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Titel: Universal-Kinderstühle
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aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 516
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[516] Universal-Kinderstühle. Es ist ein charakteristischer und wohl mit dem Streben nach Sparsamkeit und mit dem Raummangel großstädtischer Wohnungen zusammenhängender Zug unserer gegenwärtigen Industrie, mehrere Möbel in einem Stück zu vereinigen. Der Speisetisch, der sich in ein Billard umwandeln läßt, die Kommode, die zugleich als Badetisch dient, die Fauteuils, die leicht zu einem Bett umgestaltet werden können, sind Beispiele solcher Metamorphosen. Wir erinnern uns dabei an die Badewanne und das Kinderbett, die im zusammengelegten Zustande Form und Größe eines Koffers hatten, an das praktische Universal-Thermometer für Zimmer-, Bade- und Krankenmessung, welches durch R. H. Paulcke in Leipzig große und berechtigte Verbreitung gefunden hat, und an Oswald Faber’s (Leipzig) beliebten Universal-Turnapparat, der sich zu Ringen, Schwebereck und Schaukel umwandeln läßt.

Ganz besonders ist man neuerdings auch bestrebt, die Kinderstühle möglichst „vielseitig“ zu machen. Schon seit Jahren existiren bekanntlich derartige solide Fabrikate, so z. B. von Näther in Zeitz (Leipzig, Reichsstraße 14 bei H. Lange), welche hohen Stuhl mit Spielbrett, niederen Stuhl und Fahrstuhl in einem Stück darstellen. Bald dieser, bald jener Bestimmung gemäß läßt sich solch ein Möbel leicht verstellen, und man hat somit die Annehmlichkeit, statt zweier oder dreier Gegenstände nur einen anzuschaffen.

Dieser Vorzug verstellbarer Kindermöbel hat dazu geführt, daß ein Theil des Publikums daran in ähnlicher Weise, wie seiner Zeit an dem Universal-Instrument, welches gleichzeitig Hammer, Schraubenzieher, Zange etc. bildete, Geschmack fand und daß sich die Fabrikanten nun bestrebten, einem solchen Kinderstuhl noch größere Vielseitigkeit zu geben. Rudolf Leonhardt in Leipzig (Petersstraße 24 II.) hat jetzt einen Universalkinderstuhl „Ultimatum“ konstruirt, der sich 1) aus einem hohen feststehenden Stuhl in 2) einen niedrigen, nebst Spieltisch, 3) in einen Fahrstuhl mit selbstthätigem Musikwerk, 4) in ein fahrbares Bett, 5) in eine Wiege, 6) in einen Laufstuhl umwandeln läßt. Erfreuen sich auch die beiden letzterwähnten Verwendungen durchaus nicht der unbedingten Zustimmung ärztlicher Kreise, muß auch erst die Erfahrung lehren, ob ein so vielseitig verwandlungsfähiges Möbel einem wirklichen Bedürfnisse entspricht und dabei einfach genug ist, um sich einzubürgern, so zeigt doch die Neuerung, wie man sich heut zu Tage bemüht, auch auf diesem Gebiete immer Vollkommeneres zu ersinnen. Solche Bestrebungen haben naturgemäß eine gewisse, durch Bedarf, Preis, Solidität und Einfachheit bestimmte Grenze; aber innerhalb derselben sind sie nicht ohne Berechtigung. Laufen sie doch alle darauf hinaus, dem Kinde in verschiedenen Altersstufen Annehmlichkeiten zu bieten, die man ihm früher nur durch verschiedene Möbelstücke verschaffen konnte. Sie sind, etwa wie die Spazierstöcke, welche mit einem Handgriff zu Waffen, Tabakspfeifen, Fernrohren, Feldsesseln oder Angeln werden, eine moderne Illustration zu den Worten: „Wer Vieles bringt, wird Manchem Etwas bringen.“