Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland/Sechster Abschnitt. Geständnis. Hinrichtung

Textdaten
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Autor: Oskar Wächter
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Titel: Sechster Abschnitt
Untertitel: Geständnis. Hinrichtung
aus: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland
Seite 174–179
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Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: W. Spemann
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Erscheinungsort: Stuttgart
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[174]
Sechster Abschnitt.
Geständnis. Hinrichtung.


Dem Untersuchungsrichter in Hexenprozessen lag alles daran, von dem Angeschuldigten ein Geständnis all der Unthaten zu verlangen, welche die Volksmeinung und der „Hexenhammer“ als den Thatbestand des zauberischen Hexenwesens bezeichnete.

Die Hauptpunkte, über welche man die Angeschuldigte befragte, waren: Wo und von wem sie die Zauberei erlernt, wie lange sie dieselbe getrieben, und wen sie selbst darin unterrichtet hatte; wann sie sich dem Teufel verschrieben und ob sie dabei dem christlichen Glauben abgesagt und vom Teufel getauft worden wäre; wann und wie sie zu den Hexenversammlungen gefahren und wen sie da gesehen; von wem sie ihre Salben und Kräuter empfangen; wann [175] sie Hagel und Unwetter gemacht, wie sie das Vieh geschädigt, wie sie Krankheiten an Menschen erzeugt; wie viele Männer, Weiber, Kinder sie getötet, wie sie Zwietracht zwischen Ehegatten gebracht und so fort. Sodann: wie es bei den Hexenzusammenkünften hergegangen, wie sie dabei mit dem Teufel zu thun gehabt, was er ihr versprochen u. dgl.

Auf diese Fragen nun mußte die Angeschuldigte ein Bekenntnis ablegen, das zur Verurteilung hinreichte. Was die vergiftete Phantasie einer rohen und abergläubischen Zeit an abenteuerlichen Geistergeschichten zusammentragen mochte, das alles gab die Gemarterte als die Erzählung ihrer Unthaten zu Protokoll.

Die Wochen, Monate und Jahre lang im scheußlichsten Kerker, auf der Folter und unter der rohesten Behandlung des Gerichts und des Henkers erlittene Qual brachte die Unglücklichen schließlich oft zu einer Verwirrung der Gedanken, worin sie zuletzt selbst an die Wahrheit der mit der Folter ihnen erpreßten Aussagen glaubten. Untersuchungsrichter, Gefängniswärter, Scharfrichter und Henkersknechte wetteiferten, den Gefangenen alle die Erzählungen aus Hexenprozessen vorzuhalten, welche man als Bekenntnisse [176] in den Akten haben wollte, um darauf ein Todesurteil zu gründen. Und selbst, wenn sie ihrer Gedanken noch mächtig ist, muß die Gefolterte endlich aus Verzweiflung bekennen, was ihr nie in den Sinn kam.

Wie man mit den als Hexen Angeklagten umging, wie sie gefoltert, wie abscheulich sie überhaupt behandelt wurden, dies war allgemein bekannt. Die Unglückliche daher, welche in die Hände des Gerichtes kam, und welcher der gewöhnliche Vorhalt gemacht wurde, sie solle nur gestehen, es liegen schon genügende Beweisgründe gegen sie vor, wußte in der Regel wohl, was ihr nun bevorstand. War sie minder standhaft, oder war sie nur so klug, zu bedenken, daß ihr doch am Ende durch unerträgliche Qualen ein Geständnis dessen, was sie nicht gethan hatte, abgepreßt werden werde, oder daß, wenn sie auch die Qualen ohne zu gestehen überwinden könne, ein zerrissener, zerfleischter, siecher Körper und ein elendes Leben ihr Los sei: so gestand sie lieber gleich alles, was man von ihr wissen wollte. Denn bei solchen Aussichten war der Tod auf dem Schaffot ein Trost für sie, und sie hatte, was ihr vom Gerichte immer gehörig zu Gemüt geführt wurde, bei dem freiwilligen [177] Geständnisse noch den Gewinn, daß sie nicht lebendig verbrannt werden mußte, sondern mit der gelinderen Strafe des Schwertes davonkam.

Ebenso erklärt sich auch die spätere freie Wiederholung eines auf der Folter erpreßten Geständnisses, welche von den Gefolterten verlangt und in den meisten Fällen von ihnen gegeben wurde. Denn wenn sie es verweigerten, war neue Folter ihnen gewiß, da nach der herrschenden Lehre beim Wiederrufe eines solchen Geständnisses die Folter wiederholt werden mußte.

Ein Protokoll aus Essen vom 23. Juni 1658 besagt, daß ein als Hexe wiederholt gefoltertes Weib, um nur der Qual zu entgehen, alles, was man ihr vorsagt, bekennt und bittet: „man solle sie nur nicht lange mehr aufhalten und ihr bald davon helfen und ein Vater-Unser für sie beten“, und als ihr auf den folgenden Tag die Hinrichtung angekündigt wird, sagt: „sie wäre eine Sünderin, man solle nur morgen mit ihr fortfahren und helfen, daß ihre Seele zu Gott kommen möchte.“

Freilich sollte das Bekenntnis ein „freiwilliges“ sein. Aber unter dem freiwilligen oder „in Güte“ abgelegten Bekenntnis verstand man häufig ein solches, [178] das die schon auf die Folterbank gebundene Angeklagte, um der Folter selbst zu entgehen, ablegte. So in einem Prozeß zu Offenburg vom Oktober 1609, da „der Meister (Scharfrichter) die Verhafftin aufgezogen“ hatte, so daß ihr der Arm ausgerenkt worden.

Der Richter suchte als Ergebnis der Verfolgung die Übereinstimmung der Aussagen mehrerer Hexen zu erzielen, eine Übereinstimmung aber, die durch die Folter so leicht zu erzwingen war; denn die armen Gefolterten gestanden eben am Ende, weil sie nichts anderes zu sagen wußten, und der Richter sich mit nichts anderem zufrieden gab, die Geschichten, mit denen man sich in ihrem Kreise über das trug, was Hexen treiben.

Und nun sollte endlich der schauerliche Prozeß in der Hinrichtung seinen Abschluß finden. In der Regel lautete das Urteil dahin, daß der Angeschuldigte lebendig verbrannt werde; nur bei freiwilligem, reumütigem Geständnis erfolgte eine Milderung dahin, daß der Verurteilte mit dem Schwert enthauptet und danach der Körper zu Asche verbrannt werden solle.

Es kamen aber auch nicht selten Verschärfungen jener Todesstrafen vor; so namentlich, daß dem Verurteilten [179] vor der Hinrichtung eine Hand abgehauen werden sollte, oder daß „im Hinausführen“ der Delinquent wiederholt mit glühenden Zangen an den Armen oder andern Körperteilen „gerissen“ oder „nach ihm gegriffen“ wurde. Diese „Griff“, welche bis auf die Knochen gingen und selbst diese noch unter furchtbaren Schmerzen zermalmten, kamen fast überall vor.

Die Hinrichtung durch den Scheiterhaufen endlich war mehr oder weniger qualvoll, je nachdem die Luftströmung dem an den Pfahl Gebundenen den erstickenden Qualm ins Gesicht oder von ihm hinweg trieb. Im letztern Fall hatte er alle Stufen des langsamen Verbrennens durchzumachen. Damit aber durch das erschütternde Schmerzgeschrei kein Anstoß erregt werde, wurde mitunter den Delinquenten eine Art Bremse in den Mund gelegt und die Zunge gebunden.