Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Das Ritterfräulein zu Heilingen
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Das Ritterfräulein zu Heilingen.
Auf der jetzt ganz verfallenen Burg zu Heilingen hauste weiland ein alter Ritter mit seiner einzigen Tochter. Nun freite ein benachbarter Ritter um das Fräulein, doch stand er dem Alten nicht als Eidam an. Das hinderte jedoch den jungen Herrn nicht, immer wieder zu kommen, weil er bei dem Fräulein um desto mehr in Gunsten stand. Zornig sprach der Alte einst: Läßt mir der Fant das Gereite nicht, so schieße ich ihn das nächste Mal, wenn er wiederkommt, vom Pferde. Die Tochter versetze drauf: Vater! thut ihr das, so stürze ich mich vom Söller herunter! Seht wohl zu, was ihr thut! – Was geschah? Der fremde Ritter kam, der Heilinger Herr schoß hin, und Mann und Roß stürzten zusammen. Da stürzte sich auch das Fräulein mit einem Weheruf hinab. Der junge Ritter, dessen Pferd nur getroffen war, stand wieder auf, tod aber blieb das Fräulein und geht seitdem in dem noch übrigen Thurme des Schlosses um, das bald darauf in Trümmer fiel.
Dort hüthet sie die Weinschätze des Burgkellers, in [237] welchem noch viele gute alte Jahresläufte lagern, und wandelt mit einem Schlüsselbunde umher, und begabt, gleich andern solchen wandelnden Jungfrauen, Musikanten, oder junge Mädchen, die sich in ihrer Einfalt nach Wein hinauf in die öde Trümmer schicken lassen müssen, wie sie einst einer etwas blöden Bauerntochter that, die ihr Vater dorthin entsandte, weil sie in ihrer Unklugheit sagte, sie wisse den Keller. Sie ging und kam zurück und brachte richtig Wein, der schmeckte trefflich und schmeckte nach mehr, und des Bauers Zechgäste hellerten zusammen, daß sie noch einmal gehe. Das Burgfräulein gab der unklugen Maid noch einmal Wein, aber es sagte ihr auch, sie solle nie wagen, wieder zu kommen, der Kuh nütze nicht Muskate, und den Bauerngurgeln gehöre nicht solcher Wein.