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Friedrich Leopold, Graf zu Stolberg.
Geb. d. 7. Nov. 1750, gest. d. 5. Dez. 1819.


Dichter und Staatsmann, als ersterer ungleich berühmter, denn als letzterer, Mitglied des Hainbundes, voll Seelenadel und voll tiefen, früh ihm eingeprägten religiösen Gefühls, daher auch zugänglicher wie mancher andere, in dessen Seelenleben der Verstand die Oberherrschaft behauptet, dem sehnen nach innigerem einkehren in mystische Gebiete und sinnlichere Formen des Cultus, als der Protestantismus gewährt, daher Konvertit und als solcher hart befehdet und bitter getadelt.

Graf Stolberg d. j. kann nicht ohne seinen älteren Bruder Christian genannt werden, welcher am 15. Oct. 1748 zu Hamburg geboren wurde. Friedrich Leopold erblickte das Licht der Welt zu Bramstedt im Holsteinischen. Der Vater, Christian Günther Graf zu Stolberg, war königl. dänischer Kammerherr, Geheimer Rath und Oberhofmeister der Königin Sophie Magdalena von Dänemark. Beide Brüder studirten in Göttingen, nachdem sie von den streng evangelischen Aeltern (die Mutter war eine Abkömmlingin des alten fränkischen Geschlechts der Grafen von Castel) eine sorgfältige Jugendbildung erhalten hatten, welche nicht ohne Beimischung Zinzendorfischer Frömmigkeit blieb.

In Göttingen waren die gräflichen Brüder dem Hainbunde zwar zugesellt, um so mehr da Klopstock, dem sie Poesieproben von sich gesendet, sie freundlich aufgemuntert hatte, und sie selbst führten dem Bunde wackere Mitgenossen zu, hielten sich aber doch mehr zu Ebenbürtigen, als zu den bürgerlichen Dichterjünglingen, in deren genialen Kreisen ihnen nicht das gewohnte vornehme des väterlichen Hauses entgegenkam.

Gern besuchten die Grafen ihr nahes Stammland, den herrlichen Harz, wo die stolzen Grafenwiegen, die Ahnenschlösser Stolberg und Wernigerode noch heute der Nachkommen edle Geschlechter umfangen, und lernten sich, was ihnen in Dänemark nicht gelehrt worden war, als Deutsche fühlen. Schon damals war das dänische Streben, was es noch heute ist: haß- und neidvoll alles, was deutsch heißt, niederzuschlagen und zu unterdrücken.

Nach vollendeten Studien und nach zärtlichem Abschied von den liebsten Freunden, namentlich von Voß,