Weinsberg, vormals freie Reichs-, jetzt württemb. Oberamtsstadt. Chronik derselben/Anhang

« Teil 3 Ferdinand Ludwig Immanuel Dillenius
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[262]

Anhang.




Lieder.


1) Die Weibertreue, aus dem Prolog zum Schauspiele:
„Weinspergige Belägerung vor etlich hundert Jahren von ehelicher Weibertrew“,
durch Petrum Nichthonium, Vinomontanum. Nürnberg MDXIV.
Zu Seite 17.


Es ward zum Keyserthumb erwählt
Konrad der Dritt’, ein Mann ins Feld,
jedoch ganz milt, barmherzig, gütig,
zu solcher Herrschung auch sanftmüthig,
christlich, gottsförchtig, g’recht und fromb,
deß hat er ewig Lob und Ruhm;
ja, wegen dieser seiner Tugend,
die er bewies schon in der Jugend,
ward er von Churfürsten erwählt,
daß ihm der Zepter zu ward g’stellt,
zu herrschen das ganz römisch Reich.

Als dieß vernahm Herzog Heinrich,
ward er so in ein Zorn bewegt,

[263]

daß er sich wider’n Keyser legt.
denn er vermeint, dieweil es wär
Lothar, der Keyser, ja sein Schweer,
so g’hör billich nach sei’m Verfallen
die Kron’ ihm, Heinrichen, vor Allen;
fieng auch darüber an zu kriegen,
doch thät der Keyser wid’r ihn siegen,
daß auch Heinrich thät drüber sterben,
die Keysers-Kron doch nicht erwerben.

Doch Herzog Wolf nach diesem kam,
desselben Kriegs sich unternahm,
als seinem Bruder zu succediren,
ob ihm etwan die Kron möcht gebüren,
aber das Glück – contrari das
begegnet ihm in gleicher Maß;
denn er innerhalb kurzer Tagen
vom Keyser zweimal *)[1] ward geschlagen,
daß er auch endlich drüber mußt
davon ablassen mit Verlust,
Und gab sich nach Weinsperg hinein,
nam Stadt und Schloß von ersten ein
zu sei’m Vortheil, indem er sucht
auf dießmal hier seine Ausflucht. **)[2]

Darauf sich dann auch bald hinnäh’rt
der Keyser und belagert härt
die Stadt und Schloß in großer Summ
seines Kriegsvolks ganz um und um,
daß auch kein Mensch draus oder drein
ohn Lebensg’fahr möcht kommen seyn.
Jedoch übt er kein sonder Macht,
dann Ihre Majestät gedacht
die Stadt damit nur auszuhüngern
und als sich zu ergeben zwingen,
dieweil ohn’ das zum Krieg die Stadt
sich gar nicht proviandiret hat.

Und wie er ihm aber fürgenommen.
so hats den Ausgang auch gewonnen.

[264]

Denn die daroben in dem Schloß
trieb endlich Hunger lang und groß,
daß sie Klein, Groß, sambt Alt und Jungen,
sich zu ergeben wurd’n gezwungen;
doch wolltens ein Legation
zuvor hinab ins Lager thun,
mit einem demüthigen Fußfall,
ob sie doch könnten auf dießmal
der Stadt und Schloß erlangen Gnad,
weil Ihr Keyserlich Majestat
ergrimmet und erzürnet syn
über das Schloß samt allen drin,
wie auch der Stadt. Drum sie dießmal
dem Keyser thaten den Fußfall.
Ihr Majestät aber gar nit wollt,
daß ihn’n Gnad widerfahren sollt;
denn er kurz rund in dreien Tagen
die Stadt und Schloß und was sie haben
samt allem drin aufheben wollt,
dafür denn gar Nichts helfen sollt.
Wollt also auf ihr Suppliciren
vom Keyser keine Gnad gebühren.

Endlich wurd’ auch zum Andernmal
der edlen Frauen eine Zahl
samt hochgeborner Herzogin
und kluger Ober-Hofmeisterin
vom Schloß hinab ins Lager gesandt,
die sich so kräftiglich verwandt,
daß sie bald durch Fürsichtigkeit,
wie durch Verstand und Freundlichkeit
beim Keyser brachten doch zuwegen,
daß sich sein Zorn thät etwas legen.

Von diesen Frauen ward vollbracht,
was Niemand wohl zuvor gedacht,
und lautet also fest ihr Flehen:
der Keyser soll sie nicht verschmähen,
weil ihn ein Weib mit Angst und Plagen
hätt unterm Herzen auch getragen,
mit Schmerzen (nach der Schrift Bericht)
gekommen an das Tageslicht,
mit großer Fahr dann aufgezogen,
Nahrung von einem Weib gesogen;
drum wieder lassen Huld genießen,
soll uns sein Herz nit gar verschließen,
sondern um dieser Weiber willen
den Zorn in Sanftmuth lassen stillen.
Weil aber Ihre Majestat
den Männern schon Geleit versagt

[265]

bei der ersten Legation
bleibt auch die Confirmation,
daß, was zu thun Sie vor geruht,
Sie fänd hier keine Ändrung gut.

Den Weibern doch auf ihr Begehren
wollt er die Gnade frei bescheren,
(weil sie so mächtig Ihn gebeten)
daß Jeder ihre Kleinodketten
von Gold und Silber, Sack und Pack
und was sie lieb’ und tragen mag,
geschenkt seyn soll, auch ziehen sollen
ohn Hinderniß, wohin sie wollen;
und daß sie zögen all in Ruh
sagt sicheres Geleit Er zu.

So weit versprach der Keyser sich;
die Weiber drehten’s listiglich.
Als nun der Tag sich nähern wollte,
daß man die Stadt aufgeben sollte,
die Schlüssel liefern zu dem Thor
den Keiserischen, so davor
gewartet und gespottet viel:
sieh’, da begann ein seltsam Spiel.

Denn alle Weiber haufenweis
gesammelt standen drin mit Fleiß,
und all zusammen beschworen hatten,
ihr Leben zu lassen bei ihren Gatten;
welches die klug Hofmeisterin,
ein Weib voll Witz, Verstand und Sinn,
durch ihre Weisheit ausgedacht,
mit der sie auch zu Wegen bracht,
daß sie so wunderlich bekommen
des Keysers Huld und angenommen
ohn all Entgeltniß, Schuld und Pön;
sie wußten dießmal zu entgeh’n.
Denn die verständige Matrone,
wohl aller frommen Frauen Krone,
die man doch billig loben muß,
vom Scheitel an bis auf den Fuß,
wiewohl sie auch ein Menschenkind,
bei dem gewiß Gebrechen sind,
thät doch mit ihrem weisen Rath
hier eine löblich schöne That,
und war der Nutzen wundergroß
für Mann und Frau in Stadt und Schloß.

Denn sie erinnert unverzagt,
was laut der Keyser zugesagt,
nämlich, daß alle sie, die Frauen,
ganz wohl versichert, voll Vertrauen

[266]

und ohne Schuld abziehen sollten
und Jeder auch, was sie nur wollten,
und tragen könnten von edlem Gestein,
was ihnen lieb, soll ihre seyn.
Nun wüßten sie auf dieser Welt
ja Lieb’rers Nichts, was ihnen g’fällt,
denn ihre Männer fortzutragen,
weil ja der Keyser zuzusagen
geruht, daß Jede tragen möchte,
was Lieb- und Theures sie gedächte.

Dieß wollten sie, als Ehrendamen,
zusammen thun in Gottes Namen,
ihre Männer auf ihren Rücken nehmen,
und sich der Last mit nichten schämen;
auch sie voran, die Herzogin,
auf ihrem Rücken tragen hin
ihr’n lieben Herrn, den Herzog Wolfen;
vielleicht mit Gott würd’ ihr geholfen,
daß er doch Gnad erlangen thät
bei Keyserlicher Majestät.

Nun sollten Alle mit ihr wallen;
wie’s dann Ihr gienge, geh’ es Allen.
Also die fromme Fürstin zart
Anführerin der Frauen ward.

Als aus den Thoren zog der Hauf,
da ward ein starkes Zugelauf
von Männern und Weibern draus im Feld
und Keyserischen aus jedem Zelt.

Da Keyserliche Majestät
die Mähr’ auch bald vernehmen thät,
erblickte selbst mit Augen Sie
ein solch Spectakel, welches nie
seit Weltbeginn geschehen war;
was auch Sie gleich bewegte gar
aus Grimm und Zorn in Freundlichkeit
und preisliche Barmherzigkeit
durch dieser weisen Weiber That,
durch die Gott zeigte Hülf und Rath,
daß dießmal Beide, Frau und Mann,
Er nahm zu Huld und Gnaden an. *)[3]

Da mag der Leser denken frei,
Was Frohmuth da gewesen sey.




[267]

2) Die Weiber von Weinsberg von Bürger. 1774. *)[4]
Zu Seite 14.


Wer sagt mir an, wo Weinsberg liegt?
Soll seyn ein wackres Städtchen,
soll haben, fromm und klug gewiegt,
viel Weiberchen und Mädchen.
Kömmt mir einmal das Freien ein,
so werd’ ich Eins aus Weinsberg frei’n.

Einsmals der Kaiser Konrad war
dem guten Städtlein böse,
und rückt’ heran mit Kriegesschaar
und Reisigengetöse,
umlagert’ es mit Roß und Mann
und schoß und rannte drauf und dran.

Und als das Städtlein widerstand
trotz allen seinen Nöthen,
da ließ er, hoch von Grimm entbrannt,
den Herold ’nein trompeten:
ihr Schurken, komm ich ’nein, so wißt,
soll hängen, was ein Mannsen ist.

Drob, als er den Avis also
hinein trompeten lassen,
gabs lautes Zettermordio
zu Haus und auf den Gassen.
Das Brod war theuer in der Stadt;
Doch theurer noch war guter Rath.

„O weh mir armen Korydon!
o weh mir!“ die Pastores
schrie’n: Kyrie eleyson!
wir geh’n, wir geh’n kapores!
o weh mir armer Korydon!
es juckt mir an der Kehle schon.“

Doch wenn’s Matthä’ am Letzten ist,
trotz Rathen, Thun und Beten,
so rettet oft noch Weiberlist
aus Ängsten und aus Nöthen.
Denn Pfaffentrug und Weiberlist
geh’n über Alles, wie ihr wißt.

[268]

Ein junges Weibchen Lobesan,
seit gestern erst getrauet,
gibt einen klugen Einfall an,
der alles Volk erbauet,
den Ihr, sofern Ihr anders wollt,
belachen und beklatschen sollt.

Zur Zeit der stillen Mitternacht
die schönste Ambassade
von Weibern sich ins Lager macht
und bettelt dort um Gnade.
Sie bettelt sanft, sie bettelt süß,
erhält doch aber Nichts, als dieß:

„Die Weiber sollten Abzug han
mit ihren besten Schätzen;
was übrig bliebe, wolle man
zerhauen und zerfetzen.“
Mit der Kapitulation
schleicht die Gesandschaft trüb davon.

Drauf, als der Morgen bricht hervor,
gebt Achtung! was geschiehet?
Es öffnet sich das nächste Thor
und jedes Weibchen ziehet
mit ihrem Männchen schwer im Sack,
so wahr ich lebe! Huckepack!

Manch Hofschranz suchte zwar sofort
das Knifchen zu vereiteln.
Doch Konrad sprach: „ein Kaiserwort
soll man nicht dreh’n noch deuteln.
Ha bravo! rief er, bravo so!
Meint’ unsre Frau es auch nur so!“

Er gab Pardon und ein Banket
den Schönen zu gefallen;
da ward gegeigt, da ward trompet’t
und durchgetanzt mit allen,
wie mit der Burgermeisterin,
so mit der Besenbinderin. –

Ei, sagt mir doch, wo Weinsberg liegt?
Ist gar ein wackres Städtchen;
hat treu und fromm und klug gewiegt
viel Weiberchen und Mädchen.
Ich muß, kommt mir das Freien ein,
fürwahr! muß Ein’s aus Weinsberg frei’n.




[269]

3) Die Belagerung von Weinsberg, im pfälzischen Kriege 1504, durch Herzog Ulrich, beschrieben durch dessen Zeugwart, Johann Glaser von Urach
Zu Seite 92.



Darnach (von Neustadt) man weiter gerückt hat
gehn Weinsperg für die hohen Vest;
selzam waren ihn’n solche Gäst.
Den Berg belagert man überall
zu beiden Seiten bis ins Thal.
Die Muetter ist da uf die Kirchwyhe kommen
hat Schwester und Bruder mit ihr g’nommen,
die habend da ein Hofrecht g’macht
und sechs von Ulm mit ihnen bracht,
auch den Trochen von Hall,
und Aine heißt die Nachtegall;
vier Korthonen richt man darzu,
und Aine die haißt die Unruh. *)[5]

Der Narre wollte auch seyn im Spiel,
derselb der gab der Würff so viel,
hat die von Weinsperg übel verdrossen
vier, die habend Eisen geschossen.
Die Schlangen habends auch übel gebissen,
das ist manchem Mann wohl zu wissen.

Ain Thurn den schoß man oben ab
und auch die Mauer bis uf den Grab.
Man zerschoß den Mantel und das Ritterhaus,
Die Stain, die wüschten hinten hinaus.
Das Schloß ward beschossen nach aller Not.

Darnach schanzt man für die Statt drot (dort)
zu allernächst für die Porten (Thore)
man hat sie geängst an allen Orten;
man nahm ihn’n den Brunnen mit Abentheur
und warf hinein mit brinnendem Fewr.
Daß Nachts ward ufgeruft ein Frid;
das wußten die von Meckmülen nit,
sie wollten Morgens in G’hülf her kommen,
deß hand sie grossen Schaden g’nommen.
Sie wurden trieben bis an den Graben,
die von Urach ihr’r viel erstochen haben
und auch die von Rosenfeld,
darum ichs jetzund billich meld,
dieselbe Nacht hand sie gewacht.

Hett man sie bei Zeit laufen lon,
so wär ihr’r Kainer kommen davon.

[270]

Doch hab ich selbs müntlich hören sagen:
„man gewinns (Weinsberg) nit inn Jar und Tagen,
man müeß davon ziehen abe“.
Ich lob Gott, daß sie g’logen haben
und die Wahrheit nit gesprochen –.
Er gewanns em dann in drei Wochen,
und rückt in der dritten Wochen darvon;
ain andern Ort nam man on.

Ich mein Widdern, die alte Statt.




4) Willkomm für die neuvermählte Kronprinzessin v. Württemberg, Großfürstin Olga,
an Fuße der Weibertreue mit einem Weibertreu-Ringe von Justin. Kerner, 22. Sept. 1846.


Seht Ihr vom Berg des Schlosses Trümmer ragen?
Hier war es, wo in starker Vorzeit Tagen
errettend aus der feindlichen Gewalt
die Frauen ihre Männer treu getragen.
Und hier macht treue Liebe gerne Halt.

Hier, Lieblichste! laß eine Bitte wagen:
Nimm zu des Nordens reichem Diamant,
gedenkend unsrer Burg der Frauentreue,
aus ihr ein Steinchen an die schöne Hand!
Ob glanzlos auch, wirds nicht von Dir verkannt.

Fahr freudig weiter in Dein schönes Land,
wo immer Berge grüßen Dich aufs Neue
mit goldnen Trauben von der Felsenwand,
hin, wo der Fruchtbaum seinen grünen Bogen
zum Schattendach Dir wölbt an Neckars Strand,
der zu Dir eilt in himmelblauen Wogen,
in’s Land, wo Bürgerherzen hell gezogen
um’s Königshaus ein diamantnes Band.

Und wer hat Dich, du Liebliche! gesandt? –
der Engel, der zu früh sich fern gewandt, *)[6]
der Engel, der wie Du, ein Stern aus Norden,
zum Liebessterne unser’m Land geworden.

J. Kerner. Ged. 5. Aufl. p. 307.




[271]

5) Die Ringe von der Weibertreue.
S. oben J. 1824. Von N. G.


Von allen Ringen hier auf Erden
sagt! welche sind am meisten werth,
durch Lied und Sang erhöht zu werden
daß sie der deutsche Sinn verehrt,
werth, daß wir sie an allen Frauen
an aller Mädchen zarter Hand
als schönsten Schmuck und Kleinod schauen
im ganzen deutschen Vaterland? –
     Es sind, ich sag’ es ohne Scheu
die Ringe von der Weibertreu.

Und wenn auch and’re Ringe glänzen
mit Steinen aus dem Morgenland,
mit Saphir aus Brasiliens Gränzen
und mit dem seltnen Diamant:
dieß Ringlein glänzt mit edlern Steinen
als jener fremde Flittertand;
und doppelt schön muß uns erscheinen
der Edelstein aus deutschem Land.
     Und fragt ihr, welcher Stein dieß sey?
Es ist ein Stein der Weibertreu.

Ein Stein, aus jener Burg gehauen,
wo aus dem frommen Alterthum
die edle That von Weinsbergs Frauen
herüberglänzt mit ew’gem Ruhm.
Vor’s Städtchen zog zur blut’gen Rache
der Kaiser einst mit starkem Heer;
vergeblich wurde bald die schwache,
doch heldenmüth’ge Gegenwehr,
und ohne Weiber-List und Treu
wär’s mit dem Städtchen schon vorbei.

„Die Weiber, und was auf dem Rücken
sie retten, das nur schone ich,“
so sprach der Kaiser. Mit Entzücken
lud Jede schnell den Mann auf sich.
Und seltsam zieh’n sie so von hinnen
durch’s Lager durch mit Bangigkeit.
Der Kaiser sieht’s – traut kaum den Sinnen –
erstaunt und – lächelt und verzeiht.
     Errettet waren nun und frei
die Männer durch die Weibertreu.

Drum wenn in einer sel’gen Stunde
der Jüngling die Geliebte wählt,

[272]

und zu der Liebe ew’gem Bunde
das Herz dem Herzen sich vermählt,
dann soll sie dieser Ring verbinden
– nicht mehr ein Ring aus fremdem Land,
und Jedem sinnvoll es verkünden:
er sey der Treue Bild und Pfand.
     Und fest und unerschüttert sey
in ihrem Bund die deutsche Treu.

Und prahlt der Mann mit seinen Schlachten
mit Männerthat und Heldenmuth,
will er das schwäch’re Weib verachten
wie Mancher thut im Übermuth,
dann ohne Streit – statt aller Klage –
statt aller Antwort hebe sie
den Finger in die Höh’ und sage
dem übermüth’gen Manne: sieh!
     sieh hier zu Deiner Schaam und Reu
das Ringlein von der Weibertreu.

So geht denn hin nach allen Zonen,
ihr Ringe mit dem edlen Stein!
Kehrt ein, wo treue Weiber wohnen
vom Donaustrome bis zum Rhein!
Und möchten wir an allen Frauen
an aller Mädchen zarter Hand
Euch bald als Schmuck und Kleinod schauen
im ganzen lieben Vaterland!
     Und wo Ihr hinkommt, blüh’ auf’s Neu
die alte deutsche Weibertreu!

Jan. 1824.




6) Die Stiftung des Frauenklosters Lichtenstern durch Luitgardis von Weinsberg. S. ob. J. 1242. Von J. Kerner.


Zu Weinsberg steht ein Hügel,
der grauer Vorzeit Trümmer trägt,
in denen Westhauchs Flügel
in stiller Nacht die Harfe schlägt. *)[7]

Hörst Du dieß fremde Klingen
vom Berge durch die Rebenflur:
fragst Du: woher dieß Singen?
singt ihren Kummer die Natur?

[273]

Ich Armer, halb erblindet,
saß jüngst dort auf bemoostem Stein;
da hat der Klang entzündet
im Innern mir den hellsten Schein.

Ja, Dank dem Traumgesichte,
so mir die äuß’re Nacht zerstreut!
In mir im hellsten Lichte
steht dieses Berges alte Zeit.

Da ragen hohe Thürme,
da steht ein langes Ritterhaus,
Ringmauern, fels’ge Schirme
die blicken stolz das Thal hinaus.

Da reiten kühne Ritter
durch’s Eisenthor im Kleid von Stahl;
doch aus Verließes Gitter
statt Harfenlaut – tönt Laut der Qual.

Und in der Burgkapelle
da kniet in tiefer Finsterniß
beraubt der Augenhelle
die fromme Gräfin Luitgardis. *)[8]

Sie spricht, und Thränen floßen:
„bekränzt hat heut mein Kind Dein Bild
mit Lilien und Rosen,
o Mutter Gottes, reich und mild!“

„Nur Einmal noch laß sehen
den Gatten mich, das süße Kind!
dann werd’ ich, soll’s geschehen
nach Gottes Rath, gern wieder blind.“

Lang fleht sie so in Nächten,
bis draußen auch erstirbt das Licht;
als plötzlich ihr zur Rechten
Maria strahlend steht und spricht:

„o Menschenleid! hast Gränzen!
Dir werde Mehr, als Du gefleht!
Blick auf und sieh erglänzen
den Stern, der licht gen Morgen steht!“

Das Fenster der Kapelle
aufwehet Paradiesesduft;
aufblickt die Gräfin helle
und sieht den Stern in blauer Luft;

[274]

Sieht hoch aus goldnen Lüften
die Mutter Gottes lächeln mild;
ein wundersüßes Düften
ringsum das Rebenthal erfüllt.

Des Dankes Thränen floßen
aus Augen klar, nie wieder blind,
auf des Altares Rosen
und die der Luft – auf Mann und Kind.

Und dort, wo sie erschaute
den lichten Stern, am Walde fern,
ein Kloster sie erbaute,
das hieß zum Dank sie: Lichtenstern.

Die Glocken hör’ ich klingen,
hör’ in des Chores Heiligthum
viel zarte Stimmen singen:
„der Mutter Gottes Preis und Ruhm!“

Des innern Schauens Schimmer
ungern aus meiner Seele schwand.
Da lag die Burg in Trümmer
und die Kapelle nicht mehr stand;

Und wehmuthsvoll aus Mauern
klang mir der Aeolsharfe Laut,
als hätt Natur zum Trauern
sich ein Asyl hier aufgebaut.

Ich rief: „o du Kapelle!
zeig mir von Dir noch einen Stein!
Um meiner Augen Helle
soll heiß auf ihm gebetet seyn!

„Und Du, Maria, Reine!
Kommts, daß mein Auge decket Nacht,
hier mir in Lieb erscheine
und zeig mir eines Sternes Pracht!

„Kein Kloster kann ich bauen;
doch, Mutter Gottes! mein Gesang
soll tönen lieben Frauen
zum Preis und Ruhm mein Leben lang!“

J. Kerner’s Ged. 5. Aufl. p. 121.




[275]

Reihenfolge der Superintendenten und Stadtpfarrer zu Weinsberg seit der Reformation.


Vor dem Interim.
  1. Erhard Schnepf, geb. in Heilbronn 1. Novbr. 1495, studirte in Heidelberg Jura, wurde J. U. Dr., wandte sich nachher auf Bitten seiner Mutter zur Theologie, pflichtete Luther’s Lehre bei und wurde hier als ev. Prediger um 1520 angestellt, 2 Jahre; in Wimpfen 1522; Prof. in Marburg 1526; Spitalprediger in Stuttgart 1535–38; Dr. u. Prof. Theol., zugleich Superatt. im Stift und Superint. in Tübingen 1544 bis 1548; Prof. theol. in Jena 1548, † daselbst 1. Nov. 1558.
  2. Johann Gailing, geb. in Ilsfeld; Pfarrer in Ilsfeld ca. 1523; hier 1530–48, 18 J.; hielt sich von 1548–51 in Löwenstein auf; Stadtpf. in Beilstein 1551–52; in Gr.Bottwar 1552–59, † daselbst 1559.
Nach dem Interim:
Superintendenz bis 1586.
  1. Johann Dieterich, Geburt unbekannt; hier Superint.; Todesjahr unbekannt.
  2. M. Wilhelm Binß, Geburt unbekannt; hier Superint. 155…72; Todesjahr unbekannt.
  3. M. David Bab, Geburt unbekannt; zweiter Stiftsdiacon in Stuttgart 1561/62; erster ib. 1562/64; Pfarrer in Ensingen 1564–73; hier Superint. 1573–86, 13 Jahre; kommt später nirgends vor. Das hiesige Todtenbuch beginnt aber erst mit 1589.
Von 1586 bis 1612 unter der Superintendenz Möckmühl;
von 1612 bis 1710 unter der Superintendenz Neuenstadt.
  1. M. Jacob Erhard, Geburt unbekannt; erster Stiftsdiacon in Stuttgart 1574/76, Pfarrherr und Dechant in Güglingen 1576–86; hier Stadtpf. 1586–96, 10 Jahre; † hier 20. Juni 1596.
  2. M. Alexander Bauhof, Geburt unbekannt; Diac. in Waiblingen 1569–71; erster Stiftsdiacon in Stuttgart 1571–73; Pf. in Höpfigheim 1573–88; Superint. und Stadtpf. in Waiblingen 1588–96; hier Stadtpf. 1596–1617, 21 Jahre; † hier emeritus rude donatus 20. Juni 1625.
  3. M. Johann Conr. Pfeil, Geburt unbekannt; Repet. 1606–09; Diac. in Canstadt 1609–17; hier Stadtpf. 1617–36, 19 Jahre; † hier 5. Sept. 1636.
  4. M. Conrad Oesterlin, Geburt unbekannt; Pf. in Ober-Eisisheim 1626–36; hier Stadtpf. 1636–68, 32 Jahre; † hier 5. Oct. 1668. (Hat die höchste Zahl hies. Dienstjahre.)
  5. M. Johann Georg Esenwein, Geburt unbekannt; erster Stiftsdiac. in Stuttgart 1656–59; Stadtpf. bei St. Leonh. ib. 1659–69; hier Stadtpf. 1669–80, 11 Jahre; Superint. in Markgröningen 1680–84.
  6. M. Johann Ludwig Neuffer, Geburt ca. 1640; Diac. in Marbach 1661/69; Pf. in Münster 1669–75; Stadtpf. in Beilstein 1675–80; hier Stadtpf. 1680–90, 10 Jahre; † hier 30. Mai 1690, s. allegor. Gemälde im Chor. oben S. 161 fgd.
  7. M. Johann Ludwig Hochstetter, Geburt unbekannt; Repet. 1668–74; Pf. in Lampoldshausen 1678–80; Diac. in Neuenstadt 1680–90; hier Stadtpf. 1690–93, 3 Jahre; † hier 3. Sept. 1693.
  8. M. Alex. Rudolph Wolfhard, Geburt unbekannt; Pf. in Clever-Sülzbach 1667–74; in Ottmarsheim 1674–93; hier Stadtpf. 1694–1703, 9 Jahre; Stadtpf. in Groß-Bottwar 1703–15.

[276]

  1. resp. 1. Sup. M. Joh. David Hermann, geboren Bietigheim 14. Febr. 1667; Repetent 1691–99; Kloster-Präc. in Blaubeuren 1699–1703; hier Stadtpf. 1703–10, zugleich Superint. 1710–14; † hier 13. April 1714.
Von 1710 an wieder eigene Superintendenz.
  1. Sup. Joseph Malblank, Geburt unbekannt; ev. französ. Prediger in Stuttgart 1699–1702, Hofcaplan das. 1706/14; hier Sup. 1714–27, 13 Jahre; † hier 20. Mai 1727.
  2. M. Friedr. Wilh. Schmid, Geburt unbekannt; Repetent 1707–08; Pfr. in Rommelshausen 1708–27; hier 1727–42, 15 Jahre; † hier 4. März 1742.
  3. M. Phil. Gottfr. Faber, Geburt unbekannt, Diac. in Besigheim 1717/30; Diac. extraord. in Stuttgart 1730/31; Diac. bei St. Leonhard ib. 1731/33, Spital-Diac. ib. 1733–41; zweiter Stifts-Diac. 1741/42; hier 1742–1752, 10 Jahre; verschwindet 1752, scheint anderswo ruded. gestorben zu sein.
  4. M. Friedr. Christian Oetinger, geboren Göppingen 6. Mai 1702; Repet. 1732–38; Pf. in Kl.Hirsau 1738–43, in Schnaitheim 1743–46, in Walddorf 1746–52, hier 1752–59, 7 Jahre; Superint. in Herrenberg 1759–65; Abt (Prälat) in Murrhard 1765–82; † das. 10. Febr. 1782.
  5. M. Friedr. Christian Steinhofer, Geburt unbekannt; Repetent 1733; Pfarrer in Dettingen 1749–53; in Ehningen 1753–59; hier 1759–61, 3 Jahre; † hier 11. Febr. 1761.
  6. M. Sixt Jac. Kapf, geboren Schorndorf 1714; Pf. in Ebhausen 1744/49; Diac. in Winnenden 1749–61; hier 1761–70, 9 Jahre; † hier 24. Aug. 1770.
  7. M. Joh. Albrecht Klüpfel, geboren Unt.Ensingen 1727; Diac. in Weilheim 1755/56; Pf. in Eberstadt 1756–70; hier 1770–95, 25 Jahre; † hier 10. Mai 1795.
  8. M. Phil. Christian Gratianus, geboren Oberroth 1742; Diac. in Neuenstadt 1773–82; Pf. in Ofterdingen 1782–95; hier 1795–99, 4 J.; † hier 6. Jan. 1799.
  9. M. Franz Christian Neuffer, geboren 9. Nov. 1755, Diaconus allhier von 1786–99; Dec. hier 1799–1812, 13 J.; Decan u. Stadtpf. in Hall 1812; pens. 1830, † 1835.
  10. M. Frdr. August v. Heyd, geboren in Bissingen 1. Dec. 1749; Prediger an der hohen Carlsschule 1779; Diac. in Calw 1781–98; Decan u. Stadtpf. in Markgröningen 1798–1812; hier 1812–36, 24 Jahre; Ritt. d. O. der württ. Krone 1835; pens. 1836; † allh. 12. März 1840.
  11. M. Ferdinand L. I. Dillenius, geboren in Urach 2. Jan. 1791, Garnisonsprediger in Gmünd und Zuchthauspf. in Gotteszell 1814–17; Pf. in Ober-Bebingen 1817 bis 1824; Pf. in Steinenberg 1824–29; Decan u. Pf. in Blaufelden 1829–36; hier 1836–57, 21 Jahre; A. A. pensionirt 10. März 1857 und Ritter des K. württ. Friedrichs-Ordens. Zieht nach Stuttgart, Mai 1857.
  12. Dr. phil. Carl G. Fr. Hegelmaier, geboren in Pfeffingen 24. Dec. 1804; Dr. phil. 1827; Rep. 1829; Pf. in Sülzbach 1832; Decan und Stadtpf. in Sulz 1843, Ritter des Friedrichs-Ordens 1856; hier 1857. 21. April.


Reihenfolge der Obervögte, Vögte und Oberamtleute von Weinsberg.

1) Churpfälzische – auf Burg Weinsberg: Hans Horneck von Hornberg. 1450. – Lutz Schott. Ritter. 1460. – Marx von Wollmarshausen. 1495. – Hans von Helmstadt. 1497.

2) Herzogl. Württembergische: Georg von Vellberg. 1516. – Sebastian von Nippenburg. 1518. – Unteramtmann: Sebastian Breuning 1516. S. oben S. 98.

3) Östreichische: – (der Letzte auf der Burg) Obervogt: Graf Ludwig Helfrich von Helfenstein. 1525. S. oben Seite 103–114. [277] 4) Wieder Herzogl. Württembergische, in der Stadt: Christoph von Hasperg, O.A.M. 1526, nach dem Bauernkrieg. – Hans von Massenbach, genannt Thalacker. 1571. – Wolfgang, Graf von Löwenstein. 1583.

5) von Trautmannsdorf’scher: NN. 1635–46.

6) Wieder Herzogl. Württembergische: Johann Jacob Myller (Müller), Amtsvogt 1650. – Johann Nicolaus Ritter, Stadt- u. Amtsvogt, Neuenstein. Hofrath. 1670. – Ludwig Albrecht Hauff, J. U. Lic., Vogt, 1676. – Johann Conrad Stigler, J. U. Lic., Vogt, 1706. – * * * Ritter, Vogt zur Zeit des großen Brandes, 1707–37. – Herkules Felix von Bidenbach, Obervogt, 1744–47. – Baron von Spiznas, letzter Obervogt, 1747–55. – Ferdinand Conrad Hochstetter, † 1751. Letzter Vogt. – Carl Ludwig Malblank, † 1785, Oberamtmann. – O.A.Mann Hofrath Fetzer, R. d. C.V.O., 1785–1809. – Kön. O.A.M. Dapp, 1809–11. – O.A.M. Dr. Spittler 1811–17. – O.A.M. v. Wolff, R. d. C.V.O., 1817–42. – O.A.M. Zais, 1842–52. – O.A.M. Bürger 1852.

Nach Trennung der Justiz und Verwaltung. O.A.Richter: Böcklen 1818–23. – O.A.R. Heyd 1823–39. – O.A.R. Römer 1839–49. – O.A.R. Berner 1849–52. – O.A.R. Zimmerle 1852.




Örtlichkeit.

Die hübsche Ansicht von Stadt und Burgruine Weinsberg, welche wir dieser Chronik beigeben, verdanken wir der Güte des Herrn Oberamtsgerichts-Actuars Freiherrn von Breitschwert, welcher sie vom Rappenhofer Weg und der künftigen Bahnlinie aus aufgenommen hat und damit den Weinsberger Freunden auch ein Andenken stiften wollte.

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Weinsberg liegt im nördlichen Theile des württemb. Neckarkreises, 14 geometr. Stunden nördlich von Stuttgart, 1½ geometr. Stunden nordöstlich vom Neckar und Heilbronn. Über das Mittelmeer erhebt sich die Erdfläche an der zu oberst gelegenen Kirche 764′ württemb., die am ehemaligen Rosenwirthshaus in der mittleren Stadt 708′ württemb.; die Erdfläche am Thurme der Burgruine 946′ württb., der Rand des Thurmes 976′; die Kirche liegt also 56′ und die Burg 238′ höher, als die Mitte der Stadt.

Die ziemlich kleine, ohne die zugetheilten Mühlen etc. dermalen nur 1853 Seelen zählende Stadt ist amphitheatralisch um den südöstlich vorspringenden Fuß des sogen. Burgberges angebaut, gegen Süden in das Thälchen des sogen. Saubachs bis an dessen Rinnsal sich herabsenkend, während der gedachte Fuß des Burgbergs vor der Stadt draußen nördlich in das circa 60–70′ tiefere Sulmthal, genannt Weinsberger Thal, hinabspringt. So ist sie gegen Nordwest und Norden durch den Burgberg gedeckt, gegen Süden den Sonnenstrahlen offen, vor den Nebeln des Neckarthales in Nordwest, West und Südwest durch den dazwischen liegenden Jägerhaus-, Galgen- und Wartberg geschützt. Vom gedachten Jägerhausberge aus bietet dieselbe in ihrem amphitheatralischen Ansteigen gegen den Burgberg hinauf, mit dessen Ruinen hoch über ihren Giebeln, eine sehr malerische Ansicht.

Da die Stadt, als freie Reichsstadt, von der hohenstauffenschen Zeit (circa 1240) her bis 1440, nicht zur Burg gehörte, obwohl sie gleichen Namen trugen, so stand [278] auch ihre einstige Befestigung mit der der Burg in keiner Verbindung; vielmehr mußte sie sich in dem Streite mit dem Burgherrn Konrad IV. im Jahr 1312 sogar vertragsmäßig verpflichten, zwischen Stadt und Burg keine Mauer aufzuführen und, sollte es dennoch geschehen, Konraden nächst der Demolirung 2000 Pfund Heller erlegen; welcher Revers aber, nach dem Eintritte Weinsbergs in den großen Städtebund, von Engelhard VIII. im Jahr 1379 als ungültig zurückgegeben werden mußte. Die hiernach rundum aufgeführte, dicke und hohe Stadtmauer umgibt noch jetzt die Stadt, wenn auch mit bedeutender Erniedrigung und Abtragung des ehmaligen bedeckten inneren Ganges auf derselben, a) auf der ganzen Nordseite – also gerade gegen die Burg hin – vom noch stehenden nordöstlichen Eckthurme, früher Gefängniß – jetzt Kerner’schen Thurme bis zu dem im Jahr 1805 abgetragenen sogen. Wolfsthurme in der nordwestlichen Ecke bei der Kirche, wo noch ein neueres, jetzt zugemauertes Bogenthörlein sichtbar ist. Ziemlich in der Mitte zwischen beiden, nahe bei der Kirche, stand ein jetzt gänzlich abgetragener dritter fester Thurm, in welchem noch im Februar 1725 bei dem Abbrennen des benachbarten Bandhauses das Weibergefängniß und über demselben die Wohnung des Schweinhirten war. Hier ist wohl das Pförtlein zu suchen, durch welches im Jahr 1525 die von der eroberten Burg herabkommenden Bauern unter Dionys Schmid eindrangen. Das dortige sogenannte obere Feuerthor gehört einer neueren Zeit an. s. J. 1811.

b) Auf der Westseite zieht sich die Stadtmauer von obgedachtem nordwestlichem Eckthurme (Wolfsthurme), von außen durch einen hohen, jetzt mit Obstbäumen besetzten Damm gedeckt und innen durch ziemlich hohe Strebepfeiler gestützt, bis zu dem Durchbruch, welcher im Jahr 1844 wegen Anlegung der neuen, ebenen Straße nach Heilbronn gemacht worden ist. Unterhalb dieses Durchbruches senkt sie sich bis zu einem früheren, circa 1809 gemachten Durchbruche, dem vormaligen Heilbronner Staketenthor, wo ein fester, längst abgetragener Thurm stand und von da in südlicher Richtung hinter dem alten Spital bis zu der Ecke am Stadtbach herab.

c) Nahe an dieser südwestlichen Spitalecke, an der Südseite der noch jetzt in einer Höhe von ungefähr 5–6′ die Stadt hier umschließenden Mauer, stand das im Jahr 1525 von den Bauern erstürmte dreifache untere Thor mit einem festen, im Jahr 1805 abgetragenen Thorthurme, damals der einzige Ausgang aus der unteren Stadt. Der auf die sog. Bleiche führende Durchbruch durch diese südliche Stadtmauer, das nicht mehr verschließbare sogen. untere Feuerthor, seinem Namen nach ein Rettungsthor bei Feuersbrünsten, gehört einer neueren Zeit an (s. J. 1783). Noch erhalten, im Jahr 1853 bei dem Brand des dortigen Stadtmagazins völlig ausgebrannt, aber im nämlichen Jahre wieder restaurirt, ist der an dieser südlichen Stadtmauer stehende, von dem an ihm vorüberfließenden Saubach benamste Sauthurm, mit Uhr und Glocke zu einem Wachtthurme eingerichtet. Von ihm aus zieht sich die Mauer bis an die Stadtmühle ostwärts.

d) Von dieser südöstlichen Ecke steigt sie an der Ostseite der Stadt bis zum oberen Thor, dem früher einzigen Ausgange aus der oberen Stadt, mit einem im Jahr 1809 abgetragenen, mit einem Säulen- und Staketenthore vertauschten, festen Thorthurme. Denn der Durchbruch am östlichen Ausgang der unteren Gasse, dessen hölzernes Thor längst verschwunden ist, wie die Staketen und Säulen des oberen Thores, gehört einer viel späteren Zeit an, circa dem Schlusse des vor. Jahrhunderts. Von diesem oberen Thore erhebt sich die Mauer vollends bis zu dem unter a) [279] genannten nordöstlichen (Kerner’schen) Eckthurme, womit die befestigte Umfassung der Stadt vollendet war.

Außerhalb der Stadtmauer war die Stadt rundum mit einem Graben umgeben, welcher jetzt auf der Ostseite aufgefüllt und überbaut – nachdem sein letzter Rest, ein kleiner ausgemauerter Feuersee circa 1800 verschwunden – auf der Nordseite planirt und im Jahr 1758 unter dem Namen des grasigen Haags zu einem Stadt-Baumgarten angelegt ist. Auf der Westseite ist er in einen, gegen die Burg ansteigenden Weg und in einen mit Obstbäumen besetzten Mauerdamm verwandelt. Die Südseite (Thalseite) war wohl durch einen vom sogenannten Saubach gespeisten und geschwellten Kanal mit Ziehbrücke verwahrt. Noch im Jahr 1758 wurden die Stadtgräben nach dem Stadtprotokoll gefischt und neu besetzt. S. oben Seite 180.

Jenseits desselben, vor dem unteren Thor (s. oben b), liegt die Wiese, auf welcher im Bauernkriege am Osterfest 1525 die gefangenen Ritter und Reisige durch Spießjagen hingerichtet wurden und wo nachher eine Sühne-Kapelle erbaut werden mußte (s. die Gesch. v. 1525). Diese Kapelle stand bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, wurde zuletzt als Rumpelkammer, Wagenremise etc. benützt und im Jahr 1800 an einen Gerber verkauft, der sie theilweise abbrach und ein neues Haus darauf setzte. Der jetzige Bewohner hat beim Neubau die achteckigten Fundamente derselben, das Fundamentsgemäuer von einem Altare gegen Osten und auf der Nordseite einen Bogen von der Eingangsthüre gefunden.

Die in der Nähe stehende alte Linde verdankt ihr Dasein ebenfalls jener unglücklichen Katastrophe. Sie wurde gesetzt, weil die Gerichte des wiederaufgebauten Dorfes „nur vor dem Flecken unter freiem Himmel und auf dem Platz der mörderlichen That gehalten werden durften.“ Ihre Äste wurden später mit Säulen unterstützt, an denen außer den Namen von Gerichtsherren die des Vogts Malblank, Oberamtmanns Hochstetter und Oberamtmanns Fetzer zu lesen sind. Im Jahr 1809 von französischen Cuirassieren, die ihre Pferde daran anbanden, umgestürzt, wurden sie circa 1830/32 wieder aufgerichtet. Im Jahr 1813 wurden 3 neue Linden dazu gesetzt.

Auch vor dem oberen Thore stand noch im Jahr 1767 bis in’s laufende Jahrhundert eine Linde auf einem freien Gemeindeplatze, da, wo jetzt das Oberamtsgerichtsgebäude steht.

Die ziemlich unregelmäßige Anlage der Stadt konnte auch nach dem großen Brande von 1707 nicht wesentlich verbessert werden (s. d. Gesch. v. 1707), nur daß der gegen Süden stark abhängige Marktplatz bedeutend vergrößert und mit neuen ansehnlichen Gebäuden besetzt wurde. Die die Stadt von Westen nach Osten durchschneidende Hauptgasse, Mittelgasse genannt, zugleich Poststraße von Heilbronn nach Öhringen und Hall, welche in den Wintermonaten schwach beleuchtet wird, ist nicht geradelinig und besonders in der Mitte der Stadt sehr enge. Eben so wenig hält die zweite, tiefer liegende, parallel mit ihr von West nach Ost laufende untere Gasse eine gerade Linie ein, wenn sie auch, aber nur theilweise, weniger eng ist. Die größte Enge hat die dritte, vom obern Markt aus parallel mit den beiden ersteren gegen Osten laufende sogenannte obere Gasse, welche durch Stiche am Ein- und Ausgang schwer befahrbar ist.

Die Hauptstraße fand ihren Eingang ursprünglich durch das einzige untere Thor auf der Südseite der Stadt beim alten Spital (s. oben c); später, im Jahr 1811 durch einen Durchbruch auf der Westseite, an welchen ein Staketenthor mit Thorhäuslein gesetzt wurde. Im Jahr 1844 wurden, um den bedeutenden Stich von [280] diesem Thor herauf bis zum Markt zu umgehen, mehrere Häuser ab- und die obere westliche Mauer durchgebrochen, so daß man jetzt durch eine breite und ebene Straße von Westen her bis auf den Markt gelangt. Der einzige Ausgang aus der Stadt war – s. oben d) – das obere Thor.

Die übrigen Nebengassen steigen von der tieferen Südseite gegen Norden zum Theil unfahrbar, krumm und sehr eng zur Mittelstraße, und von da mehrere mit Staffeln zur oberen Gasse und Kirche auf, wohin vom Markt aus etliche und 80 circa 12′ breite Staffeln, mit Absätzen bei den zu beiden Seiten liegenden Amtsgebäuden, führen.

An Staatsgebäuden sind hier zu nennen:

Das Oberamtsgerichtsgebäude vor dem oberen Thore, wo früher eine Linde auf einem freien Gemeindeplatz stand (1767), von Stadtrath, vormaligem Traubenwirth Mall auf diesem Platze als Champagnerfabrik (Ende der 1830er Jahre) neuerbaut, von dessen Erben im Jahr 1855 erkauft, an der Stelle des, innerhalb des oberen Thores stehenden, an Kaufmann Ruthard verkauften früheren, 1821 erkauften Oberamtsgerichtsgebäudes.

Das Oberamtsgebäude an der unteren östlichen Ecke des Marktes und am Anfang der Mittelstraße, nach Abbrennung des Vogteigebäudes bei dem großen Brande von 1707 von den Kilianschen Erben und der Gräfin de la Contrey in Jahr 1730 erkauft, wogegen das im Jahr 1708 „am Kirchhof“ wieder aufgebaute Vogteigebäude dem Keller überlassen wurde.

Das Decanathaus, an der oberen östlichen Ecke des Marktes, am Eingang der oberen Gasse gelegen, nach dem großen Brand im Jahr 1708 von einem Privatmann erbaut und im Jahr 1742 von den Hofmann’schen Erben zur Wohnung des Decans und geistlichen Verwalters erkauft an der Stelle der früheren Wohnung, welche im Jahr 1743 an den Kellereiküfer Gerock um 600 fl. verkauft wurde, mit – jetzt abgegangenen dreifachen herrschaftl. Fruchtkästen unter Dach, einem großen, zu ⅔ vermietheten Keller und einer kleinen Scheuer und Stallung in geschlossenem Hinterhofe (gem. mit O.A.M).

Das Cameralamtsgebäude, quer auf der halben Höhe des Kirchbergs und an einem Absatze der obgedachten Kirchenstaffeln gelegen; an der Stelle der 1707 abgebrannten, bei der oberen Thorkelter gelegenen Kellerei, deren Scheuerlein an die gedachte Thorkelter angebaut war, wovon noch jetzt Spuren sichtbar sind. Hier war die 1708 wieder aufgebaute Vogtei, welche zur Zeit Vogts Hochstetter leer stand, weil dieser ein eigenes Haus besaß. Nach Erkaufung der Wohnung der Gräfin de la Contrey für den Vogt, blieb dieses Haus Kellerei, nachher Cameralverwaltung.

Das Diaconathaus, oberhalb des Marktes, am ersten Absatze der obengedachten Kirchenstaffeln gelegen, hinten von der hier noch hohen westlichen Stadtmauer gedeckt; an der Stelle der a) 1707 mit Scheuer und Kelter und wieder b) 1744 abgebrannter Helferhäuser (welche, und zwar a) am unteren Markt, b) in der mittleren Gasse, nahe beim oberen Thore, standen), im Jahr 1817 von Bürgermeister Plank erkauft, der es kurz zuvor vom Stadtschreiber Zeller erworben hatte. S. oben 1744.

Das Präceptoratshaus, oberhalb des Diaconathauses am 2. Absatze der Kirchenstaffeln gelegen; unter den 1707 abgebrannten herrschaftlichen Häusern nicht mitgenannt, also damals nicht mit verbrannt, gehörte nach den Lagerbüchern von jeher der geistlichen Verwaltung.

Das nach der Zerstörung von 1525 (zufolge einer noch vorhandenen Jahrszahl) [281] 1527 wieder aufgebaute Bandhaus mit einem großen Keller darunter, über dessen Öffnungsbogen die Jahrszahl 1626 steht; bei dem Brand von 1707 mit allen seinen Materialien verbrannt; von Stein bis zum Dachstock, in welchem ein Fruchtkasten eingerichtet ist; im Jahr 1725 abermals abgebrannt und nach der Jahrszahl über dem Bogenthore wieder aufgebaut im Jahr 1755 (von der Herrschaft aber jetzt an die Stadt verkauft). Es steht auf dem Niveau der Kirche, innerhalb der nördlichen Stadtmauer.

Die 1707 ebenfalls abgebrannte und in den folgenden Jahren wieder aufgebaute Zehndscheuer mit dem sogenannten tiefen Keller darunter, unweit des vorgedachten Bandhauses an der sogenannten Burggasse gelegen. Ist erst im letzten Jahrzehnd durch Verkauf in das Privateigenthum eines Bürgers übergegangen.

Die Kelter am oberen Thore, genannt Baukelter, mit einem großen Fruchtkasten darüber, abgebrannt 1707 und in den folgenden Jahren wieder aufgebaut und

die Badstubenkelter in der unteren Stadt, unweit der südlichen Stadtmauer, waren früher ebenfalls herrschaftliches Eigenthum, wurden aber im letzten Jahrzehnd bei Pachtung des Zehndens von der Stadt erworben, wozu 1859 auch der noch vorbehaltene Fruchtkasten auf der ersteren (der Baukelter) kam.

An öffentlichen, städtischen und Stiftungsgebäuden sind zu nennen:

Die die ganze Stadt überragende, die Spitze der Anhöhe, um welche die Stadt gebaut ist, krönende Pfarrkirche.

Ihre Erbauung müssen wir wohl in’s 9. Jahrhundert versetzen, da Weinsberg schon damals erweislich Capitelssitz des V. (oder nach Würdtwein des VII.) Archidiaconats vom Würzburger Sprengel war, also wohl auch seine eigene Pfarrkirche hatte. (Das jetzt so viel größere Heilbronn, Öhringen, Lauffen etc. gehörte zum Weinsberger Capitel.) S. oben S. 69.

Andere glauben sie von den alten Grafen von Calw im 11. Jahrhundert erbaut. Mauch, in seiner Abhandlung über die mittelalterlichen Baudenkmale, will die Erbauung des Thurmes seinem Style nach in die spätere Zeit des 12. Jahrhunderts verweisen, hält übrigens die Erbauung der Kirche vor dem Jahr 1140 für wahrscheinlich. Am unwahrscheinlichsten ist die Behauptung der, auch sonst werthlosen Oesterlin’schen Reimchronik von 1758, welche Engelhard IV. v. Weinsberg im Jahr 1269 die Kirche in der ihn nichts angehenden Reichsstadt bauen läßt; wahrscheinlich eine Verwechslung mit der kleinen Spitalkirche bei dem in diesem Jahre von Engelhard IV. gestifteten Dominicanerkloster. Die von Weinsberg hatten ihre eigene Burgkapelle mit mehreren Priestern auf der Burg. Die Kirche hatte 8 Altäre: St. Catharinä, St. Magdalenä, St. Petri, St. Nicolai, St. Johannis Ev., St. Jakobi, St. Crucis, B. V. Mariä (Würdtwein).

Eigenthümlich ist die Stellung des Thurms über dem Chore. Besonders bemerkenswerth nennt Mauch das Gewölbe über dem quadraten Chorraum in der unteren Thurmeshalle, welche außer dem halbkreisförmigen Kreuzgurten auch noch Scheitelrippen hat, die von einem Ring in der Mitte ausgehen, weßhalb die Stirnen spitzbogig sind. Sämmtliche Rippen zeigen von vorn eine breite Einziehung, die mit Rosetten ausgefüllt ist. Die eigenthümliche Eintheilung dieses Gewölbes und die reiche Verzierung seiner Rippen vereinigen sich zu einer vortrefflichen Wirkung, wie man sie selten antreffen wird (Mauch, in obged. Abhandlung von 1849). Auf der Ostseite schließt diese Thurmhalle mit einem hohen Spitzbogen, über welchem 3 schmale, lange Fensteröffnungen mit Halbkreisbögen sind; das mittlere höher als [282] die 2 anderen. Die ohne Zweifel halbrunde Absis mußte einem östlich angebauten längeren, spitzbogig gewölbten Chore Platz machen, in welchen der, in romanischem Styl ausgehauene Altartisch mit schlanken Säulen an den 4 Ecken, ohne Zweifel vom früheren Chore her versetzt wurde.

Mauch setzt die Erbauung dieses zweiten Chores in das 15. Jahrh. Dem widersprechen aber die in den Rosetten der Spitzbogen sichtbare Wappen von Württemberg und Weinsberg, wenn man nicht annimmt, sie seien erst in späterer Zeit eingefügt worden, was unwahrscheinlich ist. Denn im 15. Jahrhundert stand Weinsberg noch nicht unter Württemberg, sondern in dessen zweiter Hälfte unter Churpfalz. Woher sollte da das württembergische Wappen kommen? In der ersten Hälfte aber war Weinsberg noch Reichsstadt und doch hat das Stadtwappen in der Rosette nicht wie früher den halben Adler, sondern nur die Rebe mit Trauben durch beide Felder geschlungen. Weist der fehlende Reichsadler auf die Nach-Reichsstädtische Zeit und das württembergische Wappen auf die württembergische Herrschaft, so kann die Erbauung nur entweder in die Periode von 1512 bis 1520, oder von 1531 und folgende fallen. In letztere Zeit aber fällt die Reformation Weinsbergs, und der Chor ist offenbar für den katholischen Cultus angelegt.

Nach diesem ist wohl anzunehmen – wenn die Rosetten nicht einer späteren Zeit angehören – der neue Chor seie, nach der gräßlichen Zerstörung und Ausbrennung der Kirche im Jahr 1525, bei der Restauration der Kirche angesetzt worden, als man im Jahr 1534 auf Herzog Ulrichs mündliches Wort wieder baute, kurz ehe die Reformation durch den früheren hiesigen evangelischen Prediger, Dr. Erhard Schnepf im Unterlande vorgenommen wurde. Das sogenannte Interim von 1548 wurde ohnehin in Weinsberg, wo damals eine kaiserlich spanische Besatzung lag, strenger als irgendwo durchgeführt und der evangelische Prediger Gailing mußte die Stadt räumen. S. oben S. 124. Der angebaute Chor ist circa 60–80′ lang, gegen 50′ hoch und durch seine 7′ hohe und lange Bogenfenster (3 zu beiden Seiten und 1 doppeltes in der Ostseite) sehr hell; aber wegen seiner Entfernung vom Schiff der Kirche und wegen der verhältnißmäßig zu niedrigen Bögenöffnung im östlichen Fundament des Thurms für den protestantischen Gottesdienst leider! nicht brauchbar. Bemerkenswerth sind im Plafond, wo die Spitzbogen zusammenlaufen, die obgedachten 4 Rosetten, 1) mit dem Haupte Johannis des Täufers, dem wohl früher die ganze Kirche geweiht war, da auch an einer Säule des Schiffes ein altes Gemälde vom Täufer aufgehängt ist, wie er Jesum tauft; 2) mit dem obgedachten württembergischen Wappen; 3) mit dem Weinsberger Stadtwappen, ohne den halben Reichsadler; 4) mit dem Bilde eines Männleins, wahrscheinlich des Erbauers mit einem Steinmetzzeichen. Auf dem Boden des Chors finden sich, außer einigen nicht mehr lesbaren, ausgetretenen, noch die Grabsteine von Obervogt Herkules Felix Bidenbach von Treufels, württemb. Oberst, † 1747; von Joseph Malblank, Superintendent, † 1727; von Conrad Oesterlin, Superintendent, † 1668; von M. Joh. Dav. Hermann, Superintendent, † 1714. Neben dem Hochaltare: von Friedr. v. Gemmingen-Bürg, Kind, mit der Mutter: Anna Rosine v. Gemmingen-Bürg, † 1622. Im Jahr 1691 wurde ein chursächsischer Reiteroberst v. Haugwitz, welcher in Heilbronn starb, hieher gebracht und in diesem Chore beigesetzt.

In der südöstlichen Ecke der gedachten Thurmhalle ist die im Bauernkriege genannte, auf den Thurm hinaufführende verhängnißvolle enge Schneckenstiege, durch welche die Bauern den sich auf den Thurm hinauf flüchtenden Rittern [283] nachdrangen. Zu beiden Seiten, auf der nördlichen und südlichen, sind Gewölbe angebaut, welche als feuerfestes städtisches Archiv dienen; das südliche hängt durch eine jetzt vermauerte runde Fensteröffnung mit der angebauten, spitzbogig gewölbten Sacristei zusammen. Unter dem südlichen ist ein Sousterrain, wahrscheinlich die im Bauernkriege genannte Gruft, vom Volke das Pfaffenloch genannt.

Die Sage will von einem unterirdischen Gange wissen, der einst von hier aus auf die Burg geführt habe, was wir aber bei dem notorisch stets unfreundlichen Verhältnisse zwischen dem Burgherrn und der Reichsstadt sehr in Zweifel ziehen müssen. Auch die Begräbnißstätte der Burgherrn war auswärts in Wimpfen, Schönthal, Lichtenstern, Heilbronn u. a. O. (Der Gang wäre 1525 gewiß gesucht worden.)

Der schöne, achteckigte Thurm ist (nach Mauch) im Äußeren dem der Johanniskirche in Gmünd ähnlich, doch nicht eben so elegant. Er hat Lisanen an den Ecken und romanische Rundbogenfriese. Wahrscheinlich früher um einen Stock höher und über das Kirchendach sich erhebend, erhielt er (bei der Zerstörung durch den Truchseß im Jahr 1525 als Mordschauplatz mit der Kirche, aus welcher das Venerabile vorher weggetragen wurde, ausgebrannt) später oben eine andere Gestalt. Denn er hat keinen Kranz mehr, auf welchen damals Dietrich von Weiler heraustrat und von welchem derselbe nach dem von unten erhaltenen Schusse herabgestürzt wurde. Man wollte wohl bei der späteren Restauration das Andenken hieran vertilgen. Das neuaufgesetzte spitzige Schieferdach hat eine bemerkbare Senkung gegen die Stadt herab – da das Kreuz nach dem Blitzschlage vom Jahr 1760 nicht senkrecht aufgesetzt wurde (Stadtprot.). Die 3 Glocken datiren vom Jahr 1652, da die alten im 30jährigen Kriege geraubt worden waren. S. oben S. 152.

Die Kirche selbst ist eine Säulenbasilika; ihr Styl ist der romanische, wie er sich zur Zeit der fränkischen Kaiser in Deutschland ausgebildet hat. Die Fenster sind noch nicht gedoppelt, sondern einfach, enge, nach innen sich erweiternd, theils cirkelrund, theils länglicht viereckig und schmal mit einem Halbcirkelbogen. Einige größere viereckige Fenster gehören der neueren, Lichtsuchenden Zeit an. Die Dachfriese haben rundbogige Verzierungen, unter welchen sich hie und da Lilien, Larven und phantastische Thiergestalten finden, sehr roh ausgehauen. Die westliche Giebelseite ist sichtbar schon zweimal restaurirt, beziehungsweise bis nahe an die westliche Stadtmauer verlängert worden – im vorigen Jahrhundert und schon früher. Unter einem einzigen, großen, langen und breiten Rundbogenfenster in der Mitte, durch welches der Blick von der Kanzel etc. aus gerade auf die Burg hinauffällt, hat sie ein Portal mit je 2, zu beiden Seiten auf niedrige Sockel gestellten, circa 10–12′ hohen Säulen. Um die 4 Säulenschafte schlingen sich mit gekreuzten Bändern Epheu- und Rebenblätter; an den Kapitälen sieht man eine große Larve mit Schnörkeln und Verzierungen, Raubvogelfüße, Bocksfüße und einen kleinen Bären. Der Halbkreis über dem Thürensturz ist in 2 gleiche Theile getheilt; in jedem Feld ist ein Kreuz in der Form des Deutschordenskreuzes. Neben dem nördlichen Kreuz ist eine Lilie und ein Spaten; das südliche steht zwischen 2 Lilien. Auf dem Thürensturz und um den Portalbogen herum steht in Unzialbuchstaben:

o qui terrenis inhias homo desipuisti. His quid in obscenis gaudes? tota Numina Christi conanda. Zu Deutsch etwa:

„Sinnlos bist Du, o Mensch! wenn das Irdische gierig Du haschest. Wie magst freu’n Du des Unflaths Dich? Nein, Wesen und Willen Christi such’!“

Bei der früheren Restauration der Giebelseite wurden Steine mit [284] Mönchsgothischer Schrift und Wappen hier eingemauert. Am Weilerschen Wappen steht: Gebwin von Weiler; am Enzberg’schen: Albrecht von Enzberg. Beide waren Dienstmannen der uralten Grafen von Calw, wie vielleicht auch das frühere Geschlecht der Herren von Weinsberg vor dem Jahr 1140 (S. Abschn. V.).

Wenn der Anonymus im Morgenblatt von 1819 bei diesen Epheublättern und Weinlaub und Larven an die Attribute des Silen und Bacchus und Komus denkt und von einem vielleicht hier früher gestandenen Römertempel träumt: so bemerkt Stieglitz, daß die Baumeister bei solchen Zierrathen gerne das eigenthümliche Erzeugniß der Gegend, Weinranken, Trauben und Epheu benützten und die Friese mit Larven besetzten, um an die Vermummung zu erinnern, welche bei Freudenfesten dem Volke zur Belustigung dienten. Eher möchten die Wappen von Grabsteinen der Dienstmannen herrühren.

Im Innern der Kirche trennen spitzbogige Arkaden das Mittelschiff von den Seitenschiffen. Die Säulen der Arkaden stehen auf Sockeln; die Schafte sind gleich dick, zum Theil achteckig; darüber eine Wulst (Kranz). Das Kapitäl ist würfelförmig, doch breiter als hoch, mit Muscheln, Korallen, verschlungenen Ranken, mit Blättern, Palmzweigen etc. An Einem der Kapitäle erscheinen 2 Fuchsköpfe. Alles ist übrigens im Laufe der Jahrhunderte mit oftmaliger Tünche überschmiert, Manches darunter wohl auch bei den Zerstörungen von 1525 und im 30jährigen Kriege muthwillig abgestoßen, wie bekanntlich die Schweden in Letzterem den geschnitzten Holzbildern die Nasen abhieben. Da wo die Kirche verlängert ist, stehen statt der Säulen plumpe viereckige Pfeiler (zum Tragen der aufgesetzten Emporen benützt).

Diese Säulen und Pfeiler tragen Halbkreisbögen, welche nur wenig in Spitzbögen übergehen. Darüber sind Rundbögen, durch welche das Licht in das Mittelschiff fällt. Hochoben, zunächst unter dem Dache, ist auf der nördlichen und südlichen Seite eine Reihe von kleinen, schmalen, kaum 4′ hohen, nach innen sich verengenden Rundbogenfensterchen.

Auf der Nordseite sind vor, über und auf den gedachten Arkadensäulen und auf, in das Schiff vorstehenden runden hölzernen Säulen bretterne Emporen für die Männer angebracht. Auf der Westseite des Mittelschiffes ist dieses von einer terrassenmäßig gegen das obgedachte westliche Bogenfenster ansteigenden Männerempore der ganzen Quere nach bedeckt. Ebenso ist seine Ostseite querüber, vor der obenbeschriebenen schönen Chorhalle des Thurmes, durch eine hohe Empore bedeckt, auf welcher die Orgel und Bänke für die Kirchenmusik angebracht sind.

Die Decken sind flach, aus übertünchten, verschaalten Brettern bestehend; das Mittelschiff hat ein Satteldach; die Seitenschiffe sind durch sogen. Nähladendächer bedeckt. Die Kanzel ist an Einer der südlichen Arkadensäulen des Mittelschiffes und stammt nach der Jahrzahl am Kanzeldeckel (1649) aus der Restauration der Kirche nach dem 30jährigen Kriege; vielleicht aus dem gleichen Jahre auch der protestantisch einfache große Altar unweit der Thurmhalle, unter der Orgelempore, und der, zum Zweck des ehmaligen Eintauchens hohle, kelchartig gehauene Taufstein vor dem Altare.

Die ehemalige Spitalkirche war in der nördlichen Ecke des alten städtischen Spitals in der unteren Stadt, zunächst an dem früheren einzigen unteren Thore, (s. oben c), welcher, noch jetzt an steinernen Bogenthoren erkennbar, im Jahr 1800 von der Stadt verkauft und zu Privatwohnungen eingerichtet wurde. Spuren von ihr sind außen noch wahrzunehmen in 2 länglicht schmalen, halb zugemauerten Bogenfenstern. Sie scheint die im Jahr 1269 von Engelhard IV. v. Weinsberg, mit dem [285] Dominikaner- oder Predigerkloster gestiftete, jedenfalls in dessen Nähe stehende kleine Kirche gewesen zu sein, welche die Oesterlin’sche Reimchronik irrig für die Hauptkirche nimmt. 1424 hatte sie 2 Altäre, St. Nicolai und St. Michaëlis. Bei der Zerstörung der Stadt im Jahr 1525 verbrannte sie auch mit, „da nach dem Brand nur noch 10 Häuslein unverbrennt zu sehen waren“. Nach ihrer Wiederherstellung verödete sie im 30jährigen Kriege dermaßen, daß erst im Jahr 1658 wieder das erste Kind darin getauft wurde (Bemerkung im Taufbuch). Sie wurde später noch bis zu den 1770er Jahren zuweilen, besonders an den Jahrmarktstagen zu Kinderlehren gebraucht, gieng aber noch vor dem im Jahr 1800 erfolgten Verkauf des alten Spitals ein. S. oben Seite 153.

Dieser alte Spital hatte eine eigene Kelter mit Kelterstübchen und eine eigene anständige Wohnung für den Hospitalverwalter, welche im Jahr 1766 der damalige Stadt- und Amtsschreiber Senkeisen um 25 fl. miethete (Stadtprot.) und wo Decan Klüpfel im Jahr 1794, bei Verwendung des Decanathauses zu einem östreichischen Lazareth, einstweilen untergebracht wurde. S. oben Seite 193.

Das im Jahr 1769 neuerbaute Bettelhaus für Leprosi, epidemisch-Kranke etc., an der westlichen Stadtmauer, wurde nach Errichtung des neuen Spitals im Jahr 1829 an einen Privatmann verkauft. S. oben Seite 185.

Der neue Spital, ½ Viertelstunde unterhalb der Stadt, eine vormalige Gyps- und Ölmühle an dem sogen. Saubach, wurde im Jahr 1827/28 aus der Verlassenschaft des Fabrikanten Kleinknecht von der Stadt erkauft und um einen Stock erhöht. Die jetzt dreistockige Behausung enthält 3 heizbare Säle, 8 heizbare und 2 unheizbare Zimmer und 2 Küchen. Unter den 8 heizbaren Zimmern ist 1 Kranken- und 1 Krätzezimmer für Mannspersonen, 2 gleiche für Weibspersonen, 1 Sections- und zugleich Badezimmer für Krätzkranke. 2 Zimmer werden vom Armenvater bewohnt. Hinten ist eine Holzremise angebaut. Ein an den Hofraum anstoßender Baum- und Grasgarten werden vom P. C. verpachtet.

Das im Jahr 1707 abgebrannte Rathhaus wurde in den folgenden Jahren auf der östlichen Seite des, um den Platz des hier abgebrannten Diaconatshauses etc. vergrößerten Marktes neuerbaut, mit Aufsetzung eines Thürmchens, in welchem Glocke und Uhr ist. Es besteht aus 2 Stockwerken, von denen das obere einen sehr geräumigen und hellen Saal mit Vorplatz, die Kanzlei und Registraturzimmer, das untere ein Musikzimmer, ein Gefängniß, einen geräumigen Öhrn zu Aufbewahrung von Löschgeräthschaften etc. und ein großes Zimmer zu Aufbewahrung von Markt- und anderen Utensilien enthält. Unten ist eine Remise für die Feuerspritzen etc. angebaut. Unter der hohen Frontstaffel ist ein mit einem eisernen Thor verschlossenes, offenes Gewölbe, in welches früherer Zeit Felddiebe zum allgemeinen Anblick eingeschlossen wurden, was natürlich in neuerer Zeit abgieng. S. oben Seite 167 fgd.

Sonstige städtische Gebäude sind jetzt: die oben genannte Kelter mit Fruchtspeicher; – die Stadtkelter an der oberen Gasse hinter dem Rathhause mit dem Stadtmagazin daneben; – das steinerne Backhaus an dem sogen. unteren Feuerthore (der südl. Stadtmauer) auf der Bleiche, im Jahr 1837 mit einem Aufwand von circa 2900 fl. erbaut; – der lange, einstockige Stadtstall längs der südlichen Stadtmauer an der Bleiche, erbaut im Jahr 1814; – ein Brech- und Darrhaus auf der Bleiche, an der Stelle der 1853 abgebrannten Stadtmagazine, im Jahr 1858 von Stein erbaut; – das Collaboraturgebäude auf der zur Kirche hinaufsteigenden Anhöhe links von den Kirchenstaffeln an einem Absatze derselben, hinten von der westlichen Stadtmauer [286] gedeckt; im Jahr 1770 nach Stadtprot. als baulos abgebrochen und neuerbaut. Das Schulgelaß wurde erst in den 1840er Jahren zu ebener Erde eingerichtet, da früher von 1797 an der Collaborator auch deutscher Knabenlehrer war; – die Wohnung des Mädchenschulmeisters mit dem Schulzimmer der Elementarclasse zu ebener Erde, oberhalb des vorgedachten Collaboraturgebäudes, an einem weiteren Absatze der Kirchenstaffeln, nahe bei der Kirche; – das Mädchenschulgebäude oberhalb dieses Wohnhauses, hinten auf der westlichen Stadtmauer ruhend, auf gleichem Niveau mit der Kirche, einstockig. In der Mansarde das Lehrzimmer des deutschen Unterlehrers, für welchen hier auch ein Wohnzimmer eingerichtet ist; – das Schafhaus am Fuße des Jägerhausberges, mit Wohnung für den Stadtschäfer (Pächter) und Schafstall; – der oben berührte Wachtthurm an der südlichen Stadtmauer mit Uhr und Glocke, Wohnung des städtischen Hochwächters, Zimmer für Irre und Geisteskranke, bürgerlichem Gefängniß und Wohngelassen für Arme. Ausgebrannt im Jahr 1853 und eod. wieder restaurirt. S. oben J. 1853.

Noch ist unter den öffentlichen Gebäuden zu nennen das Gefängnißgebäude am alten unteren Thor, an der südlichen Stadtmauer und der sogenannten Bleiche. Es wurde nach Abbruch des alten unteren Thorthurmes auf Kosten von Stadt und Amt unter Oberamtmann Fetzer circa 1805/6 erbaut, aber kleiner als jetzt und enthielt nur etliche oberamtliche Gefängnißzimmer neben der Wohnung des unteren Thorwarts. In dem zweiten Stock errichtete Oberamtmann Fetzer eine Industrieschule. Nach Errichtung eines Oberamtsgerichtes wurde das Gebäude mit Anschiffungen auf herrschaftliche Kosten vergrößert, die oberamtlichen Arrestlokale zu ebener Erde und die festen oberamtsgerichtlichen Gefängnisse im zweiten Stock eingerichtet, das Gebäude mit einem Thürmchen und Glocke versehen und dem Oberamtsgerichtsdiener als Gefangenwärter seine Wohnung darin angewiesen. Seine Entfernung vom Oberamtsgerichte etc. läßt aber längst an eine Änderung denken, welche demnächst erfolgen soll. Vom ersten Bewohner führt es den Namen Aloysle. S. ob. Seite 207 u. 210.

Endlich sind hier die noch vorhandenen Reste von der ehemaligen Burg Weinsberg, genannt Weibertreue, zu erwähnen, zu welchen, seit der Restauration durch den von Just. Kerner angeregten Weibertreuverein im Jahr 1824, ein bequemer, nicht steiler, theilweise durch Staffeln gangbar gemachter Weg vom grasigen Haag aus durch die Weinberge hinaufführt. Ein zweiter, breiterer, zur Noth fahrbarer Weg, der sogenannte Frauenweg, führt, den Bergfuß umgehend, von Norden her durch die ehmalige Burgthore in die Ruinen hinauf. Die Entfernung beträgt auf Ersterem ⅛, auf Letzterem ¼ Stunde.

Die Burg, vormals der Sitz der Freiherrn v. Weinsberg, nach dem Erlöschen dieses Geschlechts der sich folgenden churpfälzischen und württembergischen und östreichischen Obervögte von Stadt und Amt Weinsberg, wurde im Jahr 1525 von der schwarzen Schaar des Bauernheeres erstürmt, verbrannt und zerstört. Der „Schloßberg“ (Weinberg innerhalb und um die Mauern herum) gehörte vor dem Jahr 1777 dem Hofkammerrath Ziegler und dessen Vater. (Stadtrathsprot.) Von diesen gieng er in andere Privathände über, von welchen der gedachte Weibertreuverein ihn im Jahr 1824 ankaufte, den inneren Raum abräumte, mit Bäumen und Gesträuchen besetzte und Wege durch die Gesträuche und Rasenplätze anlegte. Viele der schönen Burgsteine waren nach dem Brande vom Jahr 1707 theils zu den neuaufzuführenden herrschaftlichen Gebäuden, theils mit herzoglicher Erlaubniß zu Privatbauten herabgeholt worden. Was noch steht und mit merkwürdiger Zähigkeit dem Zahne der Zeit trotzt, [287] ist, wenn auch bedeutend erniedriget, die äußere östliche und südliche Umfassungsmauer, welche die ganze obere Fläche des schönen Bergkegels umschloß. Auch von den beiden Thoren und dem zwischen einer zweifachen Mauer herabführenden Thorwege (Frauenweg), so wie von den gebrochenen kleineren runden Thürmen zu beiden Seiten des äußeren Thores sind noch die Spuren recht sichtbar. Größere Zerstörung zeigt sich an der Nord- und einem Theile der Westseite dieser äußeren Mauer. Tritt man von dem erstgedachten Wege herauf durch eine enge, 8′ hohe, 3′ breite Mauerpforte oberhalb des (zweiten) Thorweges in den inneren Burgraum, so stößt man zuerst auf einen noch gut erhaltenen, unten runden, gegen oben beim dritten Stock in’s Achteck übergehenden Eckthurm des zerstörten Schlosses, welcher seit der Restauration von 1824 mittelst einer hölzernen Wendeltreppe wieder besteigbar ist und oben einen Überblick über den Raum gibt, den die Burg einnahm. Von ihm aus zogen sich die Grundmauern des Ritterhauses in gerader Linie gegen Norden bis zu dem noch stehenden großen runden, gegen 60′ im Durchmesser haltenden Eckthurm, unter welchem das hoch und spitzbogig gewölbte Burgverließ war. Bei der Restauration von 1824 wurde die 18′ dicke Mauer dieses Verließes von Außen durchbrochen, so daß man jetzt durch diese Öffnung auf Stufen in dieses vormalige Grab von Lebendigen hinabsteigen kann, wohin die Gefangenen nur durch eine noch vorhandene, mit einem Eisengitter verwahrte Bodenöffnung in der Spitze des Gewölbes hinabgelassen wurden. Ein gegen 20′ langer, gewölbter Eingang führt weiter oben auf der Südseite in den mit Steinplatten bedeckten, gegen den Himmel offenen Thurmstock über diesem Gewölbe, und in den nach außen sich verengenden Maueröffnungen dieses Stocks (Schießscharten nach 3 Seiten hin), hat man im Jahr 1824 folgd. Aeolsharfen angebracht.

Auf Stufen von außen, bei einem verschütteten rundgewölbten Brunnen (oder Cisterne) ohne Wasser *)[9] steigt man endlich auf den abgetragenen und geebneten oberen Rand des Thurmkolosses, dessen Mauern so breit sind, daß der † ritterliche Graf Alexander von Württemberg mit dem Pferde rings darauf herumritt.

Hier hat man einen herrlichen Überblick über die zu Füßen der Burg liegende Stadt, über das gesegnete, milde Weinsberger Thal, in Südost und Ost begränzt von den Löwensteiner und Mainhardter Waldbergen bis zu den Höhen von Waldenburg; gegen Norden in das Eberstadter Thälchen mit dem Weissenhof und der Straße nach Öhringen; gegen Nordwest durch das Sulmthal über das untere Neckarthal hinüber auf den Odenwald bis zum Katzenbuckel und westlich auf den Wartberg bei Heilbronn und auf Burg Weiler zum Stein.

Von einem dritten, dem ehmals höchsten und Hauptthurme in der nordwestlichen Ecke des inneren Schloßhofes steht nur noch eine gegen 36′ hohe, circa 24′ breite Ruine, aus dessen Gemäuer die Steinchen für die Weibertreuringe gesammelt werden und in deren Mitte die Restauration von 1824 einen steinernen runden Tisch mit einer solchen Bank unter ihrem Schutze angebracht hat. Zu seinen beiden Seiten sind die bedeutendsten Durchbrüche der Ringmauer.

Die auf der Südseite des inneren Burgraumes, an einem durch das Gebüsch führenden Pfade noch wahrnehmbare kleine Felsenwand rührt von einem Steinbruche her, welcher zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, als die „bisherige Wüstenei zu einem Weinberge angelegt wurde“, dem Unternehmer hier zu errichten gestattet [288] ward, wobei er aber auch Steine von der Burgruine zu den Weinbergsmauern verwendete. Dieser Weinberg wurde, wie oben bemerkt, im Jahr 1824 vom Weibertreuverein angekauft und in Anlagen verwandelt. S. Jahr 1824.

Nahe am gebrochenen Ecke der südwestlichen Ringmauer steht noch von außen sichtbar der Fuß eines runden Thurmes in einer Höhe von 10–12′ über die Fläche der Ringmauer vor, die hier Spuren eines ehmaligen gewaltsamen Durchbruches und einer späteren Wiederausfüllung trägt. Innerhalb des stumpfen südwestlichen, aus trefflichen Quadern bestehenden, noch 30–40′ hohen Mauerecks stand wohl ein viereckiger fester Thurm, durch welchen man zu dem, jetzt von innen verschütteten, außen am Fuß der Mauer wahrnehmbaren, rundbogig gewölbten Ausfallthörchen hinabgelangte. Die Maueröffnung dieses von innen unterirdischen Bogenthörchens ist 6′ dick und der Einschnitt für einen Schließbalken, mit welchem die wohl eiserne oder eisenbeschlagene Thüre geschlossen wurde, ist noch deutlich erkennbar.

Von der ehmaligen Burgkapelle finden sich keine Spuren mehr. Denn das, ohnehin jetzt wieder verfallene sogen. Kapellchen ist ein Werk der Restauration von 1824.

Der Begräbnißplatz war in früheren Zeiten (als eigentlicher Kirchhof) rings um die Kirche herum, woher noch viele an der südlichen und östlichen Außenwand an der Kirche und an der inneren Seite der westlichen Stadtmauer festgemachte steinerne Grabdenkmale rühren. Er wurde aber, nach der an einem steinernen Bogenthore des neuen Friedhofs befindlichen Jahrszahl 1617, wahrscheinlich in Folge der Pest von 1612, an den Jägerhausweg außerhalb der Stadt verlegt und der bisherige Kirchhof diente wohl nur hauptsächlich für Familiengräber, während die geistlichen und weltlichen Beamteten bis zum Jahr 1785 im Chore der Kirche beigesetzt wurden. Erst im Jahr 1807/8 wurde er definitiv verlassen und theils gepflastert, theils zu einer Baumschule angelegt, nachdem die Gebeine in’s sogenannte grasige Haag versetzt worden waren. S. oben Seite 209.

Der äußere Friedhof, ⅛ Stunde von der Kirche entfernt, südlich, zwischen der Stadt und dem Schafhaus gelegen, wurde im Jahr 1794 wegen des damals hier befindlichen östreichischen Lazareths erweitert und es haben gegen 130 Mann desselben hier ihre Ruhestätte gefunden. Eine zweite Erweiterung fand man im Jahr 1840 nöthig, wo die äußeren Felder an der südlichen Mauer zu Familienbegräbnissen bestimmt wurden, während die anderen Felder zu sogenannten Reihengräbern dienen. Eine eigene Commission des Stiftungsrathes wacht über die damals festgesetzte Begräbnißordnung, über die Erhaltung der regelmäßigen Wege, der Gräber, der Gesträuche und der Monumente, von welchen schon manche geschmackvolle jetzt den Platz zieren.

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Benachbarte interessantere Höhenpunkte:

a) Der Schemelsberg, nordwestlich vom Burgberg, in der Mitte die Wanne und auf der nordwestlichsten Seite der Geiselsberg genannt – südlich und südwestlich mit trefflichen Weinbergen, auf der nördlichen Seite mit Wald bewachsen. – Spuren von Batteriebau zu Beschießung der Burg im Kriege vom Jahr 1505, s. oben p. 92. Haltpunkt des Bauernheeres im Jahr 1525 (ohne Beschießung), s. oben p. 106.

b) Der Jägerhausberg – im Paradies – südlich von Burg und Stadt – mit der schönsten Ansicht von der amphitheatralisch um den Burgberg liegenden Stadt und mit einem Durchblick durch das Sulmthal auf den Neckarspiegel bei Jaxtfeld.

c) Der Wildenberg, nordöstlich von der Stadt, ⅝ Stunden entfernt, zwischen dem Eberstadter- und Sulmthale mit reizender Aussicht.

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[289]

Chronologische Zusammenstellung der Hauptereignisse.
Jahr nach Chr. circa 276–80. Römisches Castell auf dem Burgberge (unsicher), zerstört von den Alemannen. Erbauung der Burg auf dessen Trümmern später.
814. Aufrichtung der Freiherrschaft Weinsberg. (Unsicher.)
8–900. Weinsberg, Stadt, Capitelsstadt im V. Archidiaconat des Bisth. Würzburg.
1140. Burg und Stadt von K. Konrad III. belagert und erobert. Weibertreue. Burg und Herrschaft dem Kämmerer Dietport verliehen.
1237. Stadt von den Hohenstaufen zur Reichsstadt gemacht.
1254. Weinsberg im großen rheinischen Städtebunde.
1269. Dominikanerkloster in der Stadt gestiftet von Engelhard IV.
1310–12. Konrad IV. v. Weinsberg; schwäbischer Reichslandvogt, Heerführer gegen Grafen Eberhard von Württemberg.
1303. Reichsstadt Weinsberg von K. Albrecht dem Konrad III. v. Weinsberg verpfändet.
1312. Deßgl. von Heinrich VII. Streit darüber mit Konrad IV. Vergleich.
1324–48. Konrad IV. mit Stadt Weinsberg im päbstlichen Banne.
1348 und 49. Weinsberg im neuen Bündniß mit den schwäbischen Reichsstädten.
1350. Belehnung des Markgrafen von Baden mit Burg und Stadt Weinsberg (kurzdauernd).
1375. Schutz- und Trutzbündniß der Reichsstadt mit Graf Eberhard v. Württemberg.
1379. Bündniß mit den Rittergesellschaften St. Georg etc.
1390. Konrad von Weinsberg Erzbischof zu Mainz.
1400. Erbvertrag der Herren von Weinsberg mit denen von Hohenlohe.
1411. Konrad IX. Reichserbkämmerer.
1417–30. Späne der Reichsstadt Weinsberg mit Konrad IX., dem sie K. Sigmund verpfändet.
1420. Bündniß mit 33 Reichsstädten; deßhalb Besatzung von denselben.
1425. Reichsstadt Weinsberg in des Reiches Acht und Aberacht erklärt. Bann.
1428. Heidelberger Vergleich mit den Städtern.
1439. Konrad IX. von Weinsberg Protector des Concils zu Basel.
1440. Eroberung der Reichsstadt Weinsberg von Adelichen. Verkauf derselben an Churpfalz und Erlöschen ihrer Reichsfreiheit.
1450. Verkauf auch der Herrschaft Weinsberg an Churpfalz.
1460. Württembergischer – vergeblicher – Angriff auf Weinsberg.
1482. Oecolampadius Geburt. (Caplan in Weinsberg ca. 1512.)
1503–15. Erlöschen des Geschlechts der Freiherren v. Weinsberg.
1504. Weinsberg von Herzog Ulrich belagert und erobert.
1512. Weinsberg durch Friedensvertrag an Württemberg abgetreten.
1514. Unruhen in Schwabbach etc. in Folge des sogenannten armen Konrads.
1519. Eroberung Weinsbergs durch das schwäbische Bundesheer.
1520. Weinsberg unter östreichischer Regierung. Erzherzog Ferdinand.
1522. Dr. Erhard Schnepf, evangel. Prediger hier.
1525. Osterfest. Erstürmung von Burg und Stadt durch die Bauern. Verbrennung der Burg. Adeliche durch die Spieße gejagt. Mai. Verbrennung der Stadt durch den Truchseß von Waldburg.

[290]

1526. Wiederaufbau eines Dorfs auf den Ruinen der Stadt.
1530. Johann Gayling, evangelischer Prediger in Weinsberg.
1534. Huldigung dem wiederkehrenden Herzog Ulrich. Wiederaufbau der Mauern, Thore und Thürme. Reformation durch den hier seit 1522 wohlbekannten Dr. Schnepf.
1546. Einnahme Weinsbergs im schmalkaldischen Kriege. Spanische Besatzung bis 1551.
1548. Einführung des Interims durch die Spanier.
1552. Aufhebung des Interims durch Herzog Christoph.
1553. Begnadigungsbrief von Herzog Christoph. Zurückgabe der entzogenen Stadtrechte und Privilegien.
1555. Aufstellung eines zweiten evangelischen Predigers – Diaconus.
1560. Errichtung einer lateinischen Schule mit 2 Lehrern.
1612. Große Sterblichkeit durch die Pest.
1622. Schlacht bei Wimpfen. Tilly. 30jähriger Krieg seit 1618.
1625. Große Sterblichkeit durch die Pest.
1631. Schweden unter Gustav Horn in Weinsberg.
1634. Einbruch der Kaiserlichen nach der Schlacht bei Nördlingen. Plünderung der Stadt. Ermordung von Einwohnern. Theurung und Hungersnoth, daher
1635 große Sterblichkeit durch die Pest. Weinsberg, Stadt und Amt, an Grafen v. Trautmannsdorf verschenkt.
1637. Wieder große Sterblichkeit durch die Hungersnoth.
1639–46. Fortdauernde Noth durch Contribution, Durchmärsche, Winterquartiere etc.
1646. Zurückgabe Weinsbergs von Graf v. Trautmannsdorf an Herzog Eberhard III. v. Württemberg.
1648. Westphälischer Frieden; Rückkehr der Geflohenen.
1649. Halb Weinsberg durch fürstbrüderlichen Vergleich an Herzog Friedrich von Württemberg-Neuenstadt gegeben.
1674. Neue Durchmärsche und Winterquartiere im zweiten niederländischen Kriege von Ludwig XIV. bis 1678. Frieden von Nymwegen.
1688. Einfall der Franzosen unter dem Mordbrenner General Melac.
1693. Französisches Heer im Neckarthale. Brandschatzungen. Vertrag. Theurung. Hungersnoth. Große Sterblichkeit.
1697. Frieden zu Ryswick.
1701–2. Spanischer Successionskrieg. Joseph II. in Weinsberg.
1707. Durchzug des deutschen Heeres von Ellwangen her gegen den Rhein.
eod. Großer Stadtbrand zerstört über ⅔ der Stadt.
1714. Rastadt-Badenscher Frieden.
1723. Einführung der Confirmation.
1733. Neuer Krieg wegen der polnischen Königswahl. Durchzüge.
1735. Wiener Frieden.
1741. Östreichischer Successionskrieg. Französische Durchmärsche.
1742. Rückfall von Weinsberg an das regierende Haus Württemberg, mit Aussterben der Württemberg-Neuenstadter Linie.
1744. Durchmarsch der östreichischen Armee. Brand von 7 Gebäuden.
1745. Frieden von Füeßen und Dresden. Durchmärsche von Franzosen.
1748. Frieden von Aachen.
1752. Oetinger in Weinsberg, Superintendent und Stadtpfarrer.

[291]

1756.      Siebenjähriger Krieg. Friederich d. Gr. von Preußen.
1760. Blitzschlag auf Thurm und Kirche von Weinsberg.
1763. Frieden von Hubertsburg.
1770. Große Theurung wegen vorangegangenen Mißwachses.
1785. Oberamtmann Hofrath Fetzer in Weinsberg bis 1809.
1789. Ausbruch des Revolutionssturmes in Frankreich.
1792. Durchzug der französischen Emigranten – Condéer.
1793. Kriegserklärung des deutschen Reichs an die französische Republik.
1794. Errichtung einer Landmiliz. Einrichtung eines östreichischen Lazareths in Weinsberg; bleibt bis Ende Aug. folg. J.
1795. Theurung. Östreichische Durchmärsche. Viehseuche.
1796. Württembergischer Waffenstillstandsvertrag; theuer erkauft, und Separatfrieden mit Frankreich. Wiederkehr der Östreicher. Oct.
1797. Frieden von Campo Formio. Congreß in Rastadt. Regierungsantritt Herzog Friedrichs II. (Churfürst 1803. König 1806.)
1799. Neuer Krieg zwischen Deutschland und Frankreich. Franzosen zu Heilbronn unter Ney. Dec. bis Mai folg. J. östreich. Standquartier.
1800. Vom August an französisches Standquartier. Schlacht bei Hohenlinden.
1801. Friede zu Luneville. Französische Durchzüge.
1802. Friede zwischen Württemberg und Frankreich. Abtretung von Mömpelgard. Heilbronn württembergisch.
1803. Württemberg Churfürstenthum mit Gebietsvergrößerung.
1805. Krieg des Kaisers Napoleon mit Östreich. Erzwungene württemb. Allianz. Ulm. Einzug in Wien. Schlacht bei Austerlitz. Friede von Preßburg.
1806. Württemberg Königreich. Aufhebung der Verfassung. Mediatisirung von Hohenlohe etc. Rheinbund. Erlöschen des deutschen Reichs. Durchmarsch des württembergischen Heeres in den preußisch-russischen Krieg.
1807. Die Württemberger in Schlesien. Nach der Schlacht bei Friedland Frieden zu Tilsit.
1809. Neuer Krieg gegen Östreich. Zug gegen Mergentheim. Nach der Schlacht bei Wagram Friede von Wien.
1810. Eintheilung des Landes in 12 Landvogteien. Weinsberg zur Landvogtei am untern Neckar. Landvogteisitz Heilbronn.
1812. Russischer Krieg. Brand von Moskau. Unglücklicher Rückzug. Auflösung des württembergischen Heeres. Heyd, Superintendent und Stadtpfarrer in Weinsberg.
1813. Verbindung Preußens mit Rußland, dann Östreichs. Sieg bei Leipzig. Verbindung Württembergs mit Östreich, Rußland, Preußen und Baiern. Aufstellung eines Landsturms. Übergang über den Rhein.
1814. Schlachten und Gefechte der Württemberger bei Epinal, Chaumont, Bar sur Aube, Brienne, Troyes, Montereau, Arcis, Vincennes. Einzug in Paris. Abdankung Napoleons. Versetzung auf Elba. Frieden von Paris. Wiener Congreß.
1815. Verfassungs-Verhandlungen. Bundesacte von Wien. Rückkehr Napoleons von Elba. Neuer Krieg gegen ihn. Sieg von Waterloo. Zweiter Einzug in Paris. Zweiter Frieden. Verbannung Napoleons auf St. Helena, wo er 1821 †. Schließung der heiligen Allianz.

[292]

1816. Tod König Friedrichs. Regierungsantritt König Wilhelms. Eröffnung des deutschen Bundestags.
1817. Durch Mißwachs vom vorigen Jahr Theurung und Hungersnoth. Königin Catharina. Wohlthätigkeitsvereine. Sparkasse etc.
1818. Neue Organisation der Staatsverwaltung. 4 Kreise. Weinsberg zum Neckarkreis. Trennung der Rechtspflege von Verwaltung und Polizei. Oberamt und Oberamtsgericht. J. Kerner in Weinsberg Oberamtsarzt.
1819. Tod der Königin Catharina. Verfassungs-Vertrag. Verfassungs-Urkunde.
1820. Stadtschultheiß Pfaff in Weinsberg bis 1845.
1823. Geburt des Kronprinzen Carl. Heyd, O.A.Richter in Weinsberg bis 1839.
1824. Weibertreue-Verein. Restauration der Burgruine.
1826. Bildung des Gerichtsnotariats-Bezirks Weinsberg und der Amtsnotariate Eschenau und Löwenstein. Die sogenannte „Seherin von Prevorst“, Somnambule in Weinsberg bis 1829.
1830. Juli-Revolution in Paris. König Louis Philipp v. Orleans.
1833–35. Magisch-magnetische Heilart von Dr. Kerner an sogenannten dämonisch-magnetischen oder Besessenen.
1835. Geistergeschichte im hiesigen Gefängniß.
1836. Pensionirung des Decans v. Heyd. Nachfolger Decan Dillenius bis 1857.
1840. Constituirung des landwirthschaftlichen Bezirksvereins. Erstes Fest desselben. Großes Mannöver des 8. Armeecorps bei Heilbronn. Bad. u. württemb. Quartier.
1841. Regierungs-Jubiläum König Wilhelms in Stuttgart. Deputationen.
1842. Errichtung einer Postexpedition in Weinsberg.
1844. Neue Straße nach Heilbronn durch den mittleren Stadttheil.
1846–47. Theurung in Folge der Kartoffelkrankheit. Suppenanstalt. Durchreise des Kronprinzen mit seiner neuen Gemahlin, Großfürstin Olga.
1848. Revolution in Paris. Constituirung einer Republik. Unruhen im Hohenlohe’schen etc. Actenverbrennung in Weiler durch Neuhütter. Errichtung einer Bürgerwehr. Volksversammlungen. Abgeordnetenwahl zur Frankfurter Nationalversammlung. Befreiung der Gefangenen von Neuhütten. Erzherzog Johann, Reichsverweser.
1849. Emanation der „Grundrechte“ und „der Reichsverfassung.“ Unruhen und Kampf in Baden. Preußen vor Rastadt. Rumpfparlament in Stuttgart. Heilbronner Unruhen. Durchzug der Heilbronner Bürgerwehr vom Militär verfolgt. Sprengung des Rumpfparlaments. Vertreibung der Reichsregentschaft. Einführung von Schwurgerichten. Papiergeld.
1850. Justinus Kerner auf Ansuchen pensionirt.
1851. Errichtung eines Pfarrgemeinderaths. December: Pariser-Contrerevolution. Louis Napoleon. Theurungsnoth bis zur Erndte folg. Jahrs. Wohlthätigkeits-Anstalten. Aufhebung der „Grundrechte.“
1852. Oberamtsrichter Zimmerle und Oberamtmann Bürger in Weinsberg. Louis Napoleon als Napoleon III. Kaiser von Frankreich.
1853. Drei Feuersbrünste in Weinsberg, die stärkste am 5. Mai.
1854. Haug, Stadtschultheiß in Weinsberg. Pfarrgemeinderaths-Erneuerung.
1855–56. Verlegung des Oberamtsgerichts in das angekaufte vorm. Mall’sche Haus. Erste Diöcesan-Synode in Weinsberg etc.

[293]

1856.      Errichtung einer Sonntags-Gewerbe- und Abend-Fortbildungsschule.
1857. Decan Dillenius pensionirt. Nachfolger Decan Hegelmaier. Diac. Heyd Profess., Bibliothekar in Stuttgart. Nachfolger Jäger.





Ausgezeichnetere und gute Weinjahre.
(* Vorzügliche Qualität.)

J. 1140. (J. der Weibertreue.) 1152. 1183. 1217. 1236. 1270. 1274. 1276. 1279. 1280. 1287. 1293.* 1294.* 1295. – 1303.* (köstlich). 1318. 1328.* 1333.* (Ausbd.) 1336.* 1338.* 1368. 1372. 1383.* 1385. 1386. 1387. 1394.* 1398. – 1411. 1420. 1421.* 1426. 1428. 1432.* 1437.* 1438. 1442. 1444. (viel.) 1446. 1448. (viel.) 1449. 1450. 1461. 1464. 1465. viel. 1467.* 1470. 1472. 1473.* 1475.* 1476. 1479. 1480.* 1482.* 1483.* 1484.* 1493. 1494.* 1495. 1496. 1497. 1499. – 1503.* 1504. 1505. wenig. 1506. wenig, doch gut. 1508. 1510. 1514.* 1516. wenig, aber gut. 1518. wenig, aber Ausbd.* 1521.* 1522. w. a. g. 1523. 1525. w. a. g. 1530. w. a. g. 1531. 1534. w. a. g. 1535. 1536.* 1537. w. a. g. 1539. reich.* 1540.* 1541. w. a. g. 1543. w. a. g. 1546.* 1547. 1550.* köstlich. 1551. 1552. 1558.* 1567. 1572.* wg. ab. köstl. 1575. 1576. wen. ab. Ausbd.* 1578.* 1583. reich. 1584. reich. 1590.* 1593. w. a. g. 1596. Beerliswn.* 1599.* deßgl. – 1603. gut. 1605. 1607. w. a. g. 1610. Ausbd.* ab. wg. 1612. wg. aber sehr gut.* 1615. ebenso.* 1616. köstlich* ab. wg. 1619. wg. ab. g. 1629. 1630. * 1631. * 1634. viel u. gt., ab. v. Kriege verdorben. 1636. gt. u. zieml. viel. 1637. deßgl. 1638. wen. ab. Ausbd.* 1642. w. a. gt. 1644.* w. ab. Ausstich. 1645. viel u. stattlich gt. 1646. w. a. g. 1647. 1652. 1653. v. u. gt. 1654. deßgl. 1655. viel u. köstl.* 1660. 1666.* s. gut. 1669.* 1670.* 1676. v. u. gt. 1678. 1680. 1681. w. a. gt. 1683. 1684. 1686 w. a. s. gt.* 1689. w. a. gt. 1699. deßgl. – 1700. w. a. gt. 1703. 1706. ausgez.* 1707. v. u. gt. 1711. deßgl. 1712. deßgl. 1718.* 1719. 1723. w. a. gt. 1724.* 1727. gt. 1728. ausgez.* 1731. 1737. 1738. wen. ab. vorzügl.* 1739. reichl. ab. mittelm. 1741. wenig, ab. ausgez. gut.* 1744, wen. ab. s. gt.* 1746.* 1747. w. a. gt. 1749. deßgl. 1750. w. a. s. gt.* 1752. zieml. viel u. gt. 1753. ausgez.* 1755. w. a. gt. 1759. zieml. v. u. gt. 1760.* 1766.* 1774. w. a. gt. 1777. wg. ab. ausgez.* 1781. 1783.* 1788. vorzügl.* 1793. wenig aber recht gut.* 1794. 1798. r. gut.* – 1800. w. a. gt. 1802. u. 1804. v. u. gt. 1807.* 1808. viel. 1811. ausgez.* 1818. s. gt.* 1819. viel u. gt. 1822. ausgez.* 1828. s. reich. mittelm. 1834. ausgez.* 1835. viel u. gt. 1842. wen. ab. recht gut.* 1846. ausg.* 1848. 1855. 1857. ausg.*


Theurungs- und Hunger-Jahre.

1145. 1146–48. 1196–98. 1224–26. 1270–72. 1310. 11. 12. u. 1313. 14. 16. u. 17. 1320–27. incl. 1338–40. 1344. 1348. mit folgender Pest. 1372. – 1430. 1434. 1439. 1447. 1453–55. 1457. 1469. 1485–87. – 1501. [294] mit folg. Pest. 1508–13. incl. 1528–33. incl. 1559. 1562. 1569. 70. 71. 72. 1573. 74. mit Pest. 1589. – 1608. 10. 12. mit Pest. 1614. 1622–26. mit Pest. 1627 u. 28. 1634 und 35. mit Pest. 1636 und 37. mit Pest. 1638. 1693. 94. – 1770. 1795. 96. 1816 u. 17. 1846. 47. 1852. 1854.


Kometen in den Jahren:

1145. 1187. – 1214. 1264. – 1301. 1305. 1337.(2.) 1375. – 1401. 1402.(2.) 1433. 1456. 1472.(2.) – 1500. 1506. 1526. 1530. 1531. 1532. 1533. 1538. 1556. 1558. 1573. 1577. 1580. 1582. – 1607. 1618. 1680. 1682. – 1742. 1743. 1744. 1759. 1769. – 1811. 1835. 1843. 1854.

Der Halley’sche: 1456. 1531. 1607. 1682. 1759. 1835. S. oben.

Die meisten im 16. Jahrhundert. Die wenigsten im 13. Jahrhundert.


Erdbeben in den Jahren:

1146. 1167. 1170. – 1201. 1211. 1215. 1281. 1295. – 1348. 1356. 1357. 1362. 1372. 1384. 1395. – 1402. – 1509. 1517. 1590. – 1601. 1603. 1630. 1648. 1651. 1655. 1682. 1685. – 1719. 1724. 1727. 1728. 1735. 1737. 1755. (Lissabon.) 1769. 1774. 1781. 1787. – 1806. 1839. 1846. 1855.

Die meisten im 18. Jahrhundert. Die wenigsten im 15. Jahrhundert.






  1. *) Die Geschichte weiß nur von Einem Siege des Kaisers, bei Ellhofen; denn der bei Neresheim erfolgte 10 Jahre später. S. oben p. 17.
  2. **) Welf war erwiesenermaßen zwar „der Schlacht entronnen,“ s. ob. p. 16. (Kais. Chron.), aber nicht im belagerten Weinsberg, so wenig als seine Gemahlin, die Herzogin, die also „ihren lieben Herrn, den Herzog,“ in Wahrheit nicht vorantrug, wie Nichthonius und später nach ihm der Maler Bruckmann dichten. In der Sage haben sich übrigens der Herzog und die Herzogin an der Spitze erhalten. Denn auf dem oben p. 15 erwähnten alten Ölgemälde von 1659 hat der Erste des getragenen Zuges einen Herzogshut auf dem Haupte. Die zweifache Deputation und die kluge Oberhofmeisterin gehören ebenfalls nur der Dichtung an, was in der That recht Schade ist.
  3. *) Nichthonius schöpfte wohl nicht aus der Pantaleon’schen Chronik (s. ob. J. 1140), sondern aus der vorgefundenen Volkssage. Sonst hätte er gewiß das Kaiserwort: regium verbum non decere immutari, nicht unbesungen gelassen.
  4. *) G. Schwab sagt (in „Schwaben“ p. 38) von diesem Gedichte: Hätte Bürger, der lebenskräftige und für ächtes Gefühl sonst so offene Dichter, die Sagenpoesie auf der Stufe ihrer jetzigen Bildung angetroffen, so würde er den rührenden Stoff nicht zu einer scurrilen Romanze verarbeitet und schwerlich im Bänkelsängertone begonnen haben: „Wer sagt mir an, wo Weinsberg liegt?“ u. s. w. Doch gehört diese Verirrung mehr seiner Zeit, als seinem oft über solche Irrthümer erhabenen Genius an.
  5. *) Der Zeugwart (Büchsenmeister) nennt nach der Sitte seiner Zeit das hiebei verwendete Geschütz mit dem eigenen Namen, den man ihnen gegeben.
  6. *) Königin Catharina, s. oben Jan. 1819. Weibertreu-Ringe s. J. 1824.
  7. *) S. oben J. 1824. Aeolsharfen in den Öffnungen des runden Thurmes.
  8. *) Luitgardis, geb. Gräfin von Limpurg, Gemahlin von Engelhard III., Freiherrn von Weinsberg 1193–1242. Urkundlich Stifterin des Klosters Lichtenstern. Ihre Blindheit ist nicht urkundlich, aber der Name des Klosters „Clara stella“ köstlich durch obige Dichtung motivirt. Ihre Schwester Burcksindis von Limpurg war erste Äbtissin des Klosters. Grabmal. S. oben Seite 21.
  9. *) In welche ein vom benachbarten Gellmersbach zu haltender Esel täglich das benöthigte Wasser auf die Burg schleppen mußte.
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Weinsberg, vormals freie Reichs-, jetzt württemb. Oberamtsstadt. Chronik derselben
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