Textdaten
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Autor: Conrad Franz Roßhirt
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Titel: Vom nothwendigen domicilio
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aus: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts.
Bd. 2, S. 34–36
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Erscheinungsdatum: 1837
Verlag: Neue Academische Buchhandlung von Karl Groos
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Erscheinungsort: Heidelberg
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Quelle: Max-Planck Institut für europäische Rechtsgeschichte
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Vom nothwendigen domicilio.
Von Roßhirt.

Bei dem nothwendigen domicilio ist sehr merkwürdig, daß man sich in der Frage, wo Jemand seinen Wohnort habe, von dem gewöhnlichen Begriffe über Wohnort nicht [35] selten irregeführt sieht. Z. B. A. hat in einem Dorfe eine Pfarrstelle, bittet, seiner Gesundheit wegen, in eine Stadt ziehen zu dürfen, während er die Pfarrstelle behält und einen Vicarius setzt. Gemäß dieses Urlaubs lebt A. viele Jahre in der Stadt und stirbt endlich daselbst. Bei der Regulirung der Güterverhältnisse mit seiner Frau kömmt es darauf an, welches sein Wohnort ist, ob in der Stadt oder am Orte seiner Pfarrei, oder ob er vielleicht zwei Wohnorte habe? Hierüber entscheidet nun nach unserer Meinung der Gedanke, daß, wer einen nothwendigen Wohnort hat, diesen so lange behält, als der Grund besteht, weshalb gesetzlich der Wohnort bestimmt ist[1]. Es kömmt daher hier nicht sowohl auf das Factische der Wohnung als auf das Juristische, wodurch Jemanden ein Wohnsitz angewiesen ist, an. Allein auch in der Lehre vom Besitz kömmt Aehnliches vor: wenn Jemand aus der Detention einer unbeweglichen Sache gesetzt ist, ohne es zu wissen, so behält er juristisch den Besitz, ohne ihn factisch zu haben. Man muß daher nie vergessen, daß, wenn auch im Rechte Besitz und Wohnsitz ihrer Natur nach auf blos factische Voraussetzungen berechnet sind, doch nicht selten juristische Vorschriften Erweiterungen sowohl als Beschränkungen jenes Begriffes herbeigeführt haben. So ist namentlich der Punkt, daß Jemand zu gleicher Zeit zwei Wohnsitze haben kann, eine Erweiterung eben so gut wie die compossessio oder juris quasi possessio – und so ist der Punkt, daß Jemand durch wirkliche Veränderung seiner Wohnung den Wohnort nicht verändert, eine Beschränkung des Satzes, daß Alles allein in diesen Begriffen vom corpus und animus abhängen soll. In unserem obigen Beispiele folgt hieraus, daß der eheliche Güterstand des Pfarrers A. nach den Gesetzen des Ortes der Pfarrstelle[2] und nicht nach den Gesetzen des [36] Aufenthaltsortes zu beurtheilen ist: – ein Fall, der vielleicht nicht immer so beurtheilt worden ist.


  1. I. 31. D. 50. 1.
  2. Von jeher hat man von dem domicilium beneficii ecclesiastici gesprochen. Lauterbach de domicilio. cap. III. §. XXIII. in vol. II. dissertatt. pag. 1332, und wenn man hier wie bei den römischen Senatoren I. 11. D. 1. 10. oft auch ein doppeltes domicilium hat behaupten wollen, nämlich das eigentliche factische, und das domicilium dignitatis, so läßt sich der Gedanke zum wenigsten nicht [36] mehr auf unsere Zeiten und auf protestantische Geistliche anwenden, wo das beneficium immer ein officium voraussetzt, und die Sache daher wie bei weltlichen Aemtern ist, wo weder Häufung der beneficia vorkömmt, noch der bloße Standpunkt der Ehre, sondern vielmehr immer der des wirklichen Amtes entscheidet.