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Gottfried August Bürger.
Geb. d. 1. Jan. 1748, gest. d. 8. Juni 1794.


Ein hochbegabter Dichtergeist, voll Kraft und Flamme, wohl auch voll Sturm und Drang, viel geliebt, gelobt und gefeiert, auch wieder hart getadelt und mehr durch eigene als durch fremde Schuld untergesunken in den Wogen seines stürmischen Lebens; dennoch bleibt Bürger unvergessen; er lebt fort im Andenken der deutschen Nation als einer ihrer lorbeerbekränzten Unsterblichen.

Molmerswende im Fürstenthum Halberstadt war Bürger’s Geburtsort, wo der Vater Prediger war. Der heranwachsende Knabe erregte keine großen Hoffnungen, fremde Sprachen wollten ihm nicht eingehen, aber der Strahl der Poesie durchblitzte doch schon ahnungsvoll die junge Seele. Im Jahre 1765 des Vaters beraubt, wurde der junge Bürger durch den Großvater unterstützt, der ihn auf die Stadt-Schule zu Aschersleben that. Dort, wie auf dem später besuchten Pädagogium zu Halle, wurde ein lustigmuthwilliges Schülerleben geführt, in Halle mit Göckingk und dem Geheimrathe Klotz innige Freundschaft geschlossen, das Schülerleben in ein nicht minder frisches, freies und fröhliches, wenn auch nicht eben frommes Studentenleben umgewandelt, dabei erst Theologie, dann von 1768 an in Göttingen Rechtskunde studirt und keineswegs ein Uebermaaß von Kenntniß und Wissen erworben.

Der lebenskräftige Jüngling Bürger wurde ein flotter Bruder Studio und machte dem guten Großvater gar manchen Kummer, bis dieser sich endlich veranlaßt fand, seine Hand völlig von dem Enkel abzuziehen. Indeß rettete die Hand der Freundschaft und eigenes sich emporraffen von unsittlicher zu sittlicher Lebensbahn aus dringendsten Verlegenheiten; am nächsten standen Bürger Biester, Sprengel und Boje, später traten die Grafen Stolberg, Noß, Miller, Cramer, Hölty, Hahn, Leisewitz u. a. zu dem Kreise oder halfen ihn bilden, und es begründete sich 1772 der göttinger Dichterbund, welcher so großen und wesentlichen Einfluß auf die fernere Ausbildung der deutschen Poesie ausübte. Bürger war übrigens diesem Bunde nicht eigentlich beigesellt; er hing nur durch Boje, Hölty und Cramer mit ihm zusammen, doch theilte er dessen Streben und rang sich im Umgang der Freunde empor,