Weihnachtsbüchertisch für die Jugend (Die Gartenlaube 1885/49)

Textdaten
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Autor: Dietrich Theden
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Titel: Weihnachtsbüchertisch für die Jugend
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 49, S. 823–824
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Rubrik: Vom Weihnachtsbüchertisch
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[823] Weihnachtsbüchertisch für die Jugend. Auf einen rechten Weihnachtstisch für die Jugend gehört auch ein gutes Buch, für den Pausback sowohl, der eben erst mit dem ABC sich abgemüht hat, wie für den schon Herangewachsenen, der bald an der Grenze des Jugendalters angekommen ist. Jede Altersstufe ist auch in diesem Jahre auf das Reichste bedacht. Fragen Sie uns, und wir sind mit Vergnügen bereit, Ihnen für jeden Ihrer Lieblinge etwas Passendes zu nennen.

Für einen sechsjährigen Buben zunächst? Wohl, aber wir möchten das Alter nicht so bestimmt abgrenzen. Zählt der Bube ein Jahr weniger, so möchte er auch schon Nutzen da[v]on haben, und zählt er eines oder zwei mehr, so muß er gleichfalls mit lachendem Gesicht sich in die Bilder und Verse und Geschichten vertiefen können. Und haben Sie keinen Buben, der zu bedenken ist, so geben Sie’s getrost dem Mädchen, das in diesem Alter steht. Hier soll ein Unterschied noch nicht zur Geltung kommen.

Also „Kinderstubengeschichten“, so betiteln sich zuerst dreißig kleine Erzählungen von R. Niedergesäß (Stuttgart, Gebr. Kröner), die wir gern auf jeden Festtisch zaubern möchten, der hübschen Geschichten wegen und dann auch um der reizenden Bilder willen, mit denen Fritz Bergen dieses Buch geschmückt hat. Ein zweites schönes Geschenk ist die „Glückliche Kinderzeit“ von G. Chr. Dieffenbach (Bremen, M. Heinsius), illustrirt von Meister Fedor Flinzer, dem wir so manche humorvolle, dem kindlichen Auge und Gemüth angepaßte Zeichnung verdanken und der sich auch in seinen Bildern zu den herzlichen Kinderliedern Dieffenbach’s wieder aufs Beste bewährt hat. Luise Pichler’sMärchengarten“ und „Märchenpracht und Fabelscherz“ (Stuttgart, W. Nitzschke) erschienen in ausgezeichnet ausgestatteten neuen Auflagen, so daß sie des Erfolges im Voraus sicher sind. Victor Blüthgen und Professor C. Offterdinger vereinigten sich zur Herausgabe eines Buches „Goldne Kindertage“ (Stuttgart, W. Effenberger), von dessen hervorragendem Werthe man sich schon bei flüchtigem Durchblättern überzeugt. Johannes Trojan und Rudolf Geißler erfreuen gleichfalls mit einem reizenden Kinderbuche, dem sie den Titel „Goldne Jahre“ (Nürnberg, L. Amersdorffer) gegeben haben. Die in sehr gutem Farbendruck ausgeführten Bilder R. Geißler’s haben noch den besonderen Reiz, daß sie nicht der Phantasie des Künstlers entsprungen, son[d]ern als malerische Ansichten aus der Stadt der Meistersinger, dem alterthümlichen Nürnberg, dem wirklichen Leben entnommen sind. „So zwitschern die Jungen“ von D. Duncker (Berlin, Alexander Duncker), illustrirt von E. Elias, möchten wir ebenso warm empfehlen, wie die Neuigkeiten von Julius Lohmeyer. D. Duncker’s Buch enthält so ansprechend geschriebene Märchen und Erzählungen, daß es kaum der gelungenen Bilder bedurft hätte, damit sie sich einen weiten Freundeskreis gewännen, während sie mit denselben freilich um so sicherer zum Ziele gelangen. Und Julius Lohmeyer, der altbekannte Jugendfreund? Er hat dieses Mal, thatkräftig unterstützt von Johannes Trojan und Frida Schanz, ein ganzes Füllhorn über unsere Lieblinge ausgeschüttet und in „Kater Murr’s Tagebuch“, „Unser Hausglück“, „Fragemäulchen“, „Kinderhumor“ (Leipzig, Meißner u. Buch), sowie in den „Lustigen Kobold-Geschichten“ (Glogau, C. Flemming) Gaben für den Weihnachtstisch gespendet, denen allen man den Preis zuerkennen möchte und von denen namentlich das köstliche Tagebuch des Hausfreundes Murr in keinem Hause fehlen sollte, in welchem sich zwei Kinderarme verlangend nach einem hübschen Buche ausstrecken. Man sehe sich die prächtigen Farbendruckbilder an, lese ein paar Verse, und mindestens eines der Bücher wird sicher mit nach Hause wandern. – Fast ist Ihnen die Auswahl für die Kleinsten schon zu groß? So wollen wir schließen. Aber unser Bericht würde eine empfindliche Lücke aufweisen, wenn wir nicht wenigstens noch eines Geschenkes gedenken wollten, das an keinen Geringeren erinnert, als an den alten Kinderklassiker Wilhelm Hey. Kennen Sie Elisabeth Ebeling? Die Dame hat bereits eine Reihe guter Kinderschriften herausgegeben, ihre beste aber in diesem Jahre: „Vier und Zwanzig Fabeln“ (Leipzig, E. Twietmeyer), illustrirt von J. Bungartz. Es wird nicht lange dauern, dann werden diese Fabeln neben denen von Hey in allen Lesebüchern zu finden sein. Ja, die Verse sind so frisch, so einfach, so anschaulich und zum Herzen redend, daß sie als das Beste bezeichnet werden müssen, was seit Jahren auf diesem Gebiete erschienen ist.

Die „Märchen und Erzählungen für Kinder“ von Zacharias Topelius (Gotha, Fr. Andr. Perthes), sowie die prächtigen „Wintermärchen“ von Heinrich Seidel (Glogau, C. Flemming) gehören schon für ein reiferes Alter, und ebenso die unter dem Titel „Lebensfrühling“ vereinigten Erzählungen von unserem geschätzten Mitarbeiter Victor Blüthgen (Stuttgart, Gebr. Kröner). Knaben und Mädchen im Alter von 9 bis 12 Jahren werden sich an diesen Erzählungen auf das Herzlichste [824] erfreuen. Aber auch der Vater und die Mutter dürften sich mit Interesse in dieselben vertiefen, und das ist ja der beste Prüfstein für ein Jugendbuch, wenn sich an seinem Gehalte auch Erwachsene zu erbauen vermögen. „Die alte Freundin“ von Ottilie Wildermuth (ebenda) bedarf der besonderen Empfehlung wohl kaum. Die Verfasserin selbst ist eben „die alte Freundin“, welche in diesem Buche noch einmal zu der Kinderwelt tritt, die ihren Geschichten stets so gerne gelauscht hat. Als ein werthes Vermächtniß der heimgegangenen, unvergeßlichen Dichterin haben die Töchter derselben diese Erzählungen, die früher in einzelnen Blättern verstreut erschienen waren, gesammelt, und nun werden sie für den Weihnachtstisch angeboten, ohne Zweifel eine der gediegensten und begehrtesten Gaben.

Zwei Bücher von Oskar Höcker sind vorwiegend für die reifere Knabenwelt bestimmt: „Die Erfindung der Buchdruckkunst“ (Stuttgart, E. Hänselmann), eine fesselnde kulturgeschichtliche Erzählung aus dem Mainzer Stadtleben im 15. Jahrhundert, und „Die Brüder der Hansa“ (Leipzig, Hirt u. Sohn). Diese letztere Erzählung aus der Blüthezcit des norddeutschen Kaufmannsbundes behandelt zum ersten Male eines der interessantesten Gebiete der deutschen Geschichte in übersichtlicher, fesselnder, auch der Jugend verständlicher Darstellung, und ist um so wärmerer Empfehlung würdig, als der Verfasser sehr gewissenhaft gearbeitet und die Mühe nicht gescheut hat, das umfangreiche Material sorgfältig nach den besten Quellen zu sichten und aus dem Interessanten noch das Packendste und am meisten Charakteristische auszuwählen. Gleichfalls eine originelle Arbeit ist Hermann Jahncke’s Erzählung „Kurbrandenburg in Afrika“ (Breslau, Max Woywod), in welcher die Schicksale der unter dem Großen Kurfürsten begründeten kurbrandenburgisch-preußischen See- und Kolonialunternchmungen in der dem Verfasser eigenen anziehenden Weise geschildert werden. Hermann Hirschfeld bietet unter dem Titel „Die feindlichen Brüder“ (Leipzig, Otto Spamer) eine Erzählung aus Bayerns Geschichte im 15. Jahrhundert, während der verdiente Jugendschriftsteller Ferdinand Schmidt mit einer Erzählung „Königgrätz“ (Düsseldorf, Felix Bagel) vertreten ist. Ein werthvolles Buch ist ferner „Prinz Eugen der edle Ritter und sein allzeit bereiter Wachtmeister“ (Leipzig, Otto Spamer), welches Wilhelm und J. Wägner auf den Weihnachtstisch legten. Die Verfasser schildern lebendig, der Verleger sorgte für meist gute Abbildungen, die das Verständniß noch unterstützen. Hans Blum’s „Ueberläufer“ (Leipzig, J. M. Gebhardt) ist eine spannende, tüchtige Erzählung aus der Geschichte des nordamerikanischen Befreiungskampfes unter George Washington.

Auch für das reifere Mädchenalter sind einige neue Schriften vorzugsweise geeignet. Obenanstellen möchten wir einen Kranz historischer Erzählungen der ebenso bewährten als bekannten Jugendschriftstellerin Luise Pichler: „Diademe und Myrten“ (Stuttgart, Gebr. Kröner). Sodann schenkt Brigitte Augusti der Jngend eine neue kulturgeschichtliche Erzählung „Im Banne der freien Reichsstadt“ (Leipzig, Hirt und Sohn). Diese beiden Bücher bilden wirkliche Bereicherungen der Litteratur für das reifere Mädchenalter, die allen süßlichen Backfisch-Erzählungen mit Goldschnitt hundertmal vorzuziehen sind. – Nicht vergessen wollen wir zwei gute Werke aus dem Verlage von E. Hänselmann in Stuttgart: „Aus junger Tage Freud und Leid“ von G. Friedrich, eine Sammlung passender Gedichte, und „Der Mutter Trost“, Erzählung von Ottilie Ruchmann, beides Werke, die sich viele Freunde gewinnen werden.

Ein recht gereiftes Verständniß erfordert das interessante Lebensbild des großen Entdeckers und Missionars „David Livingstone“, nach den Quellen dargestellt von Dr. Gustav Plieninger (Stuttgart, Gebr. Kröner). Das gediegene Werk ist mit zahlreichen Jllustrationen versehen und dürfte nicht nur von der Jugend, sondern von der gesammten deutschen Lesewelt bewillkommt werden. Aehnlich die Biographie des großen Kinderfreundes und Fabeldichters „Wilhelm Hey“ von J. Bonnet, welche eben bei Fr. Andr. Perthes, dem Verleger der bekannten Fabeln, erschienen ist. – Für den gediegenen Inhalt der germanischen Götter- und Heldensagen, welche Felix und Therese Dahn unter dem Titel „Walhall“ (Kreuznach, R. Voigtländer) herausgegeben haben, bieten schon die Namen der Erzähler hinreichende Bürgschaft.

Aus der Menge der jährlich wiederkehrenden Festgaben möchten wir nur zwei herausgreifen, die beide ernster Empfehlung werth sind. „Der Jugendgarten“ (Stuttgart, Gebrüder Kröner) ist bekanntlich begründet von Ottilie Wildermuth und wird fortgesetzt von deren Töchtern. Der vorliegende 10. Jahrgang, geschmückt mit 8 farbigen und 10 Tondruckbildern, ist ebenso geschmackvoll wie reichhaltig. Aehnliche Anerkennung verdienen nur die bekannten „Jugendblätter“ von Jsabella Braun (München, Braun u. Schneider), von denen bereits – ein gutes Zeichen! – der 31. Jahrgang vorliegt.

Sind Sie zufrieden? Die Wahl ist groß genug. Doch möchten wir Ihnen zum Schluß noch ein Unternehmen so recht ans Herz legen, das für die Jugend von immenser Bedeutung geworden ist. Kennen Sie die „Universalbibliothek für die Jugend“, welche im Verlage von Gebr. Kröner in Stuttgart erscheint und bereits bis zum 190. Bändchen vorgeschritten ist? Sie finden darin die besten älteren und neueren Jugendschriften in gediegensten Ausgaben, und wenn Sie um einen geringen Betrag äußerlich stattliche, inhaltlich werthvolle Bücher erstehen, wenn Sie eine Hausbibliothek für Ihre Kinder anlegen, eine Schul- oder Ortsbibliothek gründen oder vervollständigen wollen: greifen Sie zur Universalbibliothek, und Sie dürften alle Ihre Wünsche befriedigt finden! Dietrich Theden.