Zedler:Grentzen
Grentzen, sind öffentliche Zeichen und sichtbare Gemercke, dadurch die Landschafften und liegende Güter erkenntlich und ordentlich von einander unterschieden werden.
Sie werden auch Marcken und Untermarcken genennet, darum, daß sie Gemerck und Andeutung geben, wie weit sich ein Land oder Gut erstrecke. Daher auch die Grentz-Oerter des heiligen Römischen Reichs Marcken, und die Fürsten, die denenselben vorgesetzet, und heute zu Tage damit belehnt sind, Marg-Grafen tituliret werden.
Heutiges Tages wird dieser Unterschied in Acht genommen, daß man die Grentzen allein denen Land-Marcken, die man mit einem besondern Namen Frontiere nennet, welche die Herrschafft und Gebiete von ein ander unterscheiden, und die Marck-Steine gemeiniglich nur denen privat-Gütern zugeeignet.
Derer Marck-Steine sind etliche unterschiedliche Art und Gattungen, und werden genennet nach denen Sachen, die sie untermarcken, und von einander abtheilen, die kann man füglich in zweyerley Sorten zusammen zühen.
Denn erstlich werden etliche durch Menschen-Hand aufgerichtet, das sind gesetzte Marck-Steine, derer zwölff Geschlecht sind, als
Bann-Steine, welche Zwing und Bann, oder die hohe Obrigkeit scheiden, daher man es auch Obrigkeit-Steine nennt. Etlicher Orten heist man es Land-Steine, Land-Grentzen und Land-Marcken. Und wo man an denen Grentzen keine Steine setzt, sondern Gräben aufwirfft, und dicke starcke Häger zeucht, werden sie Land-Gräben und Land-Wehren genennt;
Gleit-Steine, welche das Gleit und die gleitliche Obrigkeit bemercken;
Freyhungs-Steine, die sonderbare Freyheiten, deren man sich in einem gewissen Bezircke [832] gebrauchen kann, bedeuten;
Forst-Steine, sind die, so die forstliche Obigkeit und Jagen unterscheiden, heissen auch Jagd-Steine, wiewohl die Forst-Steine etwas mehrers auf sich haben;
Marckungs-Steine, so eines Stadt oder Dorffs-Zwing und Bann, die man Marckung nennet, unterscheiden;
Zehent-Steine, die den Zehenten und Zehen-Recht ausweisen;
Weid-Steine, welche den Vieh-Trieb und Weitgangs-Gerechtsame bedeuten, der wird auch ein Tratt-Stein genannt;
Güter-Steine, die Gärten, Aecker, Wein-Gärten, Wiesen, Felder, Wälder und andere liegende Güter, von einander absondern, werden auch genennet Scheid-Steine, welche die Weite derer Strassen und Wege verzühlen;
Wasser-Steine, so die Flüsse, Bäche, Fisch-Wasser und Fisch-Grentzen untermarcken;
Loch-Steine, welche in denen Berg-Wercken die Fünd- und Ertz-Gruben mit ihren Massen und Mehrzielen unterscheiden, werden auch Schnur-Steine genennet, weil man die Gruben und Gänge mit angeschlagenen Schnürlein marckscheidet und versteinert.
Und alle diese Steine haben ihre besondere Zeichen und Gemercke. In etlichen Landen ist gebräuchlich, daß man Bild-Stöcke und Stücken von Holtz an Stat derer Marck-Steine setzet, die auch sonderbar bemercket werden.
Darnach vor das andere werden auch offter Mahlen die Güter, und vornemlich die Herrschafften und Gebiete nicht durch aufgerichtete, und mit der Hand-Arbeit gemachte Marck-Steine, sondern von der Natur an die Hand gegebene Grentzen und Marcken von einander unterschieden, das sind selbst-gewachsene Marcken, als die Gebürge und hohe Spitzen, oder Rücken derer Berge.
Bisweilen sind auch zu Grentzen gesetzt die Thäler, die Land-Strassen und Fuß-Steige, die flüssenden Wasser und Bächlein, auch namhafften Brunnen-Qvellen u. s. w. Und wiewohl diese natürlichen gewachsenen Gemercke an und vor sich selbst keine rechtmäßigen Grentzen und Marcken sind, so werden sie doch durch die Einwilligung derer Völcker und aufgerichteten Verträge dazu legitimiret, geordnet, und mit sonderbaren Zeichen oder Wapen bemercket.
Alle Reiche, Fürstenthüme, Graf- und Herrschafften haben ihren gewissen Bezirck und bestimmte Landschafften, welche mit öffentlichen bekannten Grentzen und Marcken unterschieden sind, und was innerhalb solchen Bezirck gelegen, so nicht besonders befreyet und ausgenommen, ist dem Herrn selbiges Landes mit aller Obrigkeit unterworffen, daß er darinnen zu gebieten und zu verbieten hat, daher es ein Gebiete genennet wird.
In solchem Bezircke oder Gebiete sind unterschiedliche Städte, Dörffer und Weiler gelegen, die haben auch ihr sonderbar Land und gebanntes Feld innen, das denen Gemeinen und Einwohnern mit dem Eigenthum und andern anhangenden Rechten und Gerechtigkeiten zuständig ist. Also hat eine jede Stadt oder Dorff eine eingezirckte Weidreichin um sich her von Feldern, Wiesen, Aeckern, Gärten, Höltzern, Wassern, Grund und Boden, welche mit ordentlichen Marck-Steinen und öffentlichen Gemercken eingesteint und unterschrieben sind, darinnen die Nutzbarkeit des Eigenthums, auch Wun, Weid, Trieb und Tratt, denen Gemeinschafften oder Bürgern derselben Stadt oder Dorffs zugehören, [833] welchen Begriff man eine Stadt- oder Dorffs-Marckung nennet.
Mann heist auch diese eingesteinte Marckung Zwing und Bann, darum daß die Obrigkeit des Orts darinnen zu zwingen und zu bannen, das ist, zu gebieten und zu verbieten hat; Oder weil alle Güter, die darinnen gelegen, also eingebannt und verboten sind, daß die Innhaber derselben gezwungen, auf alle vorfallende Feld-Streitigkeiten, auch andere Handlungen und freventliche Verbrechen, vor denen Richtern derselben Stadt und Dorffs Red und Antwort zugeben, desgleichen von solchen Gütern ohne der Obrigkeit Erlaubniß gegen andere Ausgesessene nichts zu verändern, wie denn Krafft derselben auf diesem Fall die verbürgerte Einwohner die Marcklosung zu denen veränderten Gütern haben.
Es ist auch etlicher Orten gebräuchlich, weil die Zehenten gemeiniglich auf denen Aeckern und Gütern, die in der Marckung liegen, dem Zehent-Herrn desselbigen Orts zugehörig sind, und die Zehent-Gerechtigkeit sich auch so weit erstreckt, als die Zwing und Bann begreiffen, daß man die Marckung den Zehenten nennet, und wenn man sagt, dieses Gut sey in der Stadt und Dorffs-Zehenten gelegen, so wird es von der Marckung verstanden. Doch ist die Marckung und Zehenten eigentlich nicht ein Ding, sondern sie haben unterschiedliche Bedeutungen, und werden auch an mehren Theils Orten besonders von einander unterschieden.
Im Sächsischen Land-Rechte werden die Zwing und Bänn, so weit ein Gebiet um die Stadt ist, Weichbild genennt. Denn vor Alters pflegte man ein höltzern Creutz oder Bild-Stock, darauf eine Faust mit einem Schwerde gehefftet, an die Grentz- und Untermarck zu setzen, zu einem Anzeichen, daß man der Enden über Hals und Hand zu richten, und derentwegen bey einem solchen Bild, gleichwie heutiges Tages bey denen Marck-Steinen wieder zurück weichen muß, und einen andern in sein Gebiet weiter nicht greiffen dürffe; Wie denn noch jetziger Zeit gebräuchlich, daß man an die Strassen und Grentz-Orte, wie auch an die Untermarck derer Feld-Güter, Creutze, u. Bild-Stöcke setzet, den unbefugten Eingang dadurch zu verwahren.
Andere heissens Weit-Bild und Weit-Biet, weil das Recht so weit gehet, als das Gebiete. Es wird auch von etlichen Fluhr genannt, welch Wort doch nicht eigentlich die gantze Marckung, sondern nur einen Theil derselben bedeutet. Denn in denen fruchtbaren wohlgebaueten Ländern wird eine jede Marckung nach dreyen Orten des Acker-Baues in drey Theile unterschieden: der eine Theil über Winter, der andere über Sommer gebauet, und der dritte in Brach geleget.
So weit nun die Marckung einer Stadt oder Dorffs reichet, so weit erstreckt sich auch derselben Gerichts-Zwang, daß der Richter des Orts über alle rechtliche Fälle, die sich darinnen zutragen, ordentlich zu urtheilen hat, und dürffen die Parteyen ihre Sachen in erster Instantz ohne sondere von der hohen Obrigkeit ausgebrachte Commission und erhebliche Ursachen vor kein ander Gericht bringen.
Was aber die kleine Flecken und Weiler, auch eintzige Höfe betrifft, die kein eigen Gericht haben, sondern in die nächstgelegene Stadt oder Dorff gerichtbar sind, haben nichtsdestoweniger auch ihre besondere eingesteinte Marckung, mit denen Rechten und Gerechtigkeiten, [834] als wie die Städte und gerichtbare Flecken, unter welchen die vornehmste ist die Viehtrifft und Weidgang, dessen sie sich, so weit ihre Zwinge und Bänne gehen, einig und allein zu gebrauchen, daran ihnen niemand aus gesessener Macht hat, Eingrieff zu thun, oder sie zu überfahren, es hätte denn jemand durch einen alten Gebrauch oder sonderbaren Vertrag die Zufahrt mit seinem Viehe auf einer andern Marckung hergebracht.
Und ob wohl die Landes-Fürsten und Herren in ihrer unterworffener Städte Zwing und Bännen die Obrigkeit und Macht zu gebieten und zu verbieten haben, so sind sie doch nicht befugt, denen Gemeinen an ihrem Weidgang Eintrag zu thun, und denselben denen Ausgesessenen zu verleihen, noch auch vor sich selbsten eine solche starcke Heerde zu halten, daß dadurch die Weiden überschlagen, und dem gemeinen Weidgang ein Abbruch zugezogen würde; desgleichen sind sie nicht berechtiget, die Weiden und Viehtriebe denen Gemeinen zum Nachtheil und Schaden zum Feld- und Acker-Bau umbrechen, oder zum Garten-Recht einfangen zu lassen, doch werden etliche Fälle hievon ausgenommen.
Hingegen müssen die Gemeinen und Einwohner von allen Gütern, die in ihren Marckungen liegen, auch ihre besondere Beschwerden tragen, vornemlich aber der Herrschafft des Orts Steuern und Schatzungen geben, deren auch die Ausgesessene und Geistlichen, die Güter in der Marckung haben, nicht befreyet. Also auch sind sie verbunden, die gemeinen Strassen, Wege und Stege in ihren Zwing und Bännen zu erhalten, welches doch auch unterschiedlich, und nach dem Herkommen des Orts gebraucht wird.
Gleicher Gestallt haben die Schlösser und Burgen ihren sonderbaren Bezirck und Marckungen um sich her, darinnen der Weidgang und andere Rechte, und gemeiniglich auch die Obirigkeit und das Gebiet ihnen zugehörig und anhängig sind. Doch sind etliche Schlösser, die gleichwohl ihre eingesteinte Marckung, aber kein anhangend obrigkeitliches Gebiet darinne haben.
Also sind auch die Land-Voigteyen des Teutschen Römischen Reichs mit ihrem bestimmten Bezirck eingemarckt, denen der Gerichts-Zwang und das Land-Gericht anhängig ist, die erstrecken sich auch zu Weilen in andere Herrschafften, Gebiete und Obrigkeiten, wie man an denen Land-Gerichten in Schwaben und Francken, desgleichen in der Pfaltz-Neuburg, zu Höchstädt, und in der Land-Graffschafft Bare, auch andern Orten mehr siehet, welche aber meisten Theils derer Grentzen halber streitig sind, und denen der Gerichts-Zwang von denen anstossenden Herrschafften wiedersprochen wird. Vornemlich aber hat das Kayserliche Hof-Gerichte zu Rothweil seinen gewissen District, der mit sonderbaren Grentzen und namhafften Marcken umschrieben ist.
Die Alten haben grossen Fleiß und Vorsorge mit denen liegenden Gütern und Feld-Marckungen gehabt, und pflegten sie solche mit ihrem bestimmten Masse, wie sie ausgetheilet, und einem jeder zugeeignet und eingemarcket waren, in meßingene Taffeln zu verzeichnen, die sie Formas nenneten, und selbige öffentlich aufzuhalten, damit, wenn etwa durch Länge der Zeit, oder Ergüssung derer Wasser, die Grentzen unrichtig und verrückt worden, man aus denenselben die entstandenen Streitigkeiten entscheiden, [835] und jedweden sein gewisses Maß zuschreiben konnte.
Es ist aber dieser Gebrauch bey denen vorgegangenen vielfältigen Veränderungen derer Regimenter vorlängst in Abgang kommen, und werden heutiges Tages die Güter und Marckungen mit ihren Massen denen Lager- u. Saal-Büchern auch Lehn-Briefen einverleibet.
Zu Zeiten werden auch sonderbare Verträge darüber aufgerichtet, und in denenselben die Grentzen oder gesetzte Marck-Steine[1] ausführlich und umständlich beschrieben, daraus man auf begebene Irrungen und Mißverständnisse gemeiniglich eine Nachricht haben, und die Parteyen vergleichen kann.
Nichts desto weniger geschicht es offter Mahls, daß die Marck-Steine ausgeworffen, verändert und gar verlohren werden. Und ob schon in den Lager-Büchern und andern brieflichen Urkunden selbige aufgezeichnet sind; so ist es doch mißlich, daß man den alten Ort des verlohrnen Steines eben gerade wieder antreffen, und einen neuen an seine vorige Stelle einsetzen könne, sonderlich, wenn etwa vor vielen Jahren die Marck-Steine verlohren worden.
Auf daß aber dieselben um desto weniger verrückt, auch im Falle einer oder mehr ausgeworffen, und hinweg kommen wäre, ein anderer wiederum an sein rechtes Lager füglich gebracht werden könnte, und sonderlich, daß man über lange Zeit wissen möge, was die gesetzten Steine ausweisen, und unterscheiden, weil manch Mahl die Einwohner des Ortes, auch gar alte Leute, nicht anzeigen können, warum dieser oder jener Marck-Stein gesetzet worden, und was er bedeute; So ist in alle Wege rathsam, daß man die Besteinung, sonderlich, wenn es Herrlichkeiten, Zwing und Bänn, Zehnten, Weidgänge, Treib und Tratt betreffen, ordentlich beschreibe, Jahr und Tag, auch die Parteyen, zwischen denen die Bestimmung vorgenommen, wohin die Steine, und wie weit sie von einander gesetzet, umständlich verzeichne, und alles fleißig und genau observire.
Wenn die Grentz- und Marckungs-Steine richtig gesetzt, und von aller Vermuthung einiger Betrügerey frey seyn sollen, so müssen die von der Obrigkeit hiezu bestellten Landschieder, Umgänger oder Untergänger dazu genommen werden. [LA 1] Sie werden deswegen so genennt, weil die Besietzer derer Felder jährlich ihre Aecker mit solchen umzuzühen und zu besichtigen pflegen. [LA 2]
Es führet Myler von Ehrenbach in Metrolog. 14. §. 9. folgende Worte von ihnen an: Die Untergänger sind erkieste Richter, und geschworne Schiedmänner, welche die Marcksteine setzen, und nachbarliche Güter entscheiden, die heist man Steinsetzer, Landschieder und Umgäner, weil sie die Marck umgehen, und die Grentzen derer Felder zubesichtigen pflegen, so man auch Untergänger heist, dazu gemeiniglich drey oder vier, oder etwa mehr, nachdem ein Ortvolckreich ist, aus dem Gerichte, Rath und der Gemeine, alle Zeit, wenn man es halten kann, der Feldmeß-Kunst erfahrne und Bauverständige Werckmeister verordnet werden.
Es müssen aber zu Messung derer[2] in dem Bezirck gelegenen Güter keine, die ausser der Feldmarckung wohnen, genommen werden, sondern alle Zeit solche, die in dem Bezirck seßhafft sind, es wäre denn, [836] daß sie selbst einen auswärtigen mit dazu verlangten. Jedoch ist in diesem Falle dessen Obrigkeit zu reqviriren.[LA 3]
Oder die Untergänger begehrten es selbst, so mag man wohl alsdenn einen ausgesessenen Untergang nehmen. Doch wenn er einer andern Herrschafft zugethan, so soll es alle Zeit mit Wissen und Bewilligung derer Amt-Leute geschehen, die den nächsten zu protestiren haben, daß dieser Actus ihrer Herrschafft und dero Ober- und Gerechtigkeit nicht praeiudicirlich seyn solle.
Bey der Aufrichtung solcher Marck-Steine müssen alle diejenigen, die einig Interesse dabey haben, hierzu citiret werden.[LA 4] Und zwar zu dem Ende, damit eine jede Partey bey der Ocular-Inspection und Grentz-Bezühung ihr Interesse dabey observiren könne.
Daher sagt Oettinger[LA 5] Es ist insonderheit zu wissen, daß alle Steinsatzungen mit Vorwissen derer Parteyen, die damit interessiret sind, und mit ihrer Einwilligung müssen vorgenommen werden, sonsten dieselbe nicht. gültig, und an ihnen selbst richtig sind, auch von denen Untergängern nicht angenommen, sondern cassiret und ausgeworffen werden sollen.
Die Rechts-Lehrer erfordern auch, daß solche Grentz-Steine mit einem gewissen Zeichen bemercket seyn sollen, nemlich, mit einem Creutz oder Buchstaben, Schnitt und andern Charactere, damit die rechten von denen falschen unterschieden werden können.[LA 6]
Daher werden nach der heutigen Observantz ihnen gewisse Marckzeichen, Steineyer, Beleg oder Gemerckung beygeleget.[LA 7]
Es gebrauchen auch etliche zu solchen Zeichen, Ziegelsteine, oder Gläser, auch Kohlen, die man vor Alters vor Marck-Zeichen zu rechten Marcksteinen gehalten.[LA 8]
Es werden solche beygelegte Sachen Zeugen genennt, weil sie von der Grentzung zeugen können. Wie viel aber solche Steine hinzulegen sind, ist in denen Gesetzen nicht ausgemacht, sondern solches kommt auf die Gewohnheiten eines jeden Landes an. [LA 9] Etliche nehmen zwey, etliche drey Steinlein zu Zeugen, sonderlich zu denen Ort-Steinen, die sie aus einem breiten Steine oder Blatten von einander schlagen, daß sich, wenn man dieselben versucht, die Steine recht wieder zusammen fügen.
Endlich werden auch die Marckungen mit Verzeichniß aller und jeden Umstände in die Lager- und Fluhr-Bücher eingetragen, wovon von Seckendorff im Fürsten-Staate[LA 10] folgende Cautel anführet: Es gehet aber der Vorschlag insgemein und hauptsächlich dahin, man solle die Fluhr oder Marckung nach ihrer natürlichen unveränderlichen Gelegenheit, und nach dem Ruthen- und Acker-Masse, nicht aber nach blosser Ordnung derer Personen oder Namen derer Innwohner und Besietzer beschreiben, auch die Aecker oder Morgen alle mit einem gewissen Numero in der Beschreibung bemercken, und wo möglich, einen Grundriß verfertigen.
Und p. 46. sagt er: die gemeine Art ist, daß solche [837] Fluhr-Bücher, eben wie Lehn- oder Erb-Bücher pflegen gemacht zu seyn, nemlich, es stehet eines Innwohners Namen nach dem andern darinnen, und bey einem jeden ist zufinden, was er vor Güter habe, wie viel Hufen-Aecker oder Morgen, neben wem sie liegen, wem sie Lehn- oder giltbar, und dergleichen.
Und p. 49. meldet er, was einem Bezirck-Brief einzuverleiben sey: So fern es zum Vergleich kömmt, werden die dazu verordnete fleißig unterrichtet, wie sie eigentlich handeln sollen, insonderheit, daß die Grentzen des Landes, und davon dependirende Hoheit aufs deutlichste gezogen, von andern particular-Marckungen, dadurch etwa blosser Gerichts-Zwang, Zoll, etc. bedeutet wird, wohl unterschieden, auch mit wahrhafften Stücken, als beständigen kundbaren Flüssen, Bergen, Reinen, Steinen, und nicht mit vergänglichen Bäumen, Gräben, etc. abgezeichnet.
Hierbey fraget es sich, ob denen privat-Besietzern derer Felder und anderer unbeweglichen Güter erlaubet ist, ohne Einwilligung ihrer Gerichts-Herren eigenmächtiger Weise, jedoch mit Zuzühung derer Interessenten, die Grentzen zuzühen und zu reguliren? wir halten davor, daß eine solche privat-Grentz-Bezühung, wenn geschworne und von denen Gerichts-Herren niedergesetzte Feld-Messer dazu genommen werden, gar wohl geschehen könne. Und ist dieses auch denen gemeinen Rechten nicht zuwieder.[LA 11] Denn ein jeder ist Herr seiner eigenen Sachen, und kann damit schalten, wie er will,[LA 12] zu Mahl, wenn es denen Nachbarn, oder dem Landes-Herrn nicht zum Praeiuditz gereicht, als wie hier, da an Stat des Gerichts-Herrn die geschwornen Feldmesser dazu genommen werden.
Daß solches auch in Sachsen nicht mißbilliget werde, erwähnet Carpzou[LA 13] Daß von denen Unterthanen Grumberg wegen Marcksteinsetzung einige Straffe nicht möge genommen werden.
Ob nun aber wohl, wie gesagt, denen Privat-Leuten mit Zuzühung derer Feldmesser nicht verwehrt ist, ihre Grentzen mit gewissen Steinen zu unterscheiden; so wird dennoch, wenn solche Grentz-Steine recht glaubwürdig und gültig seyn sollen, die obrigkeitliche Auctorität dazu erfordert. Mascard[LA 14] Dieses ist vornehmlich heutiges Tages an denenjenigen Orten nöthig, wo die Grentzen in die Erb- Saal- und Lager-Bücher eingetragen werden müssen.
Wie ein Landes-Herr die Grentzen seiner Ländereyen in Ansehung seiner Nachbarn zu besorgen habe, zeiget Oettinger[LA 15] mit folgenden: Ist derowegen eine hohe Nothdurfft, daß ein Herr seines Landes Grentzen, wo sie nicht von Natur mit Bergen, Thälern, Flüssen u. s. w. scheinbar unterschieden, mit hohen gewapneten Steinen wohlbemarcken, und dieselbe durch seine Beamte in beständigem Wesen verhalten, und keinen unbefugten Eingriff daran thun lasse. Zu welchem Ende die Amtleute in Antretung ihrer Verwaltungen, forderst derselben Weite, Reichen und Begriff nach Anweisung derer aufgerichteten Verträge und Lager-Bücher [838] mit Fleiß erlernen, und wie sie vermarckt, von Steinen zu Steinen, von Zielen zu Zielen erkundigen, solche auch nachgehends offter Mahlen, und gewöhnlich jährlich besuchen, und etwa alle fünf Jahr ein Mahl, nicht allein mit alten des Feldes erfahrnen Personen und Untergängern, sondern auch mit jungen Leuten untergehen sollen, damit sie die Marckstein und Ziele wohl einbilden, und im Gedächtniß behalten, auch über lange Zeit in vorfallender zweifelhafftigen Ungewißheit derer abgegangenen Land-Marcken beständige Kundschafft und Zeugniß ihrer Wissenschafft geben können.
Bey etlichen ansehnlichen Gemeinen ist es gebräuchlich, daß die alten ihre Jugend zu Zeiten, und in gewissen Jahren um die Zwing und Bänn zuführen, und ihnen die Marcken zu weisen, und zum Gedächtniß unter sie Geld und andere Sachen auszutheilen pflegen.
Damit aber die Amtleute desto fleißiger ihrer anbefohlenen Aemter sich angelegen seyn lassen, u. mit mehrern Ernst und Eifer gegen die benachbarten Hand haben mögten, so wären sie zu Zeiten, wenn sie ohne das zur Cantzley oder Rent-Cammer in ihre Rechnungen beschrieben werden, sonderlich auf nachgesetzte Interrogatoria zu befragen, und ob sie wüsten Red und Antwort darum zu geben, zu examiniren.
Erstlich ob die Grentzen ihres anvertrauten Amts allenthalben mit hohen gewapneten Steinen und künstlichen Zeichen wohl vermarckt? ob irgend keine abgangen, und an was Orten? ob sie noch alle an ihren rechten Stellen stehen, oder ob man nicht vermerckt, daß sie verrückt worden? was solche Marckungen ausweisen, ob sie allein die hohe Landes-Obrigkeit, Grund und Boden, oder auch den Forst oder zu Mahl das Geleite unterschieden? wer die angrentzenden Herrschafften, ob sie gute Nachbarschafft halten, oder an denen Grentzen Eingrieff thun? Ob fremde Herrschafften Privat-Güter im Lande, und keine Obrigkeit darauf haben, wie dieselben vermarckt, ob sie gewapnete Steine daran setzen lassen? Ob nicht auch ihre untergebene Amtsassen über die Marckung ausländische Untergang führen, und Marck-Steine setzen lassen? ob sich nicht auf denen Grentzen an der Anwand oder dem Untermarck Schlag- oder Blutrünstige Händel, oder gar Todschläge begeben, und wie sie gerechtfertiget worden? ob nicht in der Nacheile auf dem Unterziele, oder gar über dasselbe, von denen anstossenden oder andern Herrschafften Maleficanten beygefangen worden? ob man nicht ermordete oder erschlagene Leichnamme an und durch die Grentzen geführet? ob sich nicht iemand an denen Grentzen selbst entleibt, und wie man sich in solchem Todes-Fall verhalten habe? ob man nicht in denen Grentzen, auf ihrem anbefohlenen Gebiet, ehe man an die Zoll-Stadt kommt, den Zoll abfahre? ob die Zehent-Herren und vniuersales Decimatores in denen Grentzen des Amts sich derer Novalien anmassen? ob nicht die benachbarten über die Marcken die Weide besuchen u. s. w.
Wenn nun die Amtleute nach Anleitung dieser und dergleichen Fragstücke ihre anbefohlne Amt-Grentzen in guter Obacht halten, und ernstlich Hand haben, die sich zutragende Fälle alle Zeit berichten, und die darauf erfolgende Befehle gehorsamlich exseqviren, so werden sie, so [839] viel an ihnen gelegen, ihren Herrschafften des Orts nichts verabsäumen oder vergeben.
Hier ist auch zu untersuchen, auf welcher Obrigkeit Einwilligung und Auctorität die Marckungs-Steine zusetzen sind. Denn einige rechnen diesen Actum zu der Ober-Jurisdiction, als Ruland.[LA 16] Caspar Leopold.[LA 17] wenn er sagt: Zur hohen Zent gehören die Marckungs-Sachen, Marckstein ausgraben, sie auch heben. Einige aber schreiben ihn denen Unter-Gerichten zu;[LA 18] andere auch wohl gar der Landes-herrlichen Hoheit, als Myler von Ehrenbach in Metrolog. 4. n. 3.
Es ist aber ein Unterscheid zu machen unter denen öffentlichen Grentz-Steinen, durch welche gantze Provintzien und Gebiete von einander gesondert werden, und unter denen Grentzen derer Privat-Leute.
Bey dem erstern Falle ist gewiß, daß die Aufrichtung solcher Grentz-Steine der Direction des Landes-Herrn zustehe, alsdenn die Grentzen und Gerechtsamen seines Landes verwahren und beschützen muß;[LA 19] Hieher gehören des Oettingeri[LA 20] Worte: Die Stein-Satzung oder Land-Scheidung hangen der hohen Landes-Obrigkeit an, und hat einjeder Herr in seinem Lande und Gebiete allein Macht, Marck-Steine zu setzen, die Untergänger zu führen, und keine Außgesessene zuzulassen, und werden solche Anstallten unter die Actus Jurisdictionales oder obrigkeitlichen Handlungen gezählet. Und ferner: Wo auch die Landes-Obrigkeit von der Maleficischen und centbarlichen Obrigkeit abgesondert, und zweyen unterschiedlichen Herren zugehörig, so hat doch der Cent-Herr über die Steinsetzer nichts zugebieten, sondern sie sind dem Herrn des Lands unterworffen.[LA 21]
Aber in dem letztern Falle, wenn die Güter derer Privat-Leute zu begrentzen, so ist wohl die Sorgfalt und Inspection über die Aufrichtung solcher Marckungs-Steine der Obrigkeit, der die Unter-Jurisdiction von dem Landes-Herrn anvertrauet, zuzugestehen. Wehner Obs. Pract. voc. Voigtey.[LA 22] Daraus erhellet, daß die Marckungs-Sachen in so weit zu der centbaren Jurisdiction gehören, wenn etwas in Ansehung dieser Grentz-Steine begangen worden, das an und vor sich selbst die Untersuchung und Ahndung der centbaren Jurisdiction mit sich bringet, und dessen Bestraffung eine Leibes-Straffe involvirt, Vermöge der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung art. 114. Welcher bößlicher und gefährlicher Weise eine Untermarckung, Reinigung, Mahl oder Marck-Stein verrückt, abhauet, abthut oder verändert, soll darum peinlich am Leibe nach Gelegenheit, Gefährlichkeit, Grösse, Gestallt und Gelegenheit derer Sachen, und Person nach Rath gestrafft werden.[LA 23]
Das Amt eines Richters bey der Aufrichtung solcher Privat Grentz-Steine, wenn unter denen Nachbarn Grentz-Irrungen vorfallen, bestehet kürtzlich in solchen: Erstlich muß er eines jeden Possess untersuchen, [840] wer nemlich der gegenwärtige Besietzer der Sache ist, und hier wird die Possess vor gnugsam erwiesen gehalten, wenn einer die Felder hat ackern, besäen und bestellen lassen,[LA 24] hernach muß er um das Eigenthum bekümmert seyn, was ein jeder desselben Orts eigenthümlich berechtiget. Endlich einen Feldmesser an den streitigen Ort schicken, der messen muß, wieviel der Kläger wohl weniger hat, als er haben soll, und wie viel ein jeder besietzt.
Wenn es nöthig ist, muß er den streitigen Ort selbst in Augenschein nehmen, und die Parteyen zu der Besichtigung citiren lassen.[LA 25] und also nach Untersuchung der Sache, so wohl in dem Possessorio als Petitorio, einen Bescheid geben, was einem jeden zugehören soll, und entweder neue Grentz-Steine setzen, oder die alten umgerissenen wieder in Ordnung bringen lassen.[LA 26]
Es geschiehet öffters, daß die Grentz-Steine entweder durch Krieg, oder durch Ueberschwemmung derer Wasser, oder auch durch die Länge der Zeit so undeutlich worden, und in Unordnung gekommen, daß hernach grosse Streitigkeiten dieser wegen entstehen; zu deren Entschuldigung alsdenn gewisse Commissionen angestellt und verordnet werden. Es sind aber die Commissionen entweder gerichtliche, oder aussergerichtliche.
Diese sind, wenn von denen interessirten Parteyen mit Einwilligung derer benachbarten Herren, ohne richterliche Auctorität zur Besichtigung und Setzung derer Grentz-Steine gewisse Deputirten abgeschickt, und dieserhalben besondere Verträge aufgerichtet werden.[LA 27]
Jene aber werden von dem Richter entweder Amts wegen, wenn er si[e]het, daß an der Setzung derer Marck-Steine viel gelegen, auf Anhalten derer Parteyen, wenn nebst dem Zeugen-Verhör der Besichtigung die Clausel die Steine wegzunehmen, oder wieder neue setzen zu lassen angehängt wird. Dieses letztere geschiehet entweder ordentlicher Weise, wenn der Beweis-Termin angesetzt ist, oder ausserordentlich zum immerwährenden Gedächtnisse.[LA 28]
Obwohl in Ansehung dieser letztern Commission ein Zweifel vorfallen könnte, ob sie auch Stat hätte, indem sie sonst nicht, als etwa wegen hohen Alters oder Unpäßlichkeit derer Zeugen, zugelassen ist. Nun können aber die Steine nicht sterben, kranck werden oder untergehen. Ferner ist bekant, daß die Wegnehmung oder Verneurung derer Marckungs-Steine eigentlich zu dem Processe wegen Einrichtung derer Grentzen gehöre, (ad iudicium finium regundorum) daher sie auch nicht eher vorgenommen werden kann, biß der Richter die Sache genau untersuchet, und die Parteyen gebührend darüber vernommen.[LA 29]
Eine zur immerwährenden Gedächtniß angestellte Commission aber geschieht ohne richterliche Erkenntniß nur auf des eigenen Parts Ansuchen.
Dieses alles könnte nun wohl einiges Bedencken verursachen; es wird dennoch nichts destoweniger eine solche Commission bey der Aufrichtung derer Marckungs-Steine, mit gutem Rechte angeordnet, indem auch dieselben durch das Alter undeutlich, verrückt oder verändert werden können.[LA 30] Denn [841] daß solche Steine durch allerhand Zufälle Schaden leiden, ist mehr als bekannt.[LA 31]
Wenn nun eine solche Commission zu Besichtigung derer Grentzen angestellet wird, procedirt man folgender Gestallt: die Commissarii müssen vornemlich dreyerley Personen hierzu citiren lassen, nemlich den Part, der die Commission ausgebeten, seinen Gegentheil, und entlich Grentzverständige. Diese Citation, nebst welcher eine Copey der Commission zu überschicken ist, darf eine nicht gar zu lange Frist in sich begreiffen, als wie etwa das Zeugen-Verhör, weil man hiebey keine Fragstücke von Nöthen hat.
Die Citation ergehet deßwegen an die Parteyen, daß sie sehen, wie die Grentz-verständige in ihrer Gegenwart das Jurament ablegen. Es wird auch ein Actuarius dazu gezogen, der nebst dem Commissario die Aussage derer Feldmesser niederschreibet, und wenn die Parteyen wieder die Messer etwas erhebliches zu erinnern haben, können sie solches dem Commissario vortragen, und sie als verdächtig angegeben. Bey der Citation der Landschieder und Untergänger ist wohl Acht zu haben, daß man solche erwählet, die von dem streitigen Orte nicht gar zu weit wohnhafft: denn so viel als Districte sind, so viele Differentien trifft man bey denen Grentz-Bezühungen an, und also könnte durch fremde Feldmesser, die der Gelegenheit des Orts nicht recht kundig wären, denen Parteyen einiger Tort geschehen.
Sind die vorgeladenen Partheyen erschienen, so geschicht die Legitmation. Darauf bittet der Part, der die Commission ausgewürcket, daß die Marckungs-Steine aufgerichtet, und die Feldmesser vereidet werden. Excipirt nun der Gegentheil wieder sie, daß sie parteyisch seyn, und man findet diese Parteyligkeit, so werden sie alsbald als verdächtige abgeschafft, und andere an ihre Stelle genommen: Ist aber diese Ausflucht von einiger Weitläufftigkeit, und braucht eine mehrere Untersuchung, so wird sie an den Richter gewiesen.
Endlich begeben sich die Commissarii an den streitigen Ort, und erinnern die Feldmesser auf das fleissigste ihres abgelegten Eides. Es wird auch denen Parteyen nicht verwehrt, sich an den Ort mit hin zubegeben. Denn ob sie wohl nur insgemein deßwegen citirt werden, daß sie sehen sollen, wie die Kunstverständige den Eid abschwören, und also ihre Gegenwart zu nichts weiter mehr nöthig zu seyn scheinet; so stehet ihnen doch frey, die Commissarios zu erinnern, daß sie bey der gesuchten Grentz-Bezühung nicht etwa einige Grentz-Steine versehen, oder sonst einigen Irrthum begehen. Widrigen Falls können sie darwieder protestiren, und hierdurch ihr Recht frey behalten.
Bey der Aufrichtung derer Steine muß der Commissarius genau und eigentlich besichtigen, was die Grentz-Steine vor äusserliche Zeichen haben, und bey einem jeden eine summarische Relation auf notiren lassen.
Wenn einige grosse Steine ohne Eyer gefunden werden, so fragt es sich, ob man dieselbe wohl an ihren vorigen Ort und Stelle bringen soll? Die Feldmesser unterlassen es zwar, indem dergleichen Steine die gehörigen Marckmahle, durch welche sie so zu sagen einig Ansehen bekommen, ermangeln; Aber es ist doch aller Dings zu behaupten, und diese Steine müssen auch wieder derer Feldmesser ihren Willen an ihre vorige Oerter gebracht werden. Denn daß sie vor diesen [842] gezeichnet gewesen, und hernach durch derer Leute Betrug oder auf andere Art zu Grunde gangen, können Leute drüber vernommen werden. Damit die Grentzen nun in Zukunfft nicht verdunckelt werden mögen, so müssen diese Grentz-Steine auf ihre vorigen Plätze wieder kommen.
Sind die gesetzten Grentz-Steine so zu Schaden gekommen, daß sie kaum erkennet, oder auf vorige Stelle gebracht werden können, so muß man an deren Stat neue wieder aufrichten, und auch die Eyer, die sonst bey denenselben gewest sind, mit dazu legen.[LA 32]
Nun mögte man zwar einwenden, daß sich die Macht des Commissarii nicht so weit erstrecken würde; Allein er ist auch bißweilen befugt, dasjenige, so mit dem Haupt-Negotio einige Verwandschafft hat, zu expediren. Denn wenn dem Feldmesser frey stehet, auf Ansuchen derer Parteyen solche Grentz-Steine zu renoviren, so wird auch wohl ein Commissarius mit der Einwilligung des ihm adjungirten eben diese Befugniß haben, sonderlich wenn niemand einige Praeiuditz daraus erwächst. Er muß aber bey dieser Renovation in allen Stücken die Figur derer ersten Steine, ihre Grösse, Höhe und Breite vor Augen haben, damit nicht bey sich ereigneten Streitigkeiten ein Irrthum hierdurch entstehe.
Nach vollbrachtem Commissions-Actu, läst derer Commissarius der Feldmesser Relation und alles, was bey der gantzen Commission vorgegangen, in einen Rotulum bringen, und schicket solchen versiegelt demjenigen zu, der ihm die Commission aufgetragen.
Biß Weilen wird auch zu besserer Information des Richters ein Grundriß des gantzen streitigen Platzes beygelegt.[LA 33] Wenn es um Grentzen, Waidwerck, Jagen und dergleichen Jura und Gerechtigkeiten zu thun, und den Augenschein einzunehmen von Nöthen, solle zu des Richters bessern Information eine jede Partey einen richtigen Abriß zu produciren schuldig seyn.
Uebrigens ist zur Erhaltung sonderlich derer öffentlichen Grentz-Steine nicht wenig gelegen, daß sie jährlich von gewissen hierzu bestellten Leuten beritten und besichtiget werden.von Seckendorff im Teutschen Fürsten-Staate I. c. c. 7. §. 6. n. 1. in verbis: Indem er sich läst angelegen seyn, die Grentzen seines Landes, wie er sie von Alters her gefunden, oder durch Verträge mit denen benachbarten getheidiget und eingerichtet, zu erhalten, da er denn jährlich durch die Beamte die Grentzen bereiten und bezühen, auch auf derer benachbarten Thun und Lassen bey denen Grentzen gute Achtung geben, und darüber allenthalben schrifftliche Nachricht und Urkunden aufrichten lässet, dawieder niemand verstattet, daß er seine fremde Botmäßigkeit über die Grentzen erstrecke, Land und Leute zu seinem Gehorsam zühe, oder sonst über die Grentzen mit seiner Macht rücken möge. „Die Sorgfallt die öffentlichen Grentz-Steine zu verwahren, stehet vornehmlich denen Landes-Herren zu.“[LA 34]
Die Aufrichtung und fleißige Verwahrung ermeldter Grentz-Steine pfleget unterschiedene Würckungen nach sich zu zühen, und zwar
1) so erweisen sie nicht nur [843] die Gerechtsame derer Districte und Ländereyen, sondern auch das Eigenthum derer Privat-Leute.[LA 35] Daher werden sie auch bey denen Grentz-Streitigkeiten sonderlich in Consideration gezogen, und man vermuthet in Ansehung ihrer keine Veränderung, biß das Gegentheil erhärtet ist.[LA 36]
Obwohl durch dergleichen Grentz-Steine das Eigenthum erweißlich gemacht werden kann, so muß man doch nicht davor halten, als wenn die Proprietät derer unbeweglichen Güter durch sie eintzig und allein könne bewiesen werden. Denn der Schluß ist nicht richtig: man siehet auf denen Grentzen derer Felder und Districte keine Grentz-Wapen und Marckungs-Steine, also stehet dem Besietzer auch kein Eigenthum über dieselben zu. Es kann einer ja seine Rechte auch auf andere Art durch briefliche Urkunden, alte Zeugen u. d. g. erhärten;[LA 37]
2) Determiniren die Grentz-Steine auch die Pertinentien derer unbeweglichen Güter, welche als ein Anhang zu denen Haupt-Sachen gehören, und ist nicht genug, daß derer Pertinentz-Stücke Erwähnung gethan wird, sondern es müssen auch ihre Grentzen exprimirt und erwiesen werden.[LA 38]
3) Verhindern sie, daß durch das Wasser eines Grund und Boden nichts zuwachsen kann;
4) darf sie auch niemand verrücken, oder ihnen sonst einen Schaden zufügen, welches bey denen alten Völckern schon Gebrauch gewesen. Bey denen Ebräern wurden die, so Grentzen verrückt hatten, nach göttlichen Befehle verflucht, siehe Deut. 27. bey denen Römern mit einer sehr harten Straffe belegt.[LA 39] Ingleichen in der peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Art. 114. eine schwere Straffe auf sie gesetzt, wie aus denen §. 11. angeführten Worten zu ersehen. Einige wollen gar diese Bestraffung auf eine Todes-Straffe erstrecken,[LA 40] welches alsdenn wohl Stat haben kann, wenn der gantzen Republic hierdurch ein sehr groß Praeiuditz und Schade zugezogen wird: arg. I. penult. π. de extraord. Crim. sonst ausser diesen Fall ist dieses Verbrechen wohl nur ausserordentlich zu bestraffen.[LA 41]
Anmerkungen
BearbeitenLiteraturangaben der Vorlage
- ↑ Ruland de Commiss. P. II. Lib. VI. c. 4.
- ↑ L. 3. C. fin. reg.
- ↑ Oetting. de Jure Limit. I. 17. n. 36. ibi.
- ↑ L. 3. C. fin. reg. 8. π. eod.
- ↑ de Jure Limit. I. 17. n. 47.
- ↑ Hieron. de Monte de fin. reg.
- ↑ Besoldus Thes. pract. voc. Marckstein.
- ↑ Oettinger de Jur. Limit. I. 17. n. 20.
- ↑ Oettinger I. 17. n. 9. et 13.
- ↑ in Addit. ad C. ap 2. §. 20
- ↑ L. 2. C. fin. reg. L. 11. π. eod.
- ↑ L. 21. C. maniat.
- ↑ J. E. P. II. Const. 41. Def. 17. inverb.
- ↑ de Probat. Concl. 400. n. 2.
- ↑ I. c. I. 17
- ↑ P. II. Lib. VI. c. 3. n. 13.
- ↑ de concurrend. Jurisd. Qu. 12.
- ↑ Ertel. de Jurisdict. Inf. II. 16.
- ↑ arg. I. 2. §. π. d. O. J. L. 1. §. 12. π. de Off. Praed. Vrb.
- ↑ de Jure Limitum I. 17. n. 47.
- ↑ Myler von Ehrenbach in Metrolog. 14. §. 18. n. 3.
- ↑ Ertel. de Jurisd. infer. I. 6. Obs. 1.
- ↑ Carpzou Prax. Crim. P. III. Qu. 109. et. Q. 83. n. 67.
- ↑ L. 30. §. 5. de adquir. possess.
- ↑ L. 8. π. Fin. reg. I. 3. c. eod.
- ↑ Schneidvv. ad §. 20, J. de Act. n. 21.
- ↑ von Seckendorff Teutscher Fürsten-Staat. Th. II. B. VII. §. 6. n. 1.
- ↑ Ludou. Gilhaus. in Arb. Judic. P. II. 6. Art. 2. §. 10. n. 12. et seqq.
- ↑ arg. L. I. π. de Except. rei iudicat.
- ↑ Ruland de Commiss. P. II. Lib. VI. c. 4. n. 9.
- ↑ Myler in Metrolog. 14. §. 9.
- ↑ arg. I. 1. et. 2. c. de fund. limitroph.
- ↑ arg. Recess. Imp. d. Anno 1654. §. 51. ibi.
- ↑ arg. L. 2. §. 13. π. d. O. J. L. 1. §. 12. π. de Off. Praes.
- ↑ L. 1. §. 4. π. ad Leg. Corn. de fils.
- ↑ L. 2. C. Fin. reg. Sixtin. Consil. 8. n. 40. Volum. III.
- ↑ L. 1. pr. π. de flum.
- ↑ Stryck. de Probat. Pertinent. c. 3. n. 58. et seq. Vol. Disp. vlt.
- ↑ L. 3. I. 4. C. fin. reg. et I. 5. C. vnde vi.
- ↑ Blumlacher Art. cit. ad 114. n. 1.
- ↑ Oettinger de Jure Limit. Hildebrand de Diuersitate Lapidum finalium eorumque Jure.