Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1944-04-27
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Entstehungsdatum: 1944
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Originaltitel: Donnerstag, 27. Apr. 1944.
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 27. April 1944
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Einführung

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Der Artikel TBHB 1944-04-27 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 27. April 1944. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über eine Seite.

Tagebuchauszüge

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[1]
Donnerstag, 27. Apr. 1944.     

[1]      Nichts ist seither geschehen, außer schweren Luftangriffen hauptsächlich auf Nordfrankreich, Eisenbahnanlagen bei Paris, aber auch Angriffe auf Braunschweig, Schweinfurt u. a. Städte. Vor allem zwei aufeinanderfolgende, anscheinend sehr schwere Angriffe auf München.

     Von Pfr. Dobczynski ein langer Brief. Er knüpft an an das Gespräch, welches wir bei seinem letzten Hiersein hatten über Belebung des christl. Lebens in seiner Gemeinde. Seine Sehnsucht ist ein Kreis aufgeschlossener Menschen. Das ist schwer in solch einer Gemeinde, die sich in kleine Grüppchen oder gar Einzelpersonen in vielen weit entlegenen Dörfern aufspaltet u. überdies vorwiegend aus geistig bescheidenen Menschen besteht. Es fehlen fast ganz die geistigen Voraussetzungen, um einen solchen Kreis zusammen zu bringen u. außerdem sind die technischen Schwierigkeiten infolge mangelnder Verbindungen zumal jetzt im Kriege sehr groß. Dennoch will er wenigstens anfangen, einen Weg dahin zu finden u. er bittet mich um meine Mithilfe.

     Er erwartet demnächst den Bischof zur Firmung. Da unser Bischof guten Vorschlägen offen ist, – wenigstens behauptet der Pfarrer das, möchte er ihn erst einmal seine in 7jähriger Arbeit in Barth gemachten seelsorglichen Erfahrungen mitteilen, u. zwar schriftlich. Er wird dabei besonders die Konvertiten-Arbeit im Auge haben. Er hofft dann, daß der Bischof dann bei seinem Hiersein ihm Gelegenheit zur gründlichen Aussprache geben wird, u. zu dieser Aussprache möchte er mich gern hinzuziehen. Der Pfarrer steht auf dem sehr richtigen Standpunkt, daß die Glaubensverkündigung nicht allein Sache der Priester ist, sondern auch der Laien u. deshalb möchte er mich mit dem Bischof bekannt machen, damit mir von ihm die missio canonica endgültig erteilt wird, die ich ja praktisch längst ausführe.

     Damit das alles besser klappt, ist es sein Wunsch, mir einen besseren Einblick in seine Gemeindeverhältnisse zu geben. Er möchte mir Gelegenheit geben, an Gottesdienst u. Christenlehre mit den Kindern in der Kirche teilzunehmen, dann aber auch, mich mit den wenigen, aufgeschlossenen Menschen seiner Gemeinde bekannt zu machen. Er hofft, daß ich dazu beitragen kann, diese Menschen näher zusammen zu führen. Deshalb bittet er uns, am Samstag den 13. Mai u. Sonntag d. 14. Mai nach Barth zu kommen. Ein Ingenieur-Ehepaar Namens Hertweck in Barth, am Schützenwall 4 will mir Quartier in ihrem Hause geben u. für Martha hat er ein Quartier bei einem anderen jungen Ehepaar. Am Bischofstage können, wir ebenfalls bei denselben Leuten wohnen. – Es ist überaus rührend, welche Mühe sich der Pfarrer gibt. Er stellt in Aussicht, daß er am Pfingstmontag wieder bei uns zelebrieren will. –

     Sodann von Fritz ein überaus unglücklicher Brief, den ich heute sofort beantwortet habe. Sein angenehmes Privatleben scheint nun endgültig vorbei zu sein. Das neue, motorisierte [2] Regiment, dem er nun angehört als Krankenträger, liegt südlich Paris in der Nähe von Bourges. Seine Spezialaufgabe ist Banden- u. Terrorbekämpfung. So weit ist man nun also in Frankreich schon. Es ist zu fürchten, daß in dem Augenblick wo die Anglo-Amerikaner in Frankreich landen, der Aufstand im ganzen Lande ausbrechen wird u. daß es dann ein Blutvergießen ohne gleichen geben wird. Ich bin deshalb um Fritz in großer Sorge, jedoch habe ich ihm davon nichts geschrieben, sondern ich habe ihn in hoffentlich nicht zu krasser Form ermahnt, endlich seine unernste u. spielerische Lebensauffassung, über Bord zu werfen u. den Dingen mit männlichem Ernst in die Augen zu sehen. Sein Brief ist ein schrecklich waschlappiges Gejammere über das Unglück, das nun über ihn gekommen ist, – dabei ist noch garnichts los. Was soll denn erst werden, wenn es nun für ihn wirklich ernst wird? Mein Brief wird ihm kaum viel Freude machen u. das tut mir leid; aber dieses spielerische Dasein muß nun endlich aufhören.

     Im Garten bin ich mit Graben endlich fertig geworden. Paul organisiert unser Warenlager sehr geschickt u. mit großem Eifer.

     Gestern besuchte mich Erich Seeberg, um sich sein Lutherbuch wieder zu holen. Er muß nun nach Bln. u. Vorlesungen halten, was er nicht gern tut. Sein Sohn Bengt hat geschrieben, er ist bei dem Angriff auf die Tirpitz heil davon gekommen, aber es hat dabei sehr viel Tote gegeben. Von der Gattin des Kapitän z. S. Meyer, welcher dieses Schiff führt, haben wir heute die Nachricht bekommen, daß ihr Marn bei diesem Angriff verwundet worden ist u. nach Kiel ins Lazarett kommt. – Von Irmgard Wegscheider gestern ebenfalls Nachricht, daß sie die beiden Jungens Jens u. Peter mit dem Dienstmädchen herschicken will, nachdem Martha ihr das kürzlich angeboten hatte. –

     Gestern Abend zum Vortrag nur die alte Frau Ziel mit ihrer Tochter Marianne Clemens. Frau Korsch sagte in letzter Minute ab, sie hat sich mit Arbeit übernommen, Grete war auch müde. Ich brachte die Lehre von der Kirche zum Ende.