TBHB 1946-10-23
Einführung
BearbeitenDer Artikel TBHB 1946-10-23 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 23. Oktober 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
Bearbeiten[1] Gestern wieder gemalt. Ich bin sehr schwer erkältet u. glaube, daß dies der Grund ist, warum ich mit dem Bilde nicht weiterkomme. Gestern habe ich wenigstens die Wand auf der rechten Seite im Ton richtig hinbekommen.
Nachmittags Briefe geschrieben an Dr. Hertwig in Bln-Zehlendorf, an Herrn Manfred Pahl-Rugenstein, ebenfalls Zehlendorf. Vielleicht läßt sich eine Ausstellung im Haus am Waldsee machen. Rechtsanw. Hoffmann ist ja in derselben Richtung tätig. Ferner habe ich an Dr. Graepke – Rostock geschrieben. Ich habe ganz dumm getan u. ihm mitgeteilt, daß die Bilder nun zu der geplanten Ausstellung bereit sind. Endlich schrieb ich an Fr. Dr. Riemschneider u. fragte an, was sie mit dem kleinen Asternbild vorhatte, das sie zurückgehalten hat, – ob sie erwartet, daß ich dem Museum das Bild zum Geschenk mache. Ich wäre dazu bereit. Ferner habe ich die Frage aufgeworfen, ob man die Ausstellung um 14 Tage verlängern soll, das würde ja gut wirken. Die Diskussion über die Ausstellung reißt immer noch nicht ab, heute findet sich in der Landeszeitung wieder ein Artikel als Antwort auf den Angriff von Herrn Adam Scharrer. Der Einsender ist nicht genannt. Da er Herrn Scharrer „Genosse“ nennt, glaube ich fast, daß Dr. Burgartz der Schreiber ist.
Gestern Abend war mir wenig gut, sodaß ich das [2] Abendbrot unterbrach u. ins Bett ging. Ich hatte 389 Fieber. Habe Tabletten genommen u. geschwitzt. Heute früh hatte ich immer noch 386 Fieber, sodaß ich liegen blieb. Erst um 11 Uhr bin ich aufgestanden, bleibe aber im Zimmer, wo es schön warm ist. Draußen ist es kalt geworden.
Gestern brachte eine Flüchtlingsfrau aus dem Sudetenland zwei Winterastern, die sie in Wustrow gekauft hat für unseren Altar. Sie holte sich bei uns zwei Blumentöpfe dazu u. wird sie selbst einpflanzen u. dann herbringen. Das ist das erste Mal, daß einer dieser Katholiken, die nun seit 1939 zu uns zum Gottesdienst kommen, etwas dafür tun. Diese Frau ist mir schon öfter aufgefallen, sie hat ein großzügiges Gesicht. Sie erzählte mir, daß sie in ihrer Heimat ein großes Holzhaus gehabt habe, breiter als unser Haus, u. an allen Fenstern seien Geranien u. Pelargonien gewesen.
Die Wahl hat überraschenderweise hier in Mecklenb. doch zu einem vollen Erfolg der SED. geführt. Ich habe zwar noch keine genauen Zahlen, aber der Sieg der SED. ist in Mecklenbg. jedenfalls sicher. In Berlin dagegen ist die SPD. als stärkste Partei hervorgegangen, dann folgt die CDU. u. dann erst die SED. Davon liest man freilich in der Landeszeitung nichts. Auch über das Ergebnis in den anderen Ländern ist nichts bekannt, was darauf schließen, läßt, daß Mecklenburg den Vogel abgeschossen hat.