Weihnacht (Behrens)
Weihnacht.
Kein Windhauch draußen, regungslos die Luft,
O wunderbarer herber Winterduft!
Es schneit, es schneit! Ein stumm’ Gewimmel
Schwebt Flock’ und Flöckchen von dem grauen Himmel
Verschneit die Tannen draußen in dem Walde,
Ruht leuchtend weiß auf jedem Thurm und Dach
Und scheint so helle in mein still Gemach,
Daß ich die Feder gerne ruhen lasse
So einsam dort; ’s ist Alles in den Stuben,
Nicht mal den Schlitten ziehn des Nachbars Buben;
Warum dies nur, da es sie sonst so freut? –
Ei, weißt du nicht? Es ist ja Weihnacht heut!
Wohl übers Dörfchen in das Land hinein,
Und in der Brust wird es mir plötzlich enge
Und in die Augen tritt ein feuchter Schein.
O heilige Nacht, du süße fromme Nacht,
In jedes Haus weht dein geheiligt Schauern!
Und wär’ ein Herze noch so voller Trauern,
Es muß ihm doch die holde Kunde werden:
Verzage nicht, der Friede kam zur Erden!
So strahlend hell, so festlich eigen;
Von frischen Kinderstimmen tönt ein Chor
Herüber in mein andachtsvolles Schweigen:
Das alte Lied – die frohe Mär –
Wohin du siehst, der helle klare Schein,
Und so wie hier in unserm Dörfchen klein
Flammt jetzt im großen weiten Erdenraum
In jedem Haus der grüne Tannenbaum;
Und jeder Arme dünkt sich wonnereich,
Und jede Hand, sie schenkt und reicht und giebt.
– – – – – – – – – –
* * *
Was steht dort draußen an der Thür betrübt
Und schaut so bang zum hellen Fensterlein?
Hast keine Mutter mehr? Hast keinen Baum?
Daß heil’ger Abend ist, Du weißt es kaum?
Tritt ein, denn heute soll zu Himmelshöhen
Doch kein bekümmert Aug’ vergeblich flehen,
Es ist ja Euer Fest, das Fest der Kleinen. –
Da, nimm nur hin, viel ist es freilich nicht,
Und freue Dich daran, Du blonder Wicht.
O Kinderhand, wie bald bist du gefüllt!
Was jetzt aus blauen Aeuglein blinkt,
Ist süße Lust, die tief zum Herzen dringt.
Nun geh, mein Kind, und siehst Du noch so einen
Vergeß’nen kleinen Buben weinen –
Das zur Bescherung Niemand ließ herein –
Sag’ ihnen rasch, ich wohnte an der Ecke
Und hätte eine große Zuckerwecke,
Und auch ein Bäumchen und ein warmes Kleid –
W. Heimburg.