Stunden der Andacht/Der Schlaf (Eine Betrachtung)

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Der Schlaf.
Eine Betrachtung.
III.

„Ich liege – ich schlafe –; ich erwache,
denn mich stützt der Ewige.”
 (Ps. 3, 6.)


Schlaf – friedlich sanfter Engel, den Gott in das Thränenthal der Erde herabgesandt, um mit seinen weichen Fittigen das Leid des Lebens zuzudecken, senke dich ruhebringend auf meine Augenlider, – tritt ein in die Hütten, wo das Elend wohnt, und umspiele mit süßen Träumen die Lagerstätte des Unglücklichen, daß er seine Sorgen vergesse und seiner Kümmernisse nicht mehr gedenke. Bringe Genesung den Kranken, daß sie gestärkt und frischbelebt erwachen, und von neuer Jugendkraft ihre matten Glieder durchströmt fühlen – und allen denen, die um einen geliebten Hingeschiedenen weinen, zeige du, daß auch der Tod nur ein friedlicher Schlaf sei, auf den ein herrliches Erwachen folget, ein seliges Auferstehen in den Gefilden des Lichts, wo keine Nacht mehr ist, und kein Grauen der Nacht, sondern himmlische, unaussprechliche Seligkeit in Gottes Nähe.

Wohl sinnig und bedeutungsreich ist die Sage, daß des Nachts die Seele ihren müden Leib, ihre zeitliche Staubhülle, verläßt, um in das große Himmelsbuch die während des Tages verübten Thaten einzuzeichnen. – Und wenn dann einstens am Tage des Gerichts Gott den Menschen vor seinen Richterstuhl ruft, dann zeigt er ihm die eigene Handschrift hin, um der verübten Thaten ihn zu überweisen. O, meine Seele, mögest du nur edle Gedanken und segensreiche Handlungen einzuzeichnen haben in dieses Buch des ewigen Gedenkens! – Amen.