Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Die Kornmutter

Der Klosterschatz Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Langenschade
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[205]
337.
Die Kornmutter.

In der Mark Brandenburg geht unter den Landleuten eine Sage von der Roggen-Muhme, die im Kornfeld stecke, weshalb die Kinder sich hineinzugehen fürchten.

Im Jahre 1662 erzählte auch eine saalfelder Frau dem Prätorius: ein dortiger Edelmann habe eine Sechswöchnerin von seinen Unterthanen gezwungen, zur Aerntezeit Garben zu binden. Die Frau nahm ihr junges säugendes Kindlein mit auf den Acker und legte es, um die Arbeit zu fördern, an den Boden. Ueber eine Weile sah der Edelmann, welcher zugegen war, ein Erdweib mit einem Kinde kommen und es um das der Bäuerin austauschen. Dieses falsche Kind hob an zu schreien, die Bäuerin eilte herzu, es zu stillen, aber der Edelmann wehrte ihr, und hieß sie zurückbleiben, er wolle ihr schon sagen, wenns Zeit wäre. Die Frau meinte, er thäte so der fleißigern Arbeit wegen und fügte sich mit großem Kummer. Das Kind schrie unterdessen unaufhörlich fort, da kam die Kornmutter von neuem, nahm das weinende Kind zu sich und legte das gestohlene wieder hin. Nachdem alles das der Edelmann mit angesehen, rief er der Bäuerin und hieß sie nach Hause gehen. Seit der Zeit nahm er sich vor, nun und nimmermehr eine Kindbetterin zu Diensten zu zwingen.