Verfallener Stollen
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Im Holz ein uraltes Stollenloch,
Verlassen und vergessen.
Lang morschten Pfosten und Verzug,
Dreihundert Jahre, die fressen.
Es stürzten First und Wange,
Und Brocke um Brock türmte sich hoch,
Verbaute Sohle und Gang.
Da hinten drinnen irgendwo,
Ging eine Hoffnung einst zur Ruhe,
Hat wer auf Glück gelauert.
Fand Erzstreifen nicht und Ader er? —
Die Stollenwasser fließen:
Noch Schicksal und Geheimnis lösen.
Das alte Mundloch guckt und sinnt,
Wie schlaflos, fluchbeladen
Und über dunklem Torweg spinnt
Es rauschen Tannen drüber hin,
Vor’m Eingang Himbeeren nicken.
Es schlafen Kräte und Molch darin,
Es spielen im Sonnenschein die Mücken.
Geheimnisvolles Gefunkel,
Und Steine poltern pitsch und patsch —
Gespenster gehn im Dunkel.
Drum horchen Farn und Fingerhut
Ob nicht ein Fäustel klampern tut
Und Schiebkarrenräder knarren.
Ob nicht aus Dunst und Spinnengewebe
Ein Unschlittlicht noch leuchte,
Ein Wunder herauswärts brächte.