TBHB 1946-04-11
Einführung
BearbeitenDer Artikel TBHB 1946-04-11 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 11. April 1946. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über eine Seite.
Tagebuchauszüge
Bearbeiten[1] Nachdem ich gestern abend eine Phanodorm-Tablette genommen hatte, habe ich die ganze Nacht hindurch sehr gut geschlafen. Heute sind die Schmerzen wesentlich geringer. Seit vier Wochen hatte ich heute zum ersten Male guten Stuhl. Das sind die Freuden des Alters, daß man Nachts gut schläft u. einen guten Stuhlgang hat. Vielleicht wird es nun endlich wieder besser werden.
Am Vormittag war der junge Maler Müller-Rabe da. Ich habe mich nicht sprechen lassen, aber Martha hat ihm meine Bilder gezeigt, die nach Marthas Beschreibung einen starken Eindruck auf ihn gemacht haben. Nach seiner Meinung, die wohl richtig sein dürfte, ist es noch zu früh, meine Bilder öffentlich zu zeigen, da allgemein, eine heftige Abneigung gegen jede moderne Kunst besteht. Es ist das ein typisches Anzeichen für die ganze deutsche Mentalität. Das Banausentum war nie so mächtig in Deutschland, wie jetzt. Essen u. Trinken sind die einzigen Interessen, die die Deutschen jetzt haben, – sie nennen das „Aufbau“. Wer sich diesem „Aufbau“ entgegenstellt, oder nur nicht mitmacht, ist ein Verräter am Volk. – Essen u. Trinken u. eine warme Stube sind freilich unschätzbare Güter in dieser Zeit des Hungerns u. Frierens, das muß ich selber zugeben. Ich hätte keine Aussicht, je wieder zu Kräften zu kommen, wenn nicht Menschen da wären wie Spangenberg, der mich mit Eiern versorgt, Heyde, der Kartoffeln u. Butter heranschleppt, die Familie Oehmke, die Milch bringt u. unsere Trude Dade, die mir ihre Frühstücksstullen bringt, welche Mutter Dade ihr mitgibt u. die oft mit Schinken belegt sind. Auch sorgt sie dafür, daß im Essen Speck ist u. daß es von Zeit zu Zeit Fisch gibt.