Von der alten Mordgrube
Der dieser Stadt zuerst das herbste Leid gebracht,
Wo in die Tiefen ihr das Unheil sollte dringen,
Das ihre Gänge selbst, wer glaubt es? taub gemacht.
Wo mancher reiche Gang ihm seine Gaben bot,
Als über’s Haupt ihm hin die Unglückssterne ziehen,
Und der noch sichern Flur ein harter Unfall droht.
Rings um die Mauern beut manch freundliche Taberne
An Ceres Gaben[2] labt sich hier der Bergmann gerne,
Vergißt in seltner Lust, was je ihm drückend war.
So strömt am Tag der Ruh, vielleicht an einem Feste,
Ein Theil auch einst dahin, da bietet sich dem Blick
Wem bebte nicht das Herz? ein unerhört Geschick.
Zu frohem Tanze war nach Brauch die Schaar vereinet,
Nicht ahnend, was der Zorn der Gottheit ihr ersann,
Als einem Kranken schnell die Todesstund’ erscheinet,
Denn hinter deiner Lust, da lauern oft die Schmerzen,
Und überläßt dich laut dem Lachen und dem Scherzen,
Und unerwartet folgt Tod oder Kummer drauf.
Wie’s fromme Sitte heischt, den Priester sie herbei,
Daß Absolution dem Sünder er gewähre,
Und mit der Hoffnung auf den Himmel ihn erfreu.
Der Priester kommt und ernst trägt man zur Trauerschwelle,
Doch Jene tanzen noch an unheilvoller Stelle,
Still sehen Andre zu, auf grünem Wiesenplan.
Ob ihnen Gottes Zorn den Sinn zum Stolz gelenket,
Ob’s eigner Leichtsinn that, nur auf den Tanz erpicht,
Die deinem Leib gebührt, man beugt die Kniee nicht
In frommer Demuth dir. Nur der zum heitern Spiele
Die hellen Saiten rührt, erwählt das bessre Theil,
Er beugt das Knie und folgt der Ehrfurcht Pflichtgefühle
Kaum schritt der Priester fort nebst dem Gefolg. O Wunder!
Da öffnet plötzlich sich in jähem Spalt das Land,
Und zieht die Jungfraun all’ und Knappen mit hinunter,
Und wer den Tanz zu schaun noch auf der Wiese stand.
Er steht allein noch da auf schroffem Felsenstück,
Vor Schrecken starr, um nicht in Schlund hinabzugleiten,
Bis man an Seilen ihn zieht an das Land zurück.
Und alsbald folgt der Fels den andern nach zum Schlunde.
Die Todten, die da barg die Erd’ im kühlen Grunde,
Sie schaut kein Auge je, seit sie die Nacht verschlang.
Daß du der Gottheit nie die Ehrfurcht sollst versagen,
Das lehrt o Sterblicher! dir dieser Schreckensort,
Und das Gedächtniß so bewahret fort und fort.
Für ein Jahrhundert nun versiegt nach diesem Falle,
Er, der so reich einst floß, der Berge Silberborn,
Des Himmels diese Stadt. Beraubt der reichen Früchte
Des Bergbaus trifft sie da zuerst das schlimme Loos,
Daß alle ihre Mühn die Gottheit macht zu nichte,
Und Schmutz die Gänge füllt in ihrer Berge Schooß.