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Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1945-02-13
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Entstehungsdatum: 1945
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Originaltitel: Dienstag, 13. Febr. 1945. Fastnacht.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 13. Februar 1945
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Einführung

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Der Artikel TBHB 1945-02-13 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 13. Februar 1945. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über vier Seiten.

Tagebuchauszüge

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[1]
Dienstag, 13. Febr. 1945. Fastnacht.     

[1]      Gestern Abend gab England den Abschluß der großen Dreierkonferenz amtlich bekannt. Die Konferenz hat auf der Krim in Jalta stattgefunden u. ihr Ergebnis ist genau das, welches ich von Anfang an vorausgesagt habe: Churchill u. Roosevelt haben einen glatten Sieg über Stalin davongetragen, – wenn es nicht so sein sollte, [2] daß Stalin sich nur allzugern hat besiegen lassen, um auf diese Weise mit gutem Gesicht von seinem eigenen Bolschewismus loszukommen. Schließlich ist dieser Bolschewik ja inzwischen 30 Jahre älter geworden u. er mag eingesehen haben, daß der Bolschewismus seiner Jugendjahre kein sehr großes Glück für ein Volk bedeutet. Vor 30 Jahren mag diesem hinterweltlerischen Georgier der Bolschewismus eine sehr große Idee gewesen sein, – aber heute, von Moskau aus gesehen, wird auch bei ihm eine vernünftigere Ansicht durchgedrungen sein. –

     So weit ich es behalten habe, hat sich die Konferenz mit vier großen Gesichtspunkten befaßt: 1) die Niederwerfung Deutschlands – 2) die militär=politischen Maßnahmen nach der Niederwerfung – 3) die politische Konsolidierung des Friedens – 4) die wirtschafts=polit. Maßnahmen zur Erhaltung des Friedens. –

     Zu 1 wurde gesagt, daß die militärischen Pläne u. Beschlüsse gefaßt worden seien, Deutschland mit entscheidenden Schlägen vom Westen, Osten, Süden u. Norden im Kern zu treffen u. seinen Widerstand zu vernichten. – Man hat also doch noch eine Landung in Dänemark im Auge.

     Zu 2) Es wurden die Besetzungszonen festgelegt, aber nichts Näheres darüber gesagt, nur so viel, daß auch Frankreich sich an der Besetzung eines Teiles von Deutschland beteiligen solle. Diese Besatzungstruppen sollen aber unter einem einheitlichen Kommando stehen, welches von einer interalliierten Kommission ausgeübt wird, die ihren Sitz in Berlin haben wird. Es wird also nicht möglich sein, daß die Russen nach anderen Grundsätzen verfahren, wie die Engländer u. Amerikaner. Die Vorschriften u. Verfügungen werden von dieser interalliierten Kommission ausgegeben werden u. müssen also dem entsprechen, was Eisenhower bereits früher bekannt gegeben hat u. was jetzt bereits in den von Engländern u. Amerikanern besetzten Teilen Deutschlands gilt.

     Zu 3) Kriegsverbrecher werden vor Gericht gestellt, alle Nazi=Gesetze werden aufgehoben, die Partei u. ihre Organisationen werden beseitigt. Dies gilt auch für den sog. deutschen Militarismus, der ebenso vernichtet werden soll. Alle Rüstungswerke werden vernichtet. Es bleibt jeder kriegführenden Macht vorbehalten, Sachentschädigungen von Deutschland zu fordern für verwüstete Gebiete. Eine Kommission zur Bearbeitung dieser Fragen wird eingesetzt werden u. in Moskau ihren Sitz haben. Von einer Kriegsentschädigung in Geld war nicht die Rede, nur in Sachwerten, u. der Sitz dieser Kommission in Moskau weist darauf hin, daß diese Forderungen hauptsächlich von Rußland u. Polen erhoben werden. Zwar ist es nicht gesagt worden, aber man kann wohl annehmen, daß diese Sachwerte auch in Arbeit bestehen werden. Auf dem Weltkongreß der internat. Gewerkschaften, der z. Zt. in London tagt, ist aber gesagt worden, daß England u. Amerika solche Arbeitsleistungen nicht fordern würden u. wenn sie von anderen Ländern gefordert werden würden, dann würden die Gewerkschaften dafür sorgen, daß diese Arbeiter nicht als Sklaven behandelt werden würden. Daraus läßt sich schließen, daß keine Zwangsarbeit verhängt werden wird, vor allem keine Zwangsdeportation, sondern Werbung Freiwilliger, die sich sicher nach dem Kriege in großer Zahl finden werden. – Ueber Rußland = [3] Polen wurde vollständige Einigung erzielt. Polen soll eine Ostgrenze entsprechend der Curzon=Linie erhalten, welche zugunsten Polens an gewissen Stellen revidiert werden soll. Es wird dafür im Westen u. Norden durch bisher deutsche Gebiete entschädigt. Der bisherige sog. „Lubliner Ausschuß“, der eine rein bolschewistische Organisation war u. die Eingliederung Polens in die Sowjet=Republik betrieb, wird zwar nicht aufgehoben, aber mit den bisherigen sog. „Londoner Exil=Polen“ vereinigt zu einer provisorischen Regierung auf demokratischer Grundlage, bis in freier Wahl eine neue, rechtmäßige, demokrat. Regierung gebildet ist. –

     Zu 4) Es wird eine Konferenz zur Sicherung des Weltfriedens einberufen werden, welche erstmalig in S. Franzisko tagen soll. Wenn ich mich recht erinnere, soll sie bereits am 25. April einberufen werden. Grundlage ihrer Arbeit sollen die Beschlüsse sein, die auf der früheren Konferenz von Dombarton=Oaks gefaßt worden sind, u. die Altantic-Charta.

     Es war auch von einer dauernden Konferenz in London die Rede, aber mir ist nicht mehr genau gegenwärtig, worauf sich diese bezog. Vorgesehen ist auf für die Zukunft ein ständiger Meinungsaustausch der Außenminister alle 3 – 4 Monate, auch Frankreich u. zuletzt China sollen an all diesen Dingen als gleichberechtigte Mächte teilnehmen. Das Wort Demokratie wurde auffällig viel verwendet, ebenso wurde die Atlantik-Charta wiederholt erwähnt. Aus allem ist zu entnehmen, was ich erwartet u. immer in allen Gesprächen vertreten habe, daß der Bolschewismus abgewirtschaftet hat. Es ist eingetreten, was ich am Sonntag in der Andacht in meiner Ansprache den Leuten gesagt habe: der erste Weltkrieg war der Sieg des Katholizismus über die protestantischen Mächte, dieser zweite Weltkrieg ist in logischer Folge der Sieg des Katholizism. über den Bolschewismus. Der Bolschewismus ist ja nichts anderes als der letzte Ausläufer der deutschen Reformation. Der 30-jährige Krieg war der erste Religionskrieg gegen den Protestantismus. Er war wohl ein Sieg, aber dieser konnte nicht nachhaltig ausgewertet werden, weil die Dynamik des Protestantismus noch ungebrochen blieb. Jetzt geht der 3. Religionskrieg seinem Ende entgegen u. es scheint, als würde nun endlich wieder der kathol. Ordnungsgedanke aufgerichtet, denn mit dem Bolschewismus ist endlich auch die Dynamik des Protestantismus gebrochen.

     Dieses hoffnungsvolle Ereignis stimmt nun alle Herzen höher. Wir saßen gestern Abend noch lange mit Paul zusammen u. besprachen die Dinge. Er sieht die Dinge natürlich nur von der Oberfläche, wie es so seine Art ist, aber auch er war voll Freude u. Hoffnung. Er hat sich in der Zeit der Nazis sehr gewandelt. Er gestand mir, daß er jetzt doch finde, daß unsere früheren Politiker, also aus der sog. „Systemzeit“, recht ordentliche Menschen gewesen seien. Früher hat er kein gutes Haar an ihnen gelassen. –

     Sehr auffällig war, daß das Licht, welches programmgemäß eigentlich um 10 Uhr abends ausgehen müßte, weiter brannte, sodaß man die ganze Sendung vorzüglich ohne jede Störung hören konnte. Ich nehme an, daß dies auf Befehl von oben geschah, denn es muß ja allen Regierungsstellen u. Zeitungen daran gelegen gewesen sein, diese Sendung zu hören. Auf diese Weise sind also sehr viele Deutsche in der Lage gewesen, die [4] Sendung mitzuhören u. sicher haben viele Gebrauch davon gemacht. Ich nehme an, daß wir nun mit Flugblättern überschüttet werden, die diese Konferenzbeschlüsse im Volke verbreiten werden, die Nazis aber werden Gift u. Galle speien. –

     Im Osten sind die Russen wiederum erheblich voran gekommen. Sie haben Bunzlau genommen, 100 km. westlich von Breslau. Auch die Engländer machen Fortschritte, sie haben den Ostrand des großen Reichswaldes bei Cleve erreicht. – Anneliese schreibt aus Berlin, daß dort Barrikaden gegen die Russen gebaut werden. Weckmann ist nun auch zum zweiten Male total ausgebombt, seine Schwiegertochter liegt unter den Trümmern, die verbrannten Leichen lagen noch tagelang auf den Straßen herum. –

     Gestern wurde Neumann beerdigt. Der Sarg war im Saale aufgebahrt, sehr viele Kränze, der Saal mit vielen Tannenbäumen usw. geschmückt. Frau Neum. wird sagen, daß es sehr „scheen“ war. Es war ein großes Theater. Pastor Loeber hielt die Ansprache u. um etwas Gutes von dem Toten zu sagen, sagte er, daß er ein guter Jäger gewesen sei. Es waren sehr viele Leute da. Zum Eingang sollte gesungen werden: „Befiehl Du Deine Wege...“, aber es konnte fast keiner den Text, sodaß Pastor Loeber fast allein sang. Diese Menschen hierzulande haben in der Schule wohl Rechnen, Lesen u. Schreiben gelernt, aber zu Gott wissen sie kein Wort zu sprechen. So bleibt nichts, als Theater. –

     Heute schneit es wieder, nachdem wir einige milde Frühlingstage gehabt haben.