Germania Juribus V. 1. §. 5. et 6. p. 6. 7. §. 7. erinnert derowegen gar recht, daß dieser eigentlich Hagestoltz sey, welcher zu dem Alter und Vermögen gekommen, auch nicht durch Wahnsinn oder Leibes-Gebrechen, oder geistlichen Stand, oder allzugrosse Armuth und Elend verhindert wird daß er könnte ehelich werden, und ein Weib ernehren. Besold. Thesaur. Pract. voc. Hagestoltzen p. 352. Diether. in addit. eben daselbst. Wehner Obseruat. Pract. voc. Hagestoltzen p. 204. et voc. Wildfänge p. 512. 513. Burgoldensis ad Instr. Pacis P. I. Discurs 26. §. 8. p. 465. Thulemarius Octouirat. c. 18. §. 41. p. 269. Imhof Notit.. Proc. Imp. II. 9. §. 23. p. 55. Crüger de Nouemuir. Part. General. Discurs. 3. §. 5. p. 57.

Wie alt aber ein Hagestoltz seyn soll, und von welchem Jahr oder Tage man anfangen [195] müsse, fährt Schottelius l. c. §. 10. p. 9. fort, davon ist keine durchgehende Nachricht vorhanden. Jeder Ort bedienet sich des Herkommens und Gewohnheit; Doch ist es gemeiniglich das 50. Jahr des Alters. Biß dahin hat ein Unbeweibter Bedenck-Zeit. In einer alten Wolffenbüttelischen Land-Gerichts-Nachricht, wird das Alter eines Hagestoltzen auf 50. Jahr, 3. Monath, 3. Tage gesetzt. Gemeiniglich pflegt auch das 50. Jahr, wenn es vollendet, in denen Braunschweig-Wolffenbüttelschen Aemtern einen Hagestoltzen zu machen; In etlichen aber werden 63. Jahr 8. Wochen 2. Tage dazu erfordert. Cancellariae Cellensis Resolutio von an. 1713. in Continuatione des an. 1716. in Druck gekommenen zu den Braunschw. Lüneb. Cantzley- und Policey-Ordnung gehörigen Supplementi de an. 1719. §. 50. p. 221. etc. setzt das Alter auf 50. Jahr 3. Wochen 3. Tage.

Im Würtembergischen sagt Besoldus l. c. Diejenige Personen werden Hagestöltz genennet, welche, es seyn Knaben oder Jungfrauen im ledigen Stande biß in die 50. Jahr ihres Alters, deßgleichen ein Witber, oder Witfrau die 30. Jahr im Witben-Stand unverändert verharret. Wehner voce Haverstoltz. Wolffenbüttelische Land-Gerichts-Nachrichtung; Eheloß teste Dipom. Lotharii. Imp. S. dato Luntbure. An. 1135. Schottelius, an schon angeführten Orte, §. 11. p. 10. 11. sagt: So bald einer ein Hagestoltz worden, verliehret er sein Erblassungs-Recht, (Jus testandi) und muß das Seinige der Obrigkeit des Orts, wo er sein Domicilium hat, verlassen. Wolffenb. Land-Gerichts-Nachrichtung apud Schottel. l. c. p. 10. sagt: Wenn der Haverstoltz gestorben, ist alle sein wohlgewonnen Gut dem Herrn; das Erbgut aber denen Freunden. Ist es eine Haberstoltinne, davon wird dem Herrn nichts erkannt: das Frauen-Gerähten denen Freunden. In einem Rescript an den Burg-Vogt zu Zell Gabriel Sellner, stehet, daß das nachgelassene Gut der Fürstlichen Cammer berechnet, das übrige aber denen nächsten Freunden verabfolget, jedoch der Landschafft davon gebührende 50. Pfenning erhoben werden sollte. Es hat also solche Confiscirung nicht Statt in allen Gütern des Hagestolten, sondern nur in seinen wohlgewonnenen, und nicht in seinen Erb- oder Stamm-Gütern, wie auch nicht in seinen Lehen-Gütern. Besold. l. c. §. 12. p. 12. Pfeffinger ad Vitriar. J. P. Lib. III. Tit. 12. p. 903. An. 1730. aber ist dieses auf hoher Landes-Obrigkeit Befehl im Braunschweigischen abgeschafft worden.