Textdaten
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Titel: Spielen und Lernen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 56
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[56] Spielen und lernen. Die Freunde der Rubrik „Allerlei Kurzweil“ werden es gewiß gern sehen, wenn wir sie von Zeit zu Zeit auf solche Spiele aufmerksam machen, die neben der Unterhaltung auch den Zweck der Belehrung verfolgen. Der Gedanke, das Kinderspielzeug in gewissem Sinne zu einem Lernmittel zu gestalten, ist allerdings nicht neu, er ist aber keineswegs tiefer in unsere Gesellschaft gedrungen; die wenigsten Eltern beachten bei der Auswahl des Spielzeugs für ihre Kleinen die Nützlichkeit desselben und versäumen dadurch die Gelegenheit, den Wissenskreis des Kindes durch das einfache Mittel der Selbstunterhaltung zu erweitern. Darum scheint uns eine kleine Rundschau der neuesten Spiel- und Bildungsmittel gerade an dieser Stelle nicht zwecklos zu sein.

Wir beginnen dieselbe mit einem uralten Spielzeuge, dem Baukasten, der wegen seiner Dauerhaftigkeit namentlich Knaben so gern beschert wird. Schon sein erster unbekannter Erfinder hat demselben den Charakter eines Lernmittels gegeben; denn selbst der einfachste Baukasten vermag die Anschauungen des Kindes über Raum, Größenverhältnisse etc. zu schärfen und zu entwickeln. Man hat aber bis jetzt nicht beachtet, daß dieses Spielzeug nur einer planmäßigen Reform bedurfte, um zu einem Bildungsmittel ersten Ranges gestaltet zu werden. Diese Reform hat in neuester Zeit Major von Nostiz in sehr geistvoller Weise durchgeführt, und sein „Spiel- und Bildungs-Baukasten für Kinder jedes Alters“ (Verlag von Fr. A. Perthes in Gotha) verdient nach dieser Richtung hin die vollste Anerkennung.

Schon auf den ersten Blick unterscheidet sich derselbe wesentlich von unserm alten Bekannten. Die Hölzer sind in der Mitte mit Einschnitten, „Nuten“, versehen, in welche kleine vernickelte Blechstreifen eingezwängt werden. Durch diese einfache Vorrichtung werden die Hölzer unter einander dauerhaft verbunden, die aufgeführten Bauten fallen nicht zusammen, sodaß die Kinder selbst sehr verwickelte Konstruktionen mit vorspringenden Erkern etc. leicht aufführen können. Ferner sind die einzelnen Hölzer aus verschiedenen Holzarten – aus Fichten-, Eichen- und Buchenholz verfertigt, wodurch das Kind eine für das praktische Leben nicht unwichtige Kenntniß erlangt. Sonst ist die Ausstattung schlicht und einfach; bunte Farben, feine gedrechselte Gesimse und ähnliche äußerlich bestechende Beigaben fehlen gänzlich, dagegen ist die Mannigfaltigkeit der einzelnen Stücke sehr groß, und es gehören zu dem Baukasten zwei starke Hefte mit Erläuterungen, Plänen und Vorlagen, mit deren Hilfe der kleine Baukünstler fortschreitend die einfachsten Häuser und die schönsten Tempel, Triumphbögen, Pyramiden, Gräber, Basiliken, überhaupt Bauten verschiedener Stilarten zusammenstellen lernt. Selbst geometrischen Anschauungen wird für reiferes Alter Rechnung getragen und spielend prägt sich hier der Knabe das Verhältniß des Kreises zum Quadrat, den Pythagoras etc. ein. So ist der v. Nostiz’sche Baukasten in der That ein treffliches Bildungsmittel für Kinder verschiedenen Alters und verdient die weiteste Verbreitung in deutschen Familienkreisen.