Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Caninchen-Garten und Caninchen-Gehäge

Band: 5 (1733), Spalte: 539–541. (Scan)

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Caninchen, Caninichen, Caninen, Carnickel, Königlein, Kaninchen, Küniglein. Lat. Cuniculus, Frantzösisch Lapin, Italiänisch Coaiglio, Spanisch El Coneio.

Ein furchtsames, wildes Thier, so groß, wie eine mittelmäßige Katze, und einem Haasen gleich, jedoch weit kleiner, dahero es gleichsam derer Haasen Zwerg genennet werden kan, indem es nicht allein der Gestalt an Gliedern, an gewöhnlicher Farbe und aller Zubehör, sondern auch an der Natur und Eigenschafft in allen Stücken denen Haasen gleichet. Der Kopff siehet einem Katzen-Kopffe in etwas ähnlich, nur sind die Ohren ein gut Theil länger und gerade. Die Augen sind groß. Es hat vier Zähne in jedem Kiefer, davon die untersten dermassen nahe bey einander stehen, als ob sie nur aus einem Stücke wären. Sein Schwantz ist kurtz und dünne, doch mit vielen Haaren besetzt. Das Weiblein heist im Frantzösischen Lapine, wenn es aber alt worden, nennen sie es Haze.

Es giebt dreyerley Arten von Caninichen, die der Farbe, Haltung und Schmackhafftigkeit nach von einander unterschieden, als die wilden und zweyerley zahme Arten. Die wilden, die in ihrer Freyheit in denen Wäldern und Höltzern leben, sich in Caninichen-Bergen aufhalten, und mit Wachholder, Qwendel und andern gewürtzhafften Kräutern nähren, hält man am Fleisch für die gesundesten und besten; man findet dieselben sonderlich in Franckreich, England, in denen Niederlanden und andern Orten mehr; sie sind meistens röthlicht-grau, und viel schneller als die gemeinen; man [540] fängt sie daselbst mit einem Fredel, oder wilden Iltiß, den man zahm gemacht, und mit einem Leder gleichsam geharnischt, um vor ihren Bissen gesichert zu seyn, auch mit einem Schellgen behangen, damit sie diese Iltisse aus ihren Höhlen in das Garn treiben.

In unsern Landen siehet man nichts von dieser Art, und müssen wir uns allein mit denen zahmen und eingefangenen behelffen.

Sie sind an Farbe nicht einerley, einige sind gantz schwartz, oder gantz weiß, andere aber graulicht oder sprencklicht. Die Bälge von denen gantz schwartzen und gantz weissen, werden vor etwas edler gehalten, als derer andern ihre.

Einige halten auf die Caninichen in ihrer Haußhaltung so viel, als auf allerhand Geflügel-Werck, so sie auf ihren Gütern und Vorwergen haben. Sie sind gut zur Nahrung und Speise, brauchen keiner grossen Wartung, noch Sauberung ihrer Nester, indem sie ihre Löcher in der Erde selbst zubereiten, auch mit weniger Kost vorlieb nehmen; wo sie nur Platz und Weide haben, so nähren sie sich mit allen, was ihnen die Natur bescheret. Sie nehmen allerhand Eingeschneidel und Auswurff aus denen Küchen-Gärten willig an; Graß, Heu, Rüben fressen sie, am liebsten aber den Klee, Braun-Kohl, Aeffel, Brod. Sie sind sehr fruchtbar, und kan ein Männlein wohl zehen Weiblein begatten, massen sie meistens alle Monathe 5 biß 6 Junge haben, welche auf Frantzösisch Lapreaux heissen. Diese werden blind gebohren, und bleiben also biß auf den neundten Tag; biß in die dritte Woche muß man ihnen Milch geben, sind sie einen Monath oder sechs Wochen alt, so sind sie zur Speise am besten und zärtesten. Wenn die Weiblein Junge haben, pflegen sie den Eingang ihrer Höhlen mit Laub und andern Strauchwerck vor die Männlein zu verwahren, weil diese die Jungen würgen sollen. Sie graben ihre Löcher, oder Gebäude nicht in sandigten, da es nachfallen mögte, sondern in leimigten Boden, an Hügel oder Berge, gegen die Sonne.

Einige behaupten, wenn man die Männlein castrirte, so würden sie nicht allein frömmer, sondern auch viel fetter und schmackhaffter als die Cappaunen, und gleichten sie hernach fast denen Haasen; Es brauchte bey ihrer Castrirung keiner weitern Mühe, als daß man ihnen die Geylen mit einem scharffen Messerlein ausschnitte, und die Wunde mit altem Schmeer salbete, ohne daß man sie ihnen zunähete, und liesse sie also in dem Garten hin und her lauffen, weil sie sich bald wieder ausheileten. Man gebraucht keine sonderbare Zeit dazu, sondern wie sie zum öfftern tragen, so kan man auch die jungen Männlein zum öfftern schneiden.

Daß die Caninichen zur Speise mit gebraucht werden, ist oben gesagt. Doch sind sie in Teutschland nicht so gänge als in England und Franckreich.

Die wilden, welche viel gesünder und schmackhaffter, als die zahmen sind, auch nicht so viel Unreinigkeiten bey sich führen sollen, kan man an der Farbe, Geruch und Geschmack unterscheiden. Sie schmecken fast wie die jungen Hühner; man bratet oder fricassiret sie, oder schlägt sie in eine Pastete; man pflegt gerne etwas Knoblauch in die Brühe zuthun. Die jungen Caninichen sind eben wie die Haasen, weit zärter und besser, als die eines Jahres alt, je älter, je härter.

Denen jungen Caninichen schreiben einige die Tugend zu, daß sie sehr gute Nahrung gäben, und die bösen Feuchtigkeiten in dem Magen verzehreten: doch sollen sie gebraten gesünder, als gekocht seyn. Ueberhaupt führen diese Thürlein viel flüchtig Saltz und Oel: In denen Apothecken hat man davon 1) das gantze Thierlein [541] verbrannt, 2) das Fett, 3) das Gehirn. Das gantze verbrannte Thiergen ist gut vor die Entzündung des Halses, wenn man es mit einem Kästen-Blat überleget; das Fett ist vor die Nerven und Gelencke, und zertheilet; das Gehirn soll dem Gifft wiederstehen, sonst kommt es mit dem Gehirn des Haasens überein.

Cuniculus heist dieses Thier, weil es seine Löcher unter der Erde, gleich einer Mine oder Höhle und Lager eines andern Thieres, zu machen pfleget, welches im Lateinischen auch Cuniculus genennet wird.