Wie die Nachricht von dem Ableben Napoleons I. in Europa aufgenommen wurde

Textdaten
Autor: Walther Kabel
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Titel: Wie die Nachricht von dem Ableben Napoleons I. in Europa aufgenommen wurde
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aus: Deutscher Hausschatz, Illustrierte Familienzeitschrift, 37. Jahrgang Oktober 1910 – Oktober 1911, Seite 935
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Erscheinungsdatum: 1911
Verlag: Friedrich Pustet
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Erscheinungsort: Regensburg, Rom, New York, Cincinnati
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Wie die Nachricht von dem Ableben Napoleons I. in Europa aufgenommen wurde.

Am 5. März 1821 starb einsam und verbittert auf der Insel St. Helena an Magenkrebs der Mann, vor dem ganz Europa einst gezittert hatte. Dieses Ereignis wurde auffallenderweise von den Regierungen, die an der Person des Korsen ein Interesse hatten, zunächst völlig verschwiegen. In Frankreich brachte das offizielle Blatt „Moniteur“ erst am 6. Juli 1821 an versteckter Stelle die Nachricht, daß „englische Zeitungen den Tod Bonapartes melden“. Einige Tage später, nachdem aus London die offizielle Bestätigung von Napoleons Ableben eingetroffen war, brachte dann auch die übrige Pariser Presse meist recht kurz gehaltene Artikel über die letzten Stunden des „Gefangenen von St. Helena“. Madame de Boigne erzählt hierüber in ihren Erinnerungen folgendes: „Dieselben Pariser, die etwa ein Jahrzehnt vorher ihrem großen Kaiser, wo er sich nur zeigte, enthusiastisch zujubelten, nahmen die Kunde von seinem Tode mit einer Gleichgültigkeit auf, die wieder einmal das Wort von der Wandelbarkeit der Volksseele recht traurig illustrierte. Auf den Boulevards schrien die Zeitungsverkäufer aus: ,Der Tod Napoleon Bonapartes für zwei Sous!‘, machten aber sehr schlechte Geschäfte. Nur wenige kauften die Extrablätter.“

Im englischen Parlament wurde die Nachricht bekannt, als gerade über die Verstaatlichung der indischen Handelskompagnie debattiert wurde. Ein Vertreter der Regierung kam in den Saal gestürmt und unterbrach den augenblicklichen Redner: „Der Korse ist tot.“

Große Aufregung bemächtigte sich der Parlamentsmitglieder. Da sprang ein Abgeordneter namens Lowndes von seinem Sitze empor und rief: „Herr Präsident, ich beglückwünsche Sie zu dieser Neuigkeit.“

Darob allgemeine Entrüstung, die sich in lauten Pfuirufen Luft machte.

Nachdem die Ruhe einigermaßen wieder hergestellt war, erhob sich Sir Douglas Rinnaud und bat ums Wort.

„Ich glaube im Sinne der Mehrheit dieses Hauses zu sprechen, wenn ich erkläre, daß es eines Engländers unwürdig ist, sich über den Tod eines Feindes zu freuen.“

Allgemeiner Beifall. Sofort erhebt sich Lowndes zu einer Entschuldigung.

„Ich habe unser Land nur dazu beglückwünschen wollen, daß der Unterhalt des Gefangenen von St. Helena nicht mehr das englische Budget belastet.“

Wieder laute Pfuirufe. Der Abgeordnete Sir Lionel Worster schreit Lowndes ins Gesicht: „Sie haben England vor aller Welt blamiert, Sie Krämerseele!“

Die Folge war ein Pistolenduell zwischen den beiden Abgeordneten, bei dem Lowndes einen Lungenschuß erhielt, an dessen Folgen er in Nizza genau ein Jahr nach dem Tode Napoleons, am 5. März 1822, starb.

W. K.