Textdaten
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Autor: Otto Beneke
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Titel: St. Maria to’m Schare
Untertitel:
aus: Hamburgische Geschichten und Sagen, S. 105–107
Herausgeber:
Auflage: 2. unveränderte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Perthes-Besser & Mauke
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Erscheinungsort: Hamburg
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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[105]
42. St. Maria to’m Schare.
(1371.)

Da, wo jetzt der Rödingsmarkt auf den sogenannten Klevelappen stößt, bis zur Scharthorsbrücke und weiter abwärts, standen um 1371 noch keine Häuser; es war ein vor der Stadt am Hafen belegenes freies Ufer, was in Altsächsischer Sprache Schar oder Scher hieß (im Englischen shore). Dort, bei dem hiernach genannten Schar- oder Ufer-Thore, wo die Schiffer landeten und wo täglich Pilger und Reisende ankamen oder abgingen, dort stand von uralten Zeiten her in einer Nische der Stadtmauer ein hochverehrtes Mutter-Gottes-Bild. Und diese „Sunte Maria to’m Schare to Hamborg“ war namentlich bei allen hier verkehrenden Seefahrern, wie überhaupt bei allen Pilgrimmen und Reisenden in so großem Ansehen, daß beständig Andächtige in Menge vor dem unscheinbaren Bilde auf den Knien lagen und beteten. Und kein Schiffer ging aus dem Hafen, der nicht daselbst die Mutter des Heilandes um Fürbitte bei dem Allmächtigen angefleht hätte, daß ihm eine glückliche Reise und fröhliche Heimkehr zu Theil werden möge; und Keiner kam glücklich heim, der nicht an derselben Stätte seinen Dank mit Gebet und Almosen geopfert hätte. Und in damaligen für See- wie Land-Reisen gefahrvollen Zeiten hatte mancher fahrende Mann, bei drohenden Schrecknissen unterwegs, der heiligen Maria to’m Schare Hülfe angerufen und hernach als glücklich Erretteter sein Gelübde an Ort und Stelle gelöset. Und auch hier in der Stadt sollen der Wunder viele an Kranken, Blinden und Lahmen geschehen [106] sein, wenn die Hülfesuchenden mit gläubigem und demüthigem Sinne die Mutter Gottes am Scharthore um Heilung anriefen, darum war dies Bild so hoch geehrt. Und die Sage ging unter dem Volke, der heilige Anscharius, der erste Erzbischof in Hamburg, habe dies gnadenreiche Bild mit herüber gebracht, als er etwa 30 Jahre nach Hamburgs Erbauung hieher gekommen; und an der Uferstelle, wo er zuerst das Land betreten, da habe er es ausgestellt, und als später Stadtmauer und Thor hier gebaut sei, habe man das Bild in die Nische gesetzt und dem heiligen Anschar zu Ehren das Thor Scharthor genannt. Ob er’s wirklich herüber gebracht hat oder nicht, und ob nach ihm oder nach dem Ufer das Thor so genannt wurde, ist gleichviel; schön aber ist’s, daß das damalige Volk des vor 500 Jahren entschlafenen Erzbischofs noch lebendig gedachte und sein Andenken in Ehren hielt.

Und im Jahre 1371 hat sich der Rath mit dem Dom-Capitel vereinigt, um an jener Stelle hart am Ufer ein Bethaus zu erbauen, „dar man schall inne setten dat Bilde der hilligen Juncfrouwen, welck nu steit in der Müren der Stad by der Poorten Schardor.“ Und dies Bethaus wurde 60 Fuß lang und 30 Fuß breit, und vor dem Marienbilde wurde ein Block angebracht zur Empfangnahme der Opfer und milden Gaben, von deren erstem Drittel das Gebäude unterhalten wurde, während das Domstift das zweite Drittel und E. E. Rath, für Beschirmung der Pilger und Wallfahrer, das letzte Drittel empfing.

Um 1450 aber war aus dem Bethause eine förmliche geweihte Kapelle geworden, in welcher der Gottesdienst von der Jacobsbrüderschaft, einer Corporation von Schiffern und ihren Frauen, unterhalten wurde. Denn diese ehrbaren Jacobsbrüder stifteten Vicarien und Commenden für die Priester der Kapelle und tägliche Almissen oder Messen. Und [107] sie und viele andere gute Christen hielten dort täglich Andacht und Gebet, ehe sie an ihr Tagewerk gingen, und schenkten der Kapelle Kleinodien und spendeten der Armuth reichliche Gaben.

Zum Unterschiede aber von dem in der Domkirche befindlichen Mutter-Gottes-Bilde welches „St. Maria im Thum“ hieß, nannte man diese Kapelle mit dem alten Namen „St. Maria to’m Schare,“ jedoch auch, löblicher Kürze wegen, „Schar- Kapelle,“ wobei man denn, irrig, aber gut gemeint, eben so viel an den heiligen Anschar dachte, als an die heilige Maria, die hier am Schare der Elbe verehrt wurde.

Anmerkungen

[379] Das Geschichtliche, wie die Anschar’s-Sage, erzählt Riehn, das Hamb. Waisenhaus S. 10, 233 etc. – von Heß I. 404. – Staphorst I. 61.