Weihgeschenk
Weihgeschenk.
Heil Dir, Königin der Nacht,
Die Dein Mägdlein umgebracht!
Shakespeare.
Heute deiner zu gedenken,
Deren Grab die Nacht bethaut,
Nahen wir mit Weihgeschenken
Und gedämpftem Klagelaut!
Muthig deinen Tag zu leben?
Heil Dir, Königin der Nacht,
Die Dein Mägdlein umgebracht!
Braune, schwermuthvolle Augen,
Laßt aus euren Tiefen saugen
Mich noch einen süßen Strahl!
O wie hatt’ ich euch so gerne,
Traute, träumerische Sterne!
Die Dein Mägdlein umgebracht!
Schlichen sich in jedes Herz
Deine stillen Lieblichkeiten,
Feuchte Waldesschatten lagen
Ueber dir in Lenzestagen –
Heil Dir, Königin der Nacht,
Die Dein Mägdlein umgebracht!
Das ein üppig Thal entdeckt,
Nahtest schüchtern du den Bronnen,
Flohst, vom eignen Bild geschreckt!
Aengstlich, wo sich Wege theilen,
Heil Dir, Königin der Nacht,
Die Dein Mägdlein umgebracht!
Zeigte jung ein arger Spiegel
Dir den Wurm in jeder Frucht?
Ueber dir mit Eifersucht?
Nie hat dich ein Arm umschlossen,
Liebe hast du nie genossen –
Heil Dir, Königin der Nacht,
Nieder in dein frühes Grab,
Wandtest dich, von uns gerufen,
Lächelnd um – und stiegst hinab!
Schiedest du vom Grün der Erde –
Heil Dir, Königin der Nacht,
Die Dein Mägdlein umgebracht!