Zedler:Bärtiges Frauenzimmer
Bärtiges Frauenzimmer, es sind zwar die Bärte eigentlich eine männliche Eigenschafft, und nur denen Männern von der Natur gegeben, doch hat auch schon vor alten Zeiten die Erfahrung gelehret, daß, wie offtermals Weiber ein Männer-Hertz, also auch einen männlichen Bart haben. In Egypten u. Georgien haben die Weiber eben Bärte, wie die Männer. Daneus d. Heresib. c. 97. p. 593. So wurden auch von denen heydnischen Göttinnen etliche mit Bärten abgeschildert, wie aus dem Bilde der Venus, so die Inwohner in Cypern zu ihren Wahrzeichen hatten, deutlich wahrzunehmen. Gleichergestalt ward auch die Fortuna mit einem Bart vorgestellet; und unter solch bärtiges Frauenzimmer ist S. Liberata, sonst Wilgefortis genannt, ingleichen Phaetusa von Abdera, Gorgippia aus Namysien, Galla Symmachia, Helena Antonia, Jacoba Nigra, Maria Pellegrina, Margaretha, Kaysers Caroli V. natürliche Tochter, Barbara Vrsleria, und andere mehr zu rechnen. Von dem bärtigen Frauenzimmer fällt Appulejus in seinem Asino Aureo L. II. folgendes Urtheil: daß, wenn auch ein Frauenvolck von Himmel herab fiele, wie die Venus aus dem Meer entstünde, von den Wellen erzogen, und von dem gantzen Chor der Gratien nebst allen Liebes-Göttern begleitet würde, nach lauter Zimmt und Balsam röche, und mit dem Gürtel der Venus umgeben wäre, würde sie dennoch, wann sie in einen Bart erschiene, niemanden, auch dem Vulcano selber nicht gefallen. M. Antonii Vlmi Physiolog. Barb. Hum. III. 11. p. 397. Aldrovand. Hist. Monstr. p. 210. & 446. Jo. Georg. Joch. de Foem. Barb. Nur noch an. 1732. den 22 Mertz ist zu Dreßden im Lazareth Rosina Margaretha Müllerin, eine Jungfer von 64 Jahren, gestorben, welcher in ihrer zwölf wöchentlichen Kranckheit im Gesichte ein grosser über 2 Zoll langer Bart gewachsen, welchen raren Zufalls wegen man sie etliche Tage lang in Sarge sehen, auch der Vice-Kunst-Cämmerer Michaelis selbige abmahlen, und das Gemählde in das Königliche Naturalien-Cabinet bringen lassen. Kern Dreßdnischer Merckwürdigk. 1732. m. Mart. Sect. 2. p. 22.