Unglückliche und glückliche Werbung
[856] Unglückliche und glückliche Werbung. (Zu den Bildern S. 852 und S. 853.) Nicht jedem gelingt der große Wurf; nur „wer das Glück hat, führt die Braut heim“. Das muß sehr zu seiner Ueberraschung der jugendliche Freier auf unsrem Bilde S. 852 erfahren. So siegessicher hat der Herr Baron das Schloß seines Gutsnachbars betreten und nun, nach kaum einer Viertelstunde, ist der schöne Traum jäh dahin. Die resolute Dame, deren Hand er sich erbitten wollte, hat ihn gar nicht recht zum Wort kommen lassen, sie hat aber zur Erwiderung eine sehr deutliche Blumensprache geredet: der Strauß, den er ihr mit einigen verlegenen Ausdrücken über den Zweck seines Kommens überreichte, flog im nächsten Augenblick auf das spiegelnde Parkett. Was bleibt da dem Vater der schönen anderes übrig, als die derbe Zurückweisung der Tochter in eine höfliche Ablehnung des „überaus schmeichelhaften“ Antrags zu übersetzen, ein höchst schwieriges diplomatisches Kunststück, das seine Frau und sein Sohn mit atemloser Neugierde beobachten! Von Grund aus verschieden hat sich die Werbung eines andern Freiers gestaltet, den uns der Künstler S. 853 ebenfalls als einen eleganten Vertreter der Rokokozeit vorführt. Dieser Glückliche hat die Haupt- und Staatsaktion der Werbung nach allen Regeln der Klugheit vorbereitet. Nicht nur daß er sich schon lange vergewissert hat, wie völlig ihm das Herz der Dunkellockigen unter den beiden Schwestern zugethan sei, er hat als ein Mann, der die Welt kennt, auch die künftige Schwiegermama zu bezaubern gewußt. Und so verläuft denn die Werbung wie ein Sieg ohne Kampf. Es ist so: wer das Glück und – die Schwiegermama für sich hat, der führt die Braut heim!