Trotz alledem dem Verdienste seine Krone
[336] Trotz alledem dem Verdienste seine Krone! – Wenn auch eine herbe Wahrheit in dem Spott liegt, mit welchem jüngst ein Amerikaner über den Eifer herfiel, mit dem die Deutschen auf die Ehre vieler Erfindungen pochten, zu deren Ausführung sie weder Muth noch Kraft gezeigt, weder Fähigkeit noch Mittel angewendet und die man erst im Ausland ausgeführt und dann dort aber auch sich zugeschrieben habe, so bleibt es doch eine Sache der Gerechtigkeit, das verborgene, verschollene oder absichtlich unterdrückte Verdienst solcher gerade wegen der gerügten großen deutschen Unterlassungssünden doppelt beklagenswerthen Männer, wenn auch noch so spät, noch zur Anerkennung zu bringen. Wir erhalten soeben eine neue Gelegenheit zu einer solchen Ehrenrettung. Wie uns Lehrer J. Kurtz in Ravensburg mittheilt, findet sich in einem zu Wien gedruckten „Dictionnaire“ zum Worte Luftball folgende (französisch geschriebene) Notiz, die wir hier deutsch folgen lassen: „Der Luftballon (globe ascendant) ist im Jahre 1666 von Herrn Lohmayer, Professor zu Rinteln, erfunden, welcher in einer Dissertation eine Schilderung und Abbildung dieser ‚Maschine‘ gab. Die Herren Montgolfier haben diese Erfindung reproducirt, und sie ist dann in Wien, Berlin und anderen Städten Deutschlands nachgeahmt worden.“ –
Die hier citirte Dissertation ist vielleicht nur in wenigen Exemplaren
über das Weichbild der ehemaligen Universitätsstadt Rinteln hinausgekommen.
Wenn bei der Aufhebung dieser Hochschule (durch die Westphälische Regierung,
1810) die Universitäts-Bibliothek an das Gymnasium übergegangen ist, so
ist sicherlich dort das werthvolle Schriftstück zu finden, welches beweist, daß
nicht erst von den Engländern Cavendish und Black, sondern gerade hundert
Jahre früher von einem deutschen Gelehrten die Lehre von leichteren
Luftarten und verdünnter atmosphärischer Luft aufgestellt wurde, welche letztere
noch abermals weit früher schon von all’ den Kindern benutzt worden ist, die
je eine Seifenblase in die Luft haben steigen lassen. F. H.