Textdaten
Autor: Hans Brass
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Titel: TBHB 1943-03-10
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Entstehungsdatum: 1943
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Originaltitel: Aschermittwoch, 10. März 1943
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Quelle: commons:Category:Tagebuch von Hans Brass 1943
Kurzbeschreibung: Ungekürzte Tagebuchaufzeichnungen vom 10. März 1943
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Einführung

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Der Artikel TBHB 1943-03-10 zeigt die ungekürzten Tagebuchaufzeichnungen von Hans Brass vom 10. März 1943. Diese Aufzeichnungen erstrecken sich über drei Seiten.

Tagebuchauszüge

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[1]
Aschermittwoch, 10. März 1943     

[1]      Gestern erhielten wir Nachricht von Marthas Bruder Otto Wendt in Blankenese. Er schrieb nicht selbst, sondern ließ nur durch seine Sekretärin mitteilen, daß Blankenese durch den letzten Fliegerangriff schwer mitgenommen worden sei. Sein Haus sei noch glimpflich davongekommen, außer einem abgedeckten Dach, einigen Mauerrissen u. zertrümmerten Fenstern u. Türen sei nichts weiter passiert; infolge dessen habe er das Haus für Obdachlose zur Verfügung gestellt. Die Polizei habe bei ihm Quartier bezogen u. in der ersten Nacht hätten 30 Personen dort kampiert. Jetzt würde dort Essen gekocht für 80 Personen. Er selbst u. seine Frau Lita seien gesund, ebenso der Sohn Max, aber alle seien mit den Nerven sehr mitgenommen. Das läßt sich denken. Otto u. Lita sind gutmütige u. freundliche Menschen, aber auch Materialisten extremster Art, – ihr Gott ist der Bauch. Merkwürdig ist, daß ich meinen letzten Brief an Otto zu seinem Geburtstag im Februar mit den Zitat Mt. 24, 38 – 19 begann: „Gleichwie man in den Tagen vor der Sintflut aß u. trank, zur Ehe gab u. nahm bis zu dem Tag, da Noe in die Arche ging u. man nicht zur Besinnung kam, bis die Flut hereinbrach u. sie alle mit sich fortriß ...“ – Es ist das knapp vier Wochen her u. ich entschuldigte mich, daß ich einen Geburtstagsbrief mit einem so düsteren, apokalyptischen Satz begann u. bezog ihn dann auf den Krieg im Allgemeinen. Nun ist etwas davon über sie gekommen. – Aber auch das wird keine Sinnesänderung dieser Leute herbeiführen, so wenig wie die ägyptischen Plagen eine Sinnesänderung Pharaos herbeigeführt haben. [2] Und wie es bei Otto u. Lita Wendt ist, so ist es beim ganzen Volke. – Seit vielen Generationen ist der Teufel über dieses Volk gekommen, besonders über die Preußen. Solange dieser verfluchte, militaristische Geist noch darauf gerichtet war, Preußens Bestand zu sichern u. die Angreifer abzuwehren, mag dieser Geist noch eine gewisse Berechtigung gehabt haben, obgleich auch das sich nicht mit der Bergpredigt vereinigen läßt. Man kann aber sagen, daß wir nun einmal nicht im Himmel leben, sondern auf Erden, u. daß wir danach handeln müssen. Seitdem aber dieser Militarismus darauf ausgegangen ist, die Macht in Europa an sich zu reißen, ist er zum Frevel geworden. Seit Generationen sind die deutschen Menschen in diesem Geiste von Kindheit an erzogen worden u. ich weiß garnicht, wie man diesen Geist wieder aus dem Volke hinausbringen will, denn was darin in den letzten 10 Jahren geleistet worden ist, übertrifft alles bisher Dagewesene. Solange das ganze Volk wirklich von diesem Heldenideal durchdrungen war, lag darin eine schauerliche Größe; aber in diesen letzten 10 Jahren hat man dieses Ideal mechanisiert. Der Erfolg ist, daß der kleine Mann, der einfache Soldat u. der Arbeiter, allein noch Träger dieses Ideals sind, weil man diese Leute von Kindheit an darauf dressiert hat u. weil sie zu naiv sind, um diesen Betrug zu merken, zumal auch weite Kreise des Bürgertums ebenso naiv sind. Aus diesen Kreisen kommen die Offiziere u. die große Zahl der kleinen Parteifunktionäre, während die höheren Bonzen garnicht daran denken, auf diesen Schwindel reinzufallen. Ich kenne nur zwei von diesen Leuten. Der eine ist der SS=Obergruppenführer Lorenz, – der andere der SS=Brigadeführer v. Alvensleben. Beide Männer sind Offiziere, der erstere Rittmeister a.D, der andere Hauptmann a.D. Beide sind zwischen 40 – 50 Jahren, beide sind groß, kräftig, gesund, wahre Hünen von Gestalt, also die geborenen Helden – u. beide geben sich unter dem Rang „General der Polizei“ einer nicht weiter kontrollierbaren Beschäftigung hin, die sie von Zeit zu Zeit durch Jagdausflüge hierher nach dem Darss unterbrechen, – selbstverständlich im Dienstauto. Ihre SS=Truppe kämpft u. stirbt derweilen an der Front. – Ich kenne nur diese zwei Bonzen u. es wäre ja ein seltsamer Zufall, wenn nur grade diese zwei solche Halunken u. alle anderen Engel wären. Aber nein, jeder weiß, wie Goering in Karinhall u. anderswo lebt, wie Goebbels, Ley, Funk u. all die anderen leben, – u. niemand sagt etwas. Das Volk ist so dumm, daß ihm solche Gedanken garnicht erst kommen. – Zu Anfang, nach der Machtübernahme, haben diese Nazis einem sozialdemokratischen Ministerialbeamten einen Prozeß gemacht, weil er seine Dienstreisen in der II Klasse liquidierte, in Wirklichkeit aber III Klasse gefahren war, um die Differenz zu sparen. Diesen kleinen Spießer hat man als Betrüger u. Staatsverbrecher dafür bestraft. Die Herren heute machen solche Kleinigkeiten nicht, sie fahren im Auto, wenn sonst keiner Benzin hat u. verdienen auf anderen Gebieten das Tausendfache.

     Gestern am Spätnachmittag Besuch von Oblt. Dr. Krappmann mit Frau u. dem kleinen Jungen, der ein reizender kleiner Kerl ist. Dr. K. bestätigte [3] meine Vermutungen über die Gründe der plötzlichen Entlassung der hohen Admiräle. Er formulierte es so: „Wenn man zwei Waffen hat, von denen die eine wirkungslos ist, die andere wirkungsvoll, so ist es besser, die wirkungslose Waffe abzulegen u. dadurch die andere noch wirkungsvoller zu machen.“ Diese Ansicht ist zweifellos richtig, fraglich ist nur, ob die U=Bootwaffe dadurch so wirkungsvoll gestaltet werden kann, daß wir damit den Sieg erringen. Auch Oblt. Dr. K. bezweifelt es – mit mir! Wenn wir nicht jeden Monat eine Millionen Tonnen versenken, werden wir den Sieg mit dieser Waffe nicht erzwingen, – u. das geschieht längst nicht. Dr. K. erzählte in diesem Zusammenhang über den Admiral Marschall, der ebenfalls abgesetzt worden ist, daß dieser Katholik sei. Er habe nach einem Vortrag, den der Reichsleiter Alfr. Rosenberg vor der Marine gehalten habe, an den Führer einen Brief gerichtet, in welchem er gegen die Verbreitung unchristlicher oder gegenchristlicher Ideen in der Marine protestiert habe, weil dadurch die Kampfkraft der Marine untergraben würde. – Also ein aufrechter Mann u. Christ!