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Walther Kabel: Zweikämpfe zwischen Mann und Weib. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 3, S. 208–210

des Mannes Kopf. Und dieses deshalb, weil der Frau ungeschütztes Recht hier offenbar vom stärkeren Manne zu bösem Willen verletzt ist.“

Daß dieser Zweikampf, der sich, wie alte Chroniken berichten, oft stundenlang hinzog, etwas Unheimliches an sich hatte, wird jeder verstehen, wenn er sich die einzelnen Abschnitte dieses Ringens nur einigermaßen vergegenwärtigt. Oft soll es dem Manne in der Grube gelungen sein, das ihn umkreisende Weib zu packen und zu sich hineinzuziehen. Dann war das Schicksal der Frau besiegelt, da nichts ihrem Gegner verbot, sie mit den Händen zu erwürgen. Aber die Augsburger Stadtchronik weiß auch von mehreren Fällen zu berichten, in denen das siegreiche Weib dem bewußtlosen Manne mit den Stiefeln das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zerstampfte. Der letzte dieser furchtbaren Zweikämpfe hat nachweislich im Jahre 1511 in Brüssel stattgefunden. Er endete mit dem Siege des Mannes, und der Frau wurde als dem unterliegenden Teile nach geltendem Recht die linke Hand abgeschlagen.

Die neuere Zeit hat mit derartigen sonderbaren „Beweismitteln“ natürlich vollständig aufgeräumt Trotzdem aber geschieht es auch heute noch, daß Mann und Weib sich nach vorher vereinbarten Bedingungen mir der Waffe in der Hand gegenübertreten, ganz abgesehen von jenen zahlreichen Duellen, die besonders in Frankreich zur Zeit der großen Revolution, als die modernen Anschauungen von der politischen Gleichberechtigung der Frau aufkamen, an der Tagesordnung waren.

Viel besprochen wurde im Jahre 1899 in Verona der Zweikampf der verwitweten Gräfin Marzinelli mit dem amerikanischen Obersten Walker. Dieser hatte über die Gräfin, die er vergeblich mir Heiratsanträgen verfolgte, die schlimmsten Gerüchte verbreitet, und dies in einer so raffinierten Weise, daß der Schein gegen die Dame sprach und die vornehme Welt sich völlig von ihr lossagte.

Als der Verleumder eines Tages in einem Café saß, überfiel ihn die Gräfin mir einer Reitpeitsche und schlug ihm mehrmals über das Gesicht. Nach tagelangen Verhandlungen, die der Rechtsbeistand der Gräfin führte, wurden die Bedingungen

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Walther Kabel: Zweikämpfe zwischen Mann und Weib. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 3, S. 208–210. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1911, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweik%C3%A4mpfe_zwischen_Mann_und_Weib.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)