Von den schwarzen Bergen
Dalmatien ist ein wenig gekanntes Land und die Bucht von
Klek, welche neuerdings bei Gelegenheit der Landung der türkischen
Truppen so oft in der Presse genannt worden ist, ein noch weniger
gekannter Theil dieses doch recht interessanten Küstenstriches
des adriatischen Golfes. Im südlichen Dalmatien, wenige Stunden
von den Mündungen der Narenta, des größten Stromes der
westlichen Türkei, entfernt, erstrecken sich die Grenzen des osmanischen
Reiches bis an die Gestade der Adria mitten in österreichisches
Gebiet hinein und türkische Lande umgeben die blos in ihrem
nördlichen Theile zu Oesterreich gehörenden Gewässer der dort befindlichen
Bucht von Klek.
So interessant, romantisch, voll herrlicher Partien und üppiger Vegetation das nahe Sumpfthal der Narentamündungen sich zeigt, so öde, wüst und einförmig ist die Gegend um Klek. Dort eine reizende Landschaft, hier nichts als kahle, schroffe Berge, nur hier und da niedriges, verkrüppeltes Gebüsch oder Olivenbäume mit ihrem monotonen Grün. – Einige wenige, ärmliche Hütten, am Ausgange einer Thalenge gelegen, der einzigen in der Umgegend, die etwas Ackerland zwischen dem ringsumher liegenden zackigen Gestein und eine größere Olivenpflanzung aufzuweisen hat, bewohnt von armen Hirten, deren Ziegen und Schafe das wenige Grün noch mehr am Gedeihen hindern, deren einziger Erwerb eine glückliche Olivenernte, Fischfang und vielleicht etwas Tabakschmuggel ist, dies ist der Ort Klek im oberen österreichischen Theile der Bucht. Am Ausgange dieser Thalenge steigt das Gebirge steil hinan; – eine kahle Felswand, auf deren First ein Kirchlein, wieder einige Hütten, ein Fleck mühsam bebauter Erde, dann abermals Fels, Gerölle, Gestein!
Unten am Gestade, am äußersten Ende der Bucht, steht neben der Ruine eines alten verfallenen Thurmes ein kleines Wachthaus, da weht auch täglich von Sonnenauf- bis Untergang der türkische Halbmond, bezeugend, daß man sich auf Grund und Boden Sr. Großherrlichkeit des Sultans befindet. Einige Albanesen bewohnen dieses Gebäude und halten die Grenzwache. – Dort verflacht sich die Gebirgskette, bildet ein längliches Thal, macht einen stumpfen Winkel und erstreckt sich dann, im Berge Klek sich noch einmal steil erhebend, gegenüber dem Festlande in eine niedrige, schmale, fast ganz unbewohnte Landzunge abfallend, gegen NW bis auf sechs Seemeilen in die See hinaus.
Dadurch wird eine vollkommen geschützte, von allen Seiten geschlossene Bucht mit gutem Ankergrund in ihrer ganzen beträchtlichen Ausdehnung gebildet, ein prächtiger Hafen für eine ganze [433] Flotte, für jede Zahl und Gattung von Schiffen. Dalmatien hat viele solche von der Natur geschlossene, gut gedeckte Buchten und Baien, aber nächst den Bocche di Cattaro ist sicherlich die Bucht von Klek eine der vorzüglichsten. Doch da die Landzunge und ein Theil des diese Gewässer einschließenden Festlandes türkisches Gebiet mitten in österreichischen Landen und See sind, so hat man die ganze Bucht für ein Mare clausum erklärt: keiner Nation Schiffe dürfen dort einlaufen oder ankern, nicht einmal den Fischerbarken ist der Aufenthalt im Innern desselben gestaltet. Die See ist daher ganz unbelebt und öde, kein Kiel durchfurcht die Wellen, kein Fischer zieht hier seine Netze, ruhig und unbesorgt leben hier die Bewohner des Meeres vor den Nachstellungen der Menschen.
Sowie die See also öde, verlassen und ruhig ist, so sind es auch die unwirthlichen Gestade, die sie einschließen. Es ist wirklich eine traurige, einförmige Einöde, doppelt traurig, doppelt einförmig für die jungen, lebensfrohen Officiere des dort stationirten österreichischen Kriegsdampfers, der, in der Nähe des Ortes Klek geankert, die Bestimmung hat, die Regeln dieses Mare clausum aufrecht zu erhalten, daher sie sich immer darnach sehnen, daß irgend ein Ereigniß eine Abwechselung in ihr hier sehr monotones Seemannsleben bringen möchte, – Begierig wurden daher die Nachrichten über die Aufstände der Raja’s in der Herzegowina gelesen. Schon lange spukte es in den verschiedensten Journalen davon, wie die Montenegriner, dieses unruhige Bergvolk, nicht mehr Platz hatten in ihren Höhlen und Felsen, wie sie oft räuberisch in türkisches Gebiet einfielen und auch die Raja’s zum Aufstande gegen deren Oberherrn, den Sultan, aufstachelten. – Jedes Zeitungsblatt beinahe brachte neue Erzählungen von frischen, frechen Gräuelthaten der übermüthigen Montenegriner und allgemein verlautete das Gerücht von einem energischen Auftreten der Türken gegen diese Uebergriffe, namentlich wurde eine Landung türkischer Truppen in Klek erwartet.
Es kamen bereits bestimmte Nachrichten, daß für diese Landung eine besondere Ausnahme gemacht und die Erlaubniß zum Einlaufen der Schiffe in die für alle Nationen geschlossene Bucht gegeben werden solle, und daß mehrere Schiffe größerer Gattung die Truppen von Constantinopel hierherführen, ausschiffen und das österreichische Wachschiff dabei interveniren sollte. Die Landung einer größeren Truppenabtheilung aber war für Klek so ungewöhnlich, so unerhört, daß man, obwohl die Nachrichten schon bestimmt und zuverlässig waren, noch immer nichts recht glauben wollte.
Indessen wurde es lebendiger, interessanter in der Bucht. Der österreichische Dampfer St. Lucia war auch angekommen, um bei der Landung gegenwärtig zu sein. Man disputirte und politisirte fortwährend über die Türken und Montenegro. Vom südöstlichsten Theile der Bucht, dort, wo der Wachtthurm liegt, gegen Neum hinauf, wurde eine soi disant-Straße von den türkischen Unterthanen hergestellt, d. h. das Gestrüpp wurde hier und da, wo es gar zu dicht war, abgehauen und einige Steine bei Seite geschafft, ein miserabler Weg. Ein Matrose wurde an der äußersten Spitze der Landzunge, an der sogenannten Santa turca, mit einer Flagge als Ausluger aufgestellt, um die zu erwartenden Schiffe zu signalisiren. Boote fuhren mehrere Male des Tages in die See hinaus, beim Wachtthurme brannte allabendlich ein mächtiges Feuer: Alles wegen der Türken.
Im türkischen Orte Neum zeigte sich auch schon reges Leben. Ganze Heerden von Maulthieren wurden aus dem Innern des Landes zum [434] Transport der Bagage und Lebensmittel zusammengetrieben und der Pascha von Mostar mit einem kleinen Gefolge war dort angekommen. Den Mann mußte man sich ansehen, wie er mit seiner türkischen Gemächlichkeit in diesen elenden Behausungen sich eingerichtet hatte. Vielleicht konnte man auch einiges Neue von ihm erfahren. Es wurde ihm daher eine Visite abgestattet. Er hatte sich auch hier, so gut als es eben ging, mit allem Comfort, d. h. auf orientalische Manier, umgeben. – In dem besten Hause, aber auch nur einer Hütte, wurde ein Gemach ganz mit Teppichen und geflochtenen Strohmatten belegt, an den Wänden einige Polster statt Divans ausgebreitet, eine immer Kaffee siedende Küche eingerichtet und das Meublement war besorgt. Der Pascha selbst war ein corpulenter, gemüthlicher Mann, der blos türkisch sprach und auf den Kissen hingekauert den ganzen Tag seinen Tschibuk schmauchte. – Merkwürdig waren die kleinen Füße an den dicken Beinen, sie hätten keinem unserer Dandies Schande gemacht, und wundern mußte man sich, wenn man daran dachte, wie diese Figur mit ihrem Embonpoint und ihrer Unbeholfenheit die Reise von Mostar hierher auf diesen elenden Wegen gemacht hatte. – Von der Ankunft der Truppen wußte auch er nichts Bestimmtes.
Mehr als drei Wochen waren schon seit diesen Vorbereitungen verflossen, und noch schien es nicht Wahrheit werden zu wollen. Entweder ging man in Constantinopel mit gewöhnlicher muselmännischer Saumseligkeit zu Werke oder die Schiffe hatten auf der See übles Wetter, welches sie am Weiterkommen hinderte.
In Klek gab man sich schon den verschiedensten Vermuthungen hin, da schwenkte eines schönen Morgens, es war am 23. März dieses Jahres, der an der Spitze der türkischen Landzunge auslugende Matrose die Flagge zum Signal: die türkischen Schiffe in Sicht. Bald darauf sah man auch von Klek aus diese das äußerste Vorgebirge passiren.
Langsam und vorsichtig bewegte sich der mächtige Körper des Schraubenlinienschiffs Peïki Zaffer mit 94 Kanonen (ein Zweidecker) und die Schraubenfregatte Gevan Bahri mit 38 Kanonen, beide Fahrzeuge gepfropft voll Truppen, den ihnen fremden Gewässern der Bucht von Klek zu. Vom Dampfer Lucia wurde ihnen ein Boot mit einem Officier entgegengeschickt und lootste sie in das Innere der Bucht auf ihren Ankerplatz.
Die österreichischen Dampfer hatten unterdeß geheizt, kamen bald nachgesteuert und legten sich in der Nähe der türkischen Schiffe vor Anker. – Unverzüglich begann die Ausschiffung der Truppen, die vom Deck herab und aus allen Kanonenpforten sich die fremden unwirthlichen Gestade des Landungsplatzes neugierig betrachteten.
Was für ein reges Leben und Treiben brachte dies in die sonst so öde, ruhige Bucht! Früher nichts, als das kleine österreichische Wachtschiff Achilles, ganz verborgen in einer kleinen Valle (Einbuchtung) im nördlichen Theile der Bucht vor Anker liegend, keine Barke, kein Fischerboot, am Lande einige Bauern, mühsam die wenige Erde zwischen den Steinen auflockernd und Hirten, ihre Schafe und Ziegen weidend! – Und jetzt: ein gewaltiges Linienschiff, eine Fregatte, zwei Dampfer, nebst einer Unzahl immer ab- und zufahrender Boote, und die Gestade, die Hügel und Berge ringsum belebt, wie Ameisenhaufen, von der Menge der gelandeten Truppen. Welch’ ein fremder, sonderbarer Anblick für die ruhigen, eingezogenen Bewohner der Umgegend und auch für die des „Achilles.“ Man glaubte sich gar nicht mehr in Klek, sondern dachte eher eine Scene des Krieges im Orient mit dessen großartigen Truppenlandungen hier dargestellt zu sehen. Man fühlte, daß Klek, die verborgene, einsame Bucht, eine wichtige Station geworden sei.
Um die Landung der von der Seereise ermüdeten Truppen – im Ganzen 3600 Mann Nizams (d. i. reguläres Militair) nebst Feldgeräthe, einer Batterie von Gebirgshaubitzen, Munition und den Pferden des Generals – schneller bewerkstelligen zu können, als dies mit Booten hätte der Fall sein können, weil die türkischen Schiffe beinahe in Mitte der Bucht, weit vom eigentlichen Landungsplatze entfernt lagen, so ersuchte der Obercommandant der Expedition Kadri Pascha[1] um Beihülfe des österreichischen Dampfers Achilles. – Dieser heizte sofort, begann alsbald zu dampfen und legte sich in die Nähe des Linienschiffs, von wo man fort und fort die schwer bepackten, ermüdeten Soldaten so dicht als möglich in die Boote lud, welche dann vom „Achilles“ in Schlepp genommen und zum Landungsplatze geführt wurden. Kaum waren die Boote geleert, so wurden sie zum Schiffe zurückbugsirt, um wieder neue Ladung einzunehmen. Auf diese Weise wurde die Ausschiffung den ganzen Tag fortgesetzt und ging sehr schnell von statten.
In der Nähe des Landungsplatzes, an dazu möglichst geeigneten Punkten, wurden in aller Eile sofort zwei Bivouacs aufgeschlagen, um die von der ungewohnten Seereise und von dem schlechten Wetter sehr erschöpften Truppen einigermaßen zu restauriren, bevor sie den Marsch durch die unwirthlichen Gegenden in der Richtung nach Trebigne gegen die Grenze von Montenegro antreten sollten. Der steinige Boden wurde, so gut es ging, geebnet, das Gesträuche abgehauen und dann die Zelte ausgespannt; alsbald stieg auch der Rauch von einer Menge von Wachfeuern zum Himmel empor, denn die Luft war noch empfindlich kalt.
Die Soldaten hatten ein ziemlich gutes Aussehen, freilich hatte das enge Beisammenleben auf der neuntägigen Seereise nicht gut auf sie gewirkt, sie waren auch nicht besonders rein und nett, aber doch so ziemlich egal und in mancher Beziehung praktisch adjustirt, so z. B. halten sie eine Art von Gamaschen aus Schaffellen, die bis unter das Knie reichten und den Fuß vollkommen schützten, gewiß für diese steinigen Gegenden sehr zweckmäßig. – Sie trugen blaue Röcke und Hosen, einen blaßgrauen Mantel aus sehr dickem Stoffe und als Kopfbedeckung den türkischen Feß. Die Bewaffnung war durchgehends mit langen Kapselgewehren. Nur ihre voluminösen Tornister waren zu schwer geladen, denn außer Mantel, Reserveschuhen u. s. w. war noch eine Kotze und ein kupferner Kochkessel daran geschnallt, welches die Last für den Marsch durch dieses Gestein und besonders auf die Dauer etwas zu unbequem und schwierig machte. Trotzdem krochen sie doch wohlgemuth, obwohl langsam, weiter.
Zur großen Befriedigung Kadri Pascha’s, der froh war, seine Truppen bald im Lager zu haben, und dem österreichischen Commandanten persönlich hierfür seinen Dank abstattete, setzte man derartig den ganzen Tag die Landung fort. – Bis gegen Nachmittag ging auch Alles glücklich von Statten. Ueber die Hälfte der Mannschaften und ein großer Theil des Gepäcks waren schon in den Bivouacs untergebracht. Es war drei Uhr vorüber, der Achilles wartete beim Linienschiff auf frisch geladene Boote, indeß die näher am Lande liegende Fregatte Gevan Bahri ihre Truppen zum Theil auch selbst mit Hülfe ihrer Boote ausschiffte. Da erscholl plötzlich Hülferuf. Eines der Boote, welches, wahrscheinlich zu voll geladen, von der Fregatte gegen das Land zu sich entfernte, schlug plötzlich um, und Alles versank in die Tiefe. – Noch weiß man nicht die eigentliche Ursache, ob das Boot leck, ungeschickt geleitet oder zu voll geladen war. Die See war nur wenig bewegt.
Kaum aber hörte man das verworrene Geschrei in dem untern Theile der Bucht und den Tumult, der dabei und unter den in der Nähe des Unfalls am Lande anwesenden Leuten entstand, so hatte sich schon im Nu ein Boot mit kräftigen Matrosen behende bemannt und, von einem Officier geleitet, vom Achilles entfernt, und eilte pfeilschnell dem Unglücksplatze zu. Indeß obwohl es das erste zur Stelle war, und ihm bald eine Menge anderer Boote folgten, so gelang es doch nur, drei Menschenleben den Fluthen zu entreißen. Mit Theilnahme und Bedauern waren alle Fernröhre, Aller Blicke auf jene Gegend gerichtet, doch blieben die fortgesetzten ferneren Versuche durchgehends erfolglos. Die See wollte ihre Opfer behalten.[2] Die Leute waren zu schwer bepackt, um sich retten zu, können. Man sprach von 20 Mann, die ertrunken sein sollen.
Andern Tages bis Sonnenuntergang waren beide Schiffe von ihrer Ladung entblößt, und alle 3600 Mann ausgeschifft. Gegen Abend brachte man noch Pferde, Munition und die Gebirgshaubitzen an’s Land, wo es jetzt noch lebhafter und reger herging, um alle diese verschiedenen Gegenstände weiter zu schaffen. Von den Truppen hatte sich schon ein Theil in Marsch gesetzt, um den Uebrigen mehr Platz in den dürftigen Bivouacs zu machen.
Den folgenden Tag, nachdem die Landung beendet wir, hatten die Officiere der österreichischen Dampfer Zeit und Muße, die inneren Räumlichkeiten und Einrichtungen der türkischen Schiffe zu betrachten. Eine Gesellschaft, die von dem zwei Stunden entfernten Orte Stagno angekommen war, um sich das Linienschiff als ein für sie noch nie dagewesenes Schauspiel anzusehen, [435] bot um so mehr die beste Gelegenheit, als sich einige recht hübsche Mädchen unter derselben befanden, die zwar begierig waren, das Schiff und die Türken zu sehen, aber vor letzteren gar zu große Angst hatten. Nach einigen Aufmunterungen der österreichischen Officiere, erstiegen sie alsbald die hohe Fallreepstreppe, und betraten mit verwunderten Augen das geräumige Deck. Der türkische Commandant empfing auch Alle recht zuvorkommend, nahm besonders die Damen, welche er genau musterte, freundlich auf, und befahl sofort einem sehr schmutzigen Officier, der aber einige Medaillen auf seiner Brust trug, die Gesellschaft im Schiffe herumzuführen.
Obwohl die große Anzahl der Truppen, die in den Batterien, im Deck und in den untern Räumen eng zusammengedrängt war, und die weite Reise in schlechtem Wetter einige Entschuldigungsgründe sind, so hätten die Fahrzeuge, besonders in den untern vollkommen dunklen Räumen etwas reiner, jedenfalls aber ordentlicher sein können. Aber da war Alles schmutzig und unordentlich, nirgends ein rechtes Zusammengreifen, wie es besonders auf einem Kriegsschiffe sein soll; und wie das Schiff, so die Matrosen. – Freilich war es der Tag nach der Landung und unmittelbar vor der Abreise. Man putzte, fegte und malte zwar überall herum, doch sah es noch schmierig genug aus. Ein Fahrzeug in allen seinen Theilen rein und ordentlich zu halten, ist eben keine leichte Sache, und die Türken werden wohl noch einige Zeit brauchen, bevor sie die ihrigen mit denen fremder Nationen vergleichen können.
Nachdem man sich das Schiff zur Befriedigung der neugierigen Mädchen genugsam angesehen, und Treppen auf. Treppen ab gestiegen war, ließ der freundliche Commandant in seiner geräumigen Cajüte den bei einem Besuche bei einem Türken unausbleiblichen schwarzen Kaffee serviren, und Tschibuks, mit gutem Tabak gestopft und mit kostbaren Ambraspitzen, wurden herumgereicht. Die Cajüte war reinlicher als das Schiff, aber mit keiner besondern Eleganz und ohne Geschmack eingerichtet. An den Wänden bunt gemalte Verse aus dem Koran in goldenen Rahmen, ringsum Divans und echte Smyrnateppiche auf dem Boden.
Nachdem der Kaffee getrunken, die Tschibuks geschmaucht und Jedem zum Abschiede die Hand gereicht worden war, verließ man das Schiff. Am Morgen des 26. mit Tagesanbruch lichteten beide Fahrzeuge die Anker und steuerten mit der Lucia aus der Bucht. Und der Achilles? Blieb da und begab sich wieder an seinen gewöhnlichen Ankerplatz im obern Theile der Bucht!
Ruhig, still und öde wurde es wieder hier, wo noch wenige Stunden vorher so reges Leben geherrscht hatte. Die Officiere des Achilles langweilten sich wieder, wie schon viele Monate vorher. Nichts zeigte mehr von den geschilderten Vorfällen, als ein Theil des türkischen Lagers am südlichen Ende der Bucht, wo einige wenige Kranke zurückgeblieben waren. Die Truppen hatten sich bereits in der Richtung gegen Gradacz und Trebigne in Marsch gesetzt.
Es kehrte die vorige Ruhe und der vorige Friede, höchstens durch das Geschrei der Seemöven unterbrochen, wieder über die Gewässer der Bucht, bis neuerdings in den ersten Tagen des April die Fregatte Feizi Bahri mit dem Gouverneur von Bosnien, Kiani Pascha und mit dem türkischen Commissair für diese Provinz, Kemal Effendi, am Bord, und dann später am 9. Mai wieder das Linienschiff Peïki Zaffer und der Seetransportdampfer Silistria, abermals mit 3500 Mann Landungstruppen unter Hassan Pascha, hier anlangten. Seit dieser letzten Ausschiffung aber scheint die Bucht an Wichtigkeit nicht mehr verlieren zu wollen, und von Tag zu Tag hört man neue, aber doch verschiedene Gerüchte von ernsten, blutigen Vorgängen an den türkischen Grenzen von Montenegro, und wieder spricht man von neuen bedeutenden Truppenmassen, die hier ausgeschifft werden sollen. Hoffentlich kann ich Ihnen in den nächsten Tagen Interessantes mittheilen.
- ↑ Vielen Gerüchten zufolge soll dieser General in dem jüngst bei Grabows zwischen den Türken und Montenegrinern abgehaltenen mörderischen Treffen den Heldentod gestorben sein, nachdem er gesehen, daß für seine Truppen keine Rettung mehr möglich sei.
- ↑ Erst drei Wochen nach diesem Unfalle fischte man einige Leichen auf.