Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Riesenspielzeug
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Riesenspielzeug.
Wenn man den Wirrbach, der bald über bemooste Schieferblöcke rauscht, bald klare Wasserbecken bildet, und nebenbei die köstlichsten Forellen beherbergt, überschritten hat, steht man am Fuße der mächtigen Hünenkoppe, deren Felswände von trauriggrünem Taxus und schlanken Tannen bewachsen sind. Hoch auf dem Gipfel, zu dem ein bequemer Weg gebahnt worden ist, eröffnet sich eine herrliche Aussicht. Tief unten sieht man der Schwarza grünliche durchsichtige Fluth, zu beiden Seiten von steilen Bergwänden eingeschlossen, die bald von reizenden Buchen- und Tannenwäldern begrünt, bald mit schroffen Felsenzinnen bewehrt sind; über jenem Bergrücken erhebt sich [212] der Greifenstein, dort blinkt das Rudolstadter Schloß, das Saalthal thut sich auf, und am fernen Horizonte ragt die Leuchtenburg. Die Hünen oder Riesen konnten sich keinen erhabeneren Wohnort wählen.
Einstmals sah eine Hünenprinzessin unten im Thale einen Ackermann, der hinter dem Pfluge einherschritt. Von der Bergeshöhe erscheinen die Menschen im Thale gar klein, fast wie ein Ameisenvölkchen, wie winzig mußte der Mann vollends einer Riesin vorkommen! Neugierig stieg sie hinab – sie brauchte nicht viel Schritte – nahm den Bauer sammt Pflug und Ochsen in die Schürze, und trug ihn zum Berge hinan. Sieh, Mutter, sprach sie mit kindlicher Freude, was ich da für ein artiges Spielzeug gefunden habe! – Kind, belehrte sie die Mutter, trage die niedlichen Geschöpfe wieder hinunter, sie sind überaus nützlich, denn sie durchwühlen die Erde und streuen gelben Sand hinein, daraus wachsen zarte Grashalme und die geben dann das Korn, aus dessen Mehl wir unser Brod backen. Nachdem die Prinzessin den vor Schrecken und Staunen halb todten Ackermann und seine Stiere gestreichelt und gehätschelt hatte, setzte sie dieselben unversehrt wieder hinab.
Bei Eisfeld wie im Elsaß ist dieselbe Sage lebendig, nur daß dort ein Riese die Lehre ertheilt.