Verfrühtes Dichten
[92]
Verfrühtes Dichten
Ja, Reden heilt! Solang’ ich selber spreche,
Bin ich behütet, letzten Ernst zu hören.
Lass’ ich mich sinken, tief mein Innres stören:
Getrost! mich zieht ein Wort zur Oberfläche.
Wie quillt das Wort aus unterird’schen Röhren,
Wenn ich, den Druck zu mindern, Brunnen steche!
Darf Kraft verstummen, reden muß die Schwäche:
Weh uns, wenn wir des Schwatzens Halt verlören!
Die Muse drauf: „Erreicht denn euer Ziel:
Das Leben rettet ihr, so seid zufrieden!
Nur Kranz und Palme sind euch nicht beschieden.
Versucht es anders! setzt euch selbst aufs Spiel!
Erschüttert, schweiget lang! Verbergt die Wunde!
So lernt ihr dichten – oder geht zu Grunde.“