Textdaten
Autor: Sophie Mereau
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Vergangenheit
Untertitel:
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1796, S. 107 – 109
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1796
Verlag: Michaelis
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Neustrelitz
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[107]
Vergangenheit.


      Des Dörfchens Weidenkranz verschwimmt im grauen Duft,
Am falben Busche weht der Abendhauch,
Die Vögel taumeln träg durch feuchte Luft,
Und durch die Bäume dringt der Hütten Rauch.

5
      Der Tag, der durch der Dünste weißen Flor,

Mit goldnem Aug der öden Flur gelacht,
Berührt der dunkeln Göttinn graues Thor,
Und senkt sich schweigend in den Schooß der Nacht.

      Mit heimlichem und ungewissem Licht

10
Entglimmt schon hier und da in Dämmerung

Des Dörfners kleines Lämpchen, und verspricht
Dem irren Wanderer Beruhigung.

[108]

      Wo seid ihr hin, ihr Stunden? wohin trug
So schnell, so rastlos euch der Strom der Zeit?

15
Ihr weht und woget, und an eurem Flug

Hängt oft des Menschen stille Seligkeit!

      Wo ist der Sonnenblick, der durch der Büsche Nacht
Oft goldne Flecken auf dem Rasen wob,
Und meinen Geist mit zauberischer Macht

20
Zu leichten Himmelsahndungen erhob?


      Wo blühn die Blumen, die Gefühl und Lust
Mir hier zum lieblichsten der Kränze wand?
Ich sinke still an der Erinnrung Brust,
Und ach! er liegt verwelkt in ihrer Hand!

25
      Verweht, wie Zephyr, ist die Harmonie,

Die sonst mit heil’gem, himmlischreinem Klang
Aus allen Wesen quoll mit holder Sympathie,
Wenn Freude mir durch alle Pulse drang!

[109]

      Im Nachtwind, der mit traurigem Gestöhn

30
Im Schilfe seufzt, das an des Teiches Moor

Noch einsam wachet, klagt ein säuselndes Getön
Mir leise diesen bangen Zuruf vor:

      »Was suchst du hier? die Stunden sind verweht,
»Vergangenheit nahm sie in ihren Schooß.

35
»Die Blume stirbt – ein neu Gebild entsteht,

»Und keine Stunde reißt sich wieder los!«

SOPHIE MEREAU