Zedler:Cyrus, ein Sohn Cambysis
Cyrus, ein Sohn Cambysis, des Persers, und Mandane der Tochter des Astyagis, Königs in Meden. Diesem soll getraumet haben, daß das abgeschlagene Wasser seiner Tochter gantz Asien überschwemmete, und ein andermahl, daß aus dem Schooß derselben ein Weinstock wüchse, der gantz Asien bedeckte, darüber fragte er die Wahrsager, welche ihm sagten, es bedeute die Hoheit und Gewalt des Sohnes, der ins künfftige von ihr würde gebohren werden; aber auch zugleich, daß dieses Kind, ihn von seinem Reich entsetzen würde. Damit nun Astyages denen Erfüllungen dieser Prophezeyungen zuvor kommen möchte, wolte er erstlich seine Tochter gar nicht verheyrathen, hernach vermeynte er sich genug vorgesehen zu haben, wenn er sie keinem gewaltigen Printzen, sondern dem Cambyses gäbe, der ein Priester und mittelmäßigen Standes war, und den er vor zu schlecht hielt, grosse Sachen mit seinem künfftigen Sohne anzufangen, oder ihn durch seine Gewalt und Reichthümer zu etwas grossem behülflich, mithin ihme dem Astyages, gefährlich und schädlich zu seyn. Astyages ließ es dabey noch nicht bleiben, die Furcht vor dem Sohn seiner Tochter Mandane, und die Besorgniß, es möchte das demselben sein hertzhaffter Muth, oder sonst ein glücklicher Zufall ersetzen, was ihm an Stande und Herkommen fehlete, brachte ihn so weit, daß er sich entschloß, seiner Tochter ungebohrnen Sohn gar um das Leben zu bringen, gab also einem seiner Bedienten Befehl, mit Namen Harpagus, so bald als das Kind zur Welt käme, es zu tödten. Harpagus fürchtete, Mandane möchte diese That an ihm rächen, und lieferte das Kind ann einen Schaff-Hirten des Königs, damit es derselbige wegbrächte. Die Frau aber dieses Schäfers bewegte die Schönheit des jungen Cyri, ihren Mann zu bitten, lieber ihr eigen, wie erzehlet, todtgebohrnes Kind, auf den Weg zu legen, und an dessen statt den jungen Printzen zu behalten, welches auch geschahe, und wurde also dem Cyro das Leben gefristet, den man unter denen Hirten des Königs erzogen. Als nun eines Tages die Hirten-Knaben untereinander spielten, und den Cyrum zum Könige erwählten, hatte er mit einem seinem Befehl zu gehorchen weigernden Knaben so übel gehandelt, daß die Klage durch dessen Eltern gar vor den König Astyages gebracht wurde. Dieser ließ Cyrum ruffen, und erblickte gleich an seinem Ansehen, daß er etwas Grosses hätte, auch einige Züge im Gesicht von seiner Tochter Mandane blicken ließ. Er untersuchte demmach die Sache aufs allergenaueste, und erfuhr, daß es in der That sein Enckel wäre. Weil ihn nun Harpagus beym Leben erhalten hatte, ließ er ihm zur Straffe seinen eigenen Sohn ums Leben bringen, und satzte ihm denselben [1967] zu essen vor, ohne daß der Vater etwas davon wuste, biß ein ziemliches von dem Fleisch seines Kindes er zu sich genommen. Ubrigens beredete sich Astyages, daß das Königreich, welches dem jüngern Cyro von denen Weisen prophezeyet worden, wäre, was er bey denen kleinen Hirten-Knaben spielend innen gehabt, sich weiter nichts böses oder nachtheiliges von ihm vor seine Person befahrende. Unterdessen als Cyrus grösser worden war, und sich bey seinen Eltern in Person aufhielt, entdeckte ihm Harpagus das gantze Geheimniß seiner Geburt, und auf was Art er ihn der Grausamkeit seines Groß-Vaters entrissen hätte, ermahnete ihn auch nach Meden zu kommen, und versprach ihm behülfflich zu seyn, daßer sich dieses Landes bemächtigte, und seinen Groß-Vater des Throns entsetzte. Dieser Vorschlag gefiel demselbigen, daß er sich bewegen ließ mit denen aufgebrachten Persern in Meden zu ziehen, allwo Harpagus ihm wiederstehen solte, aber es so kartete, daß Cyrus Astyagem in unterschiedenen Schlachten erlegte, und endlich gefangen bekam, wodurch er einen Anfang zu dem Persischen Reich, welches auf den Untergang des Medischen gegründet wurde, machte. Dieses geschahe im 19 Jahre der Regierung des Römischen Königs Seruii Tullii A. M. 3426 und im 558 Jahr vor Christi Geburt. Nach diesem bahneten ihm seine viele Siege und Eroberungen den Weg zur Monarchie. Als Croesus, der König in Lydien, sich vornahm, den Lauff seiner glücklichen Progressen zu hemmen, kam er darüber um Land und Leute A. M. 3440. und noch darzu in die gröste Lebens-Gefahr, sintemahl er schon auf dem Scheiter-Hauffen war, daßer solte verbrannt werden. (siehe Croesus.) Auch eroberte Cyrus durch Harpagum die Griechischen Städte in Klein-Asien, welche es mit Croeso gehalten, so, daß sich sein Reich völlig biß ans Mittelländische Meer erstreckte. Auch als die Lydier sich empörten, wurden sie durch Mazarem gedämpffet und entwaffnet, auch alle Kriegs-Ubungen bey denenselben für die künfftige Zeit aufgehoben, welchen Rath Croesus selbst Cyro gegeben hatte, damit ins künfftige destoweniger von ihm zu besorgen hätte. Ferner ließ GOtt durch diesen Cyrum sein Volck aus der Babylonischen Gefängniß erlösen; Denn A. M. 3446 belagerte er Babylon, ließ den Fluß Euphratem in einen andern Canal ableiten, welchen er, ohne daß die Babylonier einige Nachricht davon bekommen, oder wenigstens, ohne daß sie muthmasseten, als ob er Vorhabens wäre, den Fluß abzuleiten, und sich dadurch einen Weg in ihre Stadt zu bahnen, indem es nur schiene, daß er dadurch sein Lager gegen ihre Ausfälle verwahren wolte, durch seine Armée verfertiget, und eroberte solchergestalt diesen Ort, nachdem er zuletzt unversehens den Canal biß in den Fluß fortgesetzt, in einer Nacht, da die Feinde nach einem gefeyerten grossen Fest meist im Schlaff und Trunckenheit darnieder lagen. Da er nun also im 22 Jahr seiner Regierung die Persische Monarchie würcklich angefangen, gab er hernach die Jüden aus der Babylonischen Gefängniß loß, und erlaubte ihnen wiederum in ihr Land zu ziehen, und die Stadt Jerusalem samt dem Tempel zu bauen. Theodorertus berichtet, daß ihm Daniel seinen Namen im Jesaia, und die Weissagung von solcher Begebenheit gezeiget habe. Mittlerweile muste sich diesem Uberwinder gantz Asien unterwerffen, welcher [1968] unter andern auch die Massagetas bekriegte, und ihre Armée samt deroselben General Spargapise, der Königin Tomyris Sohne, schlug und erlegte. Wobey Cyrus die List soll gebraucht haben, daß er unter dem Schein einer Flucht sein Lager voll Prouiant, und sonderlich Wein hinterlassen, und als sich die Scythen wohl bezecht, solche unversehens überfallen. Allein nicht lange hernach kam diese Königin selbst mit einer mächtigen Armée ins Feld, brachte die Perser in Unordnung, wobey Cyrus selbst das Leben einbüssete. Worauf die Königin Tomyris ihm den Kopff abhauen ließ, und selbigen in ein mit Blut angefülltes Gefäß tauchte, dabey sagende: Er sollte sich nun mit demjenigen recht erfüllen, wornach ihn so sehr gedürstet hätte. Man hält insgemein dafür, daß dieser sein Todes-Fall sich begeben habe A. M. 3455 und im 9 Jahr seiner Persianischen Monarchie, welche von seiner übrigen Regierung muß unterschieden werden, als die zusammen 30 Jahr gewahret hat. Ihm succedirte sein Sohn Cambyses. Xenophon in Cyropaedia. Valerius Miximus IX. 10. Herodotus I. 30. seqq. Thucydides I. Justinus. Josephus Antiqu. XI. Diodorus Siculus II. Cresias apud Photium. Eusebius Chron. LX. & in praepar. Evang. Torniel. & Salianus A. M. 3494. sq. Scaliger de emendat. temp. V. Vsser. annal. Prindeaux Alt- und Neu-Test. II. 112.