TBHB 1945-02-26
Einführung
BearbeitenDer Artikel TBHB 1945-02-26 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 26. Februar 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über zwei Seiten.
Tagebuchauszüge
Bearbeiten[1] Heute beim Frühstück kam die Olga von Seebergs mit Cigarren u. bat um Eintausch derselben gegen Cigaretten. Sie erzählte dabei, daß Erich Seeberg im Sterben läge. Er habe in der Nacht wieder einen seiner Anfälle gehabt. Dr. Meyer sei dagewesen u. habe keine Hoffnung gemacht, daß er sich wieder erholen würde. Ich bin dann gleich zu Dr. Ziel gegangen, den ich auf der Straße traf. Er wußte nur aus einem kurzen Gespräch mit Frau Hörisch, der Tochter von Prof. Triebsch, daß S. in der Nacht wieder einen Anfall gehabt habe, aber das war ja schon oft vorgekommen. Dr. Ziel ging sofort [2] hinauf zu Seebergs, ich gab ihm die Cigaretten für Erika mit. Er wird nachher bei uns vorbeikommen u. wird uns berichten. – Merkwürdig war, daß in dem Augenblick, als ich mit Ziel vor unser Haus trat, drüben auf der anderen Seite eine fremde Dame, wahrscheinlich ein Flüchtling, mit einem großen, schwarzen Neufundländer in der Richtung nach Seebergs hin, (also in Richtung Kurhaus) ging u. dieser Hund sah dem vor einiger Zeit gestorbenen Seeberg'schen Neufundländer Basso zum Verwechseln ähnlich. Der Hund ging vor Dr. Ziel her als wollte er ihn führen. Ich habe diesen Neufundländer bisher hier noch nie gesehen, ich werde acht haben, wohin er gehört.
Gestern wurde bekannt, daß uns nun auch Aegypten den Krieg erklärt hat. Diese Kriegserklärung hat dem aegypt. Ministerpräsidenten das Leben gekostet, er wurde ermordet.
Die Offensive der Anglo-Amerikaner scheint Fortschritte zu machen. Sie haben ungeheuer starke Luftstreitkräfte eingesetzt, schon seit mehreren Tagen, neulich 6000 Flugzeuge, kürzlich wieder 5500 über ganz Deutschland u. jetzt nicht weniger unmittelbar hinter u. über unserer Front. Das alles deutet darauf hin, daß es diesmal auf's Ganze gehen soll.
Eben um 10 Uhr kommt Dr. Ziel von Seebergs zurück. Seeberg ist bewußtlos. Dr. Meyer war heute früh da u. meinte, es handele sich um eine Gehirnblutung, es könne höchstens noch einige Stunden dauern u. er werde das Bewußtsein nicht wiedererlangen. Dr. Ziel hat nur Erika gesprochen. Seebergs sind gestern abend noch bei Frau Höffer zu Besuch gewesen bis 1/2 11 Uhr u. er war dort noch frisch u. gesund, gegen 1/2 12 Uhr habe dann der Anfall begonnen. – Es ist ein unheimlicher Gedanke, daß S. noch am Abend bei Frau Höffer war u. dort seine gewohnten, leichtfertigen u. oft frivolen Späße gemacht hat während sich heimlich in seinem Gehirn schon der Zustand vorbereitete, der dann zur Katastrophe führte.
Nach allem, was Dr. Ziel sagte, ist es gut, daß weder ich noch Paul persönlich bei S. waren. Frau S. hat sich auch von Dr. Ziel nicht sprechen lassen. Wir hätten sehr gestört. Er wird am Spätnachmittag nochmals hingehen u. wird uns Bescheid sagen, wie es dann steht.