TBHB 1946-10-14
Einführung
BearbeitenDer Artikel TBHB 1946-10-14 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 14. Oktober 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
Bearbeiten[1] Gestern Artikel geschrieben: „Dank an Schwerin“, für die Demokratische Erneuerung. Ich fürchte nur, daß er viel zu lang ist.
Nachmittags kam Herr Dr. Rudlof. Ein richtiger alpiner Typ dunkelhaarig u. dunkeläugig, mit rundem Kopf, untersetzt breitschultrig, O-Beine. Aber ein guter, frommer Priester, wohl Ende der dreißiger. Es hielt ein schönes Hochamt, sein Beten teilte sich uns mit. Ein großer Unterschied gegen Prof. Rauer.
Heute früh hatten wir nochmals eine stille Messe, [2] danach frühstückte ich mit ihm. Ich fragte ihn nach seinen persönlichen Verhältnissen. Er ist Flüchtling aus Trautenau im Sudetenlande u. hat seinen 81jährigen Vater bei sich, ferner eine Schwester u. eine Schwägerin, die Witwe seines im Kriege gefallenen Bruders. Alle leben nur von ihm. Ich gab ihm einen Geldbetrag mit, ich glaube, daß auch Frau Longard, bei der er geschlafen hat dasselbe getan hat. – Sonst erzählte er, daß in Berlin der neue Katechismus der Diözese erschienen ist ohne das Gebot der Sonn= u. Feiertagheiligung, da das von den Russen verboten wurde. Der Bischof hat den Katechismus trotzdem herausgegeben nach der Ueberlegung, daß ein solcher Katechismus besser sei als garkeiner. – Der Pfarrer von Wittenburg hat an einem Sonntag über dieses Gebot gepredigt. Er ist daraufhin von den Russen verhaftet u. nach Neubrandenburg gebracht worden, doch ist er nun auch von dort verschwunden u. niemand weiß, wo er geblieben ist. Das Pfarrhaus haben die Russen ausgeräumt einschließlich der Sachen, die der Schwester des Pfarrers gehörten, die ihm die Wirtschaft führte.
Heute Telegramm von Martha, daß sie Mittwoch zurückkommt mit Anneliese.
Gestern herrliches Wetter, aber heute windig, bedeckt u. recht kalt. Habe geheizt.